Die Olympischen Winterspiele 1948 und 1952. Deutschlands Teilnahme nach dem 2. Weltkrieg unter außenpolitischen Aspekten


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

18 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Die sportpolitische Situation in Deutschland kurz nach dem Krieg

3. Erste Schritte zurück in die Olympische Gemeinschaft
3.1. Die Gründung eines Deutschen Olympischen Ausschusses
3.2. Der Weg zu den ersten Spielen nach dem Krieg: Die Entscheidung des IOC

4. Die V. Olympischen Winterspiele 1948 in St. Moritz

5. Der Weg zu den Spielen in Oslo
5.1. Die Gründung des NOK und die Weiterentwicklung der politischen Beziehungen
5.2. Die Anerkennung des NOK beim IOC
5.3. Die politischen Querelen um die Teilnahme in Oslo

6. Die VI. Olympischen Winterspiele 1952 in Oslo und das Auftreten der Deutschen

7. Zusammenfassung und Diskussion

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die vorliegende Hausarbeit zum Thema „Die Olympischen Winterspiele in St. Moritz 1948 ohne deutsche Beteiligung und das erste Auftreten einer deutschen Olympiamannschaft nach dem 2. Weltkrieg 1952 in Oslo unter außenpolitischen Gesichtspunkten“ wurde in dem Sportgeschichteseminar „Große Sportereignisse des Jahres 2006 im quellenkritischen Kontext: Entwicklung, Bedeutung, Sinngehalt der Fußballweltmeisterschaften und der olympischen Winterspiele“ verfasst. Das Grobziel der Arbeit soll es sein, nicht nur den Weg Deutschlands zurück in die olympische Gemeinschaft, sondern auch das Gelingen dieses Vorhabens aufzuzeigen. Hierfür beginnt die Arbeit mit einem kurzen Überblick über die sportpolitische Situation in Deutschland nach dem Krieg. Anschließend sollen in chronologischer Reihenfolge die Bemühungen um eine Wiederaufnahme in die olympische Gemeinschaft skizziert werden, die mit dem Versuch an den ersten Winterspielen nach dem 2. Weltkrieg in St. Moritz teilzunehmen, endeten. Der Schwerpunkt der Arbeit soll, genau wie beim Seminarvortrag auch, auf dem zweiten Teil der Thematik beruhen, nämlich der Gründung des NOK und der damit verbundenen Vorraussetzung für eine Teilnahme an den Spielen in Oslo. Auch der Weg zu diesen Winterspielen soll unter Beachtung der politischen Beziehungen besonders zu Norwegen dargestellt werden. Beim Blick auf die Spiele selber soll besonderes Augenmerk auf das Auftreten der deutschen Mannschaft gelegt werden. Die im Seminar diskutierten Fragen werden auch in dieser Ausarbeitung am Ende nochmals kurz aufgegriffen und diskutiert.

2. Die sportpolitische Situation in Deutschland kurz nach dem Krieg

Zum Einstieg in die Thematik soll in diesem Kapitel ein kurzer Abriss über die sportpolitische Situation unmittelbar nach dem Krieg wiedergegeben werden. Dies ist insofern wichtig, um einen besseren Überblick über die dann folgenden ersten Gehversuche des neuen Deutschlands in Richtung olympischer Bewegung zu erhalten.

Da die bedingungslose Kapitulation am 08.05.1945 den vollständigen Zusammenbruch des deutschen Reiches und die Auflösung der bisherigen Ordnung bedeutete, war klar, dass von nun an die Gesetze der Alliierten in Deutschland galten.

