Zwischen Parteilichkeit und Publikumsinteresse: Die Medien in der DDR


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

37 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

1. Aufbau des Mediensystems in der SBZ
1.1 Aufbau des Pressewesens
1.2 Aufbau des Rundfunks

2 Ideologische Grundlagen und Selbstverständnis der DDR Medien

3 Überwachungsmethoden und Kontrollinstanzen
3.1 Verfassung
3.2 Verantwortlichkeiten und Kontrollinstitutionen
3.3 Anleitung zur staatssozialistischen Argumentation
3.3 ADN
3.4 Journalistenausbildung
3.5 Selbstzensur
3.6 Sonstige Kontrollmethoden

4 Struktur und Charakteristik der einzelnen Mediengattungen
4.1 Zeitungen
4.2 Zeitschriften
4.3 Hörfunk
4.4 TV

5 Akzeptanz und Wirksamkeit der DDR Medien

6 Fazit

Literatur und Quellenverzeichnis

Anhang

Abbildung 1: Titelseite Neues Deutschland vom 9. Oktober 1989

Abbildung 2: Übergabe des Rundfunks in deutsche Hand

Abbildung 3: Die Aufgabe der Medien im Kriegsfall

Abbildung 4: Struktur der Kontroll- und Überwachungsinstanzen

Abbildung 5: Lizenzurkunde des Presseamtes

Abbildung 6: Die Tageszeitungen in der DDR

Abbildung 7: Zeitschriftenproduktion der DDR nach Sachgruppen

Abbildung 8: Titelblatt der verbotenen Sputnik Ausgabe

Einleitung

An dem Wochenende des 7.und 8. Oktober 1989 beging die Staatsführung der DDR die Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag der Republik. Am Montag dem 9. Oktober erschien die Süddeutsche Zeitung mit der Schlagzeile: „Zehntausende DDR-Bürger demonstrieren für innere Reformen und mehr Demokratie“. „Die Welt“ titelte: „Gorbatschow kritisiert Honecker. Stasi knüppelt Verzweifelte nieder“ und die niederländische Zeitung „De Telegraaf“ kam zu dem Urteil: „ Ein schneller Rücktritt Erich Honeckers ist die einzige Alternative“.[1]

Vor dem Hintergrund der offiziellen Feierlichkeiten am 7. und 8. Oktober 1989 hatten tausende DDR-Bürger für Reformen innerhalb der Deutschen-Demokratischen Republik demonstriert. Die Staatsführung ging mit äußerster Härte vor: Die Demonstrationen wurden unter Einsatz von Gewalt aufgelöst, hunderte Menschen wurden verletzt und es kam zu zahlreichen Verhaftungen. Doch desto augenscheinlicher der Protest auf der Straße wurde, umso stiller wurden die Berichte und Kommentare in den DDR-Medien. Anstatt auf die aktuellen Ereignisse Bezug zu nehmen, verwendeten diese alle Kraft darauf, eine Schein-Realität zu konstruieren und auch weiterhin das Bild einer heilen „DDR-Welt“ zu vermitteln.

So zitierte das „Neue Deutschland“ an jenem 9. Oktober auf seiner Titelseite Erich Honecker mit den Worten :„Die DDR ist heute ein Grundpfeiler der Stabilität und der Sicherheit in Europa“. Neben unkommentierten Zitaten aus den offiziellen Festreden von Erich Honecker und dem Staatspräsidenten der Sowjetunion, Michael Gorbatschow, erschienen auf der Titelseite noch zwei weitere Schlagzeilen: Eine über die Militärparade der Nationalen-Volks-Armee (NVA) und eine über den Fackelumzug von 100000 FDJlern zu Ehren von Erich Honecker (Siehe Anhang Abbildung 1).

- Von Demonstrationen, Massenprotesten, gewaltsamen Auseinandersetzungen und Verhaftungen, kein Wort. Auch in den übrigen Tageszeitungen, in Fernsehen und Hörfunk findet man dasselbe Bild: Die Feierlichkeiten werden bis ins letzte Detail beschrieben, Zukunftspläne werden entworfen, der wirtschaftliche Aufschwung anhand von nicht nachvollziehbaren Zahlen belegt, der Kapitalismus verdammt und die Proteste im eigenen Land totgeschwiegen. Wenn überhaupt, finden die Demonstrationen allenfalls als Randnotiz Eingang in die Berichterstattung und werden als Tat von einigen wenigen „Rowdys“ beschrieben[2].

