Renaissance des Hörens - Zur Relevanz von Hörmedien auf dem deutschen Medienmarkt


Diplomarbeit, 2006

94 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Kurzfassung

Abstract

Vorwort

1 Einleitung

2 Die Entwicklung der Hörmedien in Deutschland in den letzten zehn Jahren
2.1 Hörfunk
2.1.1 Entwicklung des Hörfunks
2.1.2 Formatierung des Hörfunks
2.1.3 Alternative Angebote zum Formatradio
2.2 Musiktonträger, Audiofiles und Tauschbörsen
2.2.1 Die Rolle der Musiktonträger
2.2.2 Audiofiles: Illegale Musiktauschbörsen und legale Online-Shops im Internet
2.3 Hörbücher
2.3.1 Die Geschichte der Hörbücher
2.4 Podcasting – Radio-on-Demand
2.4.1 Funktionsweise des Podcastings
2.4.2 Angebote

3 Die Nutzung der einzelnen Hörmedien Mitte der 90er Jahre bis heute
3.1 Die Nutzung des Hörfunks
3.1.1 Die Media-Analyse
3.1.2 Die ARD/ZDF-Massenkommunikation
3.1.3 Die Langzeitstudie TimeBudget
3.1.4 Umstellung von Face-to-Face-Interviews auf CATI
3.1.5 Ein Siegeszug des Hörfunks?
3.2 Der Absatz und die Nutzung von Musiktonträgern und Musikaudiofiles
3.2.1 Das Jahrbuch des Bundesverbandes der Phonographischen Wirtschaft
3.2.2 Die ARD/ZDF-Massenkommunikation
3.2.3 Steigende Nutzung, sinkender Absatz
3.3 Der Umsatz und die Nutzung von Hörbüchern
3.3.1 Media Control
3.3.2 Die Studie des Börsenvereins des deutschen Buchhandels
3.3.3 Der hr-trend
3.3.4 Kein Ende des Booms in Sicht
3.4 Die Nutzung von Podcasts
3.4.1 Die erste und zweite Podcast-Umfrage
3.4.2 Podcast 2006 – Status quo und Entwicklungsperspektiven
3.4.3 Die ARD/ZDF-Online-Studie
3.4.4 Die ARD-Umfrage
3.4.5 Wohin führt der Weg?

4 Zwischenfazit: Mediennutzung in Deutschland

5 Gründe für die Renaissance des Hörens: Drei Megatrends
5.1 Erster Megatrend: Digitalisierung – Veränderungen durch Computer und das Internet
5.2 Zweiter Megatrend: Mobilität – Hörmedien zum Mitnehmen
5.3 Dritter Megatrend: Individualisierung – jedem das Seine
5.4 Der Platz von Hörmedien in der audiovisuellen Welt

6 Zusammenfassung und Ausblick

Anhang A: Schriftverkehr zum Thema „Definition des Begriffes Formatradio“

Anhang B: Schriftverkehr zum Thema „Aktuelle Anzahl der Internet- und Privatradiosender in Deutschland“

Anhang C: Schriftverkehr zum Thema „Trends auf dem Hörmedienmarkt“

Literaturverzeichnis für Bücher, Zeitungen, Zeitschriften und CD-ROMs

Literaturverzeichnis für Internetquellen mit Verfasserangabe

Literaturverzeichnis für Internetquellen ohne Verfasserangabe

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Stichwortverzeichnis

Kurzfassung

Die vorliegende Diplomarbeit beschäftigt sich mit der Entwicklung der Hörmedien Hörfunk, Musiktonträger und Audiofiles, Hörbücher sowie Podcasting. Sie bezieht sich auf den deutschen Medienmarkt in den vergangenen zehn Jahren. Die Arbeit zeigt, beschreibt und erklärt Veränderungen in der Nutzung sowie technischer und inhaltlicher Art. Und sie stellt die Megatrends Digitalisierung, Mobilität und Individualisierung in Zusammenhang mit den Hörmedien.

Schlagwörter: Hörmedien; Hören; Hörfunk; Radio; Tonträger; Audiofile; MP3; Hörbuch; Podcasting; Individualisierung; Digitalisierung; Mobilität.

Abstract

This diploma thesis deals with the development of the audible media radio, sound storage media and audiofiles, audiobooks and podcasting. It refers to the German media market during the last ten years. The diploma thesis shows, describes and explains changes referring to the use and the technical and content development. And it also shows the influence of the three megatrends digitalisation, mobility and individualisation on the audible media.

Keywords: audible media; radio; broadcasting; sound storage media; audiofiles; audiobooks; podcast; podcasting; MP3; individualisation; mobility; digitalisation.

Vorwort

Die vorliegende Diplomarbeit ist zwischen dem 6. Juli und dem 6. Oktober 2006 entstanden. Den Anstoß zum Thema „Renaissance des Hörens – Zur Relevanz von Hörmedien auf dem deutschen Medienmarkt“ gab Prof. Dr. Richard Stang.

Ich habe das Thema aufgegriffen, da es mich aufgrund meiner Begeisterung für Hörmedien durch meine Tätigkeit bei Hit-Radio ANTENNE 1 sowie dem Hochschulradio Stuttgart HoRadS auf Anhieb interessiert hat.

Besonderer Dank gilt meinen Korrekturlesern Mareike Helgert, Christiane Schober und Dr. Reiner Ziegler sowie meinen Eltern, meiner Schwester und allen Freunden für die Unterstützung während der Diplomarbeit.

