Die gemeinsame europäische Agrarpolitik


Hausarbeit, 2005

23 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Entwicklungsphasen der GAP nach den Römischen Verträgen
2.1 Einkommensorientierte Agrarpolitik (1962-1977)
2.2 Wechselnde Ausrichtung (1978-1984)
2.3 Milchquotenregelung und Stabilisatorenregelungen (1984-1992)
2.4 Agrarreform der Europäischen Gemeinschaft (seit 1992)

3. Agenda

4. Die Transferprogramme PHARE, ISPA und SAPARD

5. Der Preismechanismus der GAP
i. Zielpreisfestsetzungen
ii. Interventionspreise
iii. Exportunterstützungen bzw. Ausgleichszahlungen

6. Einige ausgewählte Instrumente der Agrarpolitik
6.1 Die Ausgleichszahlungen
6.2 Importquoten bzw. Mengensteuerungspolitik
6.3 Zölle
6.4 Nicht tarifäre Handelshemmnisse

7. Volkswirtschaftliche Kosten

8. Ausblick der Agrarpolitikausgaben

9. Fazit

10. Anhang

11. Literatur

1. Einleitung

„Die Agrarpolitik ist aus einer Sozialphilosophie entstanden, deren Ursprung nicht eigentlich wirtschaftlicher oder rationaler Art ist. In dieser Philosophie lässt sich eine Idealisierung vergangener Zeiten finden, welche romantische Züge aufweist.“[1]

Der Artikel 3 der Europäischen Verfassung gibt einen Überblick der gemeinsamen Politikbereiche der EU. In der Geschichte verfolgte man die Entwicklung einer Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik, der Entwicklung eines gemeinsamen Marktes, der Festlegung von Wettbewerbsregeln, einer gemeinsamen Handelspolitik sowie einer gemeinsamen Regionalpolitik, mit dem Ziel in Europas Entwicklung voranzubringen.[2]

Im Gegensatz zur heutigen Zeit, in der Bauern eher eine Minderheit darstellen, waren zu Beginn des letzten Jahrhunderts noch rund 60 Prozent der kontinentalen Beschäftigten im primären Sektor tätig. So arbeiteten nach dem 2. Weltkrieg in Deutschland noch 25 Prozent, in Frankreich und Italien sogar 36 respektive 46 Prozent in der Landwirtschaft.[3]

In der Phase der Nachkriegszeit war Europa einheitlich von Mangel an Nahrungsmitteln geprägt. In fast allen Ländern wurde in den folgenden Jahren Instrumente eingesetzt, die dazu dienten, die Nahrungsmittelproduktion zu steigern und die Nachfragesituation zu verbessern. Selbst in Großbritannien, das bis dato industriell am weitesten entwickelt war, setzte man auf eine gezielte Erhöhung der Subventionierung von Agrarprodukten.[4] Hauptziel der EU-Integration nach 1945 waren die Friedenssicherung durch Kontrolle von exzessivem Nationalismus, die Förderung des Wohlstandes durch Etablieren von Versorgungssicherheit (hier insbesondere im Agrarsektor) und des Abbaus von Protektionismus. Zudem versuchte man den gemeinsamen wirtschaftlichen und politischen Einfluss zu vermehren, um Sicherheitsinteressen zu wahren, und neben wirtschaftspolitischen Supermächten wie den USA einen eigenen, gemeinsamen großen Wirtschaftsraum zu entwickeln. Der erste Integrationsansatz der „European Commission for Europe“ (1947) unter Schirmherrschaft der UN scheiterte an Interessenkonflikten der Supermächte. Einen erheblichen Fortschritt in Richtung eines gemeinsamen Europa erzielten die Benelux-Staaten 1948 mit der Gründung der Zollunion-Benelux, in der alle internen Handelsschranken abgeschafft worden sind und man einen gemeinsamen Außenzoll festlegte. Der 1950 geschaffene Schuhmann Plan hatte u.a. die Aufgabe, die Schwerindustrie, insbesondere in Westdeutschland zu restrukturieren und indirekt eine gewisse Kontrolle über die Entwicklung in Deutschland zu haben, was schließlich in den Vertrag von Paris (1951) mündet in dem die sechs Gründerstaaten Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (1953) gründen. Im Anschluss hieran trafen sich 1955 die Außenminister der sechs Staaten in Messina, um über einen (möglichen) gemeinsamen Markt und eine gemeinsame Transport- und Energiepolitik zu beraten. Diese Konferenz war Basis für die zwei Jahre später in Rom unterzeichneten „Verträge von Rom“, aus dem die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und die Europäische Atomenergiegemeinschaft (Euratom) hervorgegangen ist.[5] Die künftige Ausgestaltung der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik ist in den Artikeln 38 bis 45 des Vertragswerkes berücksichtigt. Die wesentlichen fünf Hauptziele leiten sich aus Artikel 39 Absatz 1 ab.[6]

