Der Kirchenbann Papst Gregors IX. über Kaiser Friedrich II. von 1227 - Gründe und Hintergründe


Seminararbeit, 2006

18 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Kirchenbann Papst Gregors IX. über Kaiser Friedrich II. von 1227

3. Historische Hintergründe und Erklärung des Kirchenbannes
3.1 Das Wirken des Kardinals Ugolino unter Papst Honorius III. in Oberitalien und das Verhältnis zu Friedrich
3.2 Das Scheitern des fünften Kreuzzuges und Friedrichs Verhältnis zu Honorius
3.3 Die Neuordnung des Regnum Sicilie und Streit um die Besetzung von Bistümern

4. Fazit

5. Bibliographie
5.1. Quellen
5.2 Literatur

1. Einleitung

Diese Hausarbeit befasst sich mit den geschichtlichen Hintergründen des von Papst Gregor IX. am 29. September 1227 über Kaiser Friedrich II. ausgesprochenen (ersten) Kirchenbannes. Sie soll kritisch hinterfragen, warum dieser ausgesprochen wurde und ob er gerechtfertigt war. Die im Mittelpunkt stehenden Hauptquellen sind die Enzyklika Gregors IX. vom 10. Oktober 1227, in der der Papst sein Vorgehen erklärte und die Rechtfertigungsschrift Friedrichs II. vom 6. Dezember desselben Jahres, in der er die Verschiebung des versprochenen Kreuzzuges wegen des Ausbruchs einer schweren Seuche erklärte und die Exkommunikation als ungerecht und unbegründet darstellte.

Mit Hilfe von Fachliteratur sollen diese Quellen erläutert, ihre Argumente überprüft und in den geschichtlichen Zusammenhang gestellt werden. Im zweiten Abschnitt des Hauptteils soll die Vorgeschichte des Banns noch im Pontifikat Papst Honorius III. geschildert und eine (macht-) politische Erklärung für das Verhalten Gregors gesucht werden.

Im Schlussteil der Hausarbeit werden ein kurzer Ausblick auf die folgenden Ereignisse bis zum Friedensschluss von Ceprano und ein Fazit gegeben.

2. Der Kirchenbann Papst Gregors IX. über Kaiser Friedrich II. von 1227

Ugolino Graf von Segni, der seit 1206 Kardinalbischof von Ostia war, wurde am 19. März 1227 zum Papst gewählt. Er war ein Neffe des früheren Papstes Innozenz III. Der Name, den der damals fast 60jährige (geboren um 1170, gestorben am 22.8.1241) wählte, war Programm: Gregor. Sein Vorbild mag Papst Gregor VII. gewesen sein, der im Streit zwischen sacerdotium, der geistigen und imperium, der weltlichen Macht, ein unerbittlicher Kämpfer war und König Heinrich IV. mit seinem Bann von 1076 zum legendären Bußgang nach Canossa (Januar 1077) zwang. So war wohl schon die Namenswahl Gregors IX. eine Kampfansage an Kaiser Friedrich II., oder zumindest eine Art Ankündigung, dass er in seinem Pontifikat eine härtere Linie gegenüber dem Kaiser als sein Vorgänger Honorius III. zu verfolgen plante.[1]

Dieser Ankündigung folgte schon bald die Tat, in Form der Exkommunikation des Kaisers am 29. September 1227. Als Begründung nannte Gregor die erneute Verzögerung des schon 1215 von Friedrich bei seiner Königskrönung in Aachen versprochenen Kreuzzuges (er nahm das Kreuz aus eigener Entscheidung, ohne von der Kurie dazu angehalten worden zu sein). Anläßlich seiner Salbung zum Kaiser am 22. November 1220 durch Papst Honorius III. nahm Friedrich das Kreuz erneut und zwar aus der Hand Kardinal Ugolinos.[2]

In einer Enzyklika, die dem Bannspruch über den Kaiser folgte und die an alle Bischöfe gesandt wurde, erklärte Papst Gregor nun seine Gründe. Interessanterweise argumentierte er genau anders herum als der Kaiser in seiner etwas später folgenden Rechtfertigungsschrift. Papst Gregor IX. gab Friedrich II. die Schuld an dem Ausbruch der Seuche unter den versammelten Kreuzfahrern im Hafen von Brindisi, weil dieser zu lange gezögert und „das christliche Heer so lange in der Glut der sommerlichen Hitze in dieser mörderischen Gegend und in der verseuchten Luft fest [-hielt], dass nicht nur ein großer Teil des Volkes, sondern sogar eine nicht unbeträchtliche Menge von Adligen und Führern an der Seuche, der Heftigkeit des Durstes und vielen anderen Unzuträglichkeiten starb.“[3]