Ein Dank geht außerdem an alle, die auf meine zahlreichen eMails geantwortet haben und mir so wertvolle Erkenntnisse und Einblicke liefern konnten, besonders an den Kulturanthropologen Andreas Haderlein, den Programmchef des Radiosenders SWR3 Gerold Hug, den Programmchef von Radio 7 Michael Merx sowie den stellvertretenden Programmchef von Radio Regenbogen Uwe Loll.

„Wer nicht hören will, muss fühlen“,

sagt ein deutsches Sprichwort.

In Bezug auf Hörmedien könnte man sagen:

„Wer fühlen will, muss hören.“

1 Einleitung

Wie haben sich die Hörmedien auf dem deutschen Medienmarkt seit Mitte der 90er Jahre[1] entwickelt? Der Begriff Hörmedien umfasst in dieser Diplomarbeit Hörfunk, Musiktonträger und Audiofiles, Hörbücher und das Podcasting.

Die Ziele der vorliegenden Arbeit sind, die vier genannten Hörmedien hinsichtlich:

- inhaltlicher Veränderungen,
- der Entwicklung der Nutzung,
- dem Stand auf dem deutschen Medienmarkt zu beleuchten,
- die Trends für das Hören aufzuspüren und zu begründen und
- den Begriff Renaissance in Zusammenhang mit Hörmedien zu untermauern und zu erklären.

Die Diplomarbeit soll die genannten Hörmedien trotz ihrer Unterschiedlichkeit in diesen fünf Punkten als Ganzes zusammenfassen.

Die Arbeit ist folgendermaßen gegliedert:

Auf dieses Kapitel folgt im zweiten Kapitel zunächst die Entwicklung der vier Hörmedien in technischer und inhaltlicher Hinsicht. Grundlage dafür sind hauptsächlich Zeitungs- und Zeitschriftenartikel, die sich in den vergangenen zehn Jahren mit den jeweiligen Hörmedien befasst haben, aber auch Erklärungen von Experten des jeweiligen Sektors.

In diesem Kapitel geht es darum, einen Einblick in die Entstehung der jeweiligen Hörmedien zu vermitteln, Begriffe zu erklären, zu definieren und darzustellen, was sich bei den einzelnen Hörmedien im Laufe der letzten zehn Jahre verändert hat und welche Angebote es gibt.

Es geht nicht um eine umfassende und vollständige Beschreibung oder einen Vergleich der ohnehin sehr unterschiedlichen Medien, was den Rahmen dieser Diplomarbeit sprengen würde.

Das dritte Kapitel zeichnet die Nutzung bzw. den Absatz der Medien nach. Damit soll dargestellt werden, wie die einzelnen Medien von der Bevölkerung angenommen werden und wie sich die Nutzung verändert hat.

Hierzu gibt es keine gemeinsame Statistik oder Untersuchung, da die Nutzung der vier Medien jeweils unterschiedlich gemessen wird. Während dies beim Hörfunk durch aufwändige telefonische Umfragen geschieht, stehen bei Tonträgern und Hörbüchern die Absatz- und Umsatzzahlen im Vordergrund. Für das jüngste hier behandelte Medium, das Podcasting, sind repräsentative Umfragen zur Nutzung noch sehr rar und eine Ermittlung, wie viele Podcasts tatsächlich aus dem Internet heruntergeladen werden, technisch nicht möglich. Während der Bearbeitungszeit der Diplomarbeit war die Auswertung zweier Umfragen zum Podcasting noch im Gange; für alle Interessierten sind die Internetadressen, auf denen die Ergebnisse veröffentlicht werden, angegeben.

Um die Nutzung der vier Medien dennoch greifbar zu machen, wurden Ergebnisse von Marktanalysen, Langzeitstudien, Absatzzahlen und Statistiken sowie Umfragen, aber auch zahlreiche Erkenntnisse aus Publikationen wie der ARD-Zeitschrift „Media Perspektiven“ verwendet. Ausgewertet wurden u. a. die Media-Analyse, die Langzeitstudie ARD/ZDF-Massenkommunikation, Marktanalysen der Gesellschaft für Konsumforschung oder die TimeBudget-Studie des Medienkonzerns SevenOne Media.

Im vierten Kapitel wird ein Zwischenfazit gezogen. Die beiden Langzeitstudien ARD/ZDF-Massenkommunikation und die SevenOne TimeBudget-Studie geben Aufschluss darüber, wie die Stellung von Hörmedien auf dem deutschen Medienmarkt im Vergleich zu Printmedien sowie audiovisuellen Medien ist.

Die Frage nach den Gründen für die Renaissance des Hörens steht im fünften Kapitel im Vordergrund. Hierbei werden verschiedene Trends beleuchtet. Als Grundlage dienen die Einschätzung des Kulturanthropologen Andreas Haderlein, außerdem Marktanalysen beispielsweise von der GfK[2] und Studien wie die Online-Studie von ARD und ZDF sowie Artikel aus den „Media Perspektiven“.

Die angesprochenen Trends sind nicht immer voneinander abgrenzbar, so kommt es an einigen Stellen zu Überschneidungen, die mit Verweisen auf andere Kapitel gekennzeichnet sind.

Darauf folgen im sechsten und letzten Kapitel eine kurze Zusammenfassung und ein Ausblick auf die Entwicklung der Hörmedien und des gesamten Medienmarktes in den kommenden Jahren.

2 Die Entwicklung der Hörmedien in Deutschland in den letzten zehn Jahren

2.1 Hörfunk

2.1.1 Entwicklung des Hörfunks

„Welches Medium würden Sie auf einer einsamen Insel stark oder sehr stark vermissen?“ So lautete eine Frage im Rahmen der ARD[3] /ZDF[4] -Langzeitstudie Massenkommunikation. Die häufigste Antwort war: „Mein Radio“ (vgl. Eimeren; Ridder I 2005, S. 493).

Ein Grund dafür mag vielleicht die Vielfalt sein, die der Hörfunk bietet. Im Jahr 2006 gibt es in Deutschland 54 öffentlich-rechtliche Hörfunkprogramme und über 220 private Programme sowie zahlreiche Offene Kanäle, nichtkommerzielle Lokalradiosender und Hochschulradiosender. Dazu kommen noch Internet- oder Webradiosender, also Sender, die ausschließlich über das Internet empfangen werden können, auf die ich in Kapitel 5.3 eingehe.

Noch nie gab es so viele Hörfunksender wie momentan. Und noch nie hat sich die Zahl der neuen Hörfunksender so rasant nach oben entwickelt wie in den vergangenen zehn Jahren.

Viele Sender verdanken ihren Ursprung einer neuen Technik. Eine Verbreitung von Hörfunk via Internet beispielsweise wäre vor zehn Jahren noch gar nicht möglich gewesen.

Digital Radio

Eine weitere Neuerung, die bereits Mitte der 90er Jahre eingeführt wurde, ist „DAB[5] “. In Deutschland wird es unter dem Namen Digital Radio vermarktet, da die Buchstabenfolge „DAB“ bereits von einer Brauerei und einer Bank genutzt wird. Hierbei handelt es sich um „ein digitales Rundfunksystem zur Übertragung von multimedialen Inhalten“ (www.digitalradio-suedwest.de). Digital Radio soll die analoge Verbreitung des Hörfunks mittelfristig ablösen. Der genaue Zeitpunkt für die Abschaltung der analogen Frequenzen ist unklar, die EU-Kommission erwägt dafür das Jahr 2012. Doch ohne weiteres lässt sich die UKW[6] -Verbreitung nicht einstellen, denn in Deutschland gibt es laut Sachstandsbericht des Bundeswirtschaftsministeriums derzeit 250 bis 300 Millionen UKW-Empfänger, diese wären auf einen Schlag nicht mehr zu gebrauchen (vgl. Naß 2006, S. 21).

Die Übertragung der Programme bei Digital Radio erfolgt, wie der Name sagt, digital. Das bedeutet eine bessere Tonqualität und mehr Frequenzkapazitäten. Digital Radio ermöglicht außerdem, zusätzliche Informationen zum Radioprogramm auf das Display des Empfängers zu übertragen, beispielsweise Texte oder Bilder. Zurzeit gibt es 109 Digital Radio-Programme (vgl. Naß 2006, S. 21).

Trotz der Vorteile gegenüber UKW konnte sich Digital Radio in Deutschland bisher nicht durchsetzen. Für viele Verbraucher bietet Digital Radio keinen Mehrwert, da viele populäre Programme entweder ausschließlich analog oder lediglich zusätzlich digital ausgestrahlt werden. Die Empfänger sind zudem bisher im Vergleich zu UKW-Geräten immer noch sehr teuer (vgl. Averesch 2005 bei www.heise.de), doch der Preis sinkt: Kostete ein günstiger Digital Radio-Empfänger 2003 noch 180 Euro, beginnt die Preisspanne mittlerweile bei 75 Euro, bei Autoradios bei 150 Euro (vgl. Naß 2006, S. 21).

Visual Radio

Die neueste Technik zur Übertragung von Hörfunk ist Visual Radio, das in vielen Eigenschaften dem Digital Radio ähnlich ist. Als Empfänger dienen keine Radiogeräte, sondern internetfähige Mobiltelefone mit GPRS[7] - oder UMTS[8] -Technik. Die Programme werden digital über das GPRS- bzw. UMTS-Netz übertragen (vgl. Kurz 2005, S. 228).

Zusätzlich und zeitlich abgestimmt auf das Programm können auch weitere Daten wie Bilder und Texte übermittelt werden. Auch die Frequenzknappheit wird mit Visual Radio überwunden, außerdem ist jeder Hörfunksender weltweit zu empfangen. Visual Radio ist allerdings für den Hörer nicht kostenlos, denn für die Datenübertragung muss bezahlt werden (vgl. Kurz 2005, S. 228).

Die Hörfunksender selbst versprechen sich von der neuen Technik ebenfalls neue Einnahmequellen: zum einen durch steigende Werbeeinnahmen, da zusätzlich auch mit Bildern geworben werden kann, zum anderen durch den Verkauf von Musiktiteln, die der Nutzer mittels Visual Radio direkt auf sein Mobiltelefon laden kann (vgl. Kurz 2005, S. 228).

„Entwortung “

Neben technischen Entwicklungen hat sich der Hörfunk in den vergangenen zehn Jahren auch inhaltlich verändert.

