Documenta - Idee und Geschichte


Hausarbeit (Hauptseminar), 2002

27 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Überblick über die Literatur

3. Geschichte der Documenta
3.1. Documenta 1 (1955)
3.2. Documenta 2 (1959)
3.3. Documenta 3 (1964)
3.4. Documenta 4 (1968)
3.5. Documenta 5 (1972)
3.6. Documenta 6 (1977)
3.7. Documenta 7 (1982)
3.8. Documenta 8 (1987)
3.9. Documenta 9 (1992)
3.10. Documenta 10 (1997)
3.11. Documenta 11 (2002)

4. Schlussbemerkung

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Documenta – der Name dieser im mehrjährigen Abstand in Kassel stattfindenden Kunstausstellung ruft bei den meisten Menschen, hauptsächlich den kunstinteressierten, die unterschiedlichsten Reaktionen hervor. Für die einen ist die Documenta eine der bedeutendsten Ausstellungen der Gegenwartskunst, die anderen lehnen sie als angebliches „Produkt der Freizeitindustrie“[1] schlichtweg ab, oder unterstellen ihr gravierende Einflussnahme auf den nationalen und internationalen Kunst- und Ausstellungsbetrieb.

Auch haftet der Documenta immer noch ein ganz bestimmter Mythos an: Ordnung in das unübersichtliche Gebiet der Gegenwartskunst zu bringen! Doch ist das heute überhaupt noch möglich? In unserem Zeitalter der neuen Medien greifen Künstler mehr und mehr auch in Bereiche ein, die früher als „kunstlos“ erachtet wurden. Grenzen werden überschritten und verwischt – zwischen Stilen und Gattungen, der Gegenwart und der Vergangenheit, durch die Öffnung der Grenzen in Europa auch zwischen den Ländern. So wird der Überblick über das aktuelle Kunstgeschehen immer schwieriger. Genau den will die Documenta jedoch jedes Mal aufs neue geben.

Worauf gründet die Documenta dann diesen Anspruch? Welche Idee steckt hinter diesem Ausstellungszyklus? Diese Fragen klären sich, wenn man die Geschichte der Documenta von ihren Anfängen 1955 bis zum heutigen Zeitpunkt verfolgt. Ich möchte nun deshalb chronologisch auf die einzelnen Documenta-Ausstellungen eingehen und anhand dieser Abfolge die Hintergrundidee und die Geschichte der Documenta darstellen.

2. Überblick über die Literatur

Neben Aufsätzen und Artikeln in diversen Tageszeitungen und Zeitschriften, die jeweils die aktuelle, in dem entsprechende Jahr stattfindende Documenta betreffen, lässt sich darüber hinaus auch eine große Menge an Literatur zur Documenta allgemein und ihrer Geschichte finden. Hierbei hat sich besonders Harald Kimpel

hervorgetan, der neben seinem Artikel „Warum gerade Kassel?“ in Band 49 der Zeitschrift „Kunstforum“ mit „documenta. Die Überschau“ ein Überblickswerk zu dieser Ausstellung verfasst hat. In „documenta. Mythos und Wirklichkeit“ versucht Kimpel dagegen, die Documenta kritisch zu hinterfragen, indem er sich mit den Strukturen, dem Ort und der Art der Kunstvermittlung der „ Institution Documenta“ auseinandersetzt.

Auch direkt Beteiligte diverser Documenta-Ausstellungen äußern sich zur Geschichte der Documenta, so beispielsweise der künstlerische Leiter der Documenta 6 und 8, Manfred Schneckenburger, mit seinem Werk „documenta. Idee und Institution“ oder der Pressesprecher der Documenta 3, Alfred Nemeczek. Er veröffentlicht neben kürzeren Artikeln in der Zeitschrift „Art“ von 1982 und 1987 auch das kompakte kleine Buch „documenta. Wissen 300“ mit einem kurzen, prägnanten Abriss der Documenta-Geschichte. Bei diesen Werken der direkt Beteiligten lässt sich jedoch deutlich die Tendenz erkennen, die Dinge subjektiv aus der eigenen Perspektive zu beschreiben.

Des weiteren ist Volker Rattemeyers „documenta. Trendmaker im internationalen Kunstbetrieb“ zu erwähnen, der sich in einer Sammlung von Essays, entstanden während einer Tagung der Kasseler Hochschulwoche, mit dem Einfluss der Documenta auf den Kunstmarkt und die allgemeine Wertschätzung der dort gezeigten Werke und Künstler auseinandersetzt.

Auch sollte Walter Grasskamps Aufsatz in Band 49 des „Kunstforums“ nicht vergessen werden, der sich in „Modell documenta oder wie wird Kunstgeschichte gemacht“ damit auseinandersetzt, welchen Einfluss die Documenta auf die Kunstgeschichtsschreibung ausübt.

Zuletzt muss in unserer Zeit der neuen Medien auch auf das Internet als Informationsquelle hingewiesen werden. Die offizielle Seite der Documenta unter http: //www.documenta.de enthält neben allen wichtigen Informationen zur aktuellen 11. Documenta 2002 auch einen historischen Überblick.

3. Geschichte der Documenta

Befasst man sich näher mit der Geschichte der Documenta, stellt sich zuerst die Frage, bei welchem Zeitpunkt man beginnen soll. Fängt man direkt mit dem Jahr 1955, dem Jahr der ersten Documenta, an oder beginnt man schon früher, wie Harald Kimpel, der meint, „dass die Geschichte der documenta nicht erst 1955 mit dem Stattfinden der d1 einsetzt, sondern bereits mit einer „Inkubationszeit“ des Unternehmens während der ersten Hälfte der 50er Jahre“.[2] Unbestreitbar bleibt, dass man freilich die Geschichte der Documenta nicht adäquat darstellen kann, ohne auf die näheren Umstände und den Zustand Kassels nach dem Zweiten Weltkrieg und in den frühen 50er Jahren einzugehen.

1955, im Jahr der ersten Documenta und zehn Jahre nach Ende des Krieges, liegt das Stadtgebiet von Kassel immer noch weitgehend in Trümmern. Kassel war während der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland durch seine zentrale Lage und das Vorhandensein von Bodenschätzen zu einem Zentrum der Rüstungsindustrie aufgerückt und deshalb in den letzten Kriegsjahren von den Alliierten besonders heftig bombardiert worden. Durch die Veränderung der politischen Situation nach 1945 und die Gründung der DDR liegt Kassel nun auch nicht mehr im Zentrum Deutschlands, sondern am östlichen Rande des Landes, gerade mal 30 km von der Grenze Ostdeutschlands entfernt. Diese Tatsache sowie die aus diesem Grunde damals schon hohe Zahl der Arbeