Bedeutung des Endothelinsystems in der gynäkologischen Onkologie


Forschungsarbeit, 2007

33 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhalt

I. Übersicht

II. Einleitung
a) Das Endothelinsystem
b) Biosynthese
c) Endothelinrezeptoren
d) Clearance
e) Zelluläre Signaltransduktion
f) Bedeutung für die Angiogenese

III. Das Endothelinsystem in nicht-malignen Erkrankungen
a) Erkrankungen des Gefäßsystems
b) Erkrankungen des Urogenitalsystems
c) Erkrankungen des Respirationstraktes

IV. Das Endothelinsystem in der gynäkologischen Onkologie
a) Übersicht
b) Ovarialkarzinom
c) Zervixkarzinom
d) Endometriumkarzinom
e) Mammakarzinom

V. Therapeutisches Targeting des Endothelinsystems
a) Therapeutisches Targeting beim Ovarialkarzinom
b) Therapeutisches Targeting beim Zervixkarzinom
c) Therapeutisches Targeting beim Endometriumkarzinom
d) Therapeutisches Targeting beim Mammakarzinom

VI. Schlussfolgerung & Ausblick

VII. Literaturangaben
Anschrift des Verfassers:
Martin Smollich
Universitätsklinikum Münster
Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Domagkstraße 11
48149 Münster

I. ÜBERSICHT

Das Endothelinsystem, bestehend aus den drei Peptiden Endothelin (ET)-1, -2 und -3 sowie deren Rezeptoren, wird in zahlreichen menschlichen Zellen und Geweben exprimiert. Das biologisch aktive ET-1 wird dabei durch das Endothelin-Converting Enzyme-1 (ECE-1) aus der inaktiven Vorstufe big-ET-1 gebildet. ET-1 hat sich als bedeutendes Peptid mit einer breiten Spanne biologischer Funktionen erwiesen, zu denen die Regulation von zellulärer Entwicklung, Proliferation, Apoptose und Angiogenese gehören. Dadurch ist ET-1 von enormer physiologischer und pathophysiologischer Bedeutung. Während diese Effekte durch Bindung von ET-1 an den Endothelin-A-Rezeptor vermittelt werden, bewirkt Bindung von ET-1 an den Endothelin-B-Rezeptor eine Apoptosehemmung, reduzierte ECE-1-Expression sowie einen gesteigerten Abbau (Clearance) von ET-1.

Die aktuelle Datenlage deutet darauf hin, dass das Endothelinsystem in der Tumorgenese und der Tumorprogression verschiedener Malignome eine besondere Bedeutung besitzt. Da die meisten Daten für gynäkologische Malignome vorliegen, konzentriert sich diese Übersicht auch auf die Rolle des Endothelinsystems bei Karzinomen des Eierstocks, des Gebärmutterhalses und der Brust.

Die herausragende Bedeutung, die die Interaktion von ET-1 und Endothelin-A-Rezeptor für die Karzinogenese und die Tumorprogression besitzt, hat zu einer intensiven Suche nach hier angreifenden Wirkstoffen geführt. Im Zuge dessen wurden selektive Endothelin-A-Rezeptor-Antagonisten sowie Inhibitoren des ECE-1 entwickelt. Die Hemmung des Endothelinsystems durch Blockade des Endothelin-A-Rezeptors oder von ECE-1 erscheint dabei als viel versprechender Ansatz für die zukünftige Therapie gynäkologischer Malignome.

II. EINLEITUNG

Das Endothelinsystem spielt in verschiedenen Malignomen eine wichtige Rolle. Insbesondere ET-1 und der Endothelin-A-Rezeptor vermitteln dabei Proliferation, Angiogenese und Apoptosehemmung. Daher ist der Einfluss der Endotheline und ihrer Rezeptoren in den vergangenen Jahren ausgiebig erforscht worden. Diese Übersicht geht einerseits auf die pathophysiologische Bedeutung des Endothelinsystems in der gynäkologischen Onkologie ein und erläutert andererseits neue therapeutische Ansätze, die darauf abzielen, die durch das Endothelinsystem vermittelte Stimulation von Tumorgenese und –progression zu unterbinden.

