Die Multiplikatorwirkung der Gesundheit


Seminararbeit, 2007

22 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

0. Vorwort

1. Veränderungen in der Definition von Gesundheit
1.1 Veränderungen der Ansprüche an die Gesundheitsdienstleister

2. Gesundheit als Gut
2.1 Gesundheit als privates Gut
2.2 Gesundheit als öffentliches Gut

3. Die „Gesundheitszwiebel“
3.1 Kritik am Zwiebelmodell

4. Beschäftigte im Gesundheitssektor
4.1 Beschäftigungszahlen für Gesamtdeutschland
4.2 Beschäftigungsentwicklung in Deutschland und im mittleren Ruhrgebiet

5. Ursachen des Wachstums
5.1 Die demographische Entwicklung
5.2 Der medizinische und technische Fortschritt
5.3 Das Wachstum der Rand- und Nachbarbranchen

6. Fazit

Literaturverzeichnis

0. Vorwort

In der aktuellen Diskussion um die Reformation des Gesundheitswesens, dessen gesetzliche Rahmenbedingungen sowie die diesbezüglichen Auswirkungen wird der Sektor der Gesundheitswirtschaft hauptsächlich aus dem Blickwinkel des Staates, der Politik und der Krankenkassen betrachtet. In der vorliegenden Arbeit geht es nun um eine wirtschaftliche Betrachtung der Gesundheitswirtschaft, da erst durch den genaueren Blick auf den Diskussionsgegenstand eine objektive Meinung zur öffentlichen Diskussion gebildet werden kann. Zudem bildet der Gesundheitssektor einen zunehmend wichtiger werdenden Bestandteil der Gesamtwirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland, weshalb ihm durchaus viel Aufmerksamkeit gebührt.

Daher wird im Rahmen dieser Arbeit aufgezeigt, welchen Einfluss die veränderte Definition von Gesundheit auf die Gesundheitswirtschaft ausgeübt hat, wie sich der Gesundheitssektor im Einzelnen zusammensetzt und welche Einstellungs- und Entwicklungsperspektiven erwartet werden können. Abschließend werden die Ursachen für das anhaltende Wachstum der Gesundheitswirtschaft erörtert.

Es soll vor allem aufgezeigt werden, welchen Einfluss der Wandel des Verständnisses der Gesundheit auf die gesamte Branche ausgeübt hat und noch immer ausübt.

1. Veränderungen in der Definition von Gesundheit

Nach dem von Oberender und weiteren Autoren im Jahr 2006 vorgelegten Buch „Wachstumsmarkt Gesundheit“[1] wurde Gesundheit in ihrer ursprünglichen Definition lediglich als „Abwesenheit von physischen Schmerz und physischer Krankheit“[2] verstanden. Der Begriff stand demnach allein im Kontext der Behandlung physischer Leiden, d.h. es ging lediglich um die Linderung oder Heilung bestehender Krankheiten. Noch einige Jahre zuvor diente die Medizin und die Gesundheitswissenschaft im Allgemeinen sogar allein dazu, einen vorzeitigen Tod und zu starke Schmerzen zu verhindern.

Mit der Weiterentwicklung des medizinischen sowie technischen Wissensstandes rückten mit der Zeit jedoch zunehmend präventive Maßnahmen in den Vordergrund. Parallel zu den neuen Möglichkeiten (z.B. Präventionsmaßnahmen in Form von Vorsorgeuntersuchungen zur Früherkennung oder der Erforschung einer gesunden bzw. gesundheitsfördernden Lebensweise und der Verbreitung dieser Erkenntnisse in der Öffentlichkeit) veränderte sich die Einstellung der Gesellschaft. Der Begriff der Gesundheit wurde in der Folge von seinem ursprünglichen Bezug nur auf physische Begebenheiten entfernt und zunehmend auf psychisches und soziales Wohlbefinden ausgeweitet. Sehr deutlich wird dieser Wandel in der Begriffsdefinition von Gesundheit, welche die WHO (World Health Organisation) bereits im Jahr 1947 vorlegte, nach welcher Gesundheit „einen Zustand des physischen, geistig-seelischen und sozialen Wohlbefindens“[3] umfasst.

