Scheidungsursachen - Wandel, Faktoren, Effekte


Hausarbeit, 2003

27 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Entwicklung der Scheidungszahlen
2.1 Deutschland im westeuropäischen Vergleich
2.2 Kritik an der Aussagefähigkeit von Scheidungsziffern

3 Allgemeine Trends und gesellschaftliche Entwicklung

4 Soziodemographische Faktoren
4.1 Heiratsalter
4.2 Ehedauer
4.3 Konfession
4.4 Wohnortgröße
4.5 Kinderzahl
4.6 Soziale Schicht
4.7 Einkommen
4.8 Bildungsniveau
4.9 Berufsposition
4.10 Intergenerationale Transmission
4.11 Kalendarischer Zeitablauf
4.12 Lebensführung und Persönlichkeit

5 Subjektive Scheidungsgründe

6 Schluss und Ausblick

7 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Meine Eltern sind nicht geschieden. Jedoch gibt es viele Kinder deren Eltern geschieden sind. Auch in meinem Umfeld gibt es viele Scheidungskinder, es sind Kinder, die ihr ganzes Leben die Scheidung der Eltern mit sich tragen. Viele von ihnen haben dauerhafte Schäden erlitten, durch die Scheidung, durch die psychische Belastung, durch die finanziellen Schwierigkeiten, die sie nach der Scheidung erwarteten.

Ich bin kein Scheidungskind. Und ich möchte nicht, dass meine Kinder eines Tages zu Scheidungskindern gemacht werden.

Daher möchte ich aufdecken, welche Ursachen eine Scheidung haben kann und welche Faktoren die Ehestabilität beeinflussen. Es gilt herauszufinden ob und wie man die eigene Ehe oder Partnerschaft günstig beeinflussen kann, um das Scheidungsrisiko zu verringern.

In dieser Hausarbeit werde ich zunächst auf die Entwicklung der Scheidungszahlen in Deutschland eingehen und einen Vergleich mit Scheidungsraten aus dem restlichen Europa ziehen. Dann soll es um die Aussagefähigkeit von Scheidungsraten gehen, welche Angaben sie beinhalten und welche nicht.

Um allgemeine gesellschaftliche Trends und Entwicklungen in der Bevölkerung, die Auswirkungen auf die Scheidungsraten haben, soll es in dem dritten Abschnitt gehen. Dabei werde ich besonders auf die Unterschiede der Entwicklungen in der ehemaligen DDR und der frühen Bundesrepublik eingehen.

Der vierte Abschnitt ist den soziodemographischen Faktoren gewidmet. Hier wird eine Auswahl der das Scheidungsrisiko beeinflussenden sozio-demographischen Faktoren auf ihre Effekte geprüft und nach eventuell unterschiedlichen Auswirkungen und Relevanz in der ehemaligen DDR und der frühen Bundesrepublik dargestellt.

Subjektive Scheidungsursachen aus Sicht der Geschiedenen sind Gegen-stand des fünften Abschnittes. Den Abschluss bildet der Ausblick auf eine mögliche zukünftige Entwicklung der Scheidungszahlen im sechsten Kapitel.

Alle Angaben und Aussagen beziehen sich nur auf das Scheidungsrisiko von Erst-Ehen. Zweit-Ehen bleiben aufgrund des Umfanges der Thematik weitestgehend unberücksichtigt. Generell ist jedoch festzuhalten, dass bei Zweit-Ehen aufgrund der schlechteren Ausgangsbedingungen das Scheidungsrisiko grundsätzlich höher als bei Erst-Ehen ist.

2 Entwicklung der Scheidungszahlen

Es ist festzustellen, dass die Zahl der Ehescheidungen im Zeitraum von 1888 bis 1986 zunimmt.

Der erste Sprung wird um 1900 verzeichnet und beschreibt einen geringfügigen vorübergehenden Rückgang der Scheidungsrate. Dies ist zurückzuführen auf die Vereinheitlichung und die Neuordnung des Scheidungsrechts die es mit der Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches gab (vgl. Margret Rottleuthner-Lutter 1989, S. 610).

Der erste sprunghafte und dauerhafte Anstieg der Scheidungsrate ist nach dem Ende des Ersten Weltkrieges festzustellen. Als Begründung führt Rottleuthner-Lutter (1989) die zunehmende Industrialisierung verbunden mit einer Zunahme der Frauenerwerbstätigkeit sowie ein hauptsächlich in den Städten beschleunigtes Bevölkerungswachstum an (vgl. Margret Rottleuthner-Lutter 1989, S. 609).