a) Das Endothelinsystem

Das Endothelinsystem umfasst die drei Endothelinpeptide ET-1, ET-2 und ET-3, deren G-Protein-gekoppelte Rezeptoren (ETAR and ETBR) sowie die Enzyme der Biosynthese (ECE) und der Biodegeneration (Neprilysin, NEP). Endothelin wurde erstmals 1988 aus Endothelzellen der Schweineaorta isoliert [1]. In sich anschließenden Analysen des Endothelingens wurden drei distinkte Isoformen entdeckt, die heute als ET-1, -2 und -3 bezeichnet werden [2]. Alle drei Endotheline bestehen aus 21 Aminosäuren und enthalten zwei Disulfidbrücken in den Positionen 1-15 and 3-11. ET-2 und ET-3 unterscheiden sich in ihrer Sequenz durch zwei bzw. sechs Aminosäuren von ET-1. Sämtliche Endotheline sind Produkte verschiedener Gene (EDN-1, -2, -3), die auf getrennten Chromosomen lokalisiert sind [3].

b) Biosynthese

ET-1, -2 and -3 werden als präpro-Endotheline (prepro-ETs) synthetisiert, die dann posttranslational zu den biologisch aktiven Peptiden prozessiert werden (Abb. 1). Zunächst wird das ca. 200 Aminosäuren große präpro-ET an dibasischen Schnittstellen von einer furin-like Endopeptidase geschnitten, woraus das intermediäre pro-ET resultiert (big-ET, ca. 40 Aminosäuren). Pro-ETs besitzen bereits minimale biologische Aktivität. Anschließend werden die pro-ETs durch die membranständige Zink-Metalloprotease Endothelin-Converting Enzyme (ECE) in das entsprechende Endothelin und ein C-terminales Fragment (CTF) gespalten [4]. Es ist strittig, ob ET-1 intrazellulär gespeichert wird (als Speicherorganelle werden hier die Weibel-Palade-Körper diskutiert); nichtsdestotrotz wird es intrazellulär in Vesikeln transportiert und dann interstitial sekretiert [5]. Intravasale Endothelinsekretion ist ebenfalls beschrieben worden [6]; die Plasmaspiegel an ET-1 liegen jedoch bei ca. 1 pM und damit rund zwei Größenordnungen unterhalb der pharmakologischen Grenze. ET-2 und ET-3 liegen sogar in noch geringeren Konzentrationen im Plasma vor [6]. Daher wird angenommen, dass die Endotheline nicht als im Gefäßsystem zirkulierende Hormone, sondern überwiegend auf autokrinem oder parakrinem Wege wirken [7-8].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Biosynthese von ET-1. Präpro-ET-1 wird durch furin-like endopeptidases zu pro-ET-1 und big-ET-1 prozessiert, das dann durch Biokatalyse des Endothelin-Converting Enzymes (ECE) zu ET-1 wird. Angegeben sind die Aminosäuresequenzen der drei humanen Endotheline, Abweichungen von ET-1 sind hinterlegt.

c) Endothelinrezeptoren

Die Endotheline vermitteln ihre Wirkungen über zwei verschiedenen Rezeptoren, die als Endothelin-A-Rezeptor (ETAR) und Endothelin-B-Rezeptor (ETBR) bezeichnet werden [9] (Abb. 2). ETAR und ETBR sind zu 68% sequenzhomolog; beide Rezeptoren sind bereits geklont und pharmakologisch umfangreich charakterisiert worden [10-11]. Die Endothelinrezeptoren gehören zur Superfamilie der G-Protein-gekoppelten Rezeptoren (GPCR) und enthalten dementsprechend sieben hydrophobe Transmembran-Domänen, einen intrazytoplasmatischen C-Terminus und einen extrazellulären N-Terminus [10]. Aufgrund ihrer differenten Sequenz am C-Terminus, der für die Koppelung des G-Proteins entscheidend ist, vermitteln beide Rezeptoren unterschiedliche intrazelluläre Effekte. ETBR zeigt identische Affinitäten zu den drei Endothelinen [12], während ETAR eine Affinität für ET-3 besitzt, die um zwei Größenordnungen geringer als jene für ET-1 und ET-2 ist [10]. Insgesamt lässt sich feststellen, dass die ligandenvermittelte Aktivierung von ETBR intrazelluläre Signaltransduktionswege induziert, die zur Gegenregulierung der durch ETAR-Aktivierung vermittelten Effekte führen [13].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Das Endothelinsystem in Malginomen. Die Spaltung von big-ET führt zur Bildung von ET-1, -2 und -3. ETBR hat vergleichbare Affinitäten zu sämtlichen Endothelinen, während ETAR eine um drei Größenordnungen geringere Affinität zu ET-3 besitzt. Die Endotheline werden abgebaut durch katalytische Degradation (Neprilysin, NEP) oder über Internalisierung nach Bildung an ETBR.