Diese Umschreibung kann zwar als sehr ausufernd und großzügig weit gefasst kritisiert werden, da sie extrem viel Spielraum für Interpretationen lässt und da mit ihr eine Vielzahl von Menschen als ‚krank’ kategorisiert werden kann, doch sie hat dennoch einen großen Beitrag geleistet: Die neue Definition trug, bedingt durch das ausgedehnte Verständnis von Gesundheit, zu einer Erweiterung des Angebotsspektrums in der Gesundheitswirtschaft bei, wodurch sich ebenfalls Ansprüche der Konsumenten an die Gesundheitsdienstleister steigerten. Neu hinzugekommen sind in der Angebotspalette vor allem privat finanziert und genutzte Angebote im Wellness- und Freizeitbereich, im Bereich des Gesundheitstourismus sowie des Sportes und der Angebote zur Nahrungsmittelergänzung. Hinzuzählen lassen sich sicher auch einige Beratungsangebote zu den Themen Ernährung und Psychologie.[4]

Eine gute Beschreibung, auf welche zusätzlichen Bereiche sich der nunmehr erweitert verstandene Begriff der Gesundheit ausweitet, findet sich im REKON[5] Branchenreport „Gesundheitswirtschaft in der Märkischen Region“[6], dort heißt es:

„Eine Definition von ‚Gesundheit’ liefert die Weltgesundheitsorganisation der Vereinten Nationen (WHO). Sie beschreibt Gesundheit als ‚Zustand eines vollkommenen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht allein das Fehlen von Krankheiten und Gebrechen’. Dieser umfassende Begriff von Gesundheit schließt damit auch die Lebensverhältnisse wie Arbeit, Wohnen, Ernährung, Bildung usw. und deren Bedeutung für die Gesundheit der Menschen ein.“[7]

Die veränderte Betrachtungsweise des Gutes Gesundheit hat neben der gesteigerten Investition durch Wirtschaft und Privatpersonen sowie durch die allgemeine öffentliche Aufwertung ebenso einen Einfluss auf die Betrachtungsweise der Gesundheitswirtschaft gehabt, denn nun wird nicht mehr allein der ursprüngliche Bereich der stationären und ambulanten Behandlung zum Gesundheitssektor gezählt. Vielmehr „betrachtet [der erweiterte Gesundheitsbegriff] darüber hinaus die Verflechtungen der Gesundheitswirtschaft mit anderen Wirtschaftssektoren“[8] und nicht mehr allein den traditionellen Sektor der ambulanten und stationären Versorgung, wie im Fortgang dieser Arbeit noch gezeigt werden wird.

1.1 Veränderungen der Ansprüche an die Gesundheitsdienstleister

Die eben dargestellte Definitionsveränderung beschreibt den Wandel weg vom ‚Krankheitswesen’ hin zum ‚Gesundheitswesen’, so wie es heute verstanden wird.[9]

Neben der bloßen Heilung von Krankheiten, dem Vermeiden von frühzeitigem Tod sowie der Linderung von körperlichen Beschwerden, sieht sich der Gesundheitssektor nun auch für Präventivmaßnahmen und für Hilfen zur Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens zuständig, was neben der körperlichen Unversehrtheit ebenso eine seelische Ausgeglichenheit einschließt. Dies erweitert die Ansprüche und Angebote enorm.

Ein weiterer wichtiger Aspekt, welcher die Veränderungen in der Gesundheitswirtschaft neben den medizinischen und technischen Erkenntnissen und Möglichkeiten in den vergangenen Jahren ebenfalls stark beeinflusst hat, ist der demographische Wandel in der Gesellschaft. Durch die immer älter werdende Bevölkerung wurden stets neue Herausforderungen an die Hersteller von technischen Hilfsgeräten und die Pharmaindustrie gestellt. Da immer mehr Menschen mit zunehmendem Alter noch gesund genug sind, um alleine zu leben, steigen die Ansprüche an den Branchenzweig der Medizintechnik stetig.[10]

Zusammengefasst bedeutet dies: Entgegen der vorherigen Bestimmung, als Gesundheitsinstitution lediglich für das Behandeln von Krankheiten zuständig zu sein, wurden im Laufe der Zeit immer mehr Präventionsmaßnahmen und neue medizinische Instrumente sowie Behandlungsmethoden angeboten, die das veränderte Verständnis von Gesundheit deutlich widerspiegeln.

Die neuen Angebote werden nun auch von Privatpersonen genutzt und immer häufiger selbst finanziert. Dieser Anteil der privaten Finanzierung trägt zwar erst einen relativ geringen Teil an den Einnahmen der Gesundheitswirtschaft, es wird jedoch ein Bedeutungszuwachs erwartet. Gründe hierfür liegen zum Beispiel in der Nutzung gesundheitlich relevanter Angebote, welche nicht von der gesetzlichen Krankenkasse gefördert werden. Ebenso wird das sportliche Angebotsspektrum immer mehr zur Vorsorge und Linderung von Schmerzen privat und mit gesundheitsunterstützender Intention genutzt.[11]

Die Erweiterung um relevante Sektoren in der Gesundheitswirtschaft rund um den traditionellen Bereich werden in der vom Institut Arbeit und Technik entworfenen Gesundheitszwiebel anschaulich dargestellt. Daher wird diese hier später noch näher vorgestellt werden.

