Die Opferrolle der Juden in den totalitären Systemen des Stalinismus, Nationalsozialismus und Islamismus


Seminararbeit, 2005

24 Seiten, Note: gut (2,0)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Einführung der zu bearbeitenden These
1.2. Begründung des Islamismus als Totalitarismus
1.3. Grundsätzliche Anmerkungen

2. Antisemitismus im stalinistischen Kommunismus
2.1. Einführung und geschichtliche Hintergründe
2.2. Nach der Revolution
2.3. Aufstufung des stalinistischen Antisemitismus
2.4. Abschließende Zusammenfassung

3. Antisemitismus im faschistischen Nationalsozialismus
3.1. Einführung
3.1.1. Hitler und sein System politischer Propaganda
3.2. Anfänge des nationalsozialistischen Antisemitismus
3.3. Vorgehen in der nationalsozialistischen Propaganda
3.4. Die Einmaligkeit des Holocaust

4. Antisemitismus im Islamismus
4.1. Einführung und Geschichte des islamischen Fundamentalismus
4.2. Motive des islamischen Fundamentalismus
4.3. Aus islamischem Fundamentalismus wird Antisemitismus

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Wenn von Antisemitismus gesprochen wird, so fallen den meisten Menschen zu­nächst die Verfolgungen und Pogrome zur Zeit des Nationalsozialismus ein. Doch auch andere totalitäre Systeme, welche zum Teil dem Nationalsozialismus in ihrer Ideologie total gegensätzlich waren bzw. sind, benutzten oder benutzen den Anti­semitismus für ihre Zwecke.

1.1. Einführung der zu bearbeitenden These

Mit der folgenden Arbeit soll die These,

dass es den Antisemitismus in allen drei totalitären Systemen – Stali­nismus, Nationalsozialismus und im Islamismus – gab bzw. gibt und dass die Juden in allen dreien zum Feindbild wurden

bewiesen werden.

Ein weiterer Schwerpunkt soll auf der Argumentation und Begründung des Anti­semitismus innerhalb der Totalitarismen liegen.

1.2. Begründung des Islamismus als Totalitarismus

Zunächst soll begründet werden wieso der (radikale) Islamismus, trotzdem er sich von dem Stalinismus und Nationalsozialismus gravierend unterscheidet, mit ihnen auf eine Stufe gestellt werden kann und als Totalitarismus bezeichnet werden kann.

Folgende Aussagen stammen aus dem Zeit-Artikel vom 31.07.2003 von Yehuda Bauer, der sehr treffend darstellt, wo die Gemeinsamkeiten von Islamismus, Stali­nismus und Faschismus liegen.

Der Islamismus will, wie die beiden anderen Systeme, die Weltherrschaft erlan­gen, was bedeutet, dass der Islam überall durchgesetzt und von allen Menschen akzeptiert werden soll - ob mit oder ohne Gewalt.

Der absolute Glaube an die eigene Sache wird auch hier gefordert. Ähnlich brutal waren auch Nationalsozialismus und Stalinismus in der Durchsetzung ihrer Ideo­logien.

Auch im Islamismus stehen die Abschaffung von (Rechts-)Staat und Demokratie mit an erster Stelle, da radikale Islamisten davon ausgehen, dass Gottes gesetz­liche Normen die einzig wahren sind und Parlamente und Demokratie das Werk von Ungläubigen. Hier wird die Abschaffung von Gesetz und Staat vorgesehen, indem die Geistlichen an deren Stellen treten, ähnlich wie im Stalinismus Stalins Wille Befehl war und Hitler im Nationalsozialismus nach und nach alle Institutio­nen gleichschaltete und selbst an die Spitze des „Staates“ trat.
Auch der Islamismus verbreitet eine Utopie, ähnlich wie Stalinismus und Natio­nalsozialismus und zwar jene von der friedlichen Herrschaft Gottes. Die Isla­misten behaupten, dass diese Utopie entstehen wird, wenn alle Ungläubigen be­siegt sind und dies stellt das Ende der menschlichen Geschichte dar. Auch der Nationalsozialismus und der Stalinismus versprachen Utopien, in Form des Tau­sendjährigen Reiches und in Form der klassenlosen Gesellschaft.

Ein wichtiger Unterschied zu den anderen beiden Totalitarismen ist der Massen­mord, der im Islamismus bisher nur beabsichtigt ist, jedoch noch nicht in die Tat umgesetzt wurde.

An dieser Stelle muss angemerkt werden, dass es sich beim Islamismus nicht um eine regional beschränkte Bewegung handelt, was heißen soll, dass er nicht von einem bestimmten Staat ausgeht. Er besitzt im eigentlichen Sinne auch keine Füh­rungspersönlichkeit, aber genau diese beiden wichtigen Merkmalsunterschiede machen ihn sehr gefährlich und unberechenbar.