Zwischen 1934 und 1939 kommt es zu einem weiteren vorübergehenden Anstieg der Scheidungsraten, was auf die Rassenproblematik im Dritten Reich zurückzuführen ist. Nach der Machtergreifung der National-sozialisten war es verboten Ehen zwischen „Juden und Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes“ (Rottleuthner-Lutter 1989, S. 610) zu schließen. Bereits bestehende Ehen zwischen Christen und Juden wurden durch neue Gesetze stark benachteiligt und einer Belastungsprobe unterzogen, der viele nicht standhalten konnten. Zudem wurden Gesetze erlassen die die Scheidung von Ehen zwischen Christen und Juden deutlich vereinfachten (vgl. ebd.). Dies erklärt die Zunahme der Scheidungszahlen in diesen Jahren.

Für die Kriegsjahre 1942 bis 1945 gibt es keine Scheidungszahlen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kam es zu einem starken sprunghaften Anstieg der Scheidungsraten, der jedoch nur vorübergehend war. Zu erklären ist dieser Anstieg mit der besonderen Situation der Kriegs- und Nachkriegsjahre, die Gerichte waren wieder voll funktionstüchtig (vgl. Wagner 1997, S 117f). Zudem ist nachgewiesen, dass Ehen die während des Krieges geschlossen wurden, ein signifikant höheres Scheidungsrisiko haben (vgl. Rottleuthner-Lutter 1989, S. 609, zitiert nach Höhn 1980).

Die Scheidungsreform im Jahre 1977 führt zu einem abrupten und äußerst starken Rückgang der Scheidungsraten. Neu ist nun, dass Ehen nach dem Zerrüttungsprinzip an speziellen Familiengerichten geschieden werden (nicht mehr nach dem Verbundprinzip), dadurch hat sich auch die Dauer des Scheidungsprozesses um mehr als zwölf Monate erhöht. Dies sind weitere, die Ehescheidungsfreudigkeit vermindernde Faktoren.

Weiterhin ist festzuhalten, dass das Scheidungsrisiko bei zweiten Ehen durchschnittlich höher liegt als bei der Erstehe. Dies ist zurückzuführen auf die mit der Scheidung der Erstehe „geringeren psychischen und sozialen Barrieren gegen eine Trennung sowie eine geringere normative Bindung an die Ehe“ (Klein 1995, S. 79). Zudem sind bei Zweitehen meist Kinder aus der vorherigen Ehe vorhanden, welche das Scheidungsrisiko noch zusätzlich ansteigen lassen (vgl. Wagner 1997, S. 179).

2.1 Deutschland im westeuropäischen Vergleich

Im westeuropäischen Vergleich nimmt Deutschland mit der Höhe der Scheidungshäufigkeit keine Spitzenposition ein. In Großbritannien und in Finnland ist die Scheidungshäufigkeit am höchsten; Deutschland nimmt in dieser Rangordnung den siebten Platz ein.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenQuelle: Diamantopoulou, Solbes Mira (2001)

Betrachtet man die Scheidungsziffern von 1994 im globalen Vergleich, so besetzen die Vereinigten Staaten von Amerika mit 46% den ersten Rang, dicht gefolgt von der russischen Föderation (45,9%) (Wagner 1997, S. 124). Die Scheidungsziffer in Deutschland beträgt 20,4% (ebd.).

2.2 Kritik an der Aussagefähigkeit von Scheidungsziffern

An den Scheidungsziffern gibt es mehrere Kritikpunkte die ihre tatsächliche Aussagefähigkeit beeinschränken oder zumindest aber in die Entscheidungsfindung miteinbezogen werden sollten. Generell werden von Scheidungsziffern nur diejenigen Ehen erfasst, die gerichtlich getrennt wurden. Ehen die außergerichtlich getrennt werden, bleiben somit gänzlich unberücksichtigt, die tatsächliche Zahl der Ehetrennungen bleibt also weiter unklar. Es ist anzunehmen, dass ein Teil der in Ehe lebenden Personen die außergerichtliche Trennung der Ehe (sog. Trennung von Tisch und Bett) allein schon aus finanziellen Gründen oder einfach aus Unsicherheit über die Endgültigkeit der Entscheidung vorzieht.

Gerade bei repressiven eherechtlichen Regelungen werden demnach die offiziellen Scheidungsziffern geringer ausfallen als die tatsächlichen Zahlen der Ehetrennungen. Eine geringe Scheidungsziffer spricht also eher für eine harte eherechtliche Gesetzeslage als für eine Vielzahl glücklicher Ehen (vgl. Wagner 1997, S. 13).

Des weiteren ist darauf zu achten, dass bei einigen empirischen Studien gerade in der früheren DDR aufgrund teilweise äußerst geringer Fallzahlen, die Repräsentativität nicht immer gewährleistet ist (vgl. Klein 1995, S. 78).