Zuvor soll hier jedoch das Produkt, mit welchen die Gesundheitswirtschaft handelt, näher betrachtet werden.

2. Gesundheit als Gut

Unabhängig von den jeweiligen speziellen Produkt- und Dienstleistungspaletten handeln sämtliche Unternehmen in den unterschiedlichen Sektoren der Gesundheitswirtschaft mit dem Gut Gesundheit. Denn: Im Grunde geht es stets darum, das Wohlbefinden des Patienten bzw. Konsumenten zu verbessern und dadurch seine Gesundheit zu stärken.

Von der allgemeinen Betrachtungsweise der Gesundheit als ‚Gut’ aus, hat jeder Mensch ein gewisses Stammkapital des Guts Gesundheit, welches er nie vollkommen für andere Güter eintauschen würde. Dieses Stammkapital ist hierbei beeinflusst von der jeweiligen Erbveranlagung und den sozialen sowie örtlichen Bedingungen, in welchen die Menschen leben und aufwachsen. Relevant ist dieses Stammkapital dabei für den Einzelnen genauso wie für den Staat und die Wirtschaft.

„Gesundheit hat [...] den Charakter sowohl eines privaten als auch eines öffentlichen Gutes, denn wie der einzelne, so profitiert auch die Gesellschaft als Ganzes von seiner Leistungsfähigkeit.“[12]

Inwiefern das Gut der Gesundheit für den privaten Menschen und die Gesellschaft relevant ist, zeigen die folgenden beiden Unterkapitel. Wie bedeutend das Gut für alle Beteiligten ist, soll zuvor das nachfolgende Zitat in Erinnerung rufen:

„’Gesundheit ist des Bürgers höchstes Gut.’ Dieser Aussage kommt der gleiche Stellenwert zu wie etwa auch dieser: ‚Für ein Menschenleben gibt es keinen Preis’.“[13]

[...]


[1] Oberender u.a. „Wachstumsmarkt Gesundheit“, Lucius & Lucius, Stuttgart 2006

[2] Oberender u.a. „Wachstumsmarkt Gesundheit“, Lucius & Lucius, Stuttgart 2006, S. 19

[3] ebenda S. 19

[4] Gerade in den Beratungsbereichen hat das geweckte Interesse nicht nur einen Einfluss auf die direkte Gesundheitswirtschaft, sondern auch im Verlagswesen wird die gesteigerte Nachfrage nach Ratgeberliteratur und entsprechenden Magazinen zu einer Umsatzsteigerung geführt haben.

[5] REKON steht für „Regionalwirtschaftliche Kooperation und arbeitsorientierte Strukturpolitik an der Ruhr“

[6] ISA Consult: REKON Branchenreport „Gesundheitswirtschaft in der Märkischen Region“, Bochum, 2000

[7] Ebenda, S. 13

[8] Hilbert,Josef ; Fretschner, Rainer; Dülberg, Alexandra : „Rahmenbedingungen und Herausforderungen der Gesundheitswirtschaft“, Gelsenkirchen, 2002, S. 3

[9] Vgl. hierzu Oberender u.a., S. 21

[10] Nachgefragte Produkte sind beispielsweise Treppenlifte, Ein- und Ausstiegshilfen für Badewannen, leicht zu handhabende Blutdruckmessgeräte, ebenso Blutzuckermessgeräte für den Privatgebrauch und ähnliches.

[11] Hierzu sind zum Beispiel Entspannungskurse wie Yoga zu rechnen. Auch bieten immer mehr Studios Rückenkurse und ähnliches an, um Büroarbeitern einen gesundheitsfördernden Ausgleich zu ihrem „sitzenden“ Berufsalltags zu ermöglichen.

[12] Vgl. Oberender u.a., S. 23

[13] Ebenda, S. 21

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Die Multiplikatorwirkung der Gesundheit
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum
Veranstaltung
Gesundheitspolitik: Strukturen, Prozesse und Alternativen
Note
2,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
22
Katalognummer
V71389
ISBN (eBook)
9783638619691
ISBN (Buch)
9783638675215
Dateigröße
564 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Multiplikatorwirkung, Gesundheit, Gesundheitspolitik, Strukturen, Prozesse, Alternativen, Gesundheitsforschung, Gesundheitssektor, Soziologie, Sozialwissenschaft, Sektoren des Gesundheitswesens, Gesundheitswesen, Arzneimittel, Gesundheitszwiebel
Arbeit zitieren
Conny Meyer (Autor:in), 2007, Die Multiplikatorwirkung der Gesundheit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71389

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