Gutachten über den sonderpädagogischen Förderbedarf bei Beeinträchtigung im Lernen


Seminar Paper, 2005

12 Pages


Excerpt


Gutachten über den sonderpädagogischen Förderbedarf

1. Personen- und Untersuchungsdaten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2. Anlass der Begutachtung

Anlässlich eines Schulpraktikums besuchte ich zweimal die Klasse 3b mit einem zeitlichen Abstand von sechs Monaten. Schon im ersten Praktikum fiel mir die Schülerin Mia auf. Mia ist ein fröhliches, beliebtes, offenes Mädchen. Sie geht gern zur Schule und beteiligt sich gemäß ihren Möglichkeiten aktiv am Unterricht. Bei den Unterrichtshospitationen fiel sie mir jedoch auf, da sie einen erheblichen Leistungsrückstand auf ihre Mitschüler zeigte. Im zweiten Praktikum stellte ich fest, dass Mia in sechs Monaten kaum sichtbare Lernfortschritte gemacht hatte. Meine Beobachtungen konzentrierten sich dabei besonders auf die Fächer Mathe und Deutsch beziehungsweise auf ihre Lesekompetenz, Schreibkompetenz und mathematische Kompetenz. In diesen Kompetenzbereichen fällt Mia erheblich hinter den Anforderungen des Lehrplans für die 3. Klasse Förderschule zurück.

Die Lehrein stimmte mir zu, dass Mia erhebliche Schwierigkeiten im Lesen, Schreiben und im Umgang mit Zahlen hat. Ebenfalls ist ihr aufgefallen, dass Mia im letzten Schuljahr seit ihrer Überweisung von der Grundschule, kaum nennenswerte Fortschritte gemacht hat. Sie vermutet, dass Mia in dieser Klasse, beziehungsweise in dieser Schulart nicht ihren Bedürfnissen entsprechend gefördert werden könne. Diese Annahme kann ich aus meinen bisherigen Beobachtungen unterstützen.

3. Fragestellung

Es soll untersucht werden, inwieweit sich die Vermutung bestätigt, dass Mia einen so erheblichen Leistungsrückstand im Lesen, Schreiben und im Umgang mit Zahlen aufweist, dass sie in der bestehenden Schulform nicht ihren Bedürfnissen entsprechend gefördert werden kann. Die zur Verfügung stehenden diagnostischen Methoden sollen daher ihren momentanen Entwicklungsstand im Lesen, Schreiben und im Umgang mit Zahlen dokumentieren. Die Ergebnisse werden mit den Anforderungen des Lehrplans der dritten Klasse Förderschule für Lernbehinderung in Beziehung gesetzt.

Es soll weiterhin untersucht werden, welche Stärken und Interessen bei dem Kind gegeben sind.

Sollte sich die Vermutung bestätigen, wird die Schule den MSD beauftragen ein offizielles Gutachten bezüglich der Beschulung und einer gezielten Förderung der Schülerin Mia zu erstellen.

4. Erkenntnisquellen und verwandte Prüfverfahren

Da ich das Gutachten im Rahmen eines Praktikums erstellte, standen aus Gründen des Datenschutzes nur wenige Methoden zur Verfügung.

Befragung der Klassenlehrerin

Zunächst befragte ich die Klassenlehrerin Frau M. zu der Schülerin Mia. Dabei sammelte ich Informationen über die familiäre Situation, die schulische Entwicklung, die momentane Klassensituation, Charakter und Temperament der Schülerin, die momentane Lern- und Leistungssituation besonders in den Fächern Deutsch und Mathe, die Stärken und die Interessen von Mia. Die Lehrerin legte in dem Gespräch dar, wie sich ihr der Entwicklungsstand von Mia in ihrem Unterricht darstellt, welche Fortschritte sie seit der Umschulung in die Förderschule nach ihrer Meinung gemacht hat, wie Mias Leistungen im Vergleich zu restlichen Klasse einzuschätzen sind, und welche möglichen Ursachen sie für die geringen Fortschritte von Mia sieht. Besonders interessierte mich wie die Schülerin Mia bisher gefördert wurde. Das Ziel der Lehrerbefragung war es, ein umfassendes Bild von der Situation der Schülerin Mia aus Sicht der Lehrerin zu bekommen und erste Eindrücke für die Einschätzung ihrer Kompetenzen im Lesen, Schreiben und im Umgang mit Zahlen zu bekommen.

