Erzeugung von Dislokationen bei der Bildung von Liesegang-Ringen


Forschungsarbeit, 2003

51 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Reaktion und Musterbildung
2.1 Reaktion
2.2 Musterbildung

3 Modelle
3.1 Vor-Keimbildungsmodelle
3.1.1 Modell von Ostwald
3.1.2 Modell von Prager
3.1.3 Modell von Keller und Rubinov
3.2 Nach-Keimbildungsmodelle
3.3 Weitere Modelle
3.3.1 Modell von Chernavsky und Polezhaev
3.3.2 Erweitertes competive particle growth (CPG) - Modell

4 Experimentelle Ausgangssituation

5 Experimenteller Aufbau
5.1 Gelpräparation
5.2 Fällungs-Reaktionen
5.2.1 Silberdichromat-System
5.2.2 Bleiiodid-System
5.3 Apparativer Aufbau

6 Vorversuche
6.1 Verlauf der Fällungs-Reaktion
6.2 Einfluss der Gelschichtdicke und Gelatinekonzentration
6.3 Form der Gelkante
6.4 Erste Untersuchungen zum Einfluss der AgN O3-Konzentration und deren Zu- gabemenge auf die Reaktion im AgCr2O7-System
6.5 Erzeugung von homogenen Mustern

7 Erzeugung von Dislokationen
7.1 „Interferenzmuster“ zweier Reaktions-Diffusions-Fronten
7.1.1 Erzeugung zweier Diffusionsfronten an einer Gelspitze (Zwickel)
7.1.2 Erzeugung der Fronten an einer geraden Gel-Kante
7.2 Dislokationen an einer Stufe
7.3 Dislokationen durch Phasenverschiebung
7.4 Einfluss der AgN O3-Konzentration
7.5 Einfluss der Gelschichtdicke auf die Entstehung von Zick-Zack-Mustern
7.6 Untersuchung des Bleinitrat-Kaliumiodid-Systems

8 Diskussion

9 Ausblick

10 Zusammenfassung

A Anhang
A.1 Aufnahmeparameter
A.2 Nachweis des Abstandsgesetzes
A.3 Einfluss der AgN O3-Konzentration auf die Reaktion
A.4 Untersuchung des Kaliumchromat-Systems
A.5 Nachweis des 3d-Effektes
A.6 Kontrollierte Erzeugung von Dislokationen
A.7 Versuchsaufbau