Was aus heutigem Verständnis heraus nur schwer nachvollziehbar ist, war in den DDR-Medien Alltag: Nicht möglichst objektive Wieder- und Weitergabe eines Sachverhaltes, sondern dessen parteikonforme Darstellung war oberstes Credo journalistischen Handelns.

Doch inwieweit gelang es der DDR-Führung wirklich, die Medien zu kontrollieren? Auf welches Selbstverständnis gründete sich das Mediensystem der DDR und vor allem, wie viel Vertrauen schenkten die Bürger der DDR ihren Medien?

Es wird zunächst der Aufbau des Mediensystems in der damaligen SBZ umrissen, bevor auf das Selbstverständnis der Medien in der DDR Bezug genommen wird. Im Weiteren werden die die wichtigsten Maßnahmen, mittels derer die DDR-Führung die Medienberichterstattung lenkte und kontrollierte beschrieben. Anschließend werden die Struktur und die Charakteristik des Mediensystems der DDR näher beleuchtet, bevor abschließend den Fragen nach der Akzeptanz und der Wirksamkeit der DDR- Medien nachgegangen wird.

Durch den Zusammenbruch der DDR und des gesamten Ostblocks und der damit verbundenen Öffnung der Archive, erfuhr die DDR-Forschung seit Begin der 90iger Jahre einen enormen Aufschwung. Auf Grundlage der nun zugänglichen Dokumente entstand auch eine Vielzahl von Publikationen, welche sich speziell mit den Medien der DDR auseinandersetzen, so dass die Quellenlage zu der Thematik als durchaus günstig betrachtet werden kann. Gleichwohl muss eingeräumt werden, dass quantitative Untersuchungen zur Nutzung und Akzeptanz der Medien in der DDR zum einen, wenn überhaupt, nur von der Staatsführung selbst in Auftrag gegeben worden sind und zum anderen oftmals als nicht repräsentativ angesehen werden können. Des Weiteren ist davon auszugehen, dass die veröffentlichten Daten bereits einer Zensur durch die Partei- und Staatsorgane unterzogen worden sind und nur das publiziert worden ist, was als „linientreu“ die Kontrollorgane passiert hatte. Aus diesem Grund wird in der vorliegenden Arbeit nur in Ausnahmefällen auf diese Quellen Bezug genommen. Vielmehr nähert sich die Arbeit der Thematik auf qualitative Weise an. Anhand von Beispielen, Aussagen, Begebenheiten und Dokumenten sollen ein Bild von dem Mediensystem der DDR skizziert und eine Antworten auf die oben gestellten Fragen gegeben werden.

1. Aufbau des Mediensystems in der SBZ

Mit dem Ende des Krieges und der Besetzung Deutschlands durch die Alliierten hörte auch das Mediensystem in Deutschland auf, in seiner bis dato bekannten Form zu existieren. Als eine der ersten pressepolitischen Maßnahmen verbot die sowjetische Besatzungsmacht den Deutschen in der Ostzone jedwede publizistische Betätigung. Zusätzlich wurden auf Befehl des sowjetischen Stadtkommandanten, General Bersarin, sämtliche Druckereibetriebe geschlossen und der Großteil aller Vervielfältigungsapparate, Schreibmaschinen und Rundfunkempfänger eingezogen.[3]

Mit dem Befehl Nr. 2 der Sowjetischen-Militär-Administration (SMAD) durch welchen am 10. Juni 1945 Parteien und Gewerkschaften in der Ostzone wieder zugelassen wurden, änderte sich auch die Medienpolitik der sowjetischen Besatzungsmacht. Fortan wurde systematisch mit dem Aufbau eines funktionierenden Presse- und Rundfunkwesens unter deutscher Beteiligung begonnen.[4]

1.1 Aufbau des Pressewesens

Auf Befehl der sowjetischen Besatzungsmacht konnten nur diejenigen Presseprodukte veröffentlicht werden, die eine Lizenz der Militärregierung erhalten hatten. Im Gegensatz zu den Westzonen wurden in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) Lizenzen nicht an Privatpersonen, sondern ausschließlich an Parteien und Massenorganisationen vergeben.[5]