Nachdem die privaten den öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern zunehmend Zuschauer und damit Werbeerlöse abnahmen, versuchte man in einem ersten Schritt, die Hörfunkprogramme der erfolgreichen privaten Konkurrenz anzugleichen. Das Schlagwort hieß „Entwortung “ (Koch; Glaser 2005, S. 275). Man setzte wie die Privatsender verstärkt auf Musik und fuhr den Wortanteil zurück (vgl. Koch; Glaser 2005, S. 275).

Durch Hörerforschung erfragten die öffentlich-rechtlichen Sender, welche Erwartungen Hörer an ein Radioprogramm richteten und warum sie überhaupt einschalteten (vgl. Koch; Glaser 2005, S. 275). Dadurch entwickelte man Programme, die sich nach „Inhalten, Zielgruppen und Hörerinteressen“ (Koch; Glaser 2005, S. 276) unterschieden. Das Radio „erscheint […] nicht mehr als Autorität und publizistische Lehr- bzw. Belehranstalt, sondern als kompetenter […] Partner seiner Hörer“ (Koch; Glaser 2005, S. 276). Näheres dazu im folgenden Kapitel.

2.1.2 Formatierung des Hörfunks

Die Idee des Formatradios stammt aus den USA. Nachdem das Fernsehen für das Radio Anfang der 50er Jahre[9] zur großen Konkurrenz wurde, suchten die Radiosender ein Konzept, mit dem sie ihre Hörer zurückgewinnen konnten (vgl. Goldhammer 1995, S. 15). Während bisher bei den Sendern mehrere tausend oder sogar zehntausend Titel im Programm rotierten, kam Todd Storz, Manager des Senders KOWH-FM in Nebraska, auf die Idee, lediglich die 40 jeweils meistverkauften Titel der Woche auf seinem Sender rotieren zu lassen. Damit war die ursprüngliche Idee des Formatradios in den USA geboren. Das so genannte Top-40-Radio wurde zu einem großen Erfolg (vgl. Goldhammer 1995, S. 16-17).

Was ist Formatradio in Deutschland?

Zur Definition des Begriffes Formatradio in Deutschland gibt es verschiedene Ansätze.

Die ARD sieht im Formatbegriff

„das Gesamtprofil eines Programms, das in den meisten Fällen durch die Inhalte und die Wahl der Musik definiert ist. […] Die Formatierung von Hörfunkprogrammen ist […] ein das jeweilige Programm ganz durchdringender Prozess, der die Musikauswahl, die Abfolge der Musik und die Moderation sowie ggf. die übrigen Wortbeiträge erfasst.“ (www.ard.de I 2004)

Gerold Hug, Programmchef des öffentlich-rechtlichen Senders SWR[10] 3, schrieb mir auf Anfrage:

„‚Formatradio ’ ist für mich ein Radioprogramm, das sichin Stil, Aufmachung, redaktionellen Inhalten und musikalischer Ausrichtungdurchgängig an ein vordefiniertes Zielpublikum wendet und dabei Erkenntnisse aus Markt-, Hörer- und Medienforschung nutzt.“ (Hug 2006)

Uwe Loll, stellvertretender Programmchef des baden-württembergischen Privatsenders Radio Regenbogen, verweist auf meine Anfrage hin auf die Formulierung der freien Enzyklopädie Wikipedia:

„Das Formatradio hat seine Wurzeln in den USA, wo eine große Fülle an hochspezialisierten Radioprogrammen die Rundfunklandschaft bestimmt. Musikausrichtung, Moderation, Programmfarbe und Programmstruktur soll [sic!] wegen der sofortigen Wiedererkennbarkeit für die gesamte Sendezeit unverwechselbar sein.
Es soll im Hörfunkmarkt, basierend auf Marktforschungsinformationen und einer daraus entwickelten Marketingstrategie, ein Markenprodukt entwickelt und am Rundfunkmarkt platziert werden, das zielgenau auf die Bedürfnisse und Hörgewohnheiten einer eindeutig umrissenen Zielgruppe abgestimmt ist.
Damit soll analog zur Kundenbindung eine Hörerbindung erreicht werden und gewinnbringend die Einschaltquote an die Werbekunden verkauft werden.“
(www.wikipedia.de)

Der Hörer soll unmittelbar nach dem Einschalten des Radiogerätes schon erkennen, welches Programm er gerade hört. Loll fügt als eigenes Zitat hinzu:

„Formatradio ist wie eine Tafel Trauben-Nuß-Schokolade: In jeder Tafel sollten jedes Mal gleich viel Rosinen und Nüsse verbunden mit der immer gleich gut schmeckenden Vollmilchschokolade enthalten sein.“ (Loll 2006)

Goldhammer hingegen versucht eine umfassende Definition. Seiner Meinung nach verfolgt ein Formatradioprogramm das Ziel,

„im Hörfunkmarkt auf der Grundlage von Marktforschungsinformationen […] ein unverwechselbares Radioprogramm als Markenprodukt zu etablieren, das genau auf die Bedürfnisse einer klar definierten Zielgruppe abgestimmt wird. Dies geschieht, indem alle Programmelemente sowie alle übrigen Aktivitäten eines Senders konsequent auf die strategischen Marketingvorgaben ausgerichtet und empirisch auf ihre Hörerakzeptanz überprüft werden.“ (Goldhammer 1995, S. 142)

Bündelt man diese Definitionen, bedeutet Formatradio, alle Aktivitäten eines Senders auf die gewünschte und definierte Zielgruppe auszurichten und ein verlässliches Programm zu bieten, das bestimmten Regeln folgt, so dass eine hohe Wiedererkennbarkeit entsteht.

