Eine andere Welt ist möglich - Die Programmatik von attac


Seminararbeit, 2004

19 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

2 Einleitung

3 Die Gründung von Attac
3.1 Attac in Frankreich
3.2 Attac weltweit

4 Attac in Deutschland

5 Programmatische Forderungen
5.1 Einführung einer Tobin - Steuer
5.2 Abschaffung von Steueroasen
5.3 Weitere Forderungen

6 Fazit und Ausblick

2 Einleitung

„Globalisierung ist die Chance, mit offenen Märkten wirtschaftliches Wachstum zu fördern, Ressourcen effizienter zu nutzen, Lebensbedingungen und Wohlfahrt der Menschen zu verbessern.“ Damit drückt Dr. Rolf-E. Breuer, der sechs Jahre Chef der Deutschen Bank war, aus welche große Hoffnungen Politik, Wirtschaft und Menschen in die Globalisierung haben.

Globalisierung bietet das Potenzial, die Teilung der Menschheit in Arm und Reich zu beenden und damit Ursachen für Kriege aus der Welt zu schaffen. Ein gelungenes Beispiel ist hierfür Europa: Die wirtschaftliche Integration der einst verfeindeten Länder wurde zu einem hochwirksamen Friedensprogramm.

Globalisierung scheint also viele Chancen aber auch Risiken zu bergen. Hierzu einige Zahlen: Unter den 100 größten wirtschaftlichen Einheiten befinden sich 52 Unternehmen und 48 Staaten, 34 Millionen Arbeitslose in den reichen Nationen und zwei Milliarden Menschen mit einem Einkommen unter 2 Dollar pro Tag. Tendenz steigend.

Spätestens seit dem G 7 (Group of Seven, seit 1975 jährlich tagender Weltwirtschaftsgipfel der sieben reichsten Nationen: Deutschland, Frankreich, England, Italien, Japan, Kanada und USA. Seit 1998 ist Russland formal dabei, daher auch Umbenennung in G 8 Group of Eight)[1] Gipfel in Genua am 20. Juli 2001 ist Attac als große Globalisierungskritikergruppe bekannt geworden. Damals demonstrierten 200.000 Menschen gegen die aktuelle Wirtschaftspolitik. Die Gipfelteilnehmer wurden geschützt durch 10.000 Polizisten und 5.000 Soldaten. Der Konferenzort Palazzo Ducale war abgeschirmt durch Flugabwehrraketen.

Es kam zu Gewalt bei den eigentlich friedlichen Demonstranten. Der Tag endete mit einer blutigen Schlacht zwischen Polizei und Demonstranten: der Italiener Carlo Guliani wurde von einer Polizeikugel getötet und mehrere hundert Menschen mussten in Krankenhäusern behandelt werden.

Seit diesem Tag ist Attac plötzlich bekannt und wochenlang Thema in Zeitungen. Aber was will Attac erreichen, welche Programmatik hat diese NGO? Eine NGO ist eine Non-Government Organization: „jede internationale Organisation, die nicht durch zwischenstaatliche Übereinkunft errichtet wurde“[2].

Damit möchte ich mich im folgenden auseinandersetzen. Neben der Vorstellung der inhaltlichen Überzeugungen möchte ich aber auch die Geschichte und Aufbau von Attac skizzieren. Bei der Programmatik werde ich mich vor allem mit der Tobin Steuer auseinandersetzen, da sie die erste und namensgebende Forderung ist.

3 Die Gründung von Attac

3.1 Attac in Frankreich

Im Dezember 1997 erscheint im „Le Monde Diplomatique“ (eine französische Monatszeitung die sich mit Außenpolitik befasst und sozialistisch geprägt ist; die aktuelle Auflage liegt bei etwa einer Million Exemplaren weltweit) ein Leitartikel des Chefredakteurs Ignacio Ramonet. Der Titel: „Entwaffnet die Märkte“. Darin prangert Ramonet die Globalisierung des Anlagekapitals an, durch die ein separater, übernationaler Staat einstanden sei ohne gesellschaftliche Grundlage. Ramonet beendet seinen Artikel mit der Aufforderung eine NGO zu gründen, die das Ziel hat sich für eine Tobin Steuer zum Nutzen der Menschen der Bürger einzusetzen. Auch den Namen Attac (A ssociation pour la T axe T obin pour l` a ide aux C itoyens = Vereinigung zur Besteuerung von Finanztransaktionen im Interesse der BürgerInnen) war damit schon genannt.

Nach Veröffentlichung trafen mehr als 5.000 Leserbriefe ein und im Juni 1998 erfolgte die Gründung in Paris.

Als Ziel wird in der Gründungserklärung genannt: „Produktion und Verbreitung von Informationsmaterial […] in den einzelnen Ländern als auch auf europäischer und internationaler Ebene.“ Als Forderungen werden genannt: Die weltweite Spekulation soll eingeschränkt, auf Kapitaleinnahmen Steuern abgeführt, Steueroasen sanktioniert und eine Privatisierung der Pensionsfonds verhindert werden. Bei der Gründung hatte Attac in Frankreich 5.000 Mitglieder. Heute sind es mehr 35.000 in 220 lokalen Gruppen, dazu kommen noch Mitglieder von Gewerkschaften und anderen NGOs die kollektiv beigetreten sind. Die Gründungsväter und –mütter bezeichnen Attac auch als „große ökonomische Alphabetisierungskampagne“. Juristisch gesehen ist Attac ein Verein. Die konstituierende Versammlung (Collège des Fondateurs) besteht aus zehn Individuen sowie 47 NGOs und anderen politischen Gruppen, welche die Ziele von Attac unterstützen. Gemeinsam bilden sie eine wirkungsvolle Basis für Aktionen. Laut Satzung wählt das Gründerkolleg 18 von 30 Mitgliedern des Verwaltungsrates. Der Präsident muss aus dieser Gruppe stammen. Der Verwaltungsrat bestimmt die politischen Richtlinien. Das Zentralbüro mit sieben Hauptamtlichen sitzt in Paris. Eine sehr wichtige Rolle spielen aber die sehr autarken lokalen Gruppen.

3.2 Attac weltweit

Für die internationale Ausweitung wurde im Dezember 1998 in Paris mit Teilnehmern aus verschiedenen Länder der Grundstein gelegt. Bernhard Cassen, der damalige Präsident von Attac Frankreich lud gezielt NGOs zu einem Kongress nach Paris ein. Dort erfolgte am 11.12.1998 (50. Geburtstag der UN – Erklärung der Menschenrechte) die Gründung von Attac als internationale Organisation.

Das Netzwerk hat keine hierarchische Strukturen wie z.B. ein Zentralkomitee und es gibt keine geographische Zentrale. Entscheidend sind gemeinsame Ziele, die Ausgestaltung erfolgt pluralistisch. Dies ist auch bedingt durch die großen Unterschiede der Mitglieder.

Die Aktivitäten von Attac finden vor allem auf zwei Gebieten statt: programmatische Arbeit sprich ökonomische Bildung und Aktionen. Die programmatische Arbeit findet vor Ort mit Vorträgen, Seminaren etc. statt, aber auch durch Veröffentlichungen. Ein wichtiges Medium dabei ist das Internet. Es wird viel online diskutiert und dann die Ergebnisse präsentiert. Attac hat aber bereits auch Bücher veröffentlicht, in Deutschland sind dies vor allem die Attac Basistexte im VSA Verlag. Es gibt auch Sommeruniversitäten oder Vortragsreihen an Hochschulen. Diese inhaltliche Arbeit dient dem wichtigen Ansatz: ökonomische Alphabetisierung, d.h. die Menschen vertraut mit ökonomischen Zusammenhängen zu machen.

Wesentlich bekannter sind aber die Aktionen von Attac. Sie haben stets das Ziel die Menschen wachzurütteln für die Gefahren der Globalisierung. Die bekannteste Form sind Demonstrationen bei großen politischen Treffen wie der G 8 Treffen. Die Attac Aktivisten möchten dabei aber stets friedlich vorgehen. Dazu kommt noch die Lobbyarbeit vor allem bei den Landesparlamenten, mittlerweile haben einige auch für die Einführung einer Tobin Steuer gestimmt, Vorreiter waren dabei Kanada, Belgien und Frankreich.

Die erste internationale Attac Aktion fand im Januar 1999 statt. Unter dem Motto „Das andere Davos“ treffen sich 1.000 Attacis in dem Skiort, dort tagt zeitgleich die Weltwirtschaftselite. Die Attacis demonstrierten und veranstalteten ein Forum der Alternativen.

Heute gibt es 95.000 Einzelmitglieder in 50 Staaten. Die meisten Mitglieder leben in Europa und Südamerika.

4 Attac in Deutschland

Mit etwas zeitlicher Verzögerung kam Attac auch nach Deutschland. Die offizielle Gründung fand am 22.01.2000 statt. Ende Oktober 2001 fand in Berlin der erste Attac Kongress in der Technischen Universität zu Berlin statt. Zwei Tage wurde dort über das Weltfinanzsystem debattiert. Dreitausend Teilnehmer besuchten die 80 verschiedenen Workshops, die sich mit den verschiedenen Themen der Globalisierung auseinander setzten. Dort ging man weg von der Einführung der Tobinsteuer als einzige Forderung. Weitere Forderungen kamen dazu, wie z.B. Schließung von Steueroasen, Schuldenstreichung für Entwicklungsländer, keine Privatisierung der sozialen Sicherungssysteme. Prominente Erstmitglieder waren: die SPD Bundestagsabgeordneten Andrea Nahles und Detlev von Larcher, IG Medien Vorstand Detlev Hensche, der Theologe Friedhelm Hengsbach, der Sänger Konstantin Wecker und der Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel.

