Rechtlicher Leitfaden für gerichtliche Verfahrenspflegschaften (§§ 50, 67 FGG)


Skript, 2007

77 Seiten, Note: ohne


Leseprobe


Gliederung

1. Rechtliche Rahmenbedingungen

2. Verfassungsrecht

3. Materielles Recht
3.1. Sorgerecht für Kinder verheirateter Eltern, § 1626 BGB
3.2. Sorgerecht für Kinder nicht verheirateter Eltern, § 1626 a BGB
3.3. Verlangen der Herausgabe eines Kindes, § 1632 BGB
3.4. Gefährdung des Kindeswohls, §§ 1666, 1666a BGB
3.5. Elterliche Sorge nach Trennung der Eltern, § 1671 BGB
3.6. Elterliche Sorge bei Trennung nicht verheirateter Eltern, § 1672 BGB
3.7. Verbleibensanordnung zugunsten von Bezugspersonen, § 1682 BGB
3.8. Umgangsrecht bei getrennt lebenden Eltern, § 1684 BGB
3.9. Umgang des Kindes mit anderen Bezugspersonen, § 1685 BGB
3.10. Abänderung und Überprüfung gerichtlicher Anordnungen, § 1696 BGB

4. Prozessrecht und Prozessverlauf
4.1. Verfahrenseinleitung
4.2. Gerichtliche Ermittlungen
4.3. Bestellung eines Verfahrenspflegers
4.4. Anhörungspflichten des Gerichtes
4.5. Mitwirkung des Jugendamtes
4.6. Maßnahmen des Gerichtes

5. Verfahrenspflegschaft
5.1. Gesetzliche Grundlagen
5.2. Erforderlichkeit einer Bestellung
5.3. Aufgaben
5.4. Befugnisse
5.5. Pflichten
5.6. Qualifikation
5.7. Abgrenzung zum Sachverständigen
5.8. Abgrenzung zum Prozessbevollmächtigten
5.9. Rechtsbehelfe
5.10. Ende der Bestellung
5.11. Vergütung, Aufwendungs- und Auslagenersatz

6. Freiheitsentziehende Unterbringung eines minderjährigen Kindes

7. Abstammungsverfahren

8. Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

9. Gesetzestexte für Verfahrenspflegschaft

1. Rechtliche Rahmenbedingungen für den Schutz von Kindern

Der Schutz von minderjährigen Kindern wird durch das Grundgesetz, internationale Verträge, die nationalen materiellen Rechtsbestimmungen sowie die Verfahrensordnungen bewirkt.

2. Verfassungsrecht

Das Familienrecht ist maßgebend grundgesetzlich bestimmt. Art. 6 Abs. 2 GG ist für das Familienrecht die zentrale Bestimmung. Aus ihr leitet sich das Recht der Eltern auf eine eigenständige, vorrangige und selbstverantwortliche Betreuung, Pflege und Erziehung der eigenen Kinder ab. Grundsätzlich erfüllen die Eltern diese Rechte und Pflichten in eigener Verantwortung.

Dieses Recht der Eltern steht in Konkurrenz zum Persönlichkeitsrecht des Kindes nach Art. 2 Abs. 1 GG. Dieses Verhältnis zwischen Elternrecht und Kindesrecht haben die Eltern bei ihrer selbständigen Ausübung der Pflege, Erziehung und Vertretung ihres Kindes zu beachten. Mit zunehmender Selbstbestimmungsfähigkeit und nachlassender Betreuungs-, Versorgungs- und Erziehungsbedürftigkeit des Kindes werden die grundgesetzlich geschützten Befugnisse der Eltern zurück gedrängt.

Verletzen Eltern durch ihr Verhalten das Persönlichkeitsrecht ihres Kindes, missbrauchen sie ihr Erziehungsrecht oder vernachlässigen sie ihr Kind, endet der grundgesetzliche Schutz des Elternrechtes und der Staat greift als Wächter der Kinder ein. Ein solcher Eingriff in das Sorgerecht ist nicht ohne gesetzliche Grundlagen und nur unter eng bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen zulässig, Art. 6 Abs. 3 GG.

Die bekannteste zivilrechtliche “Wächternorm” für Kinder ist § 1666 BGB. Diese Norm formuliert die Voraussetzungen für ein staatliches Einschreiten zur Wahrung des kindlichen Wohls.