Die meisten populären Hörfunksender in Deutschland arbeiten seit den 90er Jahren nach dem Prinzip des Formatradios. Vorreiter hierfür waren die Privatsender, die dieses Konzept erfolgreich einführten. Daraufhin zogen viele öffentlich-rechtliche Sender, vor allem die „jungen Wellen“, nach, da sie sich zunehmend auch an der Quote orientierten (vgl. Peitz 2004, S. 2).

Formate

Die beiden am meisten verbreiteten Formate sind das AC- (Adult Contemporary) und das CHR-Format (Contemporary Hit-Radio).

Das AC-Format richtet sich an Erwachsene zwischen 25 und 49 Jahren – die Zielgruppe, die für die Werbeindustrie am relevantesten ist. Der Schwerpunkt von AC-Sendern liegt bei der Musik, sie bieten bekannte Rock- und Popsongs aus den vergangenen Jahrzehnten (vgl. Goldhammer 1995, S. 161).

CHR-Sender spielen die Musik, die gerade angesagt ist, verzichten weitgehend auf ältere Songs und richten sich damit an die Zielgruppe bis 25 Jahre. Häufig sind sie geprägt von einer relativ engen Rotation und lehnen sich somit an das amerikanische Top-40-Radio an (vgl. Goldhammer 1995, S. 165).

„Dudelfunk “

Vielen Programmen hat die Formatierung den „unschönen Beinamen ‚Dudelfunk ’ eingebrockt“ (Peitz 2004, S. 2). Damit werden die austauschbaren Programme, in denen „wenige, kurze, möglichst flockige Wortbeiträge […] und ganz viel Musik“ (Peitz 2004, S. 2) zu hören ist, kritisiert. Die Wortbeiträge beschränken sich häufig auf Informationen (beispielsweise Nachrichten, Wetterbericht oder Verkehrsservice), Gewinnspiele, die der Hörerbindung dienen sollen, oder Eigenwerbung (zum Beispiel Programmhinweise auf die Morgensendung, so genannte Back- oder Preseller). Die Anzahl der Musiktitel, die ein Formatradiosender in seinem Programm rotieren lässt, bewegt sich zwischen 180 und nicht mehr als 600 Titeln (vgl. Peitz 2004, S. 2). Radio sollte nicht auffallen oder etwa stören, sondern als Begleit- oder Nebenbeimedium dienen. Ein Medium also, das man nutzen kann, während man einer anderen Tätigkeit nachgeht.

Dies ist allerdings nur eine Variante des Formatradios. Doch dieser Begriff darf meiner Meinung nach keineswegs nur negativ gesehen werden, so wie es mir der Programmchef des Ulmer Privatsenders Radio 7, Michael Merx, schrieb und sich gegen die Bezeichnung Formatradio wehrt:

„der Begriff ‚Formatradio ’ ist eine Erfindung von Menschen, die gegen die Interessen des Mediums Radio handeln. Es [sic!] impliziert genau das Gegenteil dessen, was Radio wirklich ist: Das [sic!] meistgehörte und schnellste Medium der Welt!!! […] Radio bewegt sich maximal innerhalb eines musikalischen Spektrums, um seine Zielgruppen genauer erreichen zu können. Wenn sie [sic!] das Formatradio nennen wollenbitteschön!“ (Merx 2006)

Formatradio kann trotz der engen musikalischen Ausrichtung und des Einsatzes von Wiedererkennungselementen o. g. Definitionen nach auch ein qualitativ anspruchsvolles Programm bieten, wenn die Nachfrage und damit eine definierte Zielgruppe vorhanden ist.

2.1.3 Alternative Angebote zum Formatradio

Eine Alternative zu den durchformatierten Radiosendern bieten die nichtkommerziellen Bürgermedien, sowohl Hörfunk- als auch TV-Programme (im Folgenden gehe ich ausschließlich auf die Hörfunkprogramme ein). Darunter fallen die Offenen Kanäle (OK), die nichtkommerziellen Lokalradios (NKL), der NRW-Bürgerfunk sowie die Hochschulradios.

Im Unterschied zu den öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern bieten die Bürgermedien jedem Bürger einen freien Zugang zum Sender und zum Programm und setzen somit das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung in den Massenmedien um. Sie gelten außerdem als bürgernah, da sie ausschließlich lokal oder regional verbreitet werden. Im Mittelpunkt der meisten Bürgermedien steht die Vermittlung von Informationskompetenz, indem sie Laien ermöglichen, ihr eigenes Programm zu gestalten (vgl. Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten 2005, S. 420-421).

Die Offenen Kanäle (OK)

Das zentrale Merkmal der derzeit neun Offenen Kanäle in Deutschland sind die von Bürgern in eigener Verantwortung produzierten Beiträge. Sie werden unzensiert gesendet. In der Regel bieten die Offenen Radiokanäle Hörfunkstudios zur Produktion, die jeder nutzen kann. Die Verbreitung findet meist über UKW-Frequenzen statt (Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten 2005, S. 422). Träger sind entweder die jeweiligen Landesmedienanstalten der Bundesländer oder Vereine (Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten 2005, S. 423). In den letzten Jahren wurden Rufe nach „Stärkung des lokalen Informationsangebotes und der Medienkompetenz, Verbesserung der Qualifizierung, Qualitätssicherung, Netzwerkbildung u. v. m.“ (Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten 2005, S. 422) laut.

