Militärkultur in Bundeswehr und Nationaler Volksarmee


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

33 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Gliederung

Einleitung

Inhaltlich – methodische Vorüberlegung

1. Zum Begriff der Organisationskultur
a. Allgemeine Vorbemerkung zur Organisationskultur
b. Militärische Organisationskultur

2. Aufbau der Streitkraft
a. Von der Kasernierten Volkspolizei zur NVA
b. Die Bundeswehr und das Ringen um die Souveränität

3. Vergangenheit und neue Tradition
a. Der sozialistische Soldat neuen Typs
b. Selektive Tradition und Innere Führung

4. Selbstverständnis und Realität
a. ... in der Nationalen Volksarmee
b. ... in der Bundeswehr

Resümee

Bibliographie

Einleitung

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges bildeten sich zwei deutsche Staaten. Aus der politischen Teilung resultierte aber auch die Schaffung zweier deutscher Armeen, welche im Rahmen der Systemkonkurrenz zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Sowjetunion ebenfalls zu Gegnern wurden.

In dieser Hausarbeit soll es nicht primär um die Auswirkungen des Kalten Krieges auf die Entwicklungen in den beiden deutschen Staaten gehen, vielmehr möchte ich mich mit den Unterschieden in der Ausgestaltung der beiden deutschen Armeen beschäftigen. Gerade da beide Streitkräfte über dieselben historischen Linien zu dem wurden, was sie letztlich darstellten, bildet ein Vergleich dieser Armeen ein reizvolles Aufgabenfeld.

Hierbei sind sowohl die Unterschiede als auch die Gemeinsamkeiten in den Streitkräften von Interesse, da sich beide Militärapparate unter doch recht unterschiedlichen Grundbedingungen entwickeln und entfalten mussten. Besondere Brisanz erhält der Vergleich durch die Eingliederung der Nationalen Volksarmee in die Bundeswehr nach der politischen Wiedervereinigung Deutschlands.

Dabei möchte ich versuchen, mich der Frage zu nähern, welche organisationskulturellen Bedingungen aus der Entstehungsphase der Streitkräfte einen Zusammenschluss der beiden Armeen nach der politischen Wiedervereinigung theoretisch beeinflusst haben. Hinter dieser Frage vermute ich einen Zusammenhang zwischen den Rahmenbedingungen in der Entstehungsgeschichte, der Betrachtungsweise der Vergangenheit und der Organisationskultur der Streitkräfte.

Inhaltlich – methodische Vorüberlegung

Themenbedingt werde ich mich nicht mit den erweiterten Aufgaben des Militärs nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes beschäftigen, sondern nur den Zeitraum zwischen 1949 bis 1990 betrachten. Auch die Zusammenführung der beiden Streitkräfte werde ich bei der Betrachtung ausklammern.

In einem ersten Schritt werde ich mich kurz mit dem allgemeinen Begriff und Konzept der Organisationskultur auseinandersetzen, um in einem Unterpunkt die Besonderheiten der militärischen Organisation herauszuarbeiten. Im zweiten Schritt werde ich die historischen Bedingungen der jeweiligen Entstehungsgeschichte näher untersuchen. Diesen Abschnitt werde ich, wie die beiden folgenden, jeweils unterteilen und die Streitkräfte separat voneinander betrachten. In diesem Abschnitt werde ich zwangsweise auch auf die internationalen Rahmenbedingungen eingehen, da diese in der Anfangsphase von besonderer Bedeutung waren. Im dritten Schritt werde ich mich mit der Vergangenheitsbewältigung in der Bundeswehr (BW), sowie in der Nationalen Volksarmee (NVA) beschäftigen. Dieses Thema eignet sich besonders gut für einen Vergleich, da von dem Umgang mit der eigenen Vergangenheit Rückschlüsse auf die gewollte innere Ordnung der Gegenwart gezogen werden können. Hierbei werde ich auch der offiziellen, politischen Doktrin Raum geben, da die politische Führung klare Strukturforderungen an die jeweilige Armee gestellt hat. Im vierten und letzten Punkt werde ich versuchen, die Außendarstellung mit der Realität in Verbindung zu setzen. Im Fazit werde ich die obigen Ergebnisse zusammenfassen und versuchen, die Frage nach den Unterschieden in der Organisationskultur und ihrem theoretischen Einfluss auf den Zusammenschluss der Streitkräfte zu beantworten.