Folgende weitere familienrechtlichen Bestimmungen schränken zum Wohle der Kinder die elterliche Sorgerechtsverantwortung ein:

- §§ 1629 II, 1795 BGB -Ausschluss der Vertretungsmacht-
- § 1631 a BGB -Ausbildung und Beruf-
- § 1631 b BGB -Freiheitsentziehung-
- § 1631 c BGB -Verbot der Sterilisation-
- § 1632 IV BGB -Verbleibensanordnung bei Familienpflege-
- § 1671 III BGB -Abweichende Regelung bei Kindeswohlgefährdung-
- § 1682 BGB -Verbleibensanordnung zugunsten von Bezugspersonen-

Das Wohl von Kindern soll u.a. auch durch folgende strafrechtliche Bestimmungen geschützt werden:

- Verletzung der Unterhaltspflicht, § 170 StGB
- Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht, § 171 StGB
- Sexueller Missbrauch von Kindern und Schutzbefohlenen, §§ 174, 176, 176 a StGB
- Entziehung Minderjähriger, § 235 StGB

Neben dem Grundgesetz und den weiteren nationalen Normen enthalten auch völkerrechtliche Verträge der Bundesrepublik Deutschland familienrechtliche Schutzbestimmungen, welche sich auf das nationale Recht auswirken bzw. völkerrechtlich verbindlich sind. Besondere Bedeutung für kindbezogene richterliche Entscheidungen haben:

- die UN-Kinderrechtekonvention (UN-KRÜ) vom 20.11.89
- die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) vom 4.11.50
- das Haager Minderjährigen Schutzabkommen (MSA) vom 5.10.61
- das Haager Kindesentführungsübereinkommen (HKÜ) vom 25.10.80

Schließlich dienen auch die prozessualen innerstaatlichen Verfahrensregeln wie die Strafprozessordnung (StPO), die Zivilprozessordnung (ZPO), das Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) und das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) dem verfassungsrechtlichen Schutz der Eltern und der Kinder. Insbesondere durch die zum 1.7.98 geschaffene Grundlage für eine Verfahrenspflegschaft in gerichtlichen Verfahren für minderjährige Kinder soll der verfassungsrechtlich garantierte Schutz des Kindes umgesetzt werden.

3. Materielles Recht

3.1. Elterliche Sorge für Kinder deren Eltern miteinander verheiratet sind oder miteinander verheiratet waren

3.1.1. Grundsatz

Verheiratete Eltern haben die Pflicht und das Recht, für ihr minderjähriges Kind gemeinsam zu sorgen. Die elterliche Sorge umfasst

- die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge):

Dies ist die Pflicht und das Recht, das Kind zu pflegen, zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen, § 1631 I BGB. Entwürdigende Erziehungsmaßnahmen, insbesondere körperliche und seelische Misshandlungen sind unzulässig, § 1631 II BGB.

- die Sorge für das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge), § 1626 I BGB.

Verheiratete und geschiedene Eltern vertreten grundsätzlich das Kind gemeinsam (§ 1629 I BGB). Die Eltern haben die elterliche Sorge in eigener Verantwortung und im gegenseitigen Einvernehmen zum Wohle des Kindes auszuüben, § 1627 I BGB. Bei Gefahr im Verzuge ist jeder Elternteil dazu berechtigt, alleine für das Kind zu entscheiden und im Außenverhältnis alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohle des Kindes notwendig sind, § 1629 I Satz 4 BGB (z.B. Abschluss eines Arztbehandlungsvertrages, Zustimmung zu einer Notoperation). Der andere Elternteil ist unverzüglich zu informieren (§ 1629 I Satz 4, 2.Halbsatz BGB).

Bei den gemeinsam zu treffenden Entscheidungen müssen die Eltern bei Meinungsverschiedenheiten eine Einigung versuchen, § 1627 II BGB.

Bei ihren Entscheidungen haben die Eltern die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis ihres Kindes zu selbständigem, verantwortungsbewusstem Handeln zu berücksichtigen, § 1616 II BGB. Sie haben auch -soweit es nach dem Entwicklungsstand des Kindes angezeigt ist- Fragen der elterlichen Sorge mit dem Kind zu besprechen und mit ihm ein Einvernehmen anzustreben, § 1626 II Satz 2 BGB.

Zur elterlichen Sorge gehört auch das Recht und die Pflicht, den Umgang der Kinder mit Dritten zu bestimmen. Bei der Bestimmung des Umganges ihrer Kinder mit Dritten, haben die Eltern das Recht des Kindes auf Umgang mit Personen zu berücksichtigen, zu denen das Kind Bindungen hat (z.B. Großeltern, Patenonkel, Freunde, Bekannte), wenn die Aufrechterhaltung der Kontakte für die Entwicklung des Kindes förderlich ist, § 1626 III Satz 2 BGB.

Auch die Großeltern und die Geschwister haben ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn dieser Umgang dem Wohl des Kindes dient, § 1685 I BGB. Ebenso ein früherer Ehepartner eines Elternteiles, wenn er mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft lebte und auch Personen, bei denen das Kind längere Zeit in Familienpflege war, § 1685 II BGB. Ein solcher Anspruch kann gegebenenfalls vom Kind und dem berechtigten Dritten gerichtlich durchgesetzt werden, §§ 1685 III, 1684 II-IV BGB.