Die Regierungsgewalt ging formell am 05.06.1945 an die vier Besatzungsmächte über und alle Sportorganisationen wurden in diesem Zuge aufgelöst und ihr Vermögen beschlagnahmt. Einen organisierten Sport gab es von nun an nicht mehr.[1] Durch die sogenannten Kontrollratsgesetze bemühten sich die vier Oberbefehlshaber schon schnell wieder um die Herstellung der öffentlichen Ordnung. Für den Sport war zunächst jedoch das Kontrollratsgesetz Nr. 2 der Alliierten vom 10.10.1945 von Bedeutung, womit die Auflösung des Deutschen Olympischen Ausschusses (DOA) erfolgte. Damit verfügte Deutschland im Herbst 1945 nicht mehr über eine olympische Adresse.[2] Als das wichtigste Dokument für die weitere Entwicklung des Sports kann jedoch die Direktive Nr. 23 vom 17.12.1945 angesehen werden. Diese verordnete die Auflösung aller Sportorganisationen bis zum 01.01.1946, nachdem zuvor in einigen Teilen Deutschlands (z.B. Westfalen) schon wieder die Gründung von Sportvereinen erlaubt worden war. Mit der Direktive Nr. 23 gab es ab sofort nach dem Gesetz keine Sportorganisationen mehr, die noch vor der Kapitulation bestanden hatten. Der Sport in Deutschland musste also von unten neu aufgebaut werden und in den Augen der Alliierten frei von militärischen und nationalsozialistischen Einflüssen sein. Zudem sollten erste Organisationen nicht über das Kreisgebiet hinausgehen. Die Intention der Besatzer war es ehemalige Nationalsozialisten von Führungspositionen im Sport fernzuhalten.[3]

Währenddessen blieb die Mitgliedschaft Deutscher im Internationalen Olympischen Komitee (IOC) von den Gesetzen der Alliierten unberührt. Auf der 39. IOC- Session in Lausanne vom 04.-06.09.1946, der ersten nach dem Krieg, erfolgte kein Ausschluss der deutschen IOC- Mitglieder, weil sie per IOC- Satzung auf Lebenszeit gewählt waren. Somit blieben die deutschen Vertreter Herzog Adolf Friedrich zu Mecklenburg und Karl Ritter von Halt Mitglied im IOC. Das IOC mischte sich also nicht in die politischen Vorgänge in Deutschland ein. Da es auf Grund von vielen rechtlichen, politischen und organisatorischen Fragen noch einigen Klärungsbedarf zwischen Deutschland und dem IOC gab, (u. a. war auch die olympische Fahne noch in Berlin) bot sich Carl Diem geradezu dafür an, wegen seiner guten Kontakte zu Militärregierungen, zur Presse und seiner Arbeit als Funktionär, die Beziehungen zum IOC nicht nur aufrecht zu erhalten, sondern auch zu intensivieren[4].

Nach dieser Sitzung in Lausanne ist aber auch die ablehnende und äußerst reservierte Haltung des IOC zu Deutschland klar: man wünschte zunächst keine offiziellen Kontakte mit Deutschland und auch nicht mit seinen IOC- Mitgliedern. Besonders die Organisatoren der kommenden Sommerspiele 1948 in London, Lord Burghley (als Präsident des Organisationskomitees) und Lord Aberdare (als Beisitzer), sowie Länder, die unter deutscher Kriegsbesatzung gelitten hatten, sprachen sich gegen eine rasche Mitarbeit der Deutschen im IOC aus. Hierzu zählten demnach die IOC- Mitglieder der Länder Frankreich, Niederlande, Belgien, Dänemark, Norwegen und Finnland. Darüber hinaus zeigte sich auch besonderer Widerstand einiger Mitglieder gegen Diem. Allerdings nicht vom IOC- Präsidenten Johan Sigfrid Edström, der ihn immer wieder ermunterte eine deutsche Beteiligung an den ersten Nachkriegsspielen voranzutreiben.[5]

3. Erste Schritte zurück in die Olympische Gemeinschaft

Nachdem die politische Stimmungslage am Ende des vorherigen Kapitels angesprochen wurde, sollen nun die weiteren Schritte zu den ersten Spielen nach dem Krieg aufgezeigt werden. Trotz der oben beschriebenen eher schlechten Stimmungslage gegenüber Deutschland ließ man sich nicht entmutigen sich um eine schnelle Wiederaufnahme in die Olympische Gemeinschaft zu bemühen.