Befragung der sonderpädagogischen Fachkraft und der Fachlehrer

Des Weiteren befragte ich die Sonderpädagogische Fachkraft, die Sportlehrerin und die Werkenlehrerin. Diese sollten mir Auskunft über mögliche Stärken und Schwächen in eher handlungs- und bewegungsorientierten Situationen geben. Ziel dessen war es zu erfahren, ob auch hier Entwicklungsrückstände auftreten.

Gespräch mit der Schülerin

Als letztes befragte ich die Schülerin Mia zu ihren Interessen, zu ihrer Position in der Klasse, zu Lieblingsfächern und ihrer familiären Situation. Des Weiteren ging ich in dem Gespräch darauf ein, ob Mia gern in diese Schule geht, und was sie gern tut und was nicht. Das Schülergespräch sollte Einblick in die schulische und familiäre Situation der Schülerin ermöglichen. Weiterhin ihre Interessen festhalten und überprüfen, inwieweit sie ihre Schwierigkeiten in der Schule selber reflektiert.

Akteneinsicht

Neben den Gesprächen mit beteiligten Personen wurde mir gestattet Akteneinsicht zu nehmen. Dabei erhielt ich allerdings nur Einsicht in die bisherige Schullaufbahn, die Zeugnisse und in die Ergebnisse eines Testverfahrens (CVT1), welchen kürzlich mit der Schülerin durchgeführt wurde. Es war mir jedoch nicht gestattet eventuelle Tests mit Mia durchzuführen.

Beobachtung des Unterrichts

Durch meine Mitarbeit in der Klasse war es mir weiterhin möglich Mia, mehrere Wochen in der natürlichen Unterrichtssituation zu beobachten. Dabei versuchte ich gezielt auf die schon beschriebenen Problembereiche zu achten und diese zu dokumentieren. Da die Schülerin mich gut kannte, war sie auch nicht befangen in ihrer Arbeitsweise. Die Ergebnisse der Beobachtung zeigen, meiner Meinung nach, ein sehr umfassendes Bild der Schülerin, welches nicht durch eine künstliche Testsituation verfälscht wird.

Durch die Arbeit mit der Klasse und die gezielte Beobachtung der Schülerin erhielt ich weiterhin Einblicke in mehrere Arbeitsproben von Mia. Weiterhin übte ich mit Mia allein lesen, schreiben und den Umgang mit Zahlen. In diesen Situationen überprüfte ich, inwieweit diese Kompetenzen bei Mia ausgebildet sind, indem ich die Anforderungen und immer einfacher gestaltete und ihr immer mehr Zeit gab bis Mia die gestellten Aufgaben bewältigen konnte.

5. Schulische Entwicklung

Mia besuchte einen Kindergarten. Bereits in der Vorschuleinrichtung fiel das Kind wegen allgemeiner Entwicklungsrückstände auf, so dass eine Schulzurückstellung empfohlen wurde. Diese einjährige zusätzliche Vorschulförderung zeigte insgesamt nur sehr geringe Fördererfolge, weshalb der MSD eine Einschulung an einer Förderschule für Lernbehinderte empfiehlt. Trotz dieser Empfehlung wurde Mia, aufgrund des Wunsches der Eltern 2002 in eine Grundschule eingeschult. Hier traten nach kurzer Zeit große Schwierigkeiten im mathematischen und schriftsprachlichen Bereich auf. Der MSD wurde daher im 2. Halbjahr zu einer Gutachtenfortschreibung gebeten. Das Gutachten diagnostizierte einen erhöhten sonderpädagogischen Förderbedarf im Lern- und Leistungsverhalten. Eine Umschulung in ein Förderzentrum wurde dringend angeraten. Im August 2003 wurde Mia in eine 2. Diagnoseförderklasse eines Förderzentrums umgeschult. In dieser Schule lernt sie auch heute noch.

