Das Bildprogramm des Engelspfeilers und des Marienzyklus am Südportal des Straßburger Münster


Hausarbeit, 2006

22 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

I. Zum Bildprogramm am südlichen Querhaus des Straßburger Münsters

II. Der Marienzyklus

III. Der Engelspfeiler

IV. Gerichtsthematik

V. Literaturliste:

VI. Abbildungsverzeichnis:

I. Zum Bildprogramm am südlichen Querhaus des Straßburger Münsters

In diesem Semester beschäftigte sich ein Seminar ausschließlich mit der Ausstattung des mittelalterlichen Kirchenraumes. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel ist der Engelspfeiler, der um 1230 im Straßburger Münster entstanden ist und die Szenen des Jüngsten Gerichts an einer Säule darstellt. Auch das Marienportal am südlichen Querhaus, zeigt in ihrem Bildprogramm Szenen, die im weitesten Gerichtsszenen sind, auf ungewöhnliche Weise. Diese beiden Bildwerke sollen im Folgenden in ihrer Erscheinung und ihrem Zusammenhang näher erläutert werden.

Die ältesten Mauern des Straßburger Münsters gehen auf eine von Bischof Werinherr von Straßburg erbaute Basilika im Jahre 1015 zurück. Nach den Vorstellungen des Bischofs von Werinherr sollte die neue Kirche ein langes, flach gedecktes Hauptschiff, sowie zwei durch jeweils zehn Säulen abgetrennte Seitenschiffe besitzen. Die spitzen Türme sollten bei klarem Wetter bis weit in die Rheinebene zu sehen gewesen sein und zeugten vom Stolz des Patriziats sowie des durch Handel reich gewordenen Bürgertums. Von diesem frühen Bau ist die

damals entstandene Krypta in den Grundmauern des heutigen Gebäudes noch erhalten.[1]

Nach einem verheerenden Brand um 1190 folgte ein erster Wiederaufbau im Zuge dessen weitere Teile entstanden. Dazu gehörten die nördliche Querhausfassade, wesentliche Teile des Obergeschosses des nördlichen Querhausarmes, sowie das südliche Portal, um dessen Ausschmückung es sich im Folgenden handeln wird.

Die Arbeiten am südlichen Querhaus wurden vermutlich zwischen 1225 und 1240 ausgeführt. Im Gegensatz zum nördlichen Portal öffnet sich das Münster in Richtung Süden in einem Doppelportal.

Straßburg war, zusammen mit Bamberg, Magdeburg und Naumburg, eine der wenigen Bischofskirchen, die mit einem monumentalen Bildprogramm ausgestattet wurde.

Der Meister, dem man den Großteil der Ausschmückungen am Südportal, sowie die Arbeiten am Engelspfeiler im südlichen Querhausarm zuschreibt, ist uns namentlich nicht bekannt und wird auf Grund seiner einzigartigen Ausarbeitung der Statue der Ecclesia im Folgenden der „Ecclesia Meister“ genannt.

Nach dem Vorbild des französischen Kathedralbaus des 13. Jahrhunderts war es üblich, die Heilsgeschichte der Religion des Christentums in den Türbögen der großen Kathedralen unterzubringen. Im Fall des Straßburger Meisters war der Bau des Langhauses mit seiner drei Portale umfassenden Fassade noch ungewiss. So hatte der Ecclesia Meister für seine Darstellungen „nur“ die Fassade des Doppelportals am südlichen Querhaus zur Verfügung, die – so Adalbert Erler - dann, solange das Langhaus noch nicht gebaut war, zur Hauptfassade des Straßburger Münsters wurde.

Das auf ottonischen Grundmauern errichtete Portal mit seinen zwei relativ kleinen, romanischen Rundbogenfeldern war sehr eng, sodass sich der Ecclesia Meister dagegen entschied, in den Archivolten der Rundbögen Figuren anzubringen. Er beschränkte sich auf die Ausarbeitung der beiden Tympana, sowie die Anbringung vollplastischer Figuren an beiden Seiten des Portals, sowie in seiner Mittelachse.

Harald Keller[2] geht davon aus, dass, um ein zusätzliches Feld zu schaffen eigens Türstürze eingezogen wurden, die jeweils eine weitere Szene unterbringen konnten.[3] Adolf Weis geht in seiner Untersuchung[4] davon aus, dass die romanischen Bogenfelder vergrößert wurden, da, seiner Meinung nach, im Rund in der oberen Portalzone der innere Bogenstab, der „…die entsprechende Säule der Gewände fortsetzen müsste [fehlt]. Die Tympana sitzen demgemäß ungewöhnlich weit nach aussen auf und sind überdies auch stärker überhöht als der Architekt dies vorgesehen hatte.“[5]

Der Ecclesia Meister entschied sich in den Türbögen zu einem mariologischen Bildprogramm. Im linken Tympanon finden wir die Darstellung von Maria Tod und im Rechten die Krönung der Maria durch Christus. In den Türstürzen darunter Maria Grablegung und Maria Auferstehung in wesentlich kleinerer und einfacherer Ausarbeitung. Die beiden Türsturzreliefs sind während der französischen Revolution zerstört und heute durch Neuschaffungen im Stile der alten Reliefs ersetzt worden.