Die nichtkommerziellen Lokalradios (NKL)

Gegenwärtig gibt es in Deutschland 32 nichtkommerzielle Lokalradios oder freie Radios. Die meisten wurden Mitte der 90er Jahre lizenziert. Im Begriff „nichtkommerzielle Lokalradios“ ist bereits deren Ausrichtung festgelegt: Demnach sind die Programme werbefrei und lokal ausgerichtet. Die meisten Sender werden von einem eingetragenen Verein getragen und sind im Bundesverband Freier Radios (BFR) organisiert (vgl. Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten 2005, S. 425-427). Dieser definiert die Freien Radios als „selbstbestimmte, offene Medien insbesondere für Unbekanntes und Vernachlässigtes in Wort und Musik“ (www.freie-radios.de). So sollen die nichtkommerziellen Lokalradios eine „publizistische und kulturelle Ergänzung“ (Willers bei www.buergerrundfunk.de) zu den übrigen Medien in der Region darstellen. Die Vermittlung von Medienkompetenz ist zwar ein zentrales, jedoch nicht das primäre Ziel (vgl. Willers bei www.buergerrundfunk.de).

Der NRW-Bürgerfunk

Der Begriff Bürgerfunk steht für das Bürgermedienmodell des Landes Nordrhein-Westfalen. Dort werden Tag für Tag in jedem der 46 privaten lokalen Hörfunksender mindestens eine Stunde lang Bürgerfunkbeiträge gesendet, die in Radiowerkstätten produziert werden. Verantwortlich für den Inhalt ist der Chefredakteur des jeweiligen Senders (vgl. Willers bei www.buergerrundfunk.de).

Die Hochschulradios

In den 90er Jahren ist in Deutschland eine vielfältige Hochschul- oder auch Campushörfunklandschaft entstanden. Die Verbreitungswege der über 50 Hochschulradiosender sind unterschiedlich. Etwa 20 besitzen eine eigene UKW-Frequenz, andere senden in Programmfenstern von kommerziellen oder nichtkommerziellen Lokalradiosendern oder verbreiten ihr Programm über das Internet. Träger der Hochschulradiosender sind entweder die jeweilige Hochschule oder die Studierenden bzw. ihre Selbstverwaltungsorgane (vgl. Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten 2005, S. 428).

Die Angebote der öffentlich-rechtlichen Sender

Die öffentlich-rechtlichen Sender der ARD bieten mit ihren Kultur- und Informationswellen ein Gegenangebot zu den formatierten Programmen.

An Informationswellen bietet die ARD den Deutschlandfunk, B5 aktuell (BR[11]), cont.ra (SWR), hr[12] info, MDR[13] Info, Inforadio (rbb[14]), antenne saar (SR[15]) und WDR[16] 5.

Als Kulturwellen zu nennen wären Deutschlandradio Kultur, Bayern2Radio, Bayern 4 Klassik, Funkhaus Europa (WDR), WDR 3, hr 2, NDR[17] Kultur, MDR Figaro, Nordwestradio, SWR2, SR 2 Kulturradio sowie Radio Multikulti und Kulturradio (beide rbb). Diese werden, so der ehemalige Wellenchef von NDR Kultur Wolfgang Knauer, „nur von einer vergleichsweise kleinen Gruppe von Hörern genutzt, gelten also traditionell als ‚Minderheitenprogramme’, die nicht darauf zielen, ein Massenpublikum zu gewinnen.“ (Knauer bei www.dasganzewerk.de)

Doch die Formatierung vieler öffentlich-rechtlicher Programme ist in den letzten Jahren auch an den Kulturwellen nicht spurlos vorübergegangen, wie Knauer in seinem Grundlagentext im Rahmen einer Enquete-Kommission zum Thema „Kultur in Deutschland“ kritisiert. Er beschreibt aufgrund einer gewollten Verjüngung der Hörerschaft einen Wandel von Einschaltprogrammen[18] hin zu Tagesbegleitern ohne Überraschungen (vgl. Knauer bei www.dasganzewerk.de).

2.2 Musiktonträger, Audiofiles und Tauschbörsen

2.2.1 Die Rolle der Musiktonträger

Die vier Großen der Branche

„Die Musikbranche ist stark konzentriert“ (Wüpper 2006, S. 10). Nach der Fusion der Tonträgergiganten Sony Music und BMG zu Sony BMG im Jahr 2004 gibt es weltweit mit Universal, Warner Music Group und EMI vier große Konzerne und daneben viele kleinere, unabhängige Plattenfirmen (vgl. Wüpper 2006, S. 10).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 : Marktanteile der Musikkonzerne in Deutschland 2004 in Prozent (Quelle: Der Spiegel. In: Der Spiegel 59(2005)12, S. 183)

In Deutschland hatten im Jahr 2004 die beiden fusionierten Konzerne BMG und Sony Musik zusammen knapp über 35 Prozent Marktanteil bei den verkauften Tonträgern in den Top-100-Albumcharts. Danach folgte Universal mit rund 28 Prozent, deutlich vor EMI und Warner Music Group mit jeweils rund 15 Prozent. Alle sonstigen Musikkonzerne zusammen erreichten knapp mehr als sieben Prozent (siehe Abb. 1).