3.1.2. Einschränkung der elterlichen Sorge

Die Entscheidungs- und Vertretungsbefugnis der Eltern für ihr Kind gilt nicht für alle Lebensentscheidungen. Eltern können ihr Kind u.a. bei folgenden Entscheidungen nicht alleine vertreten:

- Eine geschlossene Unterbringung (geschlossenes Heim, geschlossene, psychiatrische Einrichtung) des minderjährigen Kindes ist nur mit Genehmigung des Familienrichters möglich, § 1631 b BGB, § 4 II Nr. 2 RPflG. Nur wenn wegen einer akuten Gefahr für das Leben des Kindes (z.B. Suizidgefahr) zum Schutze des Kindes sofort reagiert werden muss (Gefahr in Verzug), kann auf die vorherige Einholung der gerichtlichen Genehmigung verzichtet werden. Die Genehmigung ist von den Eltern oder dem Pfleger/Vormund unverzüglich bei Gericht zu beantragen.
- Die Eltern können ebenso wenig in die Sterilisation ihres Kindes einwilligen wie das Kind selbst, § 1631 c BGB.
- Der Vater und die Mutter können das Kind insoweit nicht vertreten, als nach § 1795 BGB ein Vormund von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen ist.

Ein Vertretungsverbot der Eltern besteht u.a.:

- bei einem Rechtsgeschäft der Eltern oder eines Elternteils mit dem Kind oder zwischen dem Ehegatten und Verwandten in gerader Linie, §§ 1795 I Nr. 1, 1589 BGB,
- bei Rechtsgeschäften, welche Sicherungsrechte des Kindes wie Pfandrechte, Hypotheken berühren, § 1795 I Nr. 2 BGB,
- bei Rechtsstreitigkeiten an denen der Ehegatte oder Verwandte der geraden Linie und das Kind beteiligt sind und bei Rechtsstreitigkeiten über die vorgenannten Sicherungsrechte des Kindes, § 1795 I Nr. 3 BGB.

3.1.3. Staatliche Hilfen für die Eltern bei der Ausübung der elterlichen Sorge

Bei Bedarf haben die Eltern zur Erfüllung ihrer Aufgabe Anspruch auf folgende Unterstützung staatlicher Einrichtungen:

- Beratung (§ 17 I SGB VIII) durch das Jugendamt,
- Hilfe zur Erziehung (§§ 27 ff SGB VIII) durch das Jugendamt,
- Unterstützung durch das Familiengericht (§ 1631 III BGB)

Auf Antrag beider oder eines Elternteiles hat das Familiengericht die Eltern bei der Ausübung der Personensorge für ein Kind in geeigneten Fällen zu unterstützen (§ 1631 III BGB). Diese Regelung hat in der Praxis allerdings wenig Bedeutung. Eltern suchen bei Schwierigkeiten in der Erziehung verständlicherweise zunächst Hilfe beim Jugendamt und/oder von freien Trägern (u.a. Diakonie, Caritas).

- Gerichtliche Entscheidung bei Meinungsverschiedenheiten (§ 1628 BGB)

Als weitere Möglichkeit der Konfliktlösung können die Eltern eine gerichtliche Klärung herbeiführen: Können sich Eltern in wichtigen Fragen der elterlichen Sorge (z.B. Schulbesuch, medizinische Behandlung, insbesondere bei Bluttransfusionen) nicht einigen, kann von jedem Elternteil das Familiengericht angerufen werden, § 1628 BGB. Das Gericht entscheidet jedoch die Streitfrage nicht selbst, sondern überträgt die Entscheidungsbefugnis insoweit einem Elternteil (geringst notwendiger Eingriff in das Sorgerecht). Die Übertragung kann mit Beschränkungen oder Auflagen verbunden werden, § 1628 I Satz 2 BGB. Der entscheidungsbefugte Elternteil ist -anders als bei einer gerichtlichen Entscheidung- in seiner Reaktion frei und kann z.B. auf die Bedürfnisse, Bewertungen und Meinungen des anderen Elternteiles ganz oder teilweise auch nach der gerichtlichen Entscheidung noch eingehen.

In der gerichtlichen Praxis sind gerichtliche Auseinandersetzungen von Eltern bei bestehender Lebensgemeinschaft höchst selten. Eine Problemsituation entsteht jedoch immer wieder: Eltern können sich aus religiösen Gründen nicht über eine lebenserhaltende Bluttransfusionen für ihr Kind einigen.