d) Clearance

Die Plasmahalbwertzeit von ET-1 in Säugetieren liegt bei unter einer Minute [14], und der biologische Abbau kann auf zwei verschiedene Arten erfolgen: Einerseits werden alle Endotheline durch Neprilysin (neutrale Endopeptidase (NEP), EC 3.4.24.11), eine ca. 100kDa große, membranständige Metallopeptidase, abgebaut [15]. Nachdem das humane Neprilysin erstmal geklont und sequenziert wurde stellte sich heraus, dass es identisch mit dem schon zuvor bekannten CD10 (common acute lymphoblastic leukaemia antigen (CALLA)) war. Andererseits fungiert der Endothelin-B-Rezeptor als Clearance-Rezeptor [16-17]: Nach Bindung der Endotheline an ETBR werden die Endotheline internalisiert und intrazellulär degradiert [18].

e) Zelluläre Signaltransduktion

Ligandenbindung an die Endothelinrezeptoren führt zur Aktivierung von mindestens drei Klassen von G-Proteinen: Gαs, Gαi, Gαq [19-20]. Koppelung an Gα resultiert in der Aktivierung der Adenylylcyclase. Koppelung an Gαi führt dagegen zur Hemmung der Adenylylcyclase und einer Aktivierung von Ca2+-Kanälen. Koppelung an Gαq bewirkt Aktivierung der Phospholipase C [21] und nachfolgende Phosphorylierungen, die die Aktivierung der mitogen-activated-protein -Kinase (MAPK) und der focal-adhesion -Kinase (FAK) nach sich ziehen [22].

Außerdem vermitteln die Endotheline über ihre Rezeptoren die Aktivierung der Phospholipase A2 [23] und Phospholipase D [24] sowie die Induktion verschiedener Gene [25]. Auf diese Weise fungiert ET-1 als autokriner Überlebensfaktor in malignen Zellen [26]. Darüber hinaus stellt ET-1 ein hochpotentes Mitogen in zahlreichen Säugerzellen dar [27-28] und induziert verschiedene Proto-Onkogene wie c-fos, c-jun und c-myc [29]. Über Bindung an ETAR aktiviert ET-1 die MAPK, induziert die Phosphorylierung des epidermal growth factor receptors (EGFR) [30], hemmt die Apoptose [31] und stimuliert direkt sowohl Angiogenese [32] als auch Zellproliferation [33].

Im Gefäßsystem vermittelt ET-1 Kontraktionen der glatten Muskulatur über ETAR-Aktivierung durch einen biphasischen Anstieg an freiem zytoplasmatischem Ca2+ [34]: Zunächst bewirkt ET-1 einen initialen Anstieg des intrazellulären Calciums als Folge einer IP3-induzierten Mobilisierung von Ca2+-Ionen aus intrazellulären Calcium-Pools [35]. Diesem transienten Anstieg folgt ein länger anhaltender Anstieg an freiem Ca2+, der über den Einstrom von extrazellulärem Ca2+ über spannungsabhängige Ca2+-Kanäle vom L-Typ [36-37] oder über nicht-selektive Kationenkanäle stattfindet [34]. Hieraus resultiert eine anhaltende Kontraktion der glatten Muskulatur mit einer mittleren Kontraktionsdauer von ca. 30 – 60 Minuten [38].