Die Literaturlage zum Thema der Organisationskultur ist durch viele Forschungsarbeiten und Veröffentlichungen gut untermauert. Allerdings muss hier die Einschränkung getroffen werden, dass Organisationskultur im Zusammenhang mit der Militärsoziologie noch ausbaufähig ist. Ähnlich sieht es bei den Untersuchungen zu den beiden Armeen aus, die Untersuchungen zur Bundeswehr sind in wesentlich größerem Maßstab veröffentlicht worden als jene, die sich mit der NVA beschäftigen.

Gründe hierfür liegen sicherlich auch in den noch nicht vollständig erfassten Untersuchungsberichten, welche die DDR-Führung über ihre Armee erstellen ließ. Trotzdem finden sich auch zum Thema NVA viele Darstellungen und vor allem Erlebnisberichte. Informationen zu diesem Thema finden sich nicht nur in gedruckter Literatur, gerade das Internet hat sich zu einem Fundus der verschiedensten Texte entwickelt. So zeigen die Bundeswehr und das Verteidigungsministerium nunmehr ihre Präsenz im Internet.[1] Allerdings bleibt speziell beim Internet immer die Frage der Überprüfbarkeit der gebotenen Daten, wenn die Seiten von Privatpersonen und nicht durch offizielle Stelle erstellt wurden.

1. Zum Begriff der Organisationskultur

a. Allgemeine Vorbemerkung zur Organisationskultur

Durch die Beschäftigung mit Organisationen und mit ihren inneren Ordnungsstrukturen, kommt schnell der Begriff der Organisationskultur auf. Dieser Begriff ist allerdings weniger genau bestimmt als weithin angenommen werden könnte. So gibt es immer noch eine große Auseinandersetzung darüber, was alles unter diese Begrifflichkeit gefasst werden sollte. Schuld daran ist nicht der Begriff Organisation, vielmehr ist es der Begriff Kultur, der eine genaue Spezifizierung schwierig macht.[2]

Aber auch in Verbindung mit der Organisation wird eine Einengung des Begriffs nicht einfacher. Es finden sich aber auch Gemeinsamkeiten. Beinahe Einhelligkeit besteht darüber, dass Kultur als eine einheitliche Weise der Betrachtung der Umwelt betrachtet werden kann, wobei sich dies sowohl auf die Umwelt innerhalb als auch außerhalb der Organisation bezieht. Neben dieser evaluativen Ebene gibt es auch eine kognitive Ebene, welche das Organisationsmitglied auch in seiner Überzeugungen und seinem Wissen umfasst.[3] Ebenfalls wird immer wieder betont, dass es sich hierbei immer um ein Gruppenphänomen handelt.

Unterschieden werden soll hier noch zwischen zwei Formen der Organisationskultur, wobei hier die Stoßrichtung der Kultur ausschlaggebend ist. In der einen Variante, der „Organisationskultur“, handelt es sich um eine Steuerungsmethode der Organisationsleitung. Dabei werden die organisationskulturellen Vorstellungen von oben nach unten durchgesetzt und bewusst verändert, um die Ziele der Organisation besser zu erreichen. Die zweite Ausprägung geht genau den umgekehrten Weg. Bei der „Kultur der Organisation“ geht es nicht vorwiegend um die von der Geschäftsleitung gewünschten Ausprägungen einer Organisationskultur, sondern um eine von den Mitgliedern gelebte Form der Organisationskultur. Wichtig dabei ist vor allem, dass hierbei keine bewusste Steuerung stattfindet. Dadurch ist die erreichte Kultur ein Bindemittel, welches die Mitarbeiter untereinander und ebenso auch mit dem Unternehmen verbindet. Allerdings gehen von dieser Form der Organisationskultur nicht nur positive Wirkungen aus. Neben einem formalen kann sich ein informelles Regelwerk entwickeln, welches sich gegen das erste stellt und somit die Organisationsziele gefährden kann. Es ist aber durchaus auch möglich, dass sich das informelle Regelwerk positiv auf die Organisation auswirkt und von der Organisationsleitung ausdrücklich, wenn auch nicht offiziell, gut geheißen wird.[4]