Vor diesen Kongress gab es etwa 1.500 Attac Anhänger in Deutschland, in wenigen Wochen nach dem Kongress wurden es circa 4.000 Mitglieder. Anfang 2002 waren es dann 6.000. Aktuell werden 14.000 Mitglieder genannt. Neben diesen Einzelnmitgliedern gibt es etwa 100 NGOs, Institutionen und Vereine die als Unterstützer zum Netzwerk gehören. Dazu gehört u.a. Pax Christi, Terre des Hommes, DAG Bildungswerk, [solid], ver.di, Weltwirtschaft Ökologie und Entwicklung (WEED)

, DGB, IG Metall sowie die GEW. Unterorganisationen von Parteien können auch Mitglied werden. Diese stammen meist von der SPD, und Grünen sowie deren Jugendorganisationen. Derzeit sind diese in etwa 200 lokalen Gruppen organisiert. Diese regionalen Gruppen arbeiten autonom. Die Mitglieder gehören zu den verschiedensten Personengruppen an, vom Schüler bis zum Pensionär ist alles vertreten.

Es herrscht lediglich in folgenden Punkten ein Grundkonsens:

- Stabilisierung von Finanzmärkten und Wechselkursen
- Gerechte Besteuerung von Kapitaleinkünften und großen Vermögen
- Lösung der Schuldenkrise und nachhaltige Entwicklung
- Demokratisches und soziales Europa – solidarisch mit allen Teilen der Welt
- Ablehnung einer Militarisierung der Außenpolitik

Attac formuliert ihr Ziel so „Positive Alternativen formulieren und durchsetzen, mittelalterliche Schicksalsgläubigkeit durchbrechen“.[3]

Die erste Attac Zentrale befand sich in der niedersächsischen Kleinstadt Verden / Aller. Dort kauften Aktivisten eine ehemalige Kaserne und bauten sie um. Bis Anfang 2002 befand sich das Bundesbüro dort, dann erfolgte der Umzug in die Bankenmetropole Frankfurt / Main.. Die Bundeszentrale übernimmt den Versand von Infomaterialien, treibt Zuschüsse ein, entwickelt Aktionsvorschläge und unterstützt die regionalen Gruppen. Das Bundesbüro hat etwa 10 hauptamtliche Mitarbeiter sowie zahlreiche Praktikanten.

Abb. 1: Struktur von Attac Deutschland

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das höchste Gremium von Attac Deutschland ist der bundesweiter Ratschlag. Er findet meist zweimal jährlich statt. Stimmberechtigt sind dort alle Attac Mitglieder. Dieser Ratschlag wählt den Attac Rat, der zwischen den Ratschlägen tagt, und den 18-köpfigen Koordinationskreis, sozusagen der Bundesvorstand von Attac. Zusätzlich gibt es noch ein wissenschaftlichen Beirat, der hauptsächlich mit Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen besetzt ist.

Attac ist finanziell unabhängig. Die Finanzierung erfolgt über Mitgliedsbeiträge und Spenden. Im Jahr 2001 war zunächst ein Haushaltsplan mit Ausgaben in Höhe von 173.000 DM verabschiedet. Für das Jahr 2004 wurde ein Haushalt verabschiedet mit geplanten Ausgaben in Höhe von etwa 1.250.000 EUR .

5 Programmatische Forderungen

Attac wendet sich nach eigenem Verständnis nicht gegen die Globalisierung generell sondern gegen die aktuelle Form der Globalisierung. Sie nennen es die neoliberale Globalisierung. Attac sieht auch die vielen Vorteile, die die Globalisierung mit sich bringt. Formuliertes Ziel ist es: „Globalisierung so unter Kontrolle zu bekommen, dass Demokratie, soziale Gerechtigkeit und Ökologie mit der voranschreitenden Internationalisierung vereinbar werden.“[4]

[...]


[1] Gabler Wirtschaftslexikon, 15 Aufl., 3447 f

[2] Gabler Wirtschaftslexikon, 15 Aufl. 2253 f

[3] PowerPoint Präsentation von Giegold, S.

[4] Giegold, P: Steueroasen trockenlegen!, 2003, 7

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Eine andere Welt ist möglich - Die Programmatik von attac
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg  (Institut für Ökonomische Bildung)
Veranstaltung
Weltwirtschaft und ihre Institutionen
Note
1,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
19
Katalognummer
V68864
ISBN (eBook)
9783638611800
Dateigröße
495 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Eine, Welt, Programmatik, Weltwirtschaft, Institutionen
Arbeit zitieren
Gabriele Dammers (Autor:in), 2004, Eine andere Welt ist möglich - Die Programmatik von attac, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/68864

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