3.1.4. Hilfen für Kinder bei Erziehungsproblemen

Auch die Kinder und Jugendlichen haben das Recht, sich in allen Angelegenheiten der Erziehung und Entwicklung an das Jugendamt zu wenden, § 8 II SGB VIII. Die Beratung der Kinder und Jugendlichen durch das Jugendamt kann ohne Information der Personensorgeberechtigten (Eltern, Elternteil oder Vormund) erfolgen, wenn die Beratung aufgrund einer Not- und Konfliktlage erforderlich ist, und wenn die Mitteilung an den Personensorgeberechtigten den Beratungserfolg vereiteln würde, § 8 III SGB VIII. Andererseits müssen die Kinder und Jugendlichen entsprechend ihrem Entwicklungsstand an allen sie betreffenden Entscheidungen der Jugendhilfe beteiligt werden, § 8 I SGB VIII.

3.2. Elterliche Sorge für Kinder, deren Eltern nicht miteinander verheiratet sind und nicht miteinander verheiratet waren (=nichteheliche Kinder)

Eltern, welche nicht miteinander verheiratet sind und es auch nicht waren, können durch eine Sorgerechtserklärung (§§ 1626 b-e BGB) vor oder nach der Geburt des Kindes das gemeinsame Sorgerecht rechtsverbindlich herstellen (§ 1626 a Abs. 1 Nr. 1 BGB). Können sich die nicht verheirateten Eltern nicht auf ein gemeinsames Sorgerecht einigen, bleibt es beim alleinigen Sorgerecht der Mutter (§ 1626 a Abs. 2 BGB). Der Vater kann nur mit Zustimmung der Mutter und wenn die Übertragung der elterlichen Sorge dem Wohle des Kindes dient, das alleinige Sorgerecht ausüben (§ 1672 Abs. 1 BGB).

Haben sich nicht miteinander verheiratete Eltern auf ein gemeinsames Sorgerecht geeinigt, kann dieses gemeinsame Sorgerecht nur -wie bei ehelichen Kindern bei Trennung der Eltern- gem. § 1671 BGB abgeändert werden. Bei einer solchen Abänderung hat die Mutter keinen Sorgerechtsvorrang mehr. Bei der Notwendigkeit einer einseitigen Sorgerechtsregelung von nicht miteinander verheirateten Eltern gelten die rechtlichen Bestimmungen für Kinder, deren Eltern verheiratet sind oder miteinander verheiratet waren, § 1671 BGB.

A uf schriftlichen Antrag des berechtigten Elternteiles wird für die Feststellung der Vaterschaft und/oder die Durchsetzung des Unterhaltes eines Kindes das Jugendamt zum Beistand (§1712-1717 BGB).

3.3.-3.9. Praxisrelevante Rechtsnormen für Verfahrenspfleger

Verfahrenspfleger vertreten in gerichtlichen Verfahren in der Regel minderjährige Kinder, welche sich in einer schwierigen Lebenssituation befinden und juristische Entscheidungen für die Kinder zu treffen sind. Im Interesse der vertretenen Kinder sollte der Verfahrenspfleger mit den gerichtlichen Verfahrensabläufen sowie mit den vom Gericht für seine Entscheidung zu prüfenden Rechtsgrundlagen vertraut sein.

Praxisrelevant sind die folgenden materiell-rechtlichen Bestimmungen

- Verlangen der Herausgabe eines Kindes, § 1632 BGB (3.3.)
- Gefährdung des Kindeswohls, §§ 1666, 1666 a BGB ( 3.4. )
- Sorgerecht bei getrennt lebenden Eltern, § 1671 BGB ( 3.5. )
- Trennung bei alleinigem Sorgerecht der Mutter, § 1672 BGB ( 3.6. )
- Verbleibensanordnung zugunsten von Bezugspersonen, § 1682 BGB ( 3.7. )
- Umgangsrecht bei getrennt lebenden Eltern, § 1684 BGB ( 3.8. )
- Umgang des Kindes mit anderen Bezugspersonen, § 1685 BGB ( 3.9. )
- Geschlossene Unterbringung eines Kindes, § 1631 b BGB ( 6. )

3.3. Herausgabeverlangen durch den oder die Sorgeberechtigten

3.3.1. Gesetzestext § 1632 BGB

(1)

Die Personensorge umfasst das Recht, die Herausgabe des Kindes von jedem zu verlangen, der es den Eltern oder einem Elternteil widerrechtlich vorenthält.

(2)

Die Personensorge umfasst ferner das Recht, den Umgang des Kindes auch mit Wirkung für und gegen Dritte zu bestimmen.

(3)

Über Streitigkeiten, die eine Angelegenheit nach Absatz 1 oder 2 betreffen, entscheidet das Familiengericht auf Antrag eines Elternteiles.

(4)

Lebt das Kind seit längerer Zeit in Familienpflege und wollen die Eltern das Kind von der Pflegefamilie wegnehmen, so kann das Familiengericht von Amts wegen oder auf Antrag der Pflegeeltern anordnen, dass das Kind bei der Pflegeperson verbleibt, wenn und solange das Kindeswohl durch die Wegnahme gefährdet würde.