Dadurch werden folgende Punkte für die Betrachtung der Organisationskultur wichtig: Zuerst werden die Ziele der Organisation von Bedeutung sein, dabei muss sowohl der Output der Organisation, als auch das Selbstverständnis der Organisationsleitung bedacht werden. Zweitens werden die Mitglieder der Organisation in das Zentrum des Interesses gerückt, da auch sie ein Eigeninteresse durch ihre Tätigkeit ausdrücken, welches nicht unbedingt mit dem der Organisation als Ganzes übereinstimmt. Drittens kann gefragt werden, ob die Organisationskultur eine evaluative oder kognitive Wirkung erzielen soll.

b. Militärische Organisationskultur

Bei der Betrachtung des Militärs kann schnell dem Glauben verfallen werden, es handele sich um eine gewöhnliche Organisation, welche in den meisten Fällen mit Organisationen anderen Typs verglichen werden könnte. Tatsächlich finden sich auch bei einer genaueren Suche viele Punkte, in denen das Militär wie eine andere große Organisation behandelt werden kann. Allerdings ergeben sich auch Ausprägungen, die das Leben und Wirken in einer Armee von einem normalen Beruf unterscheiden. Neben den oben bereits aufgeführten Variablen für die Organisationskultur, scheinen die folgenden Punkte interessant zu sein, da sie in einer normalen Organisation nicht anzutreffen sind.

Pierre Bourdieu gefolgt, ergeben sich im Wesentlichen drei Unterschiede, welche Militärorganisationen von normalen Organisationen trennen. Zuerst ist hier die mögliche Verletzungs- und Todesgefahr während der Ausübung des Dienstes zu nennen. Gerade dieser Punkt weicht von einem gewöhnlichen Beruf ab. Sicherlich gibt es auch in anderen Organisationen gefährliche Arbeiten, aber unterscheiden diese sich durch die Form der Gefahr. Der zweite Punkt ist die organisierte Gewaltanwendung, welche einen integralen Bestandteil der Organisation darstellt. Der dritte Aspekt beschreibt die mögliche Totalinklusion.[5] Dies beschreibt den Zustand einer Organisation, in welcher es den Mitgliedern nicht mehr möglich ist, zwischen Arbeitszeit und Freizeit zu unterscheiden. Dies betrifft auch den Kontakt mit Menschen, die nicht Teil der Organisation sind. Im Zweifelsfall hat dies auch Geltung für die Familien der Mitglieder. In diesem Fall kann die Organisation auch als „Totale Institution“ bezeichnet werden. Auch wenn dieser Begriff nicht in seiner vollen Geltung auf den Bereich des Militärs angewendet werden kann, so bleiben doch einige Aspekte dieser Idee auch heute noch in vielen Armeen erhalten.[6] Schwierig wird die Beschreibung als „Totale Institution“ vor allem deshalb, da die Streitkräfte eines Landes gewöhnlich nicht mehr unter permanenter Kontrolle und in den Kasernen behalten werden.

Ein weiterer Punkt findet sich in der „Janusgesichtigkeit“ des Militärs. Dies beschreibt den Wechsel zwischen den Friedens- und den Kriegszeiten, welcher einen großen Einfluss auf das Leben in der Organisation hat. Nur in seltenen Fällen ist eine Armee mit ihrer eigentlichen Aufgabe, der Landesverteidigung, beschäftigt, die meiste Zeit befindet sich die Streitkraft in einer Situation, in der sie vor allem mit dem Training und der Wartung der Ausrüstung beschäftigt ist. In einer solchen Phase gleicht das Militär mehr einer bürokratischen Organisation und unterscheidet sich von ihr nur in unwesentlichen Aspekten, wie etwa dem Uniformzwang. Nur im Falle eines Einsatzes ändert sich dieses Verhältnis und damit auch die Situation der Mitglieder, denn nur dann treffen die oben genannten Punkte Bourdieus zu, da nur im Einsatz die Gefahr für Leib und Leben, die Gewaltanwendung und die Totalinklusion einen größeren Einfluss gewinnen.[7]

Ein weiterer Punkt, in dem sich das Militär von anderen Organisationen unterscheidet, betrifft die Mitglieder. Die Entscheidung, in eine Armee einzutreten, erfordert andere Überlegungen als einen normalen Büroberuf zu ergreifen. Gerade die Gefahr für Leib und Leben und die gezielte Anwendung von Gewalt machen für viele Menschen einen großen Unterschied. Hierbei kann nach der Einstellung der Mitglieder gefragt werden und danach kann zwischen zwei Variationen unterteilt werden. So werde einige den Dienst an der Waffe als gewöhnlichen Beruf bezeichnen (occupational) und andere werde dem Dienst an der Institution betonen, welche eine enge Bindung an die Normen und Werte dieser Einrichtung bekundet (institutional).

Mit Ausnahme der anderen bewaffneten staatlichen Organisationen lässt sich eine solche Unterscheidung wahrscheinlich nur sehr schwer in einer anderen Organisation nachweisen.[8] Es sei aber erwähnt, dass mit dem fortschreitend hohen Technisierungsgrad der Streitkräfte die Anzahl derjenigen welchen steigt, die den Dienst an der Waffe als einen gewöhnlichen Beruf mit zeitlicher Begrenzung betrachten.

Ein letzter Punkt, der bei der Unterscheidung zwischen einer gewöhnlichen Organisation und dem Militär wichtig erscheint, ist der Output der Unternehmungen. Bedenkt man den Zeitraum, den diese Arbeit abdecken soll, können die neuen Aufgaben der Streitkräfte, wie etwa die Peacekeeping- oder Peacebuilding-Einsätze, außer Acht gelassen werden, da derlei Einsätze erst mit dem Ende der Systemkonkurrenz und dem damit verbundenem Ende der Nationalen Volksarmee und der Umstrukturierung der Bundeswehr in den Fokus der Öffentlichkeit rückten.[9] Während des Kalten Krieges waren die Fronten klarer gegeneinander abgegrenzt und die Notwendigkeit einer eigenen Streitkraft wurde von keinem Land ernsthaft in Frage gestellt.

Die Aufgaben der Streitkräfte, welche dem Ziel der Friedenssicherung dienen sollen, sind Abschreckung, Verteidigung und bedingt auch der Angriff. Dennoch befindet sich das Militär im Gegensatz zu normalen Organisationen in der außergewöhnlichen Situation, dass es eigentlich kein wirklich messbares Ergebnis seiner Arbeit aufweisen kann. Doch selbst der Frieden, dessen Sicherung als Hauptaufgabe des Militärs betrachtet werden kann, ist nicht mit absoluter Sicherheit auf das Wirken einer Armee zurückzuführen und kann deswegen nicht unbedingt als Beweis seiner Fähigkeit betrachtet werden, denn auch politische und diplomatische Arbeit kann dem Frieden dienen. Ein Nachweis für die Notwendigkeit lässt sich nur durch den militärischen Einsatz führen, wobei ja gerade die Verhinderung einer militärischen Auseinandersetzung das Ziel der Armee sein sollte.