Anträge auf Lizenzen mussten bei den jeweiligen Volksbildungsministerien in den Ländern und Provinzen der SBZ eingereicht werden. Über die Vergabe der Lizenzen entschied in letzter Instanz die Verwaltung für Propaganda der SMAD, welche sich aber im Wesentlichen auf die Vorarbeiten der am 27. Juli 1945 - neben zehn weitern deutschen Zentralverwaltungen- gegründeten Deutschen Verwaltung für Volksbildung (DVV), stützte.[6]

Bei dem Aufbau des Pressewesens erfuhren zunächst die Zeitungen der KPD, nach der Vereinigung mit den Sozialdemokraten, die der SED, besondere Unterstützung.

Ihnen wurden die besten der noch erhaltenen Druckereien, die größten Kontingente an Papier und die notwendigen Mittel für ein funktionierendes Vertriebssystem zugeteilt. Damit war die Presse der SED den Zeitungen und Zeitschriften anderer Parteien, in denen es noch starke oppositionelle Strömungen gegen die SED gab, von Anfang an weit überlegen.[7]

Nach Umwandlung der anderen Parteien der SBZ in Block- bzw. Bündnisparteien der SED wurden die Zeitungen und Zeitschriften unter den Parteien aufgeteilt. Während die SED neben ihrem Zentralorgan „Neues Deutschland“ schon zu der damaligen Zeit eine Vielzahl von Zeitungen auf Länder- und Kreisebene besaß, mussten sich die übrigen Blockparteien mit je einem Zentralorgan in Berlin, sowie einer Landeszeitung begnügen. Auch nach der Auflösung der Länder 1952 wurde dieses System beibehalten. Während die SED in nunmehr allen 14 Bezirken eine Zeitung unterhalten konnte, mussten sich die Blockparteien auch weiterhin mit fünf Tageszeitungen außerhalb von Berlin begnügen.[8] Somit wurden schon frühzeitig die Strukturen geschaffen, die es der SED ermöglichten den Pressesektor zu dominieren und damit die Deutungshoheit über Ereignisse zu erlangen. Gleichwohl muss man festhalten, dass das größte publizistische Gewicht zu Zeit der SBZ bei der Militäradministration selbst lag. Sie gab nicht nur vom 15.Mai 1945 bis zum 30.Juni 1955 mit der „Täglichen Rundschau“ die größte Tageszeitung heraus, sondern unterhielt mit dem SMA-Verlag auch die größte Verlagsanstalt und besaß mit dem Sowjetischen Nachrichtenbüro (SNB) das Nachrichtenmonopol in der SBZ. Erst mit der Gründung der DDR 1949 zog sich die Sowjetunion langsam aus dem Presse und Verlagswesen der DDR zurück.[9]

1.2 Aufbau des Rundfunks

Anders[10] als im Pressewesen gestaltete sich der Aufbau des Rundfunks in der SBZ. Hier waren die aus der Nazi-Zeit vertrauten Zustände schnell wiederhergestellt.[11]

„Hier Spricht Berlin! Hier spricht Berlin! Auf Wellenlänge 356 Meter. Wir beginnen unsere Sendung“[12] – Mit diesen Worten begann am Abend des 13. Mai 1945 die Ausstrahlung der ersten Sendung des neuen „Berliner Rundfunks“. Nur wenige Stunden zuvor hatte der Stadtkommandant Berlins die Erlaubnis gegeben den Rundfunk wieder aufzunehmen.[13] Im Gegensatz zu Druckereien und Verlagshäusern waren die Rundfunkstationen vom Krieg relativ unversehrt geblieben und noch funktionstüchtig. Somit konnte der Berliner Rundfunk bereits am 20. Mai 1945 ein 19stündiges Vollprogramm senden.[14]

Verantwortlich für die Redaktion, Gestaltung und Ausstrahlung der ersten Radioübertragungen waren die Mitglieder der KPD-Initiativgruppe „Ulbricht“[15], welche mit sowjetischer Hilfe die Aufnahmestudios schnell wieder hergerichtet hatten und umgehend auf Sendung gingen. Zum Beauftragten für Rundfunk berief Walter Ulbricht nicht wie zunächst vorgesehen Anton Ackermann, sondern das Mitglied seiner Initiativgruppe Hans Mahle. Am 20. November wurde der Mitteldeutsche Rundfunk in Leipzig neu gegründet und bereits „Ende 1946 hatten neben dem Berliner Rundfunk weitere sechs Regionalsender mit ihrem regelmäßigen Programm für schon mehr als 2 Millionen angemeldete Hörer begonnen.“[16]