Als (prioritäres) Ziel wird die Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion mittels technologischen Fortschritts unter optimaler Ausnutzung der Produktionsfaktoren genannt, was dann in der Konsequenz zu vermehrten Einsatz von Maschinen aber auch Düngemitteln und Chemikalien geführt hat. Das zweite Ziel ist die Sicherung und Gewährleitung eines angemessenen Lebensstandards der Landbevölkerung. Als drittes Ziel wird die Stabilisierung des Agrarmarktes formuliert. Hierbei sind vor allem Subventionen auf Exporte (von Produkten) vorgesehen, wodurch ein kontinuierliches Angebot an Agrarprodukten gewährleistet werden soll. Dieses Ziel wird formuliert, obwohl am Anfang der 60er Jahre auf den Weltagrarmärkten bereits das Angebot größer war als die Nachfrage.[7] Mit dem fünften Ziel soll gewährleistet werden, dass die Konsumenten Güter zu „angemessenen“ Preisen erwerben können, wobei die Formulierung „reasonable prices“ viel Ermessensspielraum in Bezug auf die Preisgestaltung von Agrarprodukten zulässt.

Zudem haben sich im Dialog zwischen den Mitgliedstaaten gewissen Grundprinzipien etabliert. Der erste Grundkonsens ist die Einheit des gemeinsamen Marktes. Hierbei ist der ungehinderte Warenaustausch zwischen Mitgliedsstaaten gemeint, bei dem auf marktverzerrende bzw. wettbewerbsbeschränkende Maßnahmen innerhalb der Gemeinschaft verzichtet werden soll. Weiterhin wird die sogenannte Gemeinschaftspräferenz genannt, bei dem der innergemeinschaftlichen Erzeugung ein Vorrang gegenüber Importen eingeräumt wird. Der letzte Punkt behandelt das Thema der finanziellen Solidarität, bei dem die anfallenden Agrarausgaben aus dem gemeinschaftlichen Haushalt finanziert werden sollen, genauer aus dem Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft EAGFL).

2. Entwicklungsphasen der GAP nach den Römischen Verträgen

2.1 Einkommensorientierte Agrarpolitik (1962-1977)

In der ersten Periode orientierte man die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik (GAP) vorrangig an den Einkommenszielen der Bauern. In Deutschland wurden die Agrarprodukte höher protektioniert, sodass die Agrarpreise in Deutschland verglichen mit den anderen Staaten deutlich höher waren. Somit orientierte man sich eher an den hohen deutschen, als an den niedrigeren französischen Agrarpreisen und man verfolgte eine Markt- und Preispolitik, die sich nur wenig an den Markterfordernissen ausrichtete. Die Konsumenten leisteten kaum „Widerstand“, da sie hohe Preise gewohnt waren und die Mangelerscheinung der Nachkriegszeit noch in Erinnerung waren. Durch massive Förderung der Landwirtschaft und dem damit verbundenen Anstieg der Produktivität, bewirkte man, dass die EU bald den Selbstversorgungsgrad für Lebensmittel erreichte und somit nicht mehr von Importen abhängig war. Auf Grund der Kosten für Lagerhaltung und Aufkauf der Überschüsse wurden 1968 erste „größere“ Reformvorschläge unterbreitet, u.a. der sogenannte Mansholt-Plan zur Modernisierung der Landwirtschaft, der die Vergrößerung der Betriebe vorsah und in Folge dessen eine höhere Preisflexibilität von Angebot und Nachfrage ermöglichen sollte, mit dem Ziel die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Länder zu stärken. Dieser Plan kam zu dem Ergebnis, dass 5 Millionen Menschen „freiwillig“ aus der Landwirtschaft ausscheiden müssten. Die 1972 tatsächlich durchgeführten Änderungen zielten zwar in die richtige Richtung, waren aber stark abgeschwächt. Auch die erste Erweiterung der Europäischen Gemeinschaft 1973 brachte nur vorübergehend einen Überschussabbau mit sich. Zudem legte man 1975 Richtlinien fest, die Strukturmaßnahmen zur Förderung der Landwirtschaft in Berggebieten und in bestimmten benachteiligten Gebieten (Bergbauernprogramm) vorsah. Zusammenfassend kann man sagen, dass diese Phase noch durch keine Budgetrestriktion gekennzeichnet war und es im Rahmen der „Weltagrarpolitik“ noch zu keinen Konflikten mit den Handelspartnern gekommen ist.