Kaiser Friedrich II. nennt in seiner Rechtfertigungsschrift die Seuche eben als den Grund dafür, dass er nicht mit der Flotte auslief. So drehte Gregor das Argument um und nannte das Nichtauslaufen und das zögerliche Verhalten des Kaisers als Grund für den Ausbruch der Seuche. Die Argumentation Friedrichs II. erscheint allerdings glaubwürdiger, da er selber erkrankte4[4] und eigentlich kein Grund für eine absichtliche Verzögerung bestand. Aus der genauen Aufzählung Friedrichs II. in seiner Rechtfertigungsschrift ist anschaulich, dass sich in Brindisi ein sehr großes Heer versammelte und der enorme logistische Aufwand eine längere Dauer der Vorbereitungen notwendig machte. Welche Seuche es war, die in Brindisi ausbrach, ist nicht sicher. Es könnte sich um ein seuchenartiges Fieber oder wie Klaus J. Heinisch meint[5], die Cholera gehandelt haben. Wolfgang Stürner hält die Seuche für Malaria Tropica, Typhus oder das Zusammenfallen beider Krankheiten[6].

Sicher ist jedenfalls, dass es eine ernstzunehmende Epidemie war, da viele Kreuzfahrer daran starben, unter ihnen auch der Landgraf Ludwig von Thüringen[7], der Vetter des Kaisers und Mann der später von Papst Gregor IX. heiliggesprochenen Elisabeth und der Bischof Siegfried von Augsburg. Es ist wahrscheinlich, dass die Seuche durch in der Hitze verdorbene Nahrung oder Wasser entstand. Viele flohen vor der Krankheit aus Brindisi und trugen die Seuche in die umliegenden Orte. Der Papst warf Kaiser Friedrich sogar unterschwellig vor, Brindisi als einen ungünstigen Hafen gewählt zu haben: „...da der Kaiser fast allen anderen Hafenstädten seine Gunst entzogen hatte... “[8]

Schon in der Antike war der Hafen von Brundisium für die Römer der Ausgangspunkt schlechthin für Unternehmungen im Osten gewesen, daher muss dieser Vorwurf eher als rhetorisches Mittel denn als ein echtes Argument bezeichnet werden.

Trotz seiner Erkrankung stach Friedrich am 8. September zusammen mit Ludwig von Thüringen in See, jedoch verschlimmerte sich die Krankheit derartig, dass sie in Otranto wieder an Land gingen, wo der Landgraf am nächsten Tag verstarb. Der Kaiser sandte nun den Deutschordensmeister Hermann von Salza und den Patriarchen Gerold von Jerusalem mit zwanzig Schiffen der Hauptflotte nach ins Heilige Land und übergab das Oberkommando über das Heer der Kreuzfahrer dem Herzog Heinrich von Limburg. Er selber wollte erst in den heißen Bädern von Pozzuoli von der Krankheit genesen und im folgenden Frühjahr mit weiteren Kreuzfahrern nachfolgen. Von Otranto aus hatte Friedrich Gesandte zum Papst geschickt, der gerade in Anagni weilte, um ihm von dem Ausbruch der Seuche und seinen Plänen zu berichten, jedoch empfing der Papst diese erst gar nicht.[9] Er scheint schon von den Ereignissen gehört und seine eigenen Schlüsse gezogen zu haben, woraus sich wohl das Nichtempfangen der kaiserlichen Gesandten erklärt. Es folgte der Kirchenbann über Friedrich durch Gregor am 29. September in der Kathedrale von Anagni.[10]

In seiner Enzyklika beschreibt Gregor folgendermaßen die Handlungsweise Kaiser Friedrichs II. im Vormonat: „Dieser aber verließ, ohne an sein Versprechen zu denken, unter Bruch der Bande, durch die er gebunden war, und indem er die Furcht Gottes mit Füßen trat, unter Verachtung der Ehrfurcht vor Jesus Christus und Geringschätzung der kirchlichen Strafgewalt, indem er das christliche Heer im Stich ließ, das Heilige Land den Ungläubigen preisgab und die Ergebenheit des christlichen Volkes nicht achtete, zu seiner

und der ganzen Christenheit Schmach den Hafen und zog sich, verlockt und verleitet, zu den gewohnten Schwelgereien seines Königreiches zurück, bestrebt, die Niedertracht seines Herzens mit leichtfertigen Ausreden zu bemänteln, wie man sagt (...).“[11]

Der Kaiser war sich seiner Schuld im juristischen Sinne bewußt, da er den mit dem vorigen Papst Honorius III. geschlossenen Vertrag von San Germano vom 25. Juli 1225 , in dem er

den Kreuzzug für das Jahr 1227 versprach, gebrochen hatte. Jedoch kann man ihn als „unschuldig schuldig“ bezeichnen, da er den Vertrag nur wegen des Einflusses höherer Gewalt nicht einhalten konnte.