Zudem stützt sich die Begründung des Islamismus als Totalitarismus für diese Arbeit, auf die Aussagen Bassam Tibis in seinem Werk „Der Neue Totalitaris­mus“. Hier weist er auf die Gefahr des Islamismus hin. Er warnt vor der, durch die Islamisten angestrebte, Gottesherrschaft (Hakimiyyat Allah), die eine neue totale Herrschaft darstellen könnte. Zudem warnt er vor den Gotteskriegern (Djihad­disten), die die Gottesherrschaft mittels Gewalt und Terror durchsetzen wollen. Er geht sogar soweit, die Gefahr eines neuen Kalten Krieges zwischen dem weltli­chen Westen und den totalitären Islamisten, die eine Gottesherrschaft anstreben, zu sehen.[1]

1.3. Grundsätzliche Anmerkungen

In dieser Arbeit soll die Zeitspanne behandelt werden, in der totalitäre Herrscher an der Macht waren und in der totalitäres Gedankengut - dadurch bedingt - an Auftrieb gewann. Es soll kurz auf die Entwicklungen, die dem Totalitarismus vo­rangegangen sind, eingegangen werden, um verständlich zu machen, wie es zum Antisemitismus innerhalb des Totalitarismus kommen konnte. Es wird jedoch nicht auf die Geschichte des Antisemitismus in der Sowjetunion und Deutschland eingegangen; es ist klar, dass es den Antisemitismus in den betreffenden Ländern und Regionen auch schon vorher gegeben hat.

2. Antisemitismus im stalinistischen Kommunismus

2.1. Einführung und geschichtliche Hintergründe

Für die russischen Juden schien die Revolution Fortschritte und eine verbesserte Lebenssituation zu bringen, hatten sie doch unter dem Zaren mehr oder weniger gelitten. Als Polen 1772 geteilt wurde, wurden 100.000 Juden russische Unterta­nen und anfangs hatten sie mehr Rechte als die übrigen europäischen Juden. Die Zaren versuchten sich die Juden nutzbar zu machen und sie in ihrem Sinne zu erziehen. In zyklischen Abständen verschlechterte und entspannte sich die Situa­tion für die Juden, jedoch wurden immer wieder Beweise gesucht, um eine jüdi­sche Gefahr zu belegen, wie beispielsweise die Protokolle der Weisen von Zion, welche beweisen sollen, dass es eine Gruppe von jüdischen Führern gibt, die die Weltherrschaft an sich reißen wollen. Sergej Nilus veröffentlichte hierzu das Buch Das Große im Kleinen und der Antichrist als nahende politische Möglichkeit als Anhang an die Protokolle. Dieses wurde als Rechtfertigung für Pogrome genutzt. Völlig gleichgültig war die Tatsache, dass es sich bei den Protokollen um eine Fälschung des zaristischen Geheimdienstes handelte.[2] Man kann sagen, dass der moderne Antisemitismus auf diesen Protokollen (auch Geheimnissen) basiert. Zunächst fanden die Protokolle im zaristischen Russland Anklang, nach der Über­setzung breiteten sie sich weltweit aus und fanden auch in Deutschland Gehör.[3]

In der heutigen Ukraine, die im 17. Jahrhundert noch zum Königreich Polen-Li­tauen zählte, hasste man die Juden für ihre Sonderstellung in der Bevölkerung. Sie wurden von Gutsbesitzern vorwiegend als Verwalter eingesetzt und waren Pächter von Gaststätten, zudem Händler und Kreditgeber.[4] Noch zur Zarenzeit wurde den Juden vorgeworfen, dass sie und ihre Religion sich gegen die christliche ver­schworen hätten, dass sie für die Hinrichtung Christi verantwortlich wären und dass sie für ihre Rituale christliche Kinder hinrichteten, da sie sie als Blutopfer bräuchten. Ihnen wurde vorgeworfen, einen Staat im Staate bilden zu wollen, was deutlich belegt, dass der Judenhass und Antisemitismus in Russland schon immer latent vorhanden waren.[5] Juden wurden als Träger des Kapitalismus und einer kapitalistischen Wirtschaftsweise gesehen, welche der Adel und die Gutsbesitzer, die Agrarwirtschaft betrieben, als Bedrohung sahen. So kam es, dass der Antise­mitismus, der damals von zaristischen Behörden ausging, zunehmend Zustim­mung bei den Konservativen fand. Diese übten dann Druck auf die öffentliche Meinung aus, auch mit Hilfe der Printmedien. Beim russischen Antisemitismus handelte es sich nicht um eine Rassenlehre, sondern vielmehr um eine überstei­gerte Angst vor einer fremden Religion und vor deren intellektuell überlegenen Angehörigen. Juden in Russland konnten sich christlich taufen lassen und entgin­gen damit den meisten der Repressionen. Nur die Konservativen akzeptieren sie nicht gänzlich, da bei ihnen, genau wie später bei Stalin, die Angst gegenüber den angepassten und nationalen Juden stärker war.[6]

Wenngleich die beiden letzten russischen Zaren nicht die Drahtzieher der Pog­rome waren, so begrüßten sie diese dennoch. Somit war es selbstverständlich, dass sich die Juden an den revolutionären Bewegungen in Russland beteiligten.[7]