3 Allgemeine Trends und gesellschaftliche Entwicklung

Im Laufe der Zeit haben sich allgemeine Trends in der Bevölkerung hinsichtlich Familien und Ehe bemerkbar gemacht. Insgesamt hat die Bedeutung der Familie als Institution begründet durch Entwicklungen der Gesellschaft wie Verstädterung und verbesserte Möglichkeiten der Geburtenkontrolle (vgl. Rottleuthner-Lutter 1989, S. 608) nachgelassen, vielmehr wird nun der emotionalen Ebene der Ehe eine größere Bedeutung beigemessen. Dies hat zur Folge, dass Scheidungen allein aus emotionalen Gründen begünstigt werden, in der Zahl zunehmen.

Es ist jedoch auch ein weiterer Trend festzustellen, der gerade die Sicherheitsfunktion der Ehe mit ihrer speziellen Rechtssituation ausnutzt. Diese bietet Frauen und Kindern besonderen Schutz, wenn eine Ehe - aus der Kinder hervorgegangen sind - geschieden wird. Es kommt also häufig zu einer Eheschließung wenn ein Kinderwunsch besteht.

In der ehemaligen DDR galt die Familie als Ort der Privatheit und genoss hier auch seine größte Bedeutung (vgl. Klein, S. 76). Von weitaus geringerer Wichtigkeit war die Funktion der Ehe als Institution. So gab es kaum Barrieren die daran hinderten eine Ehe zu schließen oder auch zu scheiden, da mit ihr kein Verpflichtungscharakter verbunden war. Eine Scheidung wurde nicht von der Bevölkerung oder vom Staat sanktioniert, auch die Scheidung an sich fand sehr verkürzt und zügig statt. Vielmehr gab es einen „vorgegebenen“ Lebensentwurf, der als normal galt und auch wegen der damit verbundenen Vorteile und Begünstigungen z.B. bei der Wohnungsvergabe (vgl. Klein 1995, S. 76) gelebt wurde. Darunter verstand man u.a. eine frühe Eheschließung verbunden mit der Gründung einer Familie (spätestens bis zu einem Alter von 25 Jahren). Dieser Universal-Lebenslauf beinhaltete meist auch ein oder mehrere Scheidungen, die aufgrund der frühen Heirat und anderen Umständen, auf die ich im Kapitel 4 noch genauer eingehen werde, quasi provoziert wurden.

Eine weitere Funktion der Familien, die der Kindererziehung und Betreuung, war in der ehemaligen DDR aufgrund der hohen Vollerwerbstätigkeit der Frauen in die Kindergärten u.ä. ausgelagert.

In der frühen Bundesrepublik hatte die Familie als Institution im allgemeinen eine größere Bedeutung als in der ehemaligen DDR. Dies lässt sich auch daran festmachen, dass sozialpolitische Leistungen direkt an Familien adressiert waren und die Rechtssituation der Ehe aufgewertet wurde. Eine Scheidung war eher mit finanziellen und materiellen Nachteilen verbunden, weniger jedoch mit moralischen Sanktionen, da nichteheliche Lebensgemeinschaften ähnlich wie die Ehe akzeptiert wurden.

Auf der eingefügten Grafik über die zusammengefassten Ehescheidungsziffern im frühen Bundesgebiet und den neuen Bundesländern ist der Zeitraum von 1970 bis 1993 dargestellt. Diese lässt deutlich erkennen, dass es bei der Entwicklung der Scheidungsziffern der ehemaligen DDR und später den neuen Bundesländern zu einem starken abrupten Rückgang zwischen 1989 und 1991 kommt, ab 1992 ist eine langsame Zunahme der Scheidungsziffern festzustellen.

Der Einschnitt lässt sich damit begründen, dass aufgrund der Vielzahl der politischen und gesellschaftlichen Änderungen für die Bevölkerung der ehemaligen DDR die bereits bestehenden Ehen – mit all ihren vermeintlichen Schwierigkeiten und Problemen – eine Art Sicherungsfunktion, Halt und Schutz boten, der in dieser Zeit dringend nötig war. Es wäre auch denkbar, dass die politischen Veränderungen und die drohenden finanziellen Probleme die Ehepartner fester miteinander verbunden haben und ihre eigenen Probleme innerhalb der Partnerschaft haben vergessen oder unwichtig erscheinen lassen. Ein entscheidender Grund scheint auch die Übernahme des bundesdeutschen Scheidungsrechts zu sein, welches die Dauer der Scheidung an sich - im Vergleich zum Scheidungsrecht der ehemaligen DDR - verlängert und vor allem auch die materiellen und finanziellen Konsequenzen vergrößert hat.

[...]

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Details

Titel
Scheidungsursachen - Wandel, Faktoren, Effekte
Hochschule
Universität Potsdam
Autor
Jahr
2003
Seiten
27
Katalognummer
V68849
ISBN (eBook)
9783638611756
ISBN (Buch)
9783638890977
Dateigröße
446 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Scheidungsursachen, Wandel, Faktoren, Effekte
Arbeit zitieren
Magistra Artium Claudia Kunze (Autor:in), 2003, Scheidungsursachen - Wandel, Faktoren, Effekte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/68849

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