2.2 Wechselnde Ausrichtung (1978-1984)

Angesichts der stark ansteigenden Ausgaben war die Begrenzung des EU-Agrarbudgets eine zentrale Notwendigkeit.[8] Man ging zu einer moderaten Politik niedriger Preise über, um den Agrarhaushalt zu entlasten. Als jedoch die Einkommensprobleme der Bauern wieder in den Mittelpunkt rückten, erhöhte man die Preise erneut. Die praktische Umsetzung scheiterte häufig an kurzfristigen Interessen wie z. B. Wahlen sowie schwankenden Weltmarktpreisen. Diese Zeit der GAP war durch eine Art „stop and go Taktik“ geprägt, die den Bauern keine klaren Signale zur Minderproduktion gab und in Folge dessen die Produktionsüberschüsse weiterhin anstiegen.[9]

2.3 Milchquotenregelung und Stabilisatorenregelungen (1984-1992)

Auf Grund des „explodierenden“ EG-Haushaltes mussten neue Wege in der gemeinsamen Agrarpolitik gefunden werden. Hierbei einigte man sich erstmals auf Garantiemengen­regelung für Milch und eine restriktive Preispolitik bei vielen anderen Produkten. Da inzwischen die Überschüsse bei Milch so groß geworden waren, dass man nur mit einer drastischen Preissenkung den gewünschten Erfolg einer Produktionseinschränkung hätte erzielen können, dies aber bei den Verantwortlichen als „unzumutbar“ aufgefasst wurde, so entschied man sich für das staatliche Mengensteuerungssystem.[10] Auch mit diesem Instrument besserte sich die Situation der Überproduktion nur geringfügig. So wurde im Februar 1988 vom EG-Ministerrat ein Maßnahmenpaket beschlossen, dass die Einführung von Stabilisatorenregelungen mit einem Zeithorizont von fünf Jahren vorsah. So wurde für bestimmte Produkte wie Getreide und Ölsaaten „Produktionsschwellen“ festgesetzt, bei deren Überschreitung ein prozentualer Preisabschlag (bei Getreide 3 Prozent nominal, bei Ölsaaten um den Prozentsatz der Überschreitung) wirksam wurde. Ergänzend wurden eine Reihe flankierender Maßnahmen so z.B. freiwillige Flächenstilllegung oder Vorruhestandsprogramme eingeführt, die aber zu der Zeit nur mäßigen Zuspruch (bei den Bauern) fanden.

[...]


[1] vgl. Binswanger (1977), Seite 91.

[2] vgl. Hansen/Nielsen (1997), Seite 8.

[3] vgl. Binswanger (1977), Seite 91f.

[4] vgl. Henrichmeyer / Witzke (1994), Seite 543f.

[5] www.europa.eu.int/abc/history/index_de.htm

[6] vgl. Grant (1997), Seite 91f und O`Callaghan (2003), Seite 94f.

[7] vgl. Binswanger (1977), Seite 49.

[8] Im Zeitraum zwischen 1978 und 1980 erreichte der Anteil der Agrarausgaben am EU-Haushalt 75 Prozent.

vgl. Tabelle in Henrichmeyer / Witzke (1994), Seite 575.

[9] s. Anhang, Tabelle 1, Seite 19; (Urff / Boisson), Seite 155.

[10] Der Selbstversorgungsgrad für Milch stieg im Zeitraum von 1973 bis 1983 von 130 auf 187 Prozent.

vgl. Gemeinsame Agrarpolitik, Europäische Integration (1987), Seite 21.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Die gemeinsame europäische Agrarpolitik
Hochschule
Technische Universität Chemnitz
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
23
Katalognummer
V70364
ISBN (eBook)
9783638627849
ISBN (Buch)
9783638674232
Dateigröße
690 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Agrarpolitik
Arbeit zitieren
Christian Altrichter (Autor:in), 2005, Die gemeinsame europäische Agrarpolitik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70364

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