3.1. Die Gründung eines Deutschen Olympischen Ausschusses

Für die weiteren Schritte beim Neuaufbau des Sports in Deutschland war die erste Interzonale Sportkonferenz in Frankfurt a. M. vom 26.-28.11.1946 von großer Bedeutung. Hier wurde nämlich, als erster von acht Leitgedanken, die Gründung eines vorläufigen DOA in Aussicht gestellt, der als Vorraussetzung für die Teilnahme an den Spielen notwendig war. Auf der Konferenz gelang es Carl Diem die guten Beziehungen zum IOC herauszustellen und für eine schnelle Reintegration in die olympische Bewegung zu werben. Dem Elan und der Prägnanz des Vortrags von Diem hatten die anderen Sportfunktionäre wenig entgegenzusetzen, so dass Diem seinen Trumpf damit ausgespielt hatte. Zusätzlich ging man von einer positiven Entscheidung des IOC für eine Einladung zur Teilnahme an den nächsten Spielen aus.[6]

Die besondere Bedeutung der ersten Sportkonferenz lag darin, dass ein erster Schritt zur Bildung eines Dachverbandes unternommen und ein Grundstein für den komplizierten Bau des deutschen Sports gelegt wurde.[7] In den folgenden Monaten war es immer wieder Diem, der auf ein schnelles Handeln in der deutschen Olympiafrage drängte, damit das IOC noch frühzeitig über eine möglich deutsche Teilnahme an den Spielen 1948 entscheiden konnte.

Bedeutender für die Thematik ist aber die zweite Interzonale Sportkonferenz vom 07.-08.06.1947 ebenfalls in Frankfurt a. M.: Dort wurde in einer angespannten Atmosphäre und heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern Diems und seinen Kritikern letztendlich doch noch der vorläufige DOA gegründet. Damit waren die formalen Bedingungen, wie sie vom IOC für eine Wiederaufnahme gefordert wurden, erfüllt. Dies bedeutete allerdings noch lange nicht, dass die IOC- Mitglieder, die immer noch starke Abneigungen gegen Diem, zu Mecklenburg oder von Halt empfanden, auch einer Aufnahme auf der nächsten IOC- Sitzung zustimmten.[8]

3.2. Der Weg zu den ersten Spielen nach dem Krieg: Die Entscheidung des IOC

In offiziellen Protokollen wurde in IOC- Kreisen unmittelbar nach dem Krieg keine Aussage gemacht, wie nun mit Deutschland und auch Japan im Hinblick auf die nächsten Spiele zu verfahren sei. In diversen Briefwechseln zwischen Präsident Edström und den anderen Mitgliedern wurde diese Frage aber sehr wohl erörtert. Dabei schien man eine Linie gefunden zu haben, die man auch die nächsten Jahre beibehielt. Aus einem Brief Edströms ließ sich die Festlegung ableiten, dass:

„Invitations to the Games will be sent to all countries having National Olympic Committees which are accepted within the comity of nations.“[9]

Das IOC, das sich einen formellen Ausschluss Deutschlands ersparte, hatte somit eigentlich gar nicht damit gerechnet, Deutschland einladen zu müssen, weil es sowieso nach dem Krieg keine zonenübergreifenden Sportorganisationen gab und auch kein Olympisches Komitee.

Die deutsche Frage um einen Wiedereintritt war also ein Akt der Aufnahme, nicht des Ausschlusses geworden. Nach Lage der politischen Dinge im Herbst 1945 stellte sich für das IOC diese Frage auch für die nächsten Jahre nicht. Nachdem man sich auf der 39. Sitzung in Lausanne, wie schon in Kapitel 2 erwähnt, mit den deutschen IOC Mitgliedern befasste, blieb die Frage der Teilnahme undiskutiert.[10]

Nun musste man sich vielleicht etwas unerwartet auf der 40. IOC- Session vom 18.-21.06.1947 in Stockholm doch mit der Aufnahme Deutschlands befassen, nachdem der Herzog zu Mecklenburg das IOC noch rechtzeitig per Brief darüber informierte, dass es nun einen DOA gab. Nachdem die Frage einer Aufnahme Japans erst gar nicht auf der Tagesordnung stand, wurde die Frage über eine deutsche Aufnahme vertagt[11]. Hierzu gab es folgende Begründung, die Herzog zu Mecklenburg von Präsident Edström per Brief zuging:

„Das olympische Komitee ist der Meinung, dass die Anerkennung eines Deutschen Olympischen Ausschusses erst, nachdem ein neues Deutschland von den Weststaaten gebildet worden ist, erfolgen kann.“[12]