3.3.2. Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern

Die Personensorge umfasst das Recht der Bestimmung des Aufenthaltes und der Kontakte des Kindes, § 1632 II BGB. Die Eltern können bzw. der/die Sorgeberechtigte kann aufgrund dieser Kompetenz das Kind von jedem heraus verlangen, der es widerrechtlich vorenthält, § 1632 I BGB. Hat ein Elternteil allein die elterliche Sorge (z.B. die allein sorgeberechtigte, unverheiratete Mutter eines Kindes, § 1626 a II BGB; alleinige elterliche Sorge eines Elternteiles nach Trennung der Eltern, § 1671 BGB) kann er die Herausgabe des Kindes auch vom anderen Elternteil verlangen. Der nicht sorgeberechtigte und zur Herausgabe verpflichtete andere Elternteil kann das Kind nur zurück behalten, wenn das Herausgabeverlangen einen Sorgerechtsmissbrauch bewirken würde oder die Zurückhaltung des Kindes zur Abwendung einer bereits eingetretenen Gefährdung erforderlich ist. In einer solchen Konfliktsituation können beide Elternteile das Gericht anrufen. Der sorgeberechtigte Elternteil kann einen Antrag auf Herausgabe des Kindes beim örtlich zuständigen Familiengericht stellen und der andere Elternteil einen Antrag auf Eingriff in das Sorgerecht oder eine Verbleibensanordnung beantragen. Auch Pflegepersonen können bei einer Gefährdung des kindlichen Wohls durch ein Herausgabeverlangen des Sorgeberechtigten die Herausgabe

3.3.3. Wegnahme von der Pflegeperson

Verlangen sorgeberechtigte Eltern ihr Kind von der Pflegeperson heraus, kann die Pflegeperson bei einer Gefährdung des kindlichen Wohls durch eine Rückführung beim örtlich zuständigen Familiengericht den Verbleib des Kindes beantragen, § 1632 IV BGB.

3.3.4. Familienpflege

Familienpflege im Sinne von § 1632 BGB setzt kein förmliches Pflegeverhältnis nach dem SGB VIII (§§ 33, 44 SGB VIII) voraus. Entscheidend ist eine tatsächliche Betreuung des Kindes bei Tag und Nacht, z.B. durch die Oma, Geschwister, aber auch durch nicht verwandte Dritte (Stiefmutter)

3.3.5. Dauer der Familienpflege

Für eine Verbleibensanordnung muss die Familienpflege seit längerer Zeit bestehen. Der Zeitbegriff ist kindbezogen zu definieren und ist abhängig vom Alter des Kindes und insbesondere von seiner Integration in die betreuende Familie und den entstandenen Bindungen zu der Betreuungsperson.

3.3.6. Gefährdung des Kindeswohls durch Wegnahme

Würde die Wegnahme des Kindes aus der Pflegefamilie eine Gefährdung des Kindeswohls bewirken, können die Pflegepersonen die Herausgabe des Kindes verweigern. Sowohl der Sorgeberechtigte als auch die Pflegeperson und auch das mindestens 14 Jahre alte Kind können einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung zum Herausgabeverlangen des Sorgeberechtigten beantragen, § 1632 I, III BGB.

Nicht erforderlich für eine Verbleibensanordnung ist ein Erziehungsversagen der Eltern im Sinne von § 1666 BGB. Unabhängig von den Gründen der Fremdbetreuung des Kindes muss zum Zeitpunkt der Endscheidung kein Erziehungsunvermögen des sorgeberechtigten Elternteils oder der sorgeberechtigten Eltern festgestellt werden. Entscheidend ist, ob die Rückführung das Wohl des Kindes gefährdet. Die Absicht des Sorgeberechtigten, sein Kind zur Unzeit heraus zu verlangen, kann jedoch Anlass für die Prüfung eines weitergehenden Eingriffs in das Sorgerecht geben.

3.3.7. Verfahrenseinleitung von Amts wegen

Das Familiengericht kann ohne Antrag von Amts wegen ein Prüfungsverfahren einleiten, wenn Hinweise auf eine Gefährdung des Kindeswohls erkennbar werden, § 1632 IV BGB. In Krisensituationen kann das Familiengericht eine vorläufige Entscheidung (einstweilige Anordnung) zum Schutze des Kindes treffen.

3.3.8. Gerichtliches Verfahren und Bestellung eines Verfahrenspflegers

Das gerichtliche Verfahren wird nach dem Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit (FGG) durchgeführt. Zuständig ist das für den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes örtlich zuständige Familiengericht. In der Regel ist dem betroffenen Kind ein Verfahrenspfleger zu bestellen, § 50 II Nr. 3 Satz 1 FGG. Das Gericht hat das Kind (§ 50 b FGG), die Eltern (§ 50 a FGG) persönlich anzuhören.

