Das Bundesverfassungsgericht und die Politik – ein Konfliktfeld zwischen der legislativen und der judikativen Gewalt


Hausarbeit, 2002

15 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung

2. Das Bundesverfassungsgericht
2.1 Bedeutung des Bundesverfassungsgerichts
2.2 Gesetzliche Grundlagen
2.3 Tätigkeitsfelder des Bundesverfassungsgerichts

3. Das Bundesverfassungsgericht und der Gesetzgeber
3.1 Kompetenzüberschreitung des Bundesverfassungsgerichts
3.2 Entscheidungsscheue Politik?

4. Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
4.1 Entscheidung zum Schwangerschaftsabbruch II vom 25.05.1993
4.2 Entscheidung zum Familienbeschluss vom 10. Nov. 1999

5. Künftige Rolle des Bundesverfassungsgerichts

6. Fazit

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Problematik zwischen der legislativen und der judikativen Gewalt, speziell mir dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG).

Für ein besseres Verständnis werden zunächst die Bedeutung des Gerichts vorgestellt, die gesetzlichen Grundlagen erwähnt sowie die Tätigkeitsfelder näher erläutert.

Ferner beschäftigt sich die Hausarbeit mit der angeführten Problematik beider bereits erwähnten Akteure.

Folgende zwei Fragen sollen näher betrachtet und diskutiert werden:

- Überschreitet das BVerfG seine Kompetenzen?
- Ist die Politik entscheidungsscheu?

An zwei konkreten Fällen soll der Konflikt praktisch demonstriert werden.

Abschließend werden noch Antworten auf die Frage der künftigen Rolle des BVerfG gesucht und dargestellt.

2. Das Bundesverfassungsgericht

2.1 Die Bedeutung des BVerfG

Das BVerfG ist das jüngste, aber zugleich eines der einflussreichsten Verfassungsorgane der BRD. Es ist ein allen übrigen Organen gegenüber selbständiger und unabhängiger Gerichtshof des Bundes.[1]

Das BVerfG wird von der Öffentlichkeit als „Hüter der Verfassung“ angesehen. Andererseits betrachten Kritiker, u. a. Politiker, Journalisten und Wissenschaftler, das BVerfG als einen „Ersatzgesetzgeber“ und werfen ihm eine Überschreitung seiner Kompetenzen vor, nennen es gar den „Lenker der Politik“.[2]

Es hat die Rolle des Wächters über die Verfassung und garantiert somit die Demokratie und die Wahrung des Rechtsstaates.

„Ohne Gericht wirkt kein Recht, ohne Recht wirkt kein Gericht – nur dass die gerichtsförmige Anwendung des Rechts die Notwenigkeit einschließt, über die quaestio facti hinaus die quaestio iuris ins Auge zu fassen und die Norm auf ihre Qualität zu prüfen, die es zu vollziehen heißt. A priori impliziert die richterliche Funktion das richterliche Prüfungsrecht ... Verhält es sich so, übersteigt hin und wieder die richterliche Gewalt als Funktion – nicht als Institution – für einen Augenblick den Gesetzgeber, selbst den Verfassungsgeber; sie übersteigt sie dann, wenn sie deren generell-abstrakte Normen auf die Rechtsqualität untersucht.“

René Marcic, Der Richter in der Demokratie (1968)[3]

2.2 Gesetzliche Grundlagen

Die gesetzlichen Grundlagen für das Arbeiten des BVerfG bilden das Grundgesetz (GG) sowie das Gesetz über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG).

Das GG gibt den Rahmen für das Agieren dieses höchsten Organs der judikativen Gewalt.

Art. 92 GG vertraut u. a. den Richtern des BVerfG die rechtsprechende Gewalt an.

In Art. 93 GG sind die Zuständigkeiten festgehalten und der Art. 94 GG beinhaltet die Zusammensetzung der Gerichthofes.

Im Art. 18 Satz 2 GG ist verankert, dass das BVerfG bei der Verwirkung von Grundrechten in seinem Ausmaß entscheidet.

Bei verfassungsfeindlichen Parteien (Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG) hat das BVerfG gem. Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG über die Frage der Verfassungswidrigkeit zu entscheiden. Bei verfassungswidrigen Gesetzen, die unter das Normenkontrollverfahren nach Art. 100 GG fallen, entscheidet ebenfalls das BVerfG.

Das Normenkontrollverfahren wird in die abstrakte und die konkrete Normenkontrolle unterschieden.

Nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 , der die abstrakte Normenkontrolle regelt, kann die Bundes- oder Landesregierung sowie ein Drittel der Mitglieder des Bundestages und seit 1994 nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 2a die Bundesregierung und die Volksvertretung des Landes einen Antrag auf Überprüfung eines Bundes- oder Landesgesetzes stellen.

2.4 Tätigkeitsfelder des Bundesverfassungsgerichts

Die elementare Aufgabe des BVerfG besteht in der Befugnis zur Kontrolle. Alle drei Staatsgewalten werden anhand des Grundgesetzes und des BVerfGG kontrolliert.[4]

- Kontrolle der legislativen Gewalt

Hier prüft die Verfassungsgerichtsbarkeit die Akte der Gesetzgebung.[5] Diese Art der Kontrolle nennt man Normenkontrolle. Das BVerfG prüft, ob eine Norm mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

Das Normenkontrollverfahren wird in die abstrakte und die konkrete Normenkontrolle unterteilt.

Die abstrakte Normenkontrolle ist eine Überprüfung ohne Zusammenhang mit einem abhängigen Rechtsstreit und dient in erster Linie dem Schutz der Verfassung, der Bundesrechtsordnung sowie der Schaffung bzw. Bewahrung der Rechtssicherheit. Dieses Verfahren wird eingeleitet, wenn es im Interesse der Allgemeinheit dient. Auch bedient sich die parlamentarische Opposition im politischen Kampf dieser Verfahrensart. Auf diese Weise versucht sie, ihre eigenen politischen Interessen durchzusetzen.

Die konkrete Normenkontrolle, auch Richtervorlage genannt, erfolgt nur dann, wenn es sich um die Prüfung einer Norm mit dem Grundgesetz im Zusammenhang mit einem abhängigen Rechtsstreit handelt, wobei das vorlegende Gericht bei der Beurteilung eine Falles Zweifel hat, ob das anzuwendende Recht mit dem Grundgesetz übereinstimmt. Der Normenkontrolle ist eine hohe Bedeutung beizumessen, da die Richtervorlagen eine gewisse Parallelität zur Verfassungsbeschwerde aufweisen und statistisch an zweiter Stelle hinter der Verfassungsbeschwerde liegen.[6]

- Kontrolle der exekutiven Gewalt

Das BVerfG prüft auf Antrag des Bürgers, ob Organe der Exekutiven die Grundrechte verletzt oder außer acht gelassen haben. Die sog. Verfassungsbeschwerde kann „jedermann“ mit der Behauptung erheben, durch die öffentliche Gewalt in seinen Grundrechten verletzt worden zu sein. Der Bürger kann sich hierbei gegen die Eingriffe der öffentlichen Gewalt wehren. Die Verfassungsbeschwerde ist ein letzter und subsidiärer Rechtsbehelf.[7]

- Kontrolle der judikativen Gewalt

Hierbei handelt es sich um die Kontrolle von Gerichtsentscheidungen. Das BVerfG prüft, ob ein Gericht durch die letztinstanzliche Entscheidung in seinem Verfahren, in der Auslegung und Anwendung des anzuwendenden einfachen Rechts Grundrechte verletzt oder zu Unrecht außer acht gelassen hat. Diese Form nennt man Urteilsbeschwerde.[8]

Neben den bereits aufgezählten Aufgaben entscheidet das BVerfG über Organstreitigkeiten zwischen Verfassungsorganen bei Auslegung ihrer Rechte und Pflichten aus dem Grundgesetz.[9] Auch spezielle Verfahren zum Schutz der Verfassung fallen in den Zuständigkeitsbereich des BVerfG. Dazu gehört u. a. das Parteiverbotsverfahren, Wahlprüfungsverfahren oder die Anklage des Bundespräsidenten.[10]

3. Das Bundesverfassungsgericht und der Gesetzgeber

3.1 Kompetenzüberschreitung des Bundesverfassungsgerichts

Der Vorwurf, das BVerfG überschreite seine Kompetenzen und übernimmt die Rolle des „Ersatzgesetzgebers“ sowie das Aufsteigen zum „Lenker der Politik“ entstand sehr schnell nach der Konstituierung des höchsten Gerichtshofes und hat bis heute nicht an Gewichtung verloren. Eher das Gegenteil ist der Fall.