Insgesamt ist der schnelle Aufbau des Rundfunks in der Ostzone vor allem auf das Engagement der SMAD zurückzuführen. Hans Mahle erinnerte sich später: „Was wir brauchten, das waren Mauersteine, Ziegel, Holz, Beton, das waren Eisen, Farbe usw. um die Häuser einzurichten, aufzubauen, umzubauen. Von den Mitarbeitern der sowjetischen Militäradministration habe ich das verhältnismäßig leicht bekommen und so haben sie also einen großen Anteil daran, dass die Funkhäuser ausgebaut werden konnten, und der Rundfunk eine Institution wurde …“.[17]

In diesem Zusammenhang äußerte Arthur Mannbar die These, dass sich die SMAD zunächst bewusst für den Aufbau von Rundfunksendern entschieden hatte, weil an ein funktionierendes Pressewesen vorerst nicht zu denken war.[18]

Anders als im Pressebereich, in dem die Sowjetische Militäradministration selbst noch lange Zeit auf dem Markt tätig war, beschränkten sich die Sowjets im Rundfunkbereich relativ schnell auf die bloße Kontrolle und übergaben bereits am 21. Dezember 1945 die Rundfunkeinrichtungen in deutsche Hand (Siehe Anhang, Abbildung 2). Möglich wurde dieses Zugeständnis dadurch, dass es im Rundfunkbereich von Anfang an gelungen war, die wichtigen Posten mit linientreuen Kommunisten zu besetzen.[19]

Nach der Aufbauphase wurde 1952 die regionalistische Struktur des Rundfunks aufgelöst und nach sowjetischem Vorbild reorganisiert. Der nunmehr zentralisierte Hörfunk unterstand dem Staatlichen Rundfunkkomitee und gliederte sich in drei landesweit ausgestrahlte Programme: Berlin I als Ersatz für den aufgelösten Deutschlandsender, Berlin II als Elite- und Kulturprogramm und Berlin III als populäres Programm für die gesamte DDR-Bevölkerung. Nach dem Aufstand vom 17. Juni 1953 kam es auch im Rundfunkbereich zu einem „Neuen Kurs“. Es wurden wieder Verantwortliche für die einzelnen Programme ernannt und anstatt der eben genannten Sender gab es nun wieder den „Deutschlandsender“, den „Berliner Rundfunk“ und „Radio DDR“, welches aus Berlin III hervorgegangen ist.[20]

Was das Programmangebot und die Programmgestaltung anbelangte, unterlag der Hörfunk auch in den späteren Jahren zahlreichen Veränderungen. An der zentralistischen Grundstruktur jedoch wurde bis zum Ende der DDR nichts mehr verändert.

2 Ideologische Grundlagen und Selbstverständnis der DDR Medien

Nach dem Aufbau eines funktionierenden Presse- und Rundfunkwesens, versuchte die SED - im Zuge der allgemein forcierten Anbindung an die Sowjetunion- auch die theoretische Ausrichtung der einzelnen Medien nach sowjetischem Muster zu reorganisieren. In verschiedenen Pressekonferenzen in den Jahren 1950 und 1951 hatte die SED deshalb die „Presse neuen Typs“ proklamiert.[21] Hinter dieser Losung, verbarg sich freilich nichts wirklich „Neues“, sondern lediglich die Direktive, dass die Massenmedien fortan nach den Prinzipien der marxistisch-leninistischen Pressetheorie arbeiten sollten. War Marx noch ein engagierter Verfechter der Pressefreiheit: „So gut wie jeder schreiben und lesen lernt, muß jeder schreiben und lesen dürfen“[22], entwickelte Lenin eine sozialistische Pressekonzeption, welche mit dem ursprünglichen Verständnis von Pressefreiheit nur wenig gemein hatte. Seinem Verständnis nach, hatte die Presse als kollektiver Propagandist, kollektiver Agitator und kollektiver Organisator zu fungieren.[23] Im Einzelnen hieß dies: Als kollektiver Propagandist, hatte die Presse für die Erläuterung und Verbreitung der Lehren des Kommunismus zu sorgen, als kollektiver Agitator sollte sie aktuelle Ereignisse im Sinne des Kommunismus interpretieren und dadurch die Massen beeinflussen und als kollektiver Organisator schließlich, sollte sie die Bevölkerung anleiten, gemäß der Beschlüsse der Partei zu handeln.[24] Damit erhielt die Presse den Status, eines „verlängerten Armes“ der Partei. Während die Presse heute in demokratischen Gesellschaften oftmals als kritisches Regulativ gegenüber den Beschlüssen der Regierung verstanden wird, waren die Medien in der sozialistischen Pressetheorie vollständig der Politik der herrschenden Partei untergeordnet. Auch wenn sich Lenins Konzept explizit auf die Presse und ihre Aufgaben bezieht, wurde diese Theorie in der Folgezeit zumindest im Wesentlichen auch auf alle anderen Massenmedien angewendet.[25]