6. Lebensweltliche Bedingungen

6.1 Häusliche Bedingungen

Über die häuslichen Bedingungen ist nur wenig bekannt, da ein Elterngespräch nicht möglich war und die Klassenlehrein auch nur bedingt Auskunft geben konnte.

Mia ist das vierte von sechs Kindern. Mia ist sehr zierlich und etwas zu klein für ihr Alter. Die Lehrerin konnte aber Auskunft darüber geben, dass Schwangerschaft und Geburt nach Aussagen der Mutter ohne Komplikationen verliefen.

Die Eltern leben seit kurzem getrennt. Die Mutter ist so mit 4 Kindern allein zu Hause, da zwei Mädchen bereits im Erwachsenenalter sind und schon selbst Kinder haben. Mia teilt mit ihrem 6jährigen Bruder ein Zimmer. Nach ihren eigenen Aussagen wird sie oft von ihrem Bruder geärgert. Nach Aussagen der Lehrerin sind die Eltern nicht in der Lage Mia in der häuslichen Umgebung zu fördern oder ihr einen Nachhilfeunterricht zu ermöglichen. Nach Mias Aussagen ist ihr Lieblingsspielzeug eine Barbie, Bücher hat sie dagegen nur zwei Stück (über Tiere).

6.2 Schulische Rahmenbedingungen

Mia geht in eine Klasse mit neun Schülern. Sie ist eins von drei Mädchen. Mia ist in ihrer Klasse beliebt und nimmt keine Außenseiterposition ein. In diesem Jahr wurde sie von ihren Mitschülern zur zweiten Klassensprecherin gewählt. Auch die Schüler aus den älteren Klassen mögen Mia sehr und spielen oft mit ihr auf dem Schulhof.

Die Klasse 3b ist allgemein eine sehr schwache Klasse. Die Schüler haben fast alle sehr große Schwierigkeiten in den unterschiedlichsten Bereichen. Das Vorgehen der Lehrerin ist daher entsprechend langsam und differenziert. Sie unterrichtet vorwiegend frontal, da die Schüler Freiarbeit nur mit großer Mühe bewältigen können. Die sonderpädagogische Fachkraft ist in drei Stunden Förderunterricht und in weiteren drei Stunden Fördermaßnahmen in der Klasse. Im Förderunterricht werden die Schüler einzeln in ihren Bereichen gefördert. In den Fördermaßnahmen basteln und spielen die Kinder in zwei Gruppen aufgeteilt. Bei dem Förderzentrum handelt es sich um eine Ganztagsschule, die Schüler sind immer bis ca. 14:30 in der Schule. Zusatzangebote wie AGs oder ähnliches gibt es aber nicht.

Mia ist in dieser sehr schwachen Klasse, nach Aussagen der Klassenlehrerin, in den Fächern Deutsch und Mathe die mit Abstand schwächste Schülerin. Sie benötigt daher im Förderunterricht die meiste Zuwendung. Zwischen den anderen Schülern gibt es nur geringe Leistungsunterschiede, weshalb diese in einem Tempo und mit gleichen Anforderungen lernen können. Für Mia müssen allerdings oft differenzierte Angebote gemacht werden. Im Förderunterricht wurde mit Mia im letzten Jahr verstärkt die Buchstabenkenntnis geübt, mit dem Ergebnis, dass sie diese mit viel Konzentration sicher benennen kann. Im mathematischen Bereich wurde besonders Mengenerfassung, der Zahlenraum bis 20 und die Rechenoperationen geübt. Diese Förderung zeigt nur sehr geringe Erfolge. Der bestehende Förderplan von Mia folgt keinem bekannten Trainingsprogramm. Die Lehrerin wählt die Arbeitsmaterialen selber aus und erstellt diese oft auch selber.