Die Compact Disc

Der umsatzstärkste Musiktonträger in Deutschland in den letzten zehn Jahren ist die Compact Disc, kurz: CD.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 : Umsatzanteile der Musikmedien in Prozent (Quelle: BV Phono. In: Phonographische Wirtschaft – Jahrbuch 2005, S. 15)

Die CD hatte in den vergangenen zehn Jahren jeweils einen Umsatzanteil von rund 80 Prozent. Damit steht sie klar vor allen anderen Musiktonträgern. Der Umsatzanteil der Single ging seit 1996 um rund die Hälfte auf fünf Prozent zurück. Noch drastischer verlor die MC[19]. Steuerte sie vor zehn Jahren noch sechs Prozent des Umsatzes bei, ist sie mittlerweile mit einem Prozent unbedeutend geworden. Lediglich neu hinzugekommene Angebote wie Musik auf audiovisuellen Medien (DVD[20] und VHS-Kassetten) sowie der Download von Musikstücken aus dem Internet konnten zulegen (siehe Abb. 2).

Die Microsoft Encarta Enzyklopädie definiert die Compact Disc als

„einen Datenträger, der mit Audiodaten (z. B. Musik) [...] in digitalisierter Form bespielt ist. Im sprachgebräuchlichen Sinn versteht man unter dem Begriff ‚Compact Disc ’ bzw. ‚CD ’ eine Audio -CD. (Microsoft Encarta Enzyklopädie Professional 2003 I)

Die einzelnen Repertoiresegmente

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3 : Umsatzanteile der einzelnen Repertoiresegmente am Gesamtumsatz 2000 bis 2005 in Prozent (Quelle: GfK. In: Phonographische Wirtschaft – Jahrbuch 2005, S. 39)

Vergleicht man die einzelnen Repertoiresegmente aller Tonträger, wird deutlich, dass das Segment Pop-Musik zwar in den vergangenen fünf Jahren Einbußen von rund sieben Prozentpunkten hinnehmen musste, mit 37,1 Prozent aber das umsatzstärkste ist. Rock-Musik auf Musiktonträgern konnte hingegen rund viereinhalb Prozentpunkte auf knapp 20 Prozent hinzugewinnen. Leicht verloren haben die Segmente Klassik, Schlager, Dance und Volksmusik, sie alle bewegen sich im einstelligen Prozentbereich. Deutlich zulegen konnten Hörbücher. Sie wurden im Jahr 2001 mit knapp einem Prozent erstmals in der Statistik ausgewiesen und konnten ihren Umsatzanteil bis 2005 verfünffachen (siehe Abb. 3).

2.2.2 Audiofiles: Illegale Musiktauschbörsen und legale Online-Shops im Internet

„Piraterie ist eine Massenbewegung geworden, Klauen zum Volkssport“ (Balzli; Kerbusk; Rosenbach u. a. 2003, S. 72) bilanzierte „Der Spiegel“ im Jahr 2003 die Entwicklung der Musiktauschbörsen[21], die illegal und kostenlos Musik im MP3-Format anboten, die sich jeder Internetnutzer herunterladen konnte.

Das MP3 -Format

Das MP3-Format, das Anfang der 90er Jahre von einer Forschergruppe des Fraunhofer-Instituts erfunden wurde, „hat nicht nur ein technisches, sondern auch ein kulturelles Erdbeben ausgelöst, an dessen Ende Musik anders gehört, gekauft, vertrieben, beworben und produziert wird“ (Schönert 2006 bei www.stern.de). MP3 ermöglicht es, Audiodateien auf ungefähr ein Zehntel ihrer eigentlichen Größe zu minimieren, ohne dass dabei für das menschliche Ohr ein Unterschied hörbar ist. Die für die Nutzer praktischste und für die Musikindustrie verheerende Eigenschaft des MP3-Formats ist, dass sich die Dateien beliebig kopieren lassen im Gegensatz zu neueren, von der Musikwirtschaft forcierten Formaten wie WMA[22] oder AAC[23], die mit einem Kopierschutz versehen werden können. Doch MP3 hat zudem den Vorteil, dass es auf nahezu jedem Computer-Audioplayer und MP3-Player abspielbar ist (vgl. Schönert 2006 bei www.stern.de).

Napster – Die erste Generation der Musiktauschbörsen

Die erste Musiktauschbörse ging 1999 an den Start und trug den Namen Napster. So hießen die Firma und gleichzeitig auch deren Software, die man sich kostenlos aus dem Internet herunterladen und auf dem eigenen Computer installieren konnte. Die Idee dazu stammte von dem Amerikaner Shawn Fanning (vgl. Diederichsen 2000, S. 62).

Die Software basierte auf dem Peer-to-Peer[24] -Prinzip, dabei sind „zwei oder mehrere, gleichartige [...] Computer miteinander verbunden“ (Microsoft Encarta Enzyklopädie Professional 2003 II). Napster war kein Musikvertrieb, sondern diente ausschließlich als Landkarte für Musik im Internet (vgl. Diederichsen 2000, S. 62). Es schloss die Festplatten aller Nutzer zusammen und registrierte, auf welcher Festplatte sich welcher Song befand (vgl. Siegele 2000, S. 26). Diese Registrierung lief über einen zentralen Server in den USA (vgl. Balzli; Kerbusk; Rosenbach u. a. 2003, S. 77) und war daher ein „semizentrales Peer-to-Peer-Modell“ (Röttgers 2003, S. 23). Dies bedeutete, dass Napster einfach abgeschaltet werden konnte, indem der Server vom Netz genommen wurde (vgl. Balzli; Kerbusk; Rosenbach u. a. 2003, S. 77).