Mit dieser Begründung bestätigte man auch eine Auffassung, die sich durchgesetzt hatte, dass es Schaden für die olympische Bewegung gibt, wenn man Kriegsgegner zulässt, deren Emotionen sich noch nicht gelegt hätten. Auch unter der Berücksichtigung des politischen Verhältnis zu den anderen Staaten ist diese Entscheidung zu verstehen: London war immer noch gegen Deutschland und da die Spiele 1952 nach Norwegen (Winter) und Finnland (Sommer) gegeben worden waren, war die Teilnahme dort wohl unmöglich. Denn sowohl Norwegen als auch Finnland hatten stark unter der deutschen Besatzung gelitten.[13] Die Reaktion der Deutschen auf diese Entscheidung war von Verbitterung, Enttäuschung und Unverständnis geprägt, wie der Wortlaut des von Diem entworfenen Antwortschreibens des Herzogs zu Mecklenburg an Edström verdeutlichte:[14]

„[…] Die Meinung, dass zur Gründung eines Deutschen Olympischen Ausschuss erst eine Neubildung Deutschlands durch die Weststaaten notwendig sei, begegnet hier allgemeiner Ablehnung. Das IOC verlässt mit dieser Entscheidung außerdem den Rahmen des Sportlichen und begibt sich auf politisches Gebiet. Es mischt sich in die innere politische Struktur eines Landes ein und überschreitet somit den Rahmen seiner Befugnisse. Die Trennung von Politik und Sport ist ein Grundsatz des IOC. […]“[15]

Im Klartext bedeutete der vorher zitierte Edström- Brief somit die endgültige Absage an eine deutsche Olympiateilnahme 1948 sowohl für London, als auch für St. Moritz.

[...]


[1] Vgl. Nationales Olympisches Komitee für Deutschland. (Hrsg.) (1989). Rückkehr nach Olympia: Vorgeschichte, Gründung, Erste Jahre. München, S. 13 (In folgenden Fußnoten wird der Kurztitel „NOK“ verwendet.).

[2] vgl. ebenda, S. 15.

[3] vgl. Weispfennig, Gerd (1981). Der Neuaufbau des Sports in Westdeutschland bis zur Gründung des Deutschen Sportbundes. Berlin, S. 761f.

[4] vgl. NOK, S. 15.

[5] vgl. ebenda, S. 17.

[6] vgl. Blasius, Tobias (2001). Olympische Bewegung, Kalter Krieg und Deutschlandpolitik 1949 - 1972. Frankfurt a. M. (u. a.), S. 30.

[7] vgl. Weißpfennig, S. 773.

[8] vgl. Blasius, S. 38f.

[9] NOK, S.20; Zitat: Brundage an von Rosen 2.10.45, ABC, Box 62.

[10] vgl. ebenda, S.20f.

[11] vgl. Blasius, S. 41.

[12] NOK, Dokument 24 (im Anhang Folie 1).

[13] vgl. Krüger, Arnd (1981). Deutschland und die olympische Bewegung (1945 – 1980), Berlin, S. 1052.

[14] vgl. Blasius, S. 41f.

[15] NOK, Dokument 25 (im Anhang Folie 2).

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Die Olympischen Winterspiele 1948 und 1952. Deutschlands Teilnahme nach dem 2. Weltkrieg unter außenpolitischen Aspekten
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Fachbereich Sport)
Veranstaltung
Hauptseminar Sportgeschichte
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
18
Katalognummer
V70063
ISBN (eBook)
9783638624015
ISBN (Buch)
9783638768955
Dateigröße
470 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Thema des Hauptseminars: Große Sportereignisse des Jahres 2006 im quellen-kritischen Kontext: Entwicklung, Bedeutung, Sinngehalt der Fußballweltmeisterschaften und der olympischen Winterspiele
Schlagworte
Olympischen, Winterspiele, Moritz, Beteiligung, Auftreten, Olympiamannschaft, Weltkrieg, Oslo, Gesichtspunkten, Hauptseminar, Sportgeschichte
Arbeit zitieren
Stefan Scherer (Autor:in), 2006, Die Olympischen Winterspiele 1948 und 1952. Deutschlands Teilnahme nach dem 2. Weltkrieg unter außenpolitischen Aspekten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70063

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