Als Vorlage der Kopien diente ein Stich von Isaak Brunn von 1617, der das Doppelportal in seinem vermutlich ursprünglichen Zustand zeigt (Abb. 1). Der Stich zeigt auch die heute zerstörten Gewändefiguren, die im Gegensatz zu den restlichen Figuren, nicht wiederhergestellt wurden.

Dargestellt waren die zwölf Apostel mit ihren Attributen, die jeweils in Dreiergruppen dicht zusammengestellt auf Knospenkapitellen standen. Von ihnen sind leider wegen des Bildersturms der französischen Revolution, dem fast alle Figuren zum Opfer fielen, nur noch zwei Köpfe erhalten, auf die später noch eingegangen wird.

Außer den bereits erwähnten Reliefs sind am Portal weitere vollplastische Figuren angebracht. In der Mittelachse des Portals finden wir, auf einer Halbsäule sitzend, ein Abbild des thronenden Salomo als „rex justus“ das Schwert auf seinem Schoß mit der rechten Hand umfassend. Über ihm thront die Halbfigur Christi, der in der Linken eine Weltenkugel hält und die Rechte zum Segen erhoben hat.

Auf der linken Seite[6] des Portals ist die siegreiche Ecclesia als Allegorie des Neuen Testaments zu sehen, ihr gegenüber die besiegte Synagoge als Allegorie des Alten Testaments. In den Sockeln beider finden wir kleine Konsolfiguren.

Die beiden weiblichen Figuren (Abb. 2) sowie die Mittelachse mit dem Weltenrichter und Christus werden jeweils von einem Baldachin überdeckt auf dem sich, ähnlich wie bei den Baldachinen des Engelspfeilers[7], architektonische Motive befinden, wobei die architektonischen Motive der Synagoge sehr schlicht ausfallen und die über der Mittelachse sehr üppig gestaltet sind.[8]

Besonders die Figur der Ecclesia, die heute nur als Kopie am Straßburger Münster steht, ist aufgrund ihrer feinen Ausarbeitung sehr bekannt geworden.

Ecclesia, als Personifikation des Neuen Testaments, trägt ein bodenlanges, Falten werfendes Gewand, das um die Hüften mit einer Kordel zusammengerafft wird. Darüber trägt sie einen Mantel, der mit einer Brosche über der Brust zusammengehalten wird. In der linken Hand hält sie einen Kelch, in dem sie das Blut Christi auffängt, die rechte Hand fasst, vom Mantel verhüllt, einen Kreuzstab. Ihre Füße werden von ihrem langen Gewand verdeckt. Sie steht auf einem erdigen, unebenen Untergrund.

Ihre lockigen Haare fallen leicht auf die Schulter, auf dem Kopf trägt sie eine Krone. Ihr triumphierender Blick ist auf die ihr gegenüber stehende Figur der Ecclesia gerichtet.

Bemerkenswert an ihr sind die feingliedrig ausgearbeiteten Hände und die, ihre aufrechte Haltung noch unterstreichenden tiefen Gewandfalten, die den Stoff fast natürlich erscheinen lassen. Trotz der starken Falten lässt das Gewand darunter die Konturen der Beine erkennen.

Auf der anderen Seite des Portals steht, der Ecclesia gegenüber, die Synagoge. Auch sie ist als weibliches Wesen dargestellt. In der rechten Hand hält sie die Reste einer zerbrochenen Lanze, ein für das Mittelalter eindeutiges Zeichen der Niederlage und der Wehrlosigkeit[9].

[...]


[1] Vgl. Hans Jantzen: Deutsche Bauten. Das Münster zu Straßburg. Burg bei Magdeburg 1933. S. 7.

[2] Harald Keller. Der Kunstbrief. Der Engelspfeiler im Straßburger Münster. Berlin 1947.

[3] Ebd. S. 5.

[4] Adolf Weis. Zur Symbolik der Bildwerke am Südportal des Straßburger Meisters. Diss. Freiburg 1947. Dieses Buch ist leider in sehr schlechter Qualität und war mir nur schwer zugänglich.

[5] Ebd. S. 9.

[6] Ich gehe hier von einem Standpunkt vor dem Portal aus.

[7] Worauf ich später im Kapitel „Der Engelspfeiler“ noch genauer eingehen werde.

[8] Vermutlich ist die auf dem Baldachin abgebildete Stadt ein Verweis auf das himmlische Jerusalem, das der Synagoge verwehrt blieb.

[9] Vgl. Adalbert Erler. Das Straßburger Münster im Rechtsleben des Mittelalters. Frankfurt 1954. S.17.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Das Bildprogramm des Engelspfeilers und des Marienzyklus am Südportal des Straßburger Münster
Hochschule
Universität Karlsruhe (TH)  (Institut für Kunstgeschichte, Karlsruhe)
Veranstaltung
Die Ausstallung des mittelalterlichen Kirchenraums
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
22
Katalognummer
V69327
ISBN (eBook)
9783638624886
ISBN (Buch)
9783638673372
Dateigröße
960 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bildprogramm, Engelspfeilers, Marienzyklus, Südportal, Straßburger, Münster, Ausstallung, Kirchenraums
Arbeit zitieren
May Naka (Autor:in), 2006, Das Bildprogramm des Engelspfeilers und des Marienzyklus am Südportal des Straßburger Münster, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/69327

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