2.2. Nach der Revolution

Obwohl Lenin teilweise beleidigende Äußerungen den Juden gegenüber tätigte, so wusste er doch ihre Loyalität und ihren Idealismus zu schätzen.[8] Er verfasste im Juli 1918 sogar ein Telegramm, indem er die Rote Armee dazu aufforderte die Pogrome gegen Juden einzustellen, denn er sah nicht die Juden als Gefahr, son­dern nur das Kapital und die Kapitalisten, zu denen jedoch auch reiche Juden zählten, genauso wie reiche Christen. Er war der Ansicht, dass der Zar nur Pog­rome veranstaltete, um von den durch das Kapital verursachten Missständen ab­zulenken und die Bauern und Werktätigen gegen die Juden aufzuhetzen. Lenin ging sogar soweit die Juden als Brüder und Genossen im Kampf für den Sozialis­mus zu bezeichnen.[9] Sein Verhältnis zu den Juden wurde jedoch stark von der Partei mitbestimmt und so unterzeichnete er beispielsweise ein Dokument zur zukünftigen Regierungsform in der eroberten Ukraine, welches besagte, dass die Juden auszuschließen seien. Hier ist zu erkennen, dass es Lenin, wie auch Stalin, letztendlich um den Machterhalt ging.[10]

Nachdem sich das Regime in Russland stabilisiert hatte, wurde versucht, das rus­sische Judentum zu schwächen. Bereits 1919 wurde durch Stalin, der damals Kommissar für Nationalitäten war, beschlossen, dass das Allrussische Hauptbüro der jüdischen Gemeinde liquidiert werden solle. Dies wiederholte sich später für jüdische Organisationen und Parteien aller Art. Später wurden auch Kultusge­meinden, Synagogen, Talmudschulen, hebräische Büchereien, Verlage, Drucke­reien, Zeitungen, sowie das hier angestellte Personal liquidiert. Auch das Zionisti­sche Zentralbüro wurde 1919 geschlossen und man ging dazu über Zionisten (der Zionismus entwickelte sich in Europa und Russland etwa zur Zeit von Lenins Ge­burt und gründete auf dem Grundsatz, dass die Juden ein Volk sind und dass sie sich nie assimilieren können und dürfen; sie blieben somit immer Fremde ein ei­nem fremden Land und bräuchten irgendwann ein eigenes Land[11] ) zu verhaften und sie nach Sibirien zu verbannen. Der Zionismus wurde als Faschismus darge­stellt.[12] Hierzu war von Stalin das Zentralkommissariat für jüdische Angelegen­heiten (JEWKOM), welches aus der kommunistischen Partei, der Jewsekzia her­vorging gegründet worden. Aufgabe des JEWKOM war die Liquidierung der nati­onalen und religiösen jüdischen Institutionen, während zeitgleich die Diktatur des Proletariats beschleunigt wurde.[13]

Der russische Bürgerkrieg wütete besonders schlimm in der Ukraine, wo fünf verschiedene, sich bekriegende, Armeen das Land durchzogen und Hunger, Elend und Krankheiten mit sich brachten. Der Hunger war sogar so schlimm, dass es in einigen Gebieten zu Kannibalismus gekommen sein soll. Für die Zustände wurden die Juden, die ebenfalls, wenn nicht sogar am meisten, unter dem Krieg zu leiden hatten, verantwortlich gemacht und der alte zaristische Schlachtruf „Tötet die Ju­den und rettet Russland!“ wurde wieder populär.[14]

Aber obwohl die Repressionen bereits 1917 begannen, kann hier noch nicht von groß angelegten Aktionen gegen das russische Judentum gesprochen werden. Si­cher ist, dass bereits in dieser Zeit Pogrome gegen die Juden durchgeführt wurden, aber es ist hier auch anzumerken, dass die Lage für die russischen Juden bis 1935 noch erträglich war und erst in den Jahren von 1948-1952 ihren schrecklichen Höhepunkt erreichte.[15]

[...]


[1] Tibi 2004: 9-16

[2] Lustiger, 1998: 21-29

[3] Schubert :113

[4] Lustiger 1998: 22

[5] Lustiger 1998: 24

[6] Lustiger 1998: 27

[7] Lustiger 1998 21-29

[8] Lusitger 1998: 47

[9] Lustiger 1998: 62/63

[10] Lustiger 1998: 63/64

[11] Rapoport 1992: 23

[12] Lustiger 1998: 67

[13] Rapoport 1992: 43

[14] Rapoport 1992: 46/47

[15] Lustiger 1998: 15

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Die Opferrolle der Juden in den totalitären Systemen des Stalinismus, Nationalsozialismus und Islamismus
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Note
gut (2,0)
Autor
Jahr
2005
Seiten
24
Katalognummer
V71012
ISBN (eBook)
9783638619622
Dateigröße
469 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Opferrolle, Juden, Systemen, Stalinismus, Nationalsozialismus, Islamismus
Arbeit zitieren
Corinna Patrizia Franiek (Autor:in), 2005, Die Opferrolle der Juden in den totalitären Systemen des Stalinismus, Nationalsozialismus und Islamismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71012

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