Die Pflegeeltern / -person (§ 50 c FGG) sind –soweit von ihnen eine Aufklärung zu erwarten ist- anzuhören und zwingend auch das Jugendamt (§ 49 a I Nr. 6 FGG). Das Jugendamt ist zudem am Verfahren zu beteiligen (§ 50 SBG VIII).

Zwischenentscheidungen des Gerichtes können von den Betroffenen mit der einfachen, unbefristeten Beschwerde (§ 19 FGG) und die abschließende Entscheidung mit der sofortigen Beschwerde binnen eines Monates ab Zustellung der Entscheidung zum Oberlandesgericht (§§ 621 e I, III 2, 629 a II ZPO) angefochten werden. Der Verfahrenspfleger und das mindestens 14 Jahre altes Kind haben ein eigenständiges Beschwerderecht. Sie können die Beschwerde beim Oberlandesgericht ohne anwaltliche Vertretung einlegen und müssen sich bei einer mündlichen Verhandlung vor dem OLG auch nicht anwaltlich vertreten lassen.

3.3.9. Vollstreckung der gerichtlichen Entscheidung

Die gerichtliche Entscheidung –sofern sie einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat (z.B. Herausgabe des Kindes)- wird bei nicht freiwilliger Erfüllung durch das Familiengericht nach § 33 FGG vollstreckt. Nach erfolgloser Androhung und Festsetzung von Zwangsgeld kann bei der Verpflichtung zur Herausgabe eines Kindes gegen die sich weigernde Person auch Zwangshaft bis zu 6 Monaten angeordnet werden (§ 33 III Satz 5 FGG, § 913 ZPO). Des weiteren kann das Gericht die gewaltsame Durchsetzung der Herausgabeanordnung verfügen, auch gegenüber dem minderjährigen Kind. Der vom Gericht beauftragte Gerichtsvollzieher kann zu seiner Unterstützung u.a. das Jugendamt und / oder die Polizei beiziehen.

Gerichtlich bestellte Verfahrenspfleger haben keine vollstreckungsrechtlichen Aufgaben und Pflichten und dürfen entsprechend gerichtliche Vollstreckungsaufträge und Erwartungen ablehnen. Unabhängig davon hat der Verfahrenspfleger zu beurteilen, ob er in der Vollstreckungssituation das Kind informiert, betreut und begleitet.

3.4. Gefährdung des Kindeswohls, §§ 1666, 1666a BGB

3.4.1. Gesetzestext für gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls

(1)

Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen durch missbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge, durch Vernachlässigung des Kindes, durch unverschuldetes Versagen der Eltern oder das Verhalten eines Dritten gefährdet, so hat das Familiengericht, wenn die Eltern nicht gewillt und in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden, die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßnahmen zu treffen.

(2)

In der Regel ist anzunehmen, das das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Personensorge beziehen, nicht befolgt.

(3)

Das Gericht kann Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge ersetzen.

(4)

In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.

Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, Vorrang öffentlicher Hilfen, § 1666 a BGB

(1)

Maßnahmen mit denen eine Trennung des Kindes von der elterlichen Familie verbunden ist, sind nur zulässig, wenn der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch öffentliche Hilfen, begegnet werden kann.

(2)

Die gesamte Personensorge darf nur entzogen werden, wenn andere Maßnahmen erfolglos geblieben sind oder wenn anzunehmen ist, dass sie zur Abwendung der Gefahr nicht ausreichen.

3.4.2. Voraussetzungen eines Eingriffes in die elterliche Sorge

Ein Eingriff in die elterliche Sorge ist nur unter folgenden Voraussetzungen möglich, aber auch geboten:

· Gefährdung des Kindeswohls:

Gegenwärtige Besorgnis der Gefährdung des

- körperlichen,

- geistigen,

- seelischen

Wohls eines Kindes

- Erziehungsunvermögen der Eltern (4 Alternativen) durch

- Sorgerechtsmissbrauch: Tun oder / und Unterlassen z.B. durch

-körperliche Misshandlung, übermäßige Züchtigung,
-unangemessene Strafen (u.a. Einsperren,
-Untersagung von Kontakten (z.B. zu Großeltern, Freunden, Verwandten, frühere Pflegepersonen)
-sexueller Missbrauch,
-Ausgrenzung des Kindes, Ausweisung aus dem Elternhaus.

Problem: Erziehung ausländischer Eltern nach heimischen Traditionen

- Vernachlässigung z.B. bzgl.

