Der Umbruch in der Tschechoslowakei und die Teilung des Landes


Hausarbeit (Hauptseminar), 2002

19 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I Einleitung

II Vorboten des Umschwungs und halbherzige Reformversuche der KPC-Führung

III Die „Samtene Revolution“

IV Die Neuordnung des Staates und die ersten freien Wahlen

V Wirtschaftsreformen und erste Konflikte

VI Die Teilung

VII Schluss

Literaturverzeichnis

I Einleitung

Thema dieser Arbeit ist der Umbruch in der Tschechoslowakei und die Teilung des Landes, die dieser nach sich zog.

Bei der Untersuchung der Ereignisse werde ich chronologisch vorgehen und zu-nächst auf die Geschehnisse eingehen, die dem Sturz des kommunistischen Re-gimes vorausgingen, bevor ich die „samtene Revolution“ selbst und deren politische und wirtschaftliche Konsequenzen näher betrachte.

Am Ende dieser Entwicklungen stand die Aufspaltung der CSFR in zwei una-hängige Staaten am 01. Januar 1993. Die Ursachen der Teilung werde ich im vor-letzten Kapitel dieser Hausarbeit darlegen und abschließend die Entwicklung Tschechiens und der Slowakei im Rahmen der EU- Osterweiterung skizzieren.

II Vorboten des Umschwungs und halbherzige Reformversuche der KPC-Führung

Nach dem Tod L. Breznevs am 10.11.1982 kam es an der Spitze der KPdSU inner-

halb kurzer Zeit zu mehreren Wechseln, die jedoch die engen bilateralen Kontakte

zwischen der Sowjetunion und der Tschechoslowakei vorerst nicht beeinträchtigten.

Als aber im März 1985 Gorbacev die Parteiführung übernahm und eine Politik der Erneuerung mit mehr Transparenz unter strengerer Beachtung der Menschenrechte und den Abbau der Ost-West-Konfrontationen ankündigte, löste dies in Prag einigen Alarm aus.

Von G. Husak, dem Staatspräsidenten und Generalsekretär der KPC waren keine Reformen der Wirtschaft und der Politik zu erwarten. Er beschränkte sich auf Mo-difikationen der Plankommandowirtschaft und hoffte, so die problematische Wirt-schaftslage in den Griff zu bekommen.

Ministerpräsident Strougal ging weiter und forderte den Abbau der Subventionen, die fast 40% der Staatseinnahmen verschlangen. Darüber hinaus sah er ein, dass es „grundlegender Systemveränderungen“ bedurfte, um die desolate Volkswirtschaft der Tschechoslowakei zu sanieren.

Bei seinen Genossen im ZK traf er mit seinen Plänen allerdings auf wenig Zu-stimmung. ZK-Sekretär Fojtik warnte vor den Gefahren der Instabilität, und V. Bil´ak, zuständig für Aussenbeziehungen, meinte, „dass die Kommunisten in der CSSR unter anderen Bedingungen als die sowjetischen Genossen arbeiten müssten und daher ein mit der Übernahme von perestrojka und glasnost verbundener „Umbau“ unvorhersehbare Gefahren heraufbeschwören werde“.[1]

Dennoch gab das Präsidium der KPC am 25.02.1987 bekannt, „ähnliche Schritte“ wie die KPdSU unternehmen wolle.[2]

Doch zu einer Rückwirkung des glasnost -Kurses kam es in der CSSR vorerst nicht.[3]

Im April desselben Jahres unternahm Gorbacev einen Staatsbesuch in die Tschechoslowakei. In Prag wurde er von 150 000 Menschen begeistert empfangen, doch auch er konnte die Patt-Situation zwischen Pragmatikern und Orthodoxen nicht beseitigen und reiste früher als geplant wieder ab.

Er hatte wohl erkannt, dass mit den „hardlinern“ an der Spitze der CSSR keine Er-neuerung möglich war. Nur Personalveränderungen, herbeigeführt durch sow-jetischen Druck, konnten perestrojka und glasnost auch in der Tschechoslowakei zum Durchbruch verhelfen.[4]

So löste am 17.12.1987 Jakes Husak als Parteichef ab.

Aber auch Jakes war nicht als besonders reformfreudig bekannt, hatte er doch als Vorsitzender der Revisions- und Kontrollkommission zwischen 1968 und 1977 alle Aktivisten und Sympathisanten des Prager Frühlings aus der KPC hinausgesäubert.

In erster Linie verfolgte er das Rezept, die in Resignation verfallene Bevölkerung durch ein verbessertes Konsumgüterangebot ruhig zu halten.