Die Schwachstelle dieses Systems lag in dem krassen Gegensatz zwischen Parteilichkeit und Lenkungsfunktion einerseits und dem Publikumsinteresse, der Glaubwürdigkeit und der Breitenwirkung andererseits. So kam Walter Janka, Leiter des Aufbau-Verlages bereits 1956 in einem Brief an den damaligen Minister für Kultur Johannes R. Becher zu dem Schluss: „Die Presse in der DDR entspricht nicht unseren Notwendigkeiten, Wünschen und Forderungen. Sie informiert ungenügend und in verschiedenen Fällen falsch.“[26] Auch wenn sich die Debatten um die Überwindung der Kluft zwischen Publikums- und Parteiinteresse wie ein roter Faden durch die Medienpolitik der DDR schlängeln, wurde stets an den grundlegenden Prinzipien des leninistischen Modells festgehalten. Noch 1986 ist in einer Führungsanordnung des Vorsitzenden des Zentralen- Nachrichten und Informationsbüro zu lesen: Die Massenmedien der DDR haben als ideologische Instrumente der Partei mit hoher Überzeugungskraft alle Bürger der DDR zur bedingungslosen Erfüllung ihrer Pflichten bei der Verteidigung des Sozialismus zu mobilisieren…“[27] (Vgl. Anhang, Abbildung 3).

Mit der Anwendung der sozialistischen Pressetheorie auf das Mediensystem der DDR, welche durch die Proklamation der „Presse neuen Typs“ ihren Anfang nahm, schuf die SED – wie in anderen gesellschaftlichen Bereichen auch - schon frühzeitig die Vorrausetzungen um ihren alleinigen Führungsanspruch theoretisch und ideologisch zu untermauern. Die Medien wurden als verlängerter Arm der Partei angesehen und waren per Definition zur Unterstützung der Parteilinie verpflichtet. Vor diesem Hintergrund erscheinen auch alle späteren Kontrollen, Debatten, Beschlüsse und Widersprüche, die den Mediensektor betreffen eher konsequent als verwunderlich. Allerdings schuf sich die SED in dem Maße, wie es ihr gelang, die Medienberichterstattung zu ihren Gunsten zu beeinflussen und die Kritik der Medien an politischen Entscheidungen quasi zu eliminieren, ein neues Problem, welchem sie, wie in späteren Abschnitten dargelegt wird, nicht Herr wurde: Die Akzeptanz der Medien und die damit verbundene Breitenwirkung blieb gering.

3 Überwachungsmethoden und Kontrollinstanzen

Mit dem Bestreben, das Mediensystem in der DDR nach den leninistischen Vorgaben zu organisieren, ergab sich für die SED die Notwendigkeit einer allumfassenden Kontrolle der Medien. Gerade nach Ende des Zweiten Weltkrieges und zu Zeiten der SBZ gab es vor allen bei den Zeitungen und Zeitschriften der bürgerlichen Parteien noch starke oppositionelle Tendenzen. Die Kritik, die sich vor allem gegen die SED-Politik und die forcierte Anbindung an die Sowjetunion richtete, ließ sich nicht nur mit der Medienkonzeption der SED nicht vereinbaren, sondern war auch durchaus geeignet, die Machtposition der SED an sich zu gefährden. Aus diesem Grund forcierten die SED und die Sowjetische Militäradministration quasi parallel zu dem technischen Aufbau des Mediensystems auch den Aufbau eines umfangreichen Kontroll- und Überwachungsapparates, sowie die Schaffung von Institutionen und Instanzen mit deren Hilfe es gelingen sollte, die Medien zu kontrollieren und kritische Meinungsäußerungen zu unterbinden.