f) Bedeutung für die Angiogenese

Die Endotheline regulieren die Angiogenese sowohl direkt als auch indirekt. Neuere Studien zeigten dabei, dass die komplexen Interaktionen zwischen dem Endothelinsystem und dem vascular endothelial growth factor (VEGF) einen entscheidenden Faktor der Neovaskularisation darstellen. VEGF steigert sowohl die ET-1 mRNA-Expression als auch die ET-1-Sektretion von Endothelzellen [39]. Umgekehrt reguliert ET-1 über den ETAR die mRNA-Expression und Sekretion von VEGF herauf [40]. Dies deutet entschieden darauf hin, dass VEGF und ET-1 über wechselseitige, stimulierende Interaktionen in vivo verfügen. Ein weiteres Schlüsselmolekül der Angiogenese ist der hypoxia-inducible factor-1 α (HIF-1α). HIF-1α wird durch Hypoxie, wie sie in soliden Tumoren häufig vorkommt, induziert und führt zur Bildung eines Transkriptionskomplexes, der an HRE-Sequenzen der DNA bindet und so zur gesteigerten Expression zahlreicher pro-angiogener Gene führt. Es konnte gezeigt werden, dass ET-1 die Stabilität von HIF-1α erhöht, wodurch dessen Proteinkonzentration ansteigt [41]. Auf diese Weise moduliert ET-1 auch auf indirektem Weg die Expression verschiedener Gene, die für die Angiogenese verantwortlich sind [41].

III. DAS ENDOTHELINSYSTEM IN NICHT-MALIGNEN ERKRANKUNGEN

a) Erkrankungen des Gefäßsystems

Die Endotheline werden von Endothelzellen sowie, im Zustand der Entzündung, von vaskularen glatten Muskelzellen (VSMC) sezerniert [1]. Von den drei Endothelinen ist ET-1 jenes, das im Gefäßsystem der Säugetiere vorherrscht; es fungiert hier als hochpotenter Vasokonstriktor [2]. Aufgrund dessen wurde bereits früh eine relevante Rolle von ET-1 bei verschiedenen Erkrankungen des Gefäßsystems postuliert. Bei unterschiedlichen Formen der Hypertension wurden auch erwartungsgemäß erhöhte Plasmakonzentrationen an ET-1 gemessen [6]. ET-1 besitzt darüber hinaus mitogene Effekte an glatten Muskelzellen und Fibroblasten, stimuliert die Synthese von Fibronectin und Entzündungsmediatoren in Makrophagen [42-44] und vermittelt die ischämische Reaktion in atherosklerotischen Koronargefäßen [45]. Während zerebraler Vasospasmen und subarachnoidalen Hämorrhagien führt die entzündungsvermittelte Freisetzung von ET-1 zu massiver Vasokonstriktion der zerebralen Blutgefäße [46].

b) Erkrankungen des Urogenitalsystems

Das Endothelinsystem nimmt eine wichtige Rolle in der Physiologie der Niere ein: Aufgrund seiner multiplen Effekte reguliert das Endothelinsystem den renalen Blutfluss [47], die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) [47], die Natriurese [48] und die Rückresorption von Wasser [49]. Experimentelle Daten deuten darüber hinaus auf ein eine Beteiligung des Endothelinsystems an der Ätiologie den akuten Nierenversagens hin [50]. Nachgewiesen ist außerdem die Bedeutung der Endotheline in der Pathogenese der obstruktiven Nephropathie [51], der vaskularen Transplantatabstoßung [52] und der diabetischen Nephropathie [53]. In der Harnblase fungiert ET-1 als parakriner Mediator der Detrusorkonstriktion sowie der zellulären Proliferation [54], was auf die Beteiligung an der Ätiologie von Harnblasenhyperplasie und Miktionsstörungen hinweist [55]. Des Weiteren wurde in umfangreichen Patientenkollektiven mit benigner Prostatahyperplasie (BPH) die Überexpression der Endothelinrezeptoren gezeigt [56].

[...]

Ende der Leseprobe aus 33 Seiten

Details

Titel
Bedeutung des Endothelinsystems in der gynäkologischen Onkologie
Note
1
Autor
Jahr
2007
Seiten
33
Katalognummer
V71108
ISBN (eBook)
9783638627443
ISBN (Buch)
9783638674188
Dateigröße
645 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit gibt den aktuellsten Stand der Wissenschaft zur Bedeutung des Endothelinsystems in der gynäkologischen Onkologie wieder. Da dieses zunehmend in den Fokus der onkologischen Forschung rückt, ist das Thema der Arbeit für die Disziplin der gynäkologischen Onkologie von besonderer Relevanz.
Schlagworte
Bedeutung, Endothelinsystems, Onkologie
Arbeit zitieren
Martin Smollich (Autor:in), 2007, Bedeutung des Endothelinsystems in der gynäkologischen Onkologie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71108

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