-Wohnung,
-Ernährung,
-Pflege,
-ärztliche Versorgung,
-emotionales Desinteresse

- Unverschuldetes Versagen der Eltern (z.B. durch körperliche und/oder seelische Krankheiten; Sucht: Alkohol, Drogen)
- Gefährdung des Kindeswohls durch Dritte (z.B. durch Dealer, Züchtigung durch Lebenspartner oder jetzigen Ehepartner)
- Die Gefährdung des kindlichen Wohles muss durch das Erziehungsunvermögen der Eltern verursacht werden (Kausalität)
- Mangelnde Bereitschaft oder Fähigkeit der Eltern zur Gefahrenabwehr

(Vorrang der erzieherischen Selbsthilfe der Eltern, ggfls. mit Unterstützung der Jugendhilfe)

· Verhältnismäßigkeit der Maßnahme: Maßnahmen der Jugendhilfe (Kinder- und Jugendhilfegesetz) reichen zur Abwendung der Gefährdung des Kindeswohls nicht aus. Die öffentlichen Hilfen haben Vorrang. Nur wenn sie nicht angenommen werden oder nicht geeignet sind, kann in die elterliche Sorge eingegriffen werden.

3.4.3. Sorgerechtsmaßnahmen gemäß §§ 1666, 1666 a BGB bei ausländischen Kindern

Bei erforderlichen Schutzmaßnahmen für ausländische Kindern stellen sich in der Regel zwei Fragen:

- Sind deutsche Gerichte (und auch Behörden wie das Jugendamt) für ausländische Kinder mit gewöhnlichem Aufenthalt in der BRD international zuständig?
- Welche Rechtsordnung und welches Verfahrensrecht ist für erforderliche Schutzmaßnahmen anzuwenden?

3.4.4. Internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte

Für diese Fragestellung hatte bereits die bis 1.7.98 gültige Rechtslage durch das Einführungsgesetz zum BGB (EGBGB) und das Internationale Übereinkommen über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen vom 5.10.61 (genannt Haager Minderjährigenschutzabkommen oder MSA) Regelungen getroffen. Das Übereinkommen geht den Bestimmungen im EGBG vor und gilt sachlich für den Schutz und das Vermögen eines Minderjährigen, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Vertragsstaat hat und zwar unabhängig davon, ob das Heimatland des Minderjährigen dem MSA beigetreten ist oder nicht. Derzeit sind u.a. folgende Staaten dem MSA beigetreten:

BRD, Frankreich, Lettland, Litauen, Niederlande, Polen, Spanien, Türkei, Italien, Österreich, Schweiz, Portugal, Luxemburg.

Das MSA geht vom Gleichlauf der internationalen Zuständigkeit und dem anzuwendenden Recht aus. Gem. Art. 1 und 2 des MSA sind grundsätzlich die Gerichte und Verwaltungsbehörden des Staates international zuständig, in dem der Minderjährige seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

3.4.5. Anzuwendendes Recht

Die international zuständigen Gerichte wenden grundsätzlich das nationale Recht an. Ausländische Kinder können deshalb unter den Voraussetzungen der §§ 1666,1666 a BGB in der Bundesrepublik Deutschland geschützt werden, wenn sie hier ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Allerdings sind besondere Gewaltverhältnisse des Heimatrechtes des minderjährigen Kindes zu berücksichtigen (Art. 3 MSA).

3.4.6. Entführungsfälle

Der Grundsatz der Anwendung des Rechtes des gewöhnlichen Aufenthaltsortes wird durch das Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung vom 25.10.1980 durchbrochen. Das Übereinkommen soll im Wesentlichen die sofortige Rückgabe von widerrechtlich in einen Vertragsstaat verbrachten Kindern (unter 16 Jahren) sicherstellen. In der Praxis hat dieses Abkommen vor allem für deutsche Ehepartner Bedeutung, die mit den gemeinsamen Kindern und dem Partner im Ausland leben oder lebten. „Flieht“ der deutsche Ehepartner unter Mitnahme des gemeinsamen Kindes in die BRD, verletzt er damit in der Regel das Sorgerecht des anderen Elternteils. Diese Widerrechtlichkeit kann zur Rückführung des Kindes in den früheren Aufenthaltsstaat führen (Art. 8 des Übereinkommens). Widersetzt sich ein willensfähiges Kind der Rückführung oder würde die Rückführung das Kindeswohl gefährden, besteht keine Rückführungsverpflichtung (Art. 13). Nach einer Aufenthaltsdauer des Kindes von 1 Jahr im neuen sozialen Umfeld wird eine so gefestigte soziale Integration des Kindes angenommen, dass eine Rückführung nicht mehr erfolgen darf. Ist jedoch erwiesen, dass sich das Kind noch nicht in die neue Umgebung eingelebt hat, ordnet das Gericht auch nach Ablauf eines Jahres die Rückführung des Kindes an (Art. 12).