2. Aufbau der Streitkraft

a. Von der Kasernierten Volkspolizei zur NVA

Die Rahmenbedingungen der frühen Nachkriegszeit haben einen großen Einfluss auf die Entwicklungen in den deutschen Besatzungszonen gehabt und dürfen deswegen auch nicht bei dem Thema der Wiederbewaffnung ungenannt bleiben. Bei den Konferenzen der Alliierten in Teheran Ende 1943 und Jalta Anfang 1945 wurde gemeinsam beschlossen, dass das Nachkriegsdeutschland zu entwaffnen und zu demilitarisieren sei.[10]

„Tatsächlich waren die Sowjetunion und die Westmächte in ihren Plänen zur Behandlung Nachkriegsdeutschlands gar nicht weit voneinander entfernt. Allen ging es um die vollständige und dauerhafte Entwaffnung Deutschlands sowie um die Zerstörung seines wirtschaftlichen Kriegspotentials.“[11]

Gleichzeitig wurde die Aufteilung des Gebietes des Deutschen Reiches in Besatzungszonen beschlossen. Die Alliierten sollten durch Entsendung der so genannten Hohen Kommissare die höchste Regierungsgewalt in ihrer Zone ausüben. Nur in Fragen, die Deutschland als Ganzes betrafen, sollten die Alliierten gemeinsam die Entscheidungen treffen.

In der sowjetischen Besatzungszone wurde recht schnell mit der Installation einer systemkonformen Polizei begonnen, doch war sie dezentral organisiert. Dies widersprach somit nicht den Bestimmungen und besaß noch keine militärischen Züge.[12] Als allerdings die Siegermächte immer weiter auseinanderdrifteten und die Systemkonkurrenz sich zu etablieren begann, begann die Sowjetadministration umzudenken. Gerade die Erkenntnis, dass sich die Westmächte längerfristig in ihren Besatzungszonen engagieren würden, war bedeutend für die Sowjetunion. Der letzte Punkt, der den Bruch der Anti-Hitler-Koalition besiegelte, waren das Scheitern der Außenministerkonferenz in Moskau 1947 und die Entscheidung den Marshall-Plan auf Deutschland auszuweiten.[13] Der letzte Schritt der Trennung zwischen den Alliierten war das sowjetische Verlassen des Alliierten Kontrollrates und die Gründung der beiden deutschen Staaten im Jahre 1949.

Durch die sowjetische Militäradministration (SMAD) wurde der Grundstein zu einer Aufrüstung gelegt, indem durch diese Mitte Mai 1948 die Aufstellung von kasernierten Polizeibereitschaften befohlen wurde. Insgesamt wurden vierzig Bereitschaften angedacht mit einer jeweiligen Sollstärke von 250 Mann. Diese erhielten eine Ausbildung, welche über das Maß einer reinen Polizeiorganisation hinausging und bereits klare militärische Züge besaß.

Ziel der Besatzungsmacht war die Schaffung eines zentral gesteuerten Sicherheitsapparates, auf welchen sich die Sowjetführung vor allem auch in politischer Hinsicht verlassen konnte. So wurde eine einheitliche Struktur mit einheitlichen Dienstbezeichnungen und Dienstgradabzeichen geschaffen. 1948 wurde noch dazu von der SED-Führung beschlossen, dass die geschaffenen Sicherheitsorgane die Parteistruktur übernehmen mussten.[14]