Wie bereits im Kapitel 2.3 dargestellt, ermächtigt das Grundgesetz das BVerfG in mehreren Artikeln zur Kontrolle des Gesetzgebers und somit zur Kontrolle des Grundgesetzes an sich.

Durch eine Fülle an gesetzlich verankerten Kompetenzen (wie z. B. dem Normenkontrollverfahren) wird das BVerfG zwangsläufig dem Vorwurf ausgesetzt, Grenzen zu überschreiten und dadurch in die Rolle des Ersatzgesetzgebers gezwängt.

[...]


[1] vgl. § 1 (1) BVerfGG, in: Gesetz über das Bundesverfassungsgericht (Bundesverfassungsgerichtgesetz – BVerfGG), Stand: 11. August 1993

[2] vgl. Guggenberger, Bernd/Würtemberger, Thomas (Hrsg.): Hüter der Verfassung oder Lenker der Politik? Das Bundesverfassungsgericht im Widerstreit, Baden-Baden 1998

[3] Marcic, René, zittiert nach: Guggenberger, Bernd: Zwischen Konsens und Konflikt. Das Bundesverfassungsgericht und die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft, in: Guggenberger, Bernd/Würtemberger, Thomas (Hrsg.): Hüter der Verfassung oder Lenker der Politik? Das Bundesverfassungsgericht im Widerstreit, Baden-Baden 1998, S. 202

[4] vgl. Schlaich, Klaus/Korioth, Stefan: Das Bundesverfassungsgericht: Stellung, Verfahren, Entscheidungen - ein Studienbuch, 5. Auflage, München 2001, S. 4

[5] vgl. ebd.

[6] vgl. Thelen, Markus: Demokratie, Grundkonsens und politischer Pluralismus – Rationalität politischer Institutionen und Legitimität des Staates am Beispiel des Bundesverfassungsgerichts, Aachen/Mainz 1997, S. 143 - 147

[7] vgl. Schlaich/Korioth, a. a. O., S. 128f

[8] vgl. ebd., S 4f

[9] vgl. Thelen, a. a. O., S140f

[10] vgl. Schlaich Korioth, S. 4f

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Das Bundesverfassungsgericht und die Politik – ein Konfliktfeld zwischen der legislativen und der judikativen Gewalt
Hochschule
Universität Duisburg-Essen  (Institut für Politikwissenschaft)
Veranstaltung
Die Zukunft des Staates. Zum Wandel von Staatskonzeptionen
Note
1,3
Autor
Jahr
2002
Seiten
15
Katalognummer
V6986
ISBN (eBook)
9783638144117
ISBN (Buch)
9783638756839
Dateigröße
425 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Hausarbeit beschäftigt sich mit der Rolle des BVerfG und der Problematik mit der Politik. Folgende Fragestellung soll beantwortet werden: Kompetenzenüberschreitung seitens des BVerfG und entscheidungsscheue Politik. Zwei Beispiele dienen zur Anschauung und besserem Verständnis des behandelnden Problems. Auch die künftige Rolle des höchsten Gerichtshofes wird untersucht. Sehr dichte Arbeit - einzeiliger Zeilenabstand.
Schlagworte
Bundesverfassungsgericht, Legislative, Schwangerschaftsabbruch II, Familienbeschluss vom 10.10.1999
Arbeit zitieren
Jolanta Bandura (Autor:in), 2002, Das Bundesverfassungsgericht und die Politik – ein Konfliktfeld zwischen der legislativen und der judikativen Gewalt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6986

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