3.5. Elterlichen Sorge bei getrennt lebenden Eltern, § 1671 BGB

3.5.1. Gesetzestext (siehe Abschnitt 9.)

3.5.2. Grundsatz für die elterliche Sorge nach Trennung der verheirateten Eltern

Die Trennung miteinander verheirateter Eltern hat grundsätzlich keine Auswirkung auf die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge und die Ausübung der elterlichen Sorge durch einen Elternteil. Die Eltern üben auch nach der Trennung die elterliche Sorge gemeinschaftlich (§ 1629 I BGB) aus. Weiterhin ist bei Entscheidungen von Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, ihr gegenseitiges Einvernehmen erforderlich (§ 1687 I Satz 1 BGB).

3.5.3. Ausnahmen von der gemeinsamen Sorgeberechtigung

Durch die Trennung der Eltern wird die tägliche Absprache der Eltern über kindbezogene Fragen und auch die gemeinsame Sorgerechtsausübung erschwert. Der Gesetzgeber hat diese praktischen Probleme erkannt und von dem Recht der Eltern auf gemeinsame Ausübung des Sorgerechtes folgende Regelungsbereiche aus der gemeinsamen Sorgerechtskompetenz der Eltern ausgegliedert und die Aufgaben einem Elternteil zur alleinigen Ausübung übertragen:

3.5.4. Vertretungsrecht für die gerichtliche Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen des Kindes, § 1629 BGB

Das Gesetz sieht bei einer gemeinsamen Sorgerechtsausübung nach Trennung für den Fall der Streitigkeit über Unterhaltsansprüche des Kindes eine alleinige Vertretungsregelung eines Elternteils vor. Der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, ist berechtigt, Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil geltend zu machen (§ 1629 II Satz 2 BGB). Der betreuende Elternteil kann in der Trennungszeit und auch während der Anhängigkeit eines Ehescheidungsverfahren (Zeit zwischen der Einreichung des Scheidungsantrages und dessen rechtskräftigem Abschluss), die Unterhaltsansprüche des Kindes nur im eigenen Namen geltend machen (gesetzliche Prozessstandschaft gem. § 1629 III BGB). Das Kind soll in den unterhaltsrechtlichen Streit der Eltern nicht mit einbezogen werden.

Die von dem betreuenden Elternteil erwirkte gerichtliche Entscheidung oder ein zwischen den Eltern abgeschlossener Vergleich wirkt für und gegen das Kind, § 1629 III Satz 2 BGB.

Keine Vertretungsmöglichkeit eines Elternteil besteht, wenn sich Eltern in vergleichbarem Umfange die Betreuung und Versorgung der Kinder teilen. Für einen Prozess wegen Kindesunterhalt müsste dem Kind ein Pfleger bestellt werden.

3.5.5. Notfälle

Wie bei miteinander lebenden Eltern ist der betreuende Elternteil in Krisensituationen (Gefahr im Verzuge z.B. bei Unfällen) berechtigt, alle Rechtshandlungen (z.B. Einwilligung in eine Notoperation) vorzunehmen, die zum Wohle des Kindes notwendig sind, §§ 1687 I Satz 3, 1629 I Satz 4 BGB. Das Kind soll wegen der zeitlich nicht möglichen Verständigung der Eltern nicht unversorgt bleiben.

3.5.6. Vertretung in Angelegenheiten des täglichen Lebens, § 1687 BGB

Abweichend von der generellen Vertretungsregelung hat nach der Neuregelung des Kindschaftsreformgesetzes der Elternteil, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteiles nach der Trennung aufhält, die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens und über die tatsächliche Betreuung, § 1687 I Satz 2, 4 BGB. Nach der Definition in § 1687 BGB sind Angelegenheiten des täglichen Lebens solche, die häufig vorkommen und die keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben

Diese gesetzliche Regelung beinhaltet sehr viel Konfliktstoff. Häufig wird sich für die Eltern die Frage stellen, ob die aktuell zu klärende Frage, eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung ist oder „nur“ eine Angelegenheit des täglichen Lebens. Zu dieser Abgrenzungsfrage gibt es bereits viele Gerichtsentscheidungen.

Die Kommentar- und Fachliteratur ( z.B. Familienrechtsreformkommentar von Bäumel u.a.) hat folgende Abgrenzungsversuche gemacht:

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Titel
Rechtlicher Leitfaden für gerichtliche Verfahrenspflegschaften (§§ 50, 67 FGG)
Hochschule
Fachhochschule Esslingen Hochschule für Technik Esslingen
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Vorlesung
Note
ohne
Autor
Jahr
2007
Seiten
77
Katalognummer
V70495
ISBN (eBook)
9783638629003
ISBN (Buch)
9783638729567
Dateigröße
641 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rechtlicher, Leitfaden, Verfahrenspflegschaften, FGG), Vorlesung
Arbeit zitieren
Gerhard Binder (Autor:in), 2007, Rechtlicher Leitfaden für gerichtliche Verfahrenspflegschaften (§§ 50, 67 FGG), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70495

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Titel: Rechtlicher Leitfaden für gerichtliche Verfahrenspflegschaften (§§ 50, 67 FGG)



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