Mit der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) am 7. Oktober 1949 besaß diese mit den 35 Polizeibereitschaften und den dazugehörigen Ausbildungszentren für den Offiziers- und Unteroffiziersnachwuchs eine quasimilitärische Organisation. Die Struktur wurde bereits an die Vorläufer für die verschiedenen Waffengattungen angepasst. Um die Westmächte nicht misstrauisch zu machen, wurden diese Kräfte nicht einem Verteidigungsministerium unterstellt, sondern verblieben in der Struktur des Innenministeriums. Der nächste größere Schritt wurde 1952 nach dem Scheitern des Vorstoßes Grotewohls zu gesamtdeutschen Wahlen und der Stalin-Noten[15] gemacht. Die kasernierten Bereitschaften wurden in die Kasernierte Volkspolizei (KVP) überführt, verblieben aber bis auf weiteres beim Innenministerium. Parallel zu allen Umstrukturierungen und namentlichen Änderungen verliefen mehrere Säuberungswellen, welche den Zweck hatten, die Organisation auf die politische Linie der SED-Führung einzuschwören und systemfeindliche Elemente, wie etwa ehemalige Wehrmachtsoffiziere oder Mitglieder mit beständigen Westkontakten, aus dem Dienst zu entfernen.[16] Um die Linientreue zu verbessern, wurde bei der Rekrutierung immer mehr Wert auf die Parteimitgliedschaft gelegt und in der Ausbildung hatte neben der fachlichen Qualifikation vor allem auch die ideologische Qualifikation ihren festen Platz. Diese Kaderpolitik, welche vor allem in den Führungsebenen einen hohen Anteil an Parteimitgliedern zum Ziel hatte, zeitigte auch einige Erfolge:

[...]


[1] Vgl.: http://www.bundeswehr.de/portal/a/bwde und http://www.bmvg.de/portal/a/bmvg

[2] Vgl.: Ulrich vom Hagen / Maren Tomforde, Militärische Organisationskultur, in: Leonhard, Nina / Werkner, Ines-Jaqueline (Hrsg.): Militärsoziologie – Eine Einführung, Wiesbaden 2005, S.176f.

[3] Vgl.: ebenda, S.179.

[4] Vgl.: ebenda, S.181f.

[5] Vgl.: ebenda, S.188f.

[6] Vgl.: Erving Goffman, Über die Merkmale totaler Institutionen, in: derselbe: Asyle. Über die soziale Situation psychiatrischer Patienten und anderer Insassen, Frankfurt am Main 1972, passim.

[7] Vgl.: Martin Elbe / Gregor Richter, Militär: Institution und Organisation, in: Leonhard, Nina / Werkner, Ines-Jaqueline (Hrsg.): Militärsoziologie – Eine Einführung, Wiesbaden 2005, S.136f.

[8] Vgl.: Nina Leonhard / Heiko Biehl, Soldat: Beruf oder Berufung, in: Leonhard, Nina / Werkner, Ines-Jaqueline (Hrsg.): Militärsoziologie – Eine Einführung, Wiesbaden 2005, S.251f.

[9] Vgl.: Gerhard Kümmel, Auftrag und Aufgaben des Militärs im Wandel, in: Leonhard, Nina / Werkner, Ines-Jaqueline (Hrsg.): Militärsoziologie – Eine Einführung, Wiesbaden 2005, S.50f.

[10] Vgl.: Klaus Jürgen Haffner, »Die Einheit von Geist und Macht« - Qualifikations- und Selektionsstrukturen in HVA, KVP und NVA von 1949 bis 1973/74, Bremen o.J., S.22.

[11] Zit.: Manfred Görtemaker, Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Von der Gründung bis zur Gegenwart, Frankfurt am Main 2004, S.21.

[12] Vgl.: Haffner, a.a.O., S.25.

[13] Vgl.: ebenda, S.23.

[14] Vgl.: Daniel Giese, Die SED und ihre Armee. Die NVA zwischen Politisierung und Professionalisierung 1956 – 1965, München 2002, S.33f.

[15] Vgl.: Görtemaker, a.a.O., S.305f.

[16] Vgl.: Giese, Die SED, S.35f.

Ende der Leseprobe aus 33 Seiten

Details

Titel
Militärkultur in Bundeswehr und Nationaler Volksarmee
Hochschule
Universität Potsdam
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
33
Katalognummer
V69706
ISBN (eBook)
9783638621465
ISBN (Buch)
9783638685177
Dateigröße
533 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Militärkultur, Bundeswehr, Nationaler, Volksarmee, Soziologie, Militärsoziologie, Ländervergleich, Unternehmenskultur, Geschichte, Zeitgeschichte
Arbeit zitieren
Matthias Schönfeld (Autor:in), 2006, Militärkultur in Bundeswehr und Nationaler Volksarmee, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/69706

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