Die automatische Stabilisierung des öffentlichen Budgets


Hausarbeit, 2002

14 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Zeitverzögerungen und finanzpolitische Maßnahmen

2. Die Verkleinerung von Zeitverzögerungen durch Regelbindung
2.1.Halbautomatische Regelmechanismen/Stabilisatoren (formula flexibility)
2.2.Automatische Regelmechanismen/Stabilisatoren (built-in-flexibility)

3. Das Konzept des konjunkturneutralen Haushaltes

4. Vorteile der Regelbindung gegenüber diskretionären Maßnahmen

Literaturverzeichnis

Einleitung

Der detaillierten Zuwendung des Konzeptes der automatischen Stabilisierung des öffentlichen Budgets vorgeschaltet, soll einleitend eine kurze Einordnung dieses Konzeptes in die Finanz politik im allgemeinen und die Fiskalpolitik im speziellen erfolgen. Die Finanzpolitik umfasst alle ordnenden und gestaltenden Maßnahmen von Gebietskörperschaften und Parafiski bezüglich der öffentlichen Finanzen, und ist als Teil der allgemeinen Wirtschaftspolitik insbe sondere von der Geldpolitik zu unterscheiden.[1] Die Ziele der Finanzpolitik können sowohl kon junkturpolitischer, wachstumspolitischer, umweltpolitischer, strukturpolitischer als auch ein kommenspolitischer Natur sein.[2] Fiskalpolitik (englisch: fiscal policy) bezeichnet den Einsatz öffentlicher Finanzen im Rahmen von Konjunktur- und Wachstumspolitik.[3] Die als Konjunktur politik betriebene Finanzpolitik (nachfolgend als Fiskalpolitik bezeichnet) zielt auf die Stabilis ierung der ökonomischen Entwicklung mittels öffentlicher Einnahmen und Ausgaben, für den Fall, dass die konjunkturellen Schwankungen unerwünschte Ausmaße annehmen.[4] Dies ver weist auf die kurz- bis mittelfristige Orientierung der Konjunkturpolitik im Vergleich zum mit tel- und langfristigen Horizont der Wachstumspolitik und damit verbunden auch auf die beson dere Bedeutung von zeitlichen Verzögerungen (englisch: time lags) im Rahmen der Konjunk turpolitik, worauf unter Gliederungspunkt eins detaillierter eingegangen wird.

Sollen vom öffentlichen Budget keine oder nur geringe konjunkturelle Impulse ausgehen, ist die Stabilität desselben von besonderer Bedeutung. Unter Gliederungspunkt zwei werden Instrumente zur automatischen respektive halbautomatischen Stabilisierung des öffentlichen Budgets vorgestellt. Das Konzept des konjunkturneutralen Haushaltes wird unter Gliederungspunkt drei vorgestellt, bevor unter Punkt vier, kurz die Vorteile dieser regelgebun denen Verfahren gegenüber fallweisen (diskretionären) fiskalpolitischen Maßnahmen[5] erläutert werden.

1. Zeitverzögerungen und finanzpolitische Maßnahmen

Aufgrund des beabsichtigten zeitnahen Erkennens fiskalpolitischer Notwendigkeiten sowie der zügigen Durchführung und Wirkung entsprechender Maßnahmen, ist den mit Diagnose, Durchführung und Wirkung verbundenen zeitlichen Verzögerungen und deren Kürzung scher Mittel. vgl. auch Teichmann, U.: Grundriß der Konjunkturpolitik, 5. Auflage, München 1997, S. 258 besondere Aufmerksamkeit zu widmen.[6] Diskretionäre finanzpolitische Maßnahmen sind mit einer Vielzahl von Problemen behaftet. Die Mehrheit dieser Probleme fußt auf den zeitlichen Differenzen zwischen Auftreten und Erkennen einer Störung (eines Schocks), sowie zwischen fiskalpolitischer Reaktion auf die Störung und dem Wirksamwerden der Maßnahme. Die auf tretenden zeitlichen Verzögerungen setzen sich im wesentlichen aus Innenverzögerung (inside lag) und Außenverzögerung (outside lag) zusammen. Dieser ersten Unterscheidung folgend, sind in der Literatur weitere, nicht immer äquivalente, Differenzierungen von Innen- und Außenverzögerung zu finden[7]. Die Innenverzögerung bezeichnet den Zeitraum zwischen der unerwünschten Veränderung der ökonomischen Situation und der wirtschaftspolitischen Reak tion (dem Mitteleinsatz). Als Außenverzögerung (Wirkungsverzögerung) wird der Zeitraum zwischen dem Einsatz und der Wirkung der Mittel bezeichnet. Die Innenverzögerung kann weiter in Erkenntnisverzögerung (recognition lag) und Handlungsverzögerung (action lag) unterteilt werden[8]. Dabei stellt die Erkenntnisverzögerung die Zeitspanne zwischen Auftreten des Schocks und dessen Wahrnehmung durch die Träger der Wirtschaftspolitik dar. Die Hand lungsverzögerung hingegen umfasst die Zeitspanne zwischen der Wahrnehmung der uner wünschten Veränderung der ökonomischen Situation und der wirtschaftspolitischen Reaktion (dem Mitteleinsatz). Abbildung 1 stellt die erläuterten Zusammenhänge sowie eine Auswahl des reichhaltigen begrifflichen Fundus der Literatur im Zusammenhang mit Zeitverzögerungen in der Wirtschaftspolitik dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Zeitverzögerungen in der Wirtschaftspolitik[9]

Die Bedeutung der zeitlichen Verzögerungen im Rahmen fiskalpolitischer Maßnahmen ergibt sich aus der Tatsache, dass diese sowohl eine gewisse Dauer als auch Variabilität aufweisen können. So können zum Beispiel Wirkungsverzögerungen fiskalpolitischer Instrumente zum einen unterschiedlich lang und zum anderen nicht vollständig bekannt sein. Dies kann zur Folge haben, dass sich die Wirkungen kontraktiver (expansiver) Maßnahmen erst dann entfalten, wenn infolge der inzwischen veränderten konjunkturellen Situation eigentlich expansive (kon traktive) Maßnahmen notwendig wären. Aufgrund der Variabilität von Verzögerungen, kann die Verzögerung außerdem unterschätzt und infolge eines erneuten Mitteleinsatzes eine Über steuerung stattfinden. Die Gefahr diskretionärer Maßnahmen besteht folglich in der potentiell prozyklischen Wirkung, anstatt der beabsichtigten antizyklischen Wirkung, infolge von zeitli chen Verzögerungen.