Im Folgenden sollen einige der wichtigsten Institutionen und Maßnahmen durch welche es der SED bzw. DDR-Führung gelang, dass alleinige Informationsmonopol zu erlangen, die Medienberichterstattung zu kontrollieren und zu bestimmen und regimekritische Meinungsäußerungen zu unterdrücken bzw. gar nicht erst entstehen zu lassen, näher betrachtet werden.

[...]


[1] Radio Berlin Brandenburg (2005). Chronik der Wende. Pressespiegel vom 9. Oktober 1989. [Internet] Verfügbar unter http://www.chronik-der-wende.de/_/presse_jsp/key=prs9.10.1989.html

[2] Vgl. Leipziger Volkszeitung zitiert nach ebenda

[3] Vgl. Strunk, Peter (1996): S.63.

[4] Vgl. ebenda: S 64f.

[5] Vgl. Wilke, Jürgen (2002): S. 218.

[6] Vgl. Jütte, Bettina (1999): S. 560.

[7] Vgl. Friedrich-Ebert-Stiftung (1983): S. 16f.

[8] Vgl. ebenda

[9] Vgl. ebenda

[10] Auch wenn in diesem Abschnitt ganz allgemein von Rundfunk die Rede ist, ist damit dennoch ausschließlich der Hörfunk gemeint, da der Aufbau eines funktionierenden Fernsehfunksystems zu Zeiten der SBZ noch keine vorrangige Rolle spielte und sich das Fernsehen als Massenmedium erst seit Anfang der 60iger Jahre etablierte. Auf Ausführung zum Ausbau des Fernsehfunks wird hier deshalb, zu Gunsten späterer Abschnitte, verzichtet.

[11] Vgl. Schanze, Helmut(2001): S. 482.

[12] Mannbar, Atrhur, 1945, zitiert nach Strunk, Peter (1996): S.137.

[13] Vgl. Wilke, Jürgen (2002): S. 223.

[14] Vgl. Schanze, Helmut(2001): S. 482.

[15] Hierbei sind vor allem Arthur Mannbar, Fritz Erpenbeck und Matthäus Klein zu nennen.

[16] Beutelschmidt, Thomas (1995): S. 156.

[17] Mahle, Hans, 1991, zitiert nach Spielhagen, Edith (Hrsg.) (1993): S. 30.

[18] Vgl. Strunk, Peter (1996): S.137

[19] Vgl. Schanze, Helmut(2001): S. 483.

[20] Vgl. ebenda: S. 484.

[21] Vgl. Bos, Ellen (1993): S.72.

[22] Marx, Karl, zit. nach Friedrich-Ebert-Stiftung (1983): S.9.

[23] Vgl. Wilke, Jürgen (2002): S. 214.

[24] Vgl. Friedrich-Ebert-Stiftung (1983): S.11.

[25] Vgl. Wilke, Jürgen (2002): S. 215.

[26] Janka, Walter, 1956, in Judt, Matthias (Hrsg.) (1998): S. 349.

[27] Zit. nach Holzweißig, Gunter (2002): S. 229.

Ende der Leseprobe aus 37 Seiten

Details

Titel
Zwischen Parteilichkeit und Publikumsinteresse: Die Medien in der DDR
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Institut für Geschichte)
Veranstaltung
Hauptseminar: Liberalisierung und Ideologisierung: Die innere Entwicklung der Bundesrepublik und der DDR in den 50iger Jahren
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
37
Katalognummer
V71169
ISBN (eBook)
9783638631129
Dateigröße
6063 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Zwischen, Parteilichkeit, Publikumsinteresse, Medien, Hauptseminar, Liberalisierung, Ideologisierung, Entwicklung, Bundesrepublik, Jahren
Arbeit zitieren
Sascha Vogelsang (Autor:in), 2006, Zwischen Parteilichkeit und Publikumsinteresse: Die Medien in der DDR, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71169

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