Auch Ministerpräsident Strougal räumte seinen Platz und gab am 10.10.1988 den Regierungsvorsitz an Adamec ab. Im Dezember trat Bil´ak , wohl nicht ganz frei-willig, aus „Altersgründen“ zurück.

Unter der neuen Führung kam es zu einigen vorsichtigen Änderungen: Am 01.07.1988 trat ein Unternehmergesetz in Kraft, das den Staatsbetrieben mehr Selb-ständigkeit und die Wahl der Firmenleitung zusicherte. Zudem sollte der Behördenapparat um 30% verkleinert werden.

Jakes selbst trat für die strikte Aufgabentrennung zwischen Partei und Regierung ein. Doch auch dieser Maßnahmenkatalog konnte die Distanz zwischen der Be-völkerung und Partei und Staat nicht überwinden.[5]

Die tschechoslowakische Bevölkerung war nach dem gewaltsamen Ende des Prager Frühlings 1968 völlig desillusioniert und apathisch.

Im Gegensatz zu Polen existierte in der CSSR keine grosse Oppositionsbewegung.

Die wenigen Charta 77-Anhänger waren ständigen Schikanen, Repressalien und Einschüchterungsversuchen ausgesetzt. Dennoch riefen sie im Januar 1987 aus An-lass des zehnten Jahrestages ihrer Gründung die Tschechen und Slowaken auf, die allgemeine Lethargie zu überwinden und einen Demokratisierungsprozess voran-zutreiben.

Allmählich begann die als illegal verfolgte, kleine Opposition grössere Resonanz zu finden.

Vor allem Jugendliche engagierten sich und gründeten ca. ein Dutzend neue Bürge-rechtsgruppen (z.B. die Kinder Böhmens, die Vereinigung der Freunde der USA...), die sich zu der Dachorganisation „Bewegung für bürgerliche Freiheiten“ zusammen-schlossen.

Im Januar 1989 demonstrierten hauptsächlich Jugendliche und Studenten eine Woche lang zum Gedenken an die Selbstverbrennung Jan Palachs, obwohl die Kundgebungen von der Polizei immer wieder gewaltsam unterdrückt wurden. Es kam zu zahlreichen Festnahmen.

Sowohl im westlichen Ausland als auch in Polen, Ungarn und der Sowjetunion mißbilligte man die mangelnde Reformbereitschaft der tschechoslowakischen Führung. Allein die Genossen in der DDR leisteten noch moralische Schützenhilfe mit der Proklamation, die Militärintervention vor 21 Jahren sei der „einzig wirksame Ausweg“ gewesen, „um den Sozialismus zu verteidigen“.[6]

Im Sommer verstärkten sich die Spannungen: Umfragen bewiesen, dass die Le-gitimität des Regimes v.a. bei jüngeren Menschen stark abnahm.

Mehrere Tausend DDR Flüchtlinge belagerten in September/Oktober die Botschaft der BRD in Prag und demonstrierten so den Zusammenbruch des sich gegen Re-formen sträubenden SED-Regimes.[7]

Es setzte ein Stimmungsumschwung ein, der unmittelbar mit den Ereignissen in der DDR zusammenhing. Der bislang gültige, unausgesprochene „Gesellschaftsvertrag“ zwischen Bevölkerung und politischer Führung -“ihr lasst uns in Ruhe bei einigermaßen erträglichen Bedingungen, dafür leisten wir keinen nennenswerten Widerstand“- begann ungültig zu werden, denn die wesentliche Voraussetzung dieses „Kontrakts“- Widerstand kann sich sowieso nicht durchsetzten und ist daher zwecklos- war durch die Entwicklung in der DDR hinfällig geworden.[8]

[...]


[1] Hoensch, Jörg, K., Geschichte der Tschechoslowakei, Stuttgart, 1992, S.204

[2] Hoensch, S.205

[3] Hausleitner, Mariana, Die sowjetische Osteuropapolitik in den Jahren der Perestrojka, Frankfurt, New York, 1994, S.186

[4] Hoensch, S.205

[5] Hoensch, S.206

[6] Hoensch, S. 209-210

[7] Hausleitner, S.188

[8] Juchler, S.324

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Der Umbruch in der Tschechoslowakei und die Teilung des Landes
Hochschule
Freie Universität Berlin
Veranstaltung
Hauptseminar Ostmitteleuropa und die Sowjetunion nach 1945
Note
1
Autor
Jahr
2002
Seiten
19
Katalognummer
V69179
ISBN (eBook)
9783638612968
Dateigröße
408 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Umbruch, Tschechoslowakei, Teilung, Landes, Hauptseminar, Ostmitteleuropa, Sowjetunion
Arbeit zitieren
Jennifer Ammel (Autor:in), 2002, Der Umbruch in der Tschechoslowakei und die Teilung des Landes, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/69179

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