Wegen des langwierigen politischen Entscheidungsprozesses bei Ausgaben- und Steuerän derungen, weist die Fiskalpolitik eine größere Innenverzögerung als die Geldpolitik auf.[10] Andererseits wird oftmals von einer kleineren Außenverzögerung der Fiskalpolitik gegenüber der Geldpolitik ausgegangen, da die Geldpolitik nur indirekt über eine Änderung des Geldan gebotes und damit der Zinssätze, die Ausgabeentscheidungen (Investitionen) beeinflussen kann.[11]

2. Die Verkleinerung von Zeitverzögerungen durch Regelbindung

Dem Nachteil diskretionärer [12]Fiskalpolitik kann durch regelgebundene Verfahren begegnet werden. Zielsetzung ist dabei primär die Verkürzung respektive Beseitigung von zeitlichen Verzögerungen. Die Begrenzung oder Beseitigung des Handlungsspielraumes der wirtschaftspolitischen Entscheidungsträger wird in der Literatur teils als Ziel und damit Vorteil, teils jedoch als Nachteil regelgebundener Verfahren gesehen.[13]

Die Regelgebundenheit kann durch halbautomatische und automatische Regelmechanismen sichergestellt werden.[14] Halbautomatische Regelmechanismen (halbautomatische Stabilisatoren) sind auch unter dem Begriff der formula flexibility (Formelflexibilität) bekannt. Automatische Regelmechanismen (automatische Stabilisatoren) sind auch unter dem Begriff der built-in flexibility oder built-in stabilizer bekannt. Auf beide Mechanismen wird nachfolgend näher eingegangen.

[...]


[1] vgl. Rürup, B./Beiwinkel, K.: Finanzpolitik, in: Woll, A. (Hrsg.): Wirtschaftslexikon von A-Z, Band II, 8. Auflage, Köln o.J., S. 219-221 (219)

[2] vgl. ebenda, S. 220

[3] vgl. Zimmermann, H./Henke, K.-D.: Finanzwissenschaft, Eine Einführung in die Lehre von der öffentlichen Finanzwirtschaft, 7. Auflage, München 1994, S. 470

[4] vgl. ebenda, S. 294

[5] Diskretionäre fiskalpolitische Maßnahmen bezeichnen den bewußten, auf die gegebene konjunkturelle Situation zugeschnittenen Einsatz fiskalpoliti

[6] vgl. Musgrave, R. A.: Finanztheorie, Tübingen 1966, S. 465

[7] vgl. exemplarisch Berg, H./Cassel, D./Hartwig, K.-D.: Theorie der Wirtschaftspolitik in Bender, D. U.a.: Vahlens Kompendium der Wirtschaftstheorie und Wirtschaftspolitik, Band 2, 7. Auflage, München 1999, S. 171-298 (262); sowie Mackscheidt, K./Steinhausen, J.: Finanzpolitik I Grundfragen fiskalpolitischer

Lenkung, 2. Auflage, Tübingen 1975, S. 68

[8] vgl. Luckenbach, H.: Theoretische Grundlagen der Wirtschaftspolitik, 2. Auflage, München 2000, S. 304

[9] in Anlehnung an Luckenbach, H.: a.a.O., S. 303-304; Stiglitz, J. E./Schönfelder, B.: Finanzwissenschaft, 2. Auflage, München 1996, S. 739 f. und Zimmermann, H./Henke, K.-D.: a.a.O., S. 372-375

[10] vgl. Mankiw, N. G.: Makroökonomie, 4. Auflage, Stuttgart 2000, S. 423

[11] vgl. Mackscheidt, K./Steinhausen, J.: a.a.O., S. 70

[12] vgl. im folgenden Luckenbach, H.: a.a.O., S. 303 ff.

[13] vgl. exemplarisch Haller, H.: Finanzwirtschaftliche Stabilisierungspolitik, in: Handbuch der Finanzwissen schaft, Band 3, 3. Auflage, Tübingen 1981, S. 359-513 (438)

[14] Mackscheidt, K./Steinhausen, J. schlagen für die halbautomatischen Verfahren vor, nicht den Begriff Regel mechanismus sondern Regelbindung zu verwenden. vgl. Mackscheidt, K./Steinhausen, J.: a.a.O., S. 72. In dieser Arbeit werden beide Begriffe synonym verwendet.

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Details

Titel
Die automatische Stabilisierung des öffentlichen Budgets
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Öffentliche Finanzen und Sozialpolitik)
Veranstaltung
Staat und Stabilisierung
Note
2
Autor
Jahr
2002
Seiten
14
Katalognummer
V6941
ISBN (eBook)
9783638143882
ISBN (Buch)
9783656600237
Dateigröße
418 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
öffentliches Budget, formula flexibility, built-in-flexibility, diskretionäre Massnahmen, konjunkturneutraler Haushalt, time lags
Arbeit zitieren
André Berndt (Autor:in), 2002, Die automatische Stabilisierung des öffentlichen Budgets, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6941

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