Friedrich war bereit, Kirchenbuße zu leisten, was eine übliche Handlungsweise war, um eine Exkommunikation rückgängig zu machen, man denke nur an den Gang nach Canossa Heinrichs IV.

Im November fand eine von Gregor IX. einberufene Synode statt, bei der auch eine kaiserliche Delegation zugegen war, der die Erzbischöfe Lando von Reggio, Marinus von Bari, Herzog Rainald von Spoleto und Graf Heinrich von Malta angehörten.[12] Diese versuchten den Papst davon zu überzeugen, Friedrich gegen Erbringung einer Bußleistung vom Kirchenbann zu lösen.

Papst Gregor wollte aber nicht nachgeben und ließ sich weder von einer detailreichen Schilderung der Ereignisse, die den Aufbruch zum Kreuzzug im September verhindert hatten, überzeugen, noch von der Versicherung, dass die vertraglich festgesetzte Anzahl an Rittern und das versprochene Geld zur Verfügung gestellt wurden.[13] So erneuerte er am 18. November feierlich die Exkommunikation Kaiser Friedrichs II. in der Peterskirche.[14]

Am 6. Dezember 1227 folgte die ausführliche Rechtfertigungsschrift Friedrichs. Sie ist in einem äußerst sachlichen Ton gehalten, verglichen mit der recht polemischen Enzyklika des Papstes, die zum Beispiel gleich im ersten Satz den Kaiser als „Schlange“ und „Ungeheuer“[15] bezeichnet. Die Schrift Friedrichs wurde an alle Könige und Fürsten Europas gesandt. In ihr schilderte er detailreich die Umstände, die ihn zu einer erneuten Verschiebung des Kreuzzuges gezwungen hatten. Im ersten Teil beschrieb er seine Bevormundung durch die Kirche (als Kind) und die von der Kirche zu Unrecht geförderte Erhebung des Welfen Ottos IV. zum Kaiser und wie er dann durch Gottes Gnade wieder zu seinem rechtmäßigen Reich kam. Dann nennt er die Gründe für die früheren Verschiebungen des Kreuzzugaufbruches noch zur Zeit Papst Honorius III. (Hierzu 2.)

Dann folgte die Schilderung des Vertrages von San Germano: „...[Wir versprachen], nachdem der Abfahrtstermin um zwei Jahre verschoben worden war, persönlich überzusetzen und 1000 Ritter auf unsere Kosten für zwei Jahre in den Dienst des Heiligen Landes zu stellen, innerhalb des festgelegten Zeitraumes bestimmten Personen [Hermann von Salza, Johann von Brienne und der Patriarch von Jerusalem] 100.000 Gulden für die

überseeischen Länder auszuhändigen, darüber hinaus 100 Lastschiffe und 50 Galeeren bereitzuhalten und zu bestimmten Zeitpunkten für 2000 Ritter die Überfahrt zu gewährleisten. “[16]

[...]


[1] Vgl. Horst. S.132. Außerdem: Heinisch (1968). S. 141.

[2] vgl. Huillard-Bréholles. S. 40

[3] O: MGH Epp. Saec. XIII 1. S. 283. – Ü: Heinisch (1968). S. 143.

[4] vgl. Huillard-Bréholles. S. 43

[5] Heinisch (1977). S. 284.

[6] Stürner. S.132.

[7] vgl. Huillard-Bréholles. S. 43

[8] O: MGH Epp. Saec. XIII 1. S. 283. – Ü: Heinisch (1968). S.143

[9] vgl.: Huillard-Bréholles. S. 44

[10] ebd. S. 43.

[11] O: MGH Epp. Saec. XIII 1. S. 283. – Ü: Heinisch (1968). S.143

[12] vgl.: Huillard-Bréholles. S. 45

[13] vgl. Stürner. S. 135

[14] ebd.

[15] vgl. MGH. Epp. Saec. XIII 1. S. 282

[16] O: Huillard-Bréholles. S. 42. - Ü: Heinisch (1968). S. 150

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Der Kirchenbann Papst Gregors IX. über Kaiser Friedrich II. von 1227 - Gründe und Hintergründe
Hochschule
Philipps-Universität Marburg
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
18
Katalognummer
V69212
ISBN (eBook)
9783638613057
ISBN (Buch)
9783640835195
Dateigröße
433 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kirchenbann, Papst, Kaiser, Friedrich, Staufer, Kreuzzug, 1227, Gregor IX., Friedrich II., Stupor mundi
Arbeit zitieren
Martin Homburg (Autor:in), 2006, Der Kirchenbann Papst Gregors IX. über Kaiser Friedrich II. von 1227 - Gründe und Hintergründe, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/69212

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