Dies geschah schließlich nach zahlreichen Urheberrechtsklagen der Musikindustrie im Sommer 2000. Im Herbst desselben Jahres gab der Bertelsmann-Konzern einen überraschenden Zusammenschluss mit Napster bekannt. Napster sollte als Tauschbörse erhalten bleiben, die Musik gab es jedoch fortan nicht mehr kostenlos (vgl. Hammerstein; Jung 2000, S. 126).

Die zweite Generation der Musiktauschbörsen

Die folgende Generation der Musiktauschbörsen funktionierte im Gegensatz zu Napster „ohne zentrale Datensammelstelle“ (Siegele 2000, S. 26) und bot daher zunächst „keine rechtliche Angriffsfläche“ (Siegele 2000, S. 26). Gnutella, eDonkey oder Kazaa zum Beispiel arbeiteten nach dem reinen Peer-to-Peer-Prinzip. Und während bei Napster ausschließlich das Tauschen von MP3-Dateien möglich war, konnten bei den Nachfolgern alle Dateiformate angeboten und heruntergeladen werden.

Doch eine rechtliche Angriffsfläche war durchaus gegeben: Im Mai 2006 wurde in Deutschland gegen 3.500 Nutzer der Tauschbörse eDonkey ein Strafverfahren eingeleitet. Die deutsche Landesgruppe der IFPI[25] beauftragte zuvor die proMedia Gesellschaft, eine „Art Urheberrechts-Schutztruppe“ (Patalong; Stöcker 2006 bei www.spiegel.de), mit der Identifizierung der Nutzer (vgl. Patalong; Stöcker 2006 bei www.spiegel.de). Denn nach dem deutschen Urheberrecht ist der „Download oder Upload, sofern keine Erlaubnis der Rechteinhaber vorliegt“ (Patalong 2006 I bei www.spiegel.de), verboten.

Auch international scheint sich die Zeit der illegalen Musiktauschbörsen dem Ende zuzuneigen. Die vier größten Musikkonzerne Sony BMG, Universal, Warner Music Group und EMI forderten von Kazaa Schadensersatz wegen der Verletzung des Copyrights. Nach einer außergerichtlichen Einigung zahlte Kazaa 100 Millionen Dollar an die Konzerne und stellte außerdem auf legale Inhalte um (vgl. Stöcker 2006 bei www.spiegel.de).

[...]


[1] 90er Jahre: Bezieht sich in dieser Arbeit auf die Zeit zwischen 1990 und 1999

[2] GfK: Abk. f.: Gesellschaft für Konsumforschung

[3] ARD: Abk. f.: Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland

[4] ZDF: Abk. f.: Zweites Deutsches Fernsehen

[5] DAB: Engl. Abk. f.: Digital Audio Broadcasting

[6] UKW: Abk. f.: Ultrakurzwelle

[7] GRPS: Engl. Abk. f.: General Packet Radio Service

[8] UMTS: Engl. Abk. f.: Universal Mobile Telecommunications System

[9] 50er Jahre: Bezieht sich in dieser Arbeit auf die Zeit zwischen 1950 und 1959

[10] SWR: Abk. f.: Südwestrundfunk

[11] BR: Abk. f.: Bayerischer Rundfunk

[12] hr: Abk. f.: Hessischer Rundfunk

[13] MDR: Abk. f.: Mitteldeutscher Rundfunk

[14] rbb: Abk. f.: Rundfunk Berlin-Brandenburg

[15] SR: Abk. f.: Saarländischer Rundfunk

[16] WDR: Abk. f.: Westdeutscher Rundfunk

[17] NDR: Abk. f.: Norddeutscher Rundfunk

[18] Einschaltprogramme: Programme, deren Sendungen sich inhaltlich voneinander unterscheiden und bei denen der Hörer gezielt eine bestimmte Sendung einschaltet

[19] MC: Engl. Abk. f.: Music Cassette; zu Deutsch: Musikkassette

[20] DVD: Engl. Abk. f.: Digital Versatile Disc; zu Deutsch etwa: Digitale vielseitige Scheibe

[21] Musiktauschbörsen: Bezieht sich in dieser Arbeit auf illegale Musiktauschbörsen im Internet

[22] WMA: Engl. Abk. f.: Windows Media Audio

[23] AAC: Engl. Abk. f.: Advanced Audio Coding

[24] Peer-to-peer: Zu Deutsch etwa: unter Gleichen

[25] IFPI: Engl. Abk. f.: International Federation of the Phonographic Industry; zu Deutsch: Internationaler Verband der Tonträgerhersteller

Ende der Leseprobe aus 94 Seiten

Details

Titel
Renaissance des Hörens - Zur Relevanz von Hörmedien auf dem deutschen Medienmarkt
Hochschule
Hochschule der Medien Stuttgart
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
94
Katalognummer
V69492
ISBN (eBook)
9783638607308
Dateigröße
1011 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Renaissance, Hörens, Relevanz, Hörmedien, Medienmarkt
Arbeit zitieren
Volker Wüst (Autor:in), 2006, Renaissance des Hörens - Zur Relevanz von Hörmedien auf dem deutschen Medienmarkt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/69492

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