Mia zeigt in keinem Unterrichtsfach Verhaltensauffälligkeiten und verweigert nie absichtlich die Mitarbeit, sondern nur wenn sie nicht weiß was oder wie sie etwas tun soll.

7. Individuelle Bedingungen

7.1 Individuelle Handlungsbedingungen und Lernvoraussetzungen

7.1.1 Kognitive Vorraussetzungen/ Intelligenz

Mit den zur Verfügung stehenden Methoden, war es nicht möglich die kognitiven Fähigkeiten von Mia mittels eines Testverfahrens zu überprüfen. Der MSD der Schule wurde allerdings gebeten mit Mia einen Intelligenztest durchzuführen. Aus Gründen des Datenschutzes erhielt ich keinen genauen Einblick in diesen Test. Die Lehrerin konnte mir nur die Auskunft geben, das es sich um das Testverfahren CFT1 Skala 1Testheft Form A von Cattell/ Weiß/ Osterland handelt. Bei diesem erreichte Mia einen IQ- Wert von 65 im Gesamttest, was nach Angaben des MSD „extrem niedrig und an der Grenze zur geistigen Behinderung ist“. Besonders schlecht waren im Test die Bereiche „Merkfähigkeit und Denkfähigkeit.

7.1.2 Sprachlicher Entwicklungsstand

Die Klassenlehrerin, die sonderpädagogische Fachkraft und auch die anderen Fachlehrer bestätigten, dass Mia keine schwerwiegenden Verzögerungen in ihrem sprachlichen Entwicklungsstand aufweist. Sie spricht, wenn auch mit dialektischer Einfärbung, verständlich und deutlich. Im freiem Gespräch mit ihr fielen mir nur geringe Schwierigkeiten bei Mia auf. Sie verwendete gelegentlich falsche Adjektive „den Barbie find ich süß“ oder konnte nicht korrekt den Plural bilden „Ich habe ein Poster von Tigers mitgebracht.“ Diese grammatischen Schwierigkeiten waren aber nicht durchgängig zu beobachten. Im Deutschunterricht waren auf sprachlicher Ebene ebenfalls Auffälligkeiten in der Grammatik zu beobachten. Mia hatte hier vor allem Schwierigkeiten Verbformen richtig zu beugen, besonderes die dritte Person Einzahl fällt ihr schwer. Ansonsten fallen auch die Schwierigkeiten, die sich schon im freien Gespräch zeigten auf. Wird sie aufgefordert ein Substantiv mit dem richtigen Artikel zu nennen, zögert sie und macht es auch häufig falsch. Einzahl und Mehrzahl zu bilden fällt ihr ebenfalls schwer. Oft hängt sie an die Einzahl nur ein „s“ um die Mehrzahl zu bilden.

[...]

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Details

Title
Gutachten über den sonderpädagogischen Förderbedarf bei Beeinträchtigung im Lernen
College
University of Erfurt
Course
Diagnostik II: Erarbeitung sonderpädagogischer- psychologischer Gutachten mit Schwerpunkt: Lernprobleme
Author
Year
2005
Pages
12
Catalog Number
V71283
ISBN (eBook)
9783638678520
File size
430 KB
Language
German
Notes
Es handelt sich bei der vorliegenden Arbeit, um ein umfangreiches Gutachten. Das Gutachten soll eine Empfehlung für die günstigere Schulform für ein Mädchen in einer Lernförderschule geben. Da ihr Lern- und Leistungsverhalten sich im Berisch der geistigen Behinderung bewegt. Auf das Gutachten gab es keine Note, es wurde aber mündlich mit sehr gut bewertet. Namen und die Schule wurden aus datenschutzrechtlichen Gründen geändert.
Keywords
Gutachten, Förderbedarf, Beeinträchtigung, Lernen, Diagnostik, Erarbeitung, Gutachten, Schwerpunkt, Lernprobleme
Quote paper
Katharina Strunck (Author), 2005, Gutachten über den sonderpädagogischen Förderbedarf bei Beeinträchtigung im Lernen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71283

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