Abbildungsverzeichnis

1 Typische Muster, wie sie bei der Fällungsreaktion im AgN O3 / K2Cr2O7 - Sys- tem auftreten [6]

2 Spiral-Struktur in einem Liesegang-System aus Silberchromat [6]

3 Numerische Simulation eine Fällungsreaktion [5]

4 Zweidimensionale Simulation eines Liesegang-Experimentes nach [6]

5 Zweidimensionale Simulation einer Zwei-Zentren-Reaktion mit sich daraus er- gebenden Mustern [6]

6 Liesegang-System mit einem Hacker in der Gelkante zur Erzeugung von Dislo- kationen [2]

7 Liesegang-System mit einer Versetzung in der Gelkante um Dislokationen zu erzeugen werden [2]

8 Schematischer Versuchsaufbau

9 Typischer Verlauf der Fällungsreaktion mit dislokationsfreien Linien

10 Sekundärstruktur bei der Fällungsreaktion im Silberdichromat-System

11 Strukturen, die sich bei der Reaktion von AgN O3 mit Gel zeigen

12 Fällungsreaktion bei einer Gelschichtdicke von 1, 5 mm

13 Liesegang-Muster an einer gekrümmten Kante mit Zick-Zack-Strukturen und Versetzungen

14 Liesegang-Muster an einer gekrümmten Kante mit Zick-Zack-Strukturen und Versetzungen

15 Beispiel für eine dislokationsfreie Struktur im AgCr2O7-System

16 Schema zur Präparation des Zwickels

17 Dislokationen an einer Schnittkante zweier kreisförmig ausgestanzter Flächen (a = 14 mm)

18 Dislokationen an einer Schnittkante zweier kreisförmig ausgestanzter Flächen (a = 16 mm)

19 Schema zur Präparation der zweifachen AgN O3-Zugabe mit freigelassener Stelle.

20 Liesegang-Muster in einem Gel, an dessen Kante die AgN O3-Zugabe auf einer Länge von 1 mm ausgespart wurde

21 Liesegang-Muster in einem Gel, an dessen Kante die AgN O3-Zugabe auf einer Länge von 0, 5 mm ausgespart wurde

22 Schema zur Präparation einer Stufe in der Gelkante

23 Entwicklung von Liesegang-Mustern an einer Stufenkante

24 Entwicklung von Liesegang-Mustern an einer Stufenkante

25 Dislokationen nach Präparation einer Stufe in der Gelkante (h = 0, 2 mm). Bild- ausschnitt: 13 mm × 17 mm

26 Entwicklung von Liesegang-Mustern bei Phasenverschiebung (Δt = 5 s)

27 Entwicklung von Liesegang-Mustern bei Phasenverschiebung (Δt = 10 s)

28 Liesegang-Muster bei 0, 29M AgN O3 und Δt = 15 s

29 Zick-Zack-Verzweigung von Liesegang-Mustern in einem Gel

30 Linienspaltung im AgN O3-System

31 Schema zur Präparation der keilförmigen Gelschicht

32 Liesegang-Muster in einer keilförmigen Gelschicht

33 Fällungsreaktion im KI-P b(N O3)2-System

34 Zick-Zack-Verzweigung von Liesegang-Mustern in einem Gel

35 Linienspaltung im P bI2-System

36 Zick-Zack-Strukturen im P bI2-System (keilförmige Gelschicht)

37 Simulation der Interferenzmuster einer Zwei-Zentren-Fällungsreaktion [6].

38 Vergrößerungsverhalten des Mikroskops

39 Ringe und ihr Abstandsverhältnis

40 Verlauf der Fällungs-Reaktion mit einer 264, 9mM AgN O3-Lösung

41 Verlauf der Fällungs-Reaktion mit einer 235, 5mM AgN O3-Lösung

42 Verlauf der Fällungs-Reaktion mit einer 206, 1mM AgN O3-Lösung

43 Verlauf der Fällungs-Reaktion mit einer 176, 7mM AgN O3-Lösung

44 Verlauf der Fällungs-Reaktion mit einer 91, 5mM AgN O3-Lösung

45 Verlauf der Fällungs-Reaktion mit einer 32, 7mM AgN O3-Lösung

46 Kaliumchromat-System: Fällungsmuster und Sekundärstruktur

47 Zick-Zack-Verzweigungen

48 Dislokationen nach anfänglicher Zick-Zack-Struktur im Silberdichromat-System.

49 Präparation einer Stufe in der Gelkante (h = 0, 4 mm)

50 Versuchsplatz zur Aufnahme der Messungen mit Mikroskop und time-laps-Videorecorder

51 Programm Pic35 zur Digitalisierung der Videos

Tabellenverzeichnis

1 Versuche mit unterschiedlicher Gelatinekonzentration und Gelschichtdicke

2 Aufnahmemodi des time-laps Videorecorders

3 Vergrößerungsverhalten des Mikroskops

4 Ringabstände und Verhältnis der Abstände

5 Abhängigkeit der Reaktionsmuster von der AgN O3-Konzentration c

1 Einleitung

Bei der chemischen Reaktion von verschiedenen gelösten Salzen in einem Elektrolyten kommt es zu Ausfällungen. Dabei reagieren die gut löslichen Salze zu unlöslichen. Diese fallen dann aus. Fixiert man einen der Reaktionspartner in einem Gel, so können globale Konzentrationsun- terschiede nicht mehr durch Diffusion ausgeglichen werden. Lässt man nun den anderen Reak- tionspartner in das Gel hineindiffundieren, setzt die Fällungsreaktion ein. Allerdings beobachtet man bei geeigneten Konzentrationen der Partner Fällungsmuster in Linienform. In den Berei- chen zwischen den Linien ist in einer großen Zahl solcher Reaktionen die Konzentration der Fällungsprodukte so gering, dass man sie auch mit der verwendeten Optik nicht sehen kann. Vom Zugabeort des nicht fixierten Reaktionspartners breitet sich eine Diffusionsfront aus. Da- durch entstehen die Linien zeitlich versetzt. 1896 beschrieb R.E. Liesegang solche Reaktionen und die Muster, die dabei entstehen, erstmals.

Die entstehenden Muster hängen von der Geometrie des Systems ab. Man kann nun etwas vom Gel entfernen, so dass ein Loch entsteht. Gibt man dort die unfixierte Salzlösung hinein, so bilden sich Kreise um das Loch herum. An einer geraden Gelkante bilden sich parallele Linien. Auch Spiralen können entstehen. Diese Muster bezeichnet man als Liesegang-Muster.

Man beobachtet des Weiteren Dislokationen bei der Musterentstehung. So können die Linien versetzt entstehen oder sich in Zick-Zack-Form verbinden. Solche Dislokationen gezielt zu erzeugen, ist Ziel der vorliegenden Arbeit.

Auch wird untersucht, ob die Gelschichtdicke einen Einfluss auf die Musterentstehung und das Auftreten von Dislokationen hat. So kann man feststellen, inwiefern Dislokationen eine Folge der räumlichen Ausdehnung des Geles sind.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Typische Muster, wie sie bei der Fällungsreaktion im AgN O3 / K2Cr2O7 - System auftreten [6].

2 Reaktion und Musterbildung

2.1 Reaktion

R.E. Liesegang (1869-1947) forschte auf dem Gebiet der Kolloidchemie, als er 1896 bei einer chemischen Reaktion Fällungsmuster entdeckte [7].

Er betrachtete die folgende Reaktion:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Hierbei ist das Kaliumdichromat in einem Gel fixiert. Das Lösungsmittel ist Wasser. Die Silbernitrat-Lösung wird am Rand des Gels vorgelegt, damit es in das Gel hineindiffundieren kann. Das Silberdichromat ist das schwer lösliche Salz, das als Produkt der Fällungsreaktion entsteht. Es ist zunächst rot und färbt sich unter Lichteinwirkung schwarz.

Das Gel sollte als Reaktionspartner nicht beteiligt sein, damit nur die reine Reaktion (1) statt- findet.

Es gibt weitere Reaktionen, bei denen Liesegang-Muster auftreten. In dieser Arbeit wird außer dem System (1) das Bleiiodid-System (2) untersucht:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Hierbei hat ist das P b(N O3)2 eine geringere Konzentration als das KI. Es wird im Gel fixiert. Das entstehende P bI2 ist schwer löslich in Wasser und fällt als gelbes Salz aus bildet Liesegang- Muster.

2.2 Musterbildung

In den untersuchten Systemen handelt es sich um Reaktions-Diffusions-Systeme. Das heißt, es findet zur selben Zeit Diffusion und Reaktion von mehreren Komponenten statt. Die treibende Kraft der Diffusion ist Folge eines Konzentrationsgradienten. Die Teilchen- stromdichte  hängt vom Konzentrationsgradienten ∇c nach dem Fick’schen Gesetz ab:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Außerdem gilt die Kontinuitätsgleichung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Durch Einsetzen von (3) in (4) erhält man die Diffusionsgleichung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Hierbei ist D die Diffusionskonstante. Findet, wie im untersuchten System auch noch Reaktion statt, nimmt die Stoffkonzentration a durch Reaktion mit einem Reaktionspartner der Konzentration b noch schneller ab:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

k ist die Reaktionskonstante.

In Liesegang-Systemen haben die Reaktionspartner haben stark unterschiedliche Konzentrationen. In dem hauptsächlich untersuchten System hat Kaliumdichromat eine deutlich geringere Konzentration als das Silbernitrat. Hinzu kommt, dass Kaliumdichromat im Gel fixiert ist. Seine Diffusionskonstante ist zwar lokal (in einer Zelle des Gels) von Null verschieden, kann aber global als verschwindend angenommen werden. Silbernitrat-Lösung diffundiert nun in das Gel und trifft auf das fixierte Kaliumdichromat. Mit diesem reagiert es und Silberdichromat entsteht als Fällungsprodukt. In gleichen Abständen vom Zugabeort des Silbernitrats beobachtet man das Auftreten von Fällungsmustern zur selben Zeit.

Man findet verschiedene Muster. Sind die Reaktionspartner zu Beginn der Reaktion durch eine gerade Kante getrennt, treten gerade Linien auf. Ist die Trennfläche gekrümmt, treten gekrümmte Linien auf. Man kann aber auch Spiralen und Versetzungen sowie Zick-Zack-Muster finden [6, 2]. Ein Beispiel für eine Spirale ist in Abb. 2 dargestellt.

Diese Arbeit beschäftigt sich hauptsächlich mit den geraden Linien und deren Versetzungen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Spiral-Struktur in einem Liesegang-System aus Silberchromat [6].

3 Modelle

3.1 Vor-Keimbildungsmodelle

3.1.1 Modell von Ostwald [1]

Die Vor-Keimbildungs-Modelle gehen davon aus, dass ein Keim des schwer löslichen Fällungs- produktes in einem metastabilen Zustand ist, bis die Stabilitätsgrenze erreicht ist. Diese Grenze bezieht sich auf die Größe des Keimes, der ab einer gewissen Größe stabil wird. Im Silberdi- chromatsystem wird der stabile Keim (AgCr2O7) weiter wachsen und somit Silberdichromat aus seiner Umgebung abziehen. Dadurch wird die Abtrennung der Ringe verursacht. Der Über- gang zum stabilen Keim geschieht im selben Abstand von der AgN O3-Zugabestelle zur selben Zeit.

3.1.2 Modell von Prager [2]

In dem durch Prager erweiterten Modell von Ostwald kommt es erst zu einer Ausfällung, wenn das Ionenprodukt K aus den Ionen A und B eine kritische Grenze überschreitet. Die Konzen- trationen der Stoffe A und B werden mit a und b bezeichnet, die des Reaktionsproduktes C mit

c. Prager nimmt an, dass a ≫ b.

Die Abstände der Ringe xn genügen der geometrischen Reihe

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

wobei

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

gilt. K bezeichnet das Ionenprodukt: K =

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

K0 ist der Wert des Ionenproduktes am Anfang der Reaktion, Kc der kritische Wert, ab dem die Fällungsreaktion eintritt.

Des Weiteren findet er das Zeitgesetz:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

tn bezeichnet die Zeit, bis der n-te Ring entstanden ist, α ist eine Konstante.

3.1.3 Modell von Keller und Rubinov [2]

In diesem Modell wird die Reaktionsgleichung (1) um ein Zwischenprodukt C erweitert. Es fällt erst dann aus, wenn ein kritischer Wert cc überschritten ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das Gleichungssystem ist das folgende:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das Reaktionsprodukt D ist fixiert und kann somit nicht diffundieren. p ist die Fällungsrate, sie hängt von c ab. Bis c den Wert cc erreicht hat ist p = 0, danach ist p = c − cc. In diesem Modell wird das Zeitgesetz (10) abgeleitet.

3.2 Nach-Keimbildungsmodelle [3]

Die Nach-Keimbildungsmodelle versuchen, anomale Strukturen, wie Spiralen und Zick-Zack- Muster zu erklären.

Ross und Flicker gehen davon aus, dass große Keime weniger löslich sind als kleine Keime. Somit können die Großen auf Kosten der Kleinen wachsen. Man muß also andere Mechanismen zur Strukturbildung heranziehen, die auch im Fall so genannter gradientenfreier Systeme wir- ken. Dieser Mechanismus wird als Folge einer chemischen Instabilität (Konkurrenzwachstum) vermutet.

3.3 Weitere Modelle

3.3.1 Modell von Chernavsky und Polezhaev [4, 5]

Das Modell von Chernavsky und Polezhaev versucht, die Vor-Keimbildungstheorie mit der Nach-Keimbildungstheorie zu verbinden, um sowohl das Abstandsgesetz als auch Dislokationen erklären zu können.

Ausgehend von einer kontinuierlichen Verteilungsfunktion der Teilchengröße im Raum, wer- den zwei Größen angenommen: groß und klein. Die Keimbildung setzt bei Überschreitung einer kritischen Konzentration c3 ein. Die kleinen Keime werden zu großen, wenn die Konzentration c2 übersteigt. Die großen Keime wachsen bei Überschreitung von c1 weiter. Das Modell ist das folgende:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

a und b sind die Konzentrationen der Substanzen,ρist die durchschnittliche Dichte des Fäl- lungsproduktes in Form der kleinen Keime, ρ die der großen Keime, c die Konzentration des gelösten Stoffes. v1 ist die Rate der Keimbildung, v2 die der Auflösung der kleinen Keime. v3 ist die Rate des Übergangs von kleinen zu großen Keimen, v4 die des Wachstums der großen Keime. Di bezeichnet die Diffusionskonstanten und k ist eine kinetische Konstante.

Mit diesem Modell kann die Ringbildung erklärt und simuliert werden. Es ist auch möglich, die Versetzungen zu simulieren (Abb. 3).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Numerische Simulation, die die Entwicklung von Dislokationen ausgehend von einem Defekt (Verschiebung) in der Anfangsverteilung schon gebildeter Fällungs- produkte beschreibt [5].

3.3.2 Erweitertes competive particle growth (CPG) - Modell [6]

Krug und Brandstädter beschreiben ein extended competetive particle growth model (CPG). Mit diesem lassen sich ebenfalls Dislokationen simulieren. In Abb. 4 ist ein Beispiel für solch eine Simulation gegeben. Auch kann man durch Verändern der Anfangsbedingungen ein Ausheilen der Dislokationen erreichen. In der Arbeit wurden allerdings nur Versetzungen simuliert.

Ebenfalls gut modellierbar sind die Muster, die sich aus einer Zwei-Zentren-Reaktion ergeben (Abb. 5).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Zweidimensionale Simulation eines Liesegang-Experimentes mit CPG-Modell [6]. Es zeigen sich Dislokationen nach einer Stufe.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Zweidimensionale Simulation einer Zwei-Zentren-Reaktion mit sich daraus erge- benden Mustern [6]. Die Zentren sind links unten und rechts unten im Bild.

4 Experimentelle Ausgangssituation

Die Erzeugung von Liesegang-Mustern im Silberdichromatsystem ist mit relativ wenig Aufwand möglich. Im einfachsten Fall lässt man mit Kaliumdichromat gemischte Gelatine erstarren und gibt auf das Gel einen Tropfen Silbernitrat. Dabei findet man Muster, die mit Dislokationen behaftet sind, aber auch über größere Bereiche dislokationsfrei sein können.

Die hier auftretenden Dislokationen sind zufällig. Zum einen handelt es sich hierbei um Versetzungen, also um Linien, deren Enden keine Verbindung haben. Des Weiteren sind so genannte „Zick-Zack“-Muster zu sehen. Das Erscheinungsbild ist ähnlich dem der Versetzungen, jedoch haben die Linien eine Verbindung.

In der Arbeit von Grill [2] werden die Dislokationen charakterisiert. Dabei wird von einem Gel (Gelatine1 ) in einer Petrischale ausgegangen. Die Gelschicht hat eine Höhe von 1 mm. Die Konzentration liegt im Bereich von 5 − 6%. Die Besonderheit der Präparation liegt dort in der Herstellung der Gelkante: Sie wird mit einem Skalpell geschnitten. An diese Kante wird die Silbernitratlösung gegeben.

Die gezielte Erzeugung von Dislokationen, die in [2] charakterisiert werden, ist Ziel dieser Arbeit.

In [2] wird vermutet, dass Dislokationen durch Präparation einer Versetzung in der Gelkante erzeugt werden können. Die Schwierigkeit liegt in der Präparation dieser Kante. Da das Gel sehr dünn (< 1 mm) und sehr weich (Konzentration 6 %) ist, kann die Stufe in der Gelkante nicht einfach geschnitten werden. Die weitere Vermutung ist, dass die Höhe der Versetzung in der Gelkante in der Größenordnung der Ringabstände liegt. Diese liegt im Bereich von < 0, 5 mm und erschwert die Präparation weiter.

In [2] sind Abbildungen (Abb. 6 und 7) enthalten, die die präparierte Stufe in der Gelkante und die sich an der Stufe ergebenden Fällungsmuster zeigen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Liesegang-System mit einem Hacker in der Gelkante zur Erzeugung von Disloka- tionen [2].

Abbildung 7: Liesegang-System mit einer Versetzung in der Gelkante um Dislokationen zu er- zeugen werden [2].

5 Experimenteller Aufbau

5.1 Gelpräparation

Zunächst werden einige Gele hergestellt, um deren chemischen und physikalischen Eigenschaf- ten zu untersuchen. Zunächst wird eine Gelatinekonzentration von 6% verwendet. Hierbei kommt Gelatine des Herstellers Difco zum Einsatz. Die Konzentrationsangabe bezieht sich auf Massen- prozent, so dass also auf 10 ml Gesamtvolumen [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Wasser und 0, 6 g Gelatine entfallen.

Das Gelatine-Wasser-Gemisch wird etwa 3 bis 4 Minuten unter Rühren auf etwa 60◦C erhitzt. Dabei löst sich die Gelatine vollständig. Die heiße, klare Lösung wird dann in eine Petrischale gegeben. Die Lösung erhärtet nach wenigen Minuten und kann nach etwa 5-6 Stunden so bear- beitet werden, dass ein Schneiden mit einer Rasierklinge möglich ist, um eine gerade Kante zu erhalten.

Da für die Beobachtung der Reaktion zur Bildung von Liesegang-Ringen dünne Gelschichten nötig sind, werden zunächst Gele mit einer Schichtdicke von 1, 5 mm hergestellt. Dabei wird der Gelatinegehalt von 5% bis 9% variiert. Es kann die Erfahrung gemacht werden, dass sowohl übermäßiges (über 50◦C) als auch zu schnelles Erhitzen zu Blasenbildung führen, die das Gel inhomogen machen.

Um das Volumen der Gelatine-Lösung zu bestimmen, wird die Füllung der Petrischale als Zylinder angenommen. Das Volumen V kann man aus Kenntnis von Durchmesser d und ge- wünschter Höhe h bestimmen: V =

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Da es sich aber herausstellt, dass das Gel am Rand der Petrischale nach oben steigt, erweist es sich als zweckmäßiger, die Höhe des Gels direkt mit einer Mikrometerschraube zu messen. Um den Einfluß von Gelatinen verschiedener Hersteller zu testen, kommt Blattgelatine Gelita des Herstellers Deutsche Gelatine Fabriken Stoess AG zur Verwendung. Hierbei wird die Blattgelatine in Wasser gelöst und dann unter Rühren erhitzt. Nach dem Einfüllen in eine Petrischale zeigt sich jedoch, dass die Verwendung dieser Gelatine bei vergleichbaren Gewichtsanteilen zu welliger Oberfläche und Klumpigkeit führt.

Um die Verarbeitungsqualitäten der Schichtdicken zu testen, werden mit einem Stanzwerk- zeug (zylinderförmiges Rohr, r = 10 mm) Löcher in das Gel gestanzt und diese ausgehoben. Gerade Kanten werden mit einer Rasierklinge geschnitten. Es wird auch versucht, einen Ob- jektträger in die Petrischale zu legen und durch dessen Entfernen aus dem erhärteten Gel eine gerade Kante zu erhalten. Diese Methode ist ungeeignet, da beim Gießen das Gel teilweise unter den Objektträger läuft. Generell ist festzustellen, dass eine erhöhte Gelatinekonzentration den Erstarrungsprozess beschleunigt und eine Verarbeitung mit dickeren Gelen besser möglich ist.

5.2 Fällungs-Reaktionen

5.2.1 Silberdichromat-System

Um die Fällungs-Reaktion starten zu können, muss K2Cr2O7 im Gel-Netzwerk fixiert werden. Dies geschieht, indem es zu der Gelatine-Wasser-Lösung gegeben wird. Es kommt das Rezept Silberchromat in Gelatine (Ag2Cr2O7) aus der Sammlung des Labors in abgewandelter Form zur Verwendung. Hier die verwendete Rezeptur:

- Den gewünschten Anteil Difco-Gelatine mit Wasser auf 10 ml auffüllen.
- 0, 15 g K2Cr2O7 in die Lösung geben.
- Die Lösung unter Rühren auf etwa 40◦C erhitzen bis sich die Gelatine gelöst hat.
- Der Lösung das berechnete Volumen für die gewünschte Gelhöhe entnehmen und in eine vorgewärmte Petrischale füllen.
- Das Gel aushärten lassen.
- Die AgN O3-Lösung durch Auffüllen von 10 g AgN O3 mit Wasser auf 100 g an die gewünschte Stelle in das Gel geben.

Um den Fehlerbeitrag bei der Wägung kleiner Massen von K2Cr2O7 und AgN O3 gering zu halten, werden höherkonzentrierte Lösungen hergestellt. Deren Verwendung erfolgt dann entsprechend verdünnt.

Zunächst wird eine K2Cr2O7-Lösung hergestellt. Es wurde von 0, 1 g auf 25 ml Wasser aus-gegangen. Mit dem Molargewicht von 294, [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] M ergibt sich für die Lösung eine Kon- zentration von 13, 6 mM .

Analoge Überlegungen gelten für die AgN O3-Lösung. Hier wurde von 20 g auf 100 ml Was- ser ausgegangen. Somit ergibt sich mit dem Molekulargewicht des AgN O3 von 169, 9 g/l eine Konzentration von 1, 177 M . In den späteren Fällen wird eine Konzentration von 0, 29 M ver- wendet.

5.2.2 Bleiiodid-System

Um die Fällungs-Reaktion im Bleiiodid-System zu untersuchen, kommt das Rezept Bleiiodid in Agar-Agar-Gel aus der Sammlung des Labors in abgewandelter Form zum Einsatz. Das Rezept wird leicht abgewandelt und in folgender Form verwendet:

- 2g Kaliumiodid (KI) mit Wasser auf 100g auffüllen. (0,12M)
- 1g Agar-Agar und 0,3g Bleinitrat (Pb(NO3)2) ebenfalls mit H2O auf 100g auffüllen. (0, 01 M )
- Beide Lösungen langsam auf 95◦C erhitzen, rühren, bis die Flüssigkeit klar ist (ca. 5 − 10 min). Dann abkühlen lassen.
- Die heiße P b(N O3)2-Lösung in eine Petrischale geben. Das muss geschehen, bevor das Agar-Gel steif wird (oberhalb 50◦C). Dann warten, bis das Gel sich formt.
- Das erstarrte Gel bearbeiten und die Reaktion durch Zugabe der KI-Lösung starten.

5.3 Apparativer Aufbau

Die untersuchten Fällungsreaktionen haben eine geringe Reaktionsgeschwindigkeit. Die ersten Muster zeigen sich nach einigen Minuten. Es dauert jedoch Stunden, bis genügend Muster entstanden sind, die eine Auswertung ermöglichen. Bis die Reaktion vollständig einen stationären Zustand erreicht hat, kann es Wochen dauern.

Diese Umstände machen die Video-Aufzeichnung der Musterbildung sinnvoll. Um die Band- länge in problemangepassten Dimensionen zu begrenzen, wird die Aufzeichnung mittels time- laps verwendet.

Die Reaktion wird in einer Petrischale durchgeführt. Zu deren Beleuchtung wird ein Beleuchtungstisch Pro lite 5000 S2 verwendet.

Das Gel trocknet durch Wärmestrahlung sehr schnell aus. Dadurch wird die Reaktion stark beeinflusst und letztlich sogar gestoppt. Um die Wirkung der Wärmestrahlung des Beleuchtungstisches auf die Reaktion zu verhindern, wird die Petrischale mit dem Gel auf eine weitere, mit Wasser gefüllte Petrischale gestellt. Die Infrarotstrahlung durchdringt somit eine etwa 1, 5 cm dicke Wasserschicht und wird dadurch weitgehend absorbiert. In der Petrischale mit dem Wasser bilden sich nun jedoch Kondensattropfen am Deckel. Diese haben auf die Qualität der Bilder (Detektion von Mustern) keinen Einfluss.

Die Muster (Liesegang-Ringe) haben, besonders in der Frühphase der Reaktion, einen geringen Abstand (< 1 mm). Um sie jedoch beobachtbar zu machen, dient ein Mikroskop Stemi SV 113 zur Vergrößerung. Das Bild wird über eine CCD-Kamera4 aufgenommen. Die Aufzeichnung erfolgt mit einem Videorecorder Time Laps Video Cassette Recorder EVT-8010E5 auf ein 8mm-Videoband6. Der Aufnahmevorgang kann mit einem Color Video Monitor BT-H1450Y7 überwacht werden. Um die Videofilme zu analysieren, werden diese digitalisiert. Das verwendete Programm ist PIC35. Es erzeugt Dateien im HED-Format.

Der gesamte Aufbau ist schematisch in Abb. 8 dargestellt.

[...]


1 Difco

2 KAISER

3 Zeiss

4 HAMAMATSU

5 SONY

6 8mm HG, 90min, maxell

7 Pieper

Ende der Leseprobe aus 51 Seiten

Details

Titel
Erzeugung von Dislokationen bei der Bildung von Liesegang-Ringen
Hochschule
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg  (Institut für Experimentelle Physik)
Autor
Jahr
2003
Seiten
51
Katalognummer
V70181
ISBN (eBook)
9783638628884
Dateigröße
5589 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Bei Fällungsreaktion im AgCr2O7- und PbI2-System können Dislokationen gezielt durch phasenverschobenes Starten der Reaktion an einer glatten Gelkante erzeugt werden. Zick-Zack-Strukturen werden nur bei Erhöhung der Gelschichtdicke beobachtet und als 3d-Effekt interpretiert.
Schlagworte
Erzeugung, Dislokationen, Bildung, Liesegang-Ringen
Arbeit zitieren
Torsten Rahne (Autor:in), 2003, Erzeugung von Dislokationen bei der Bildung von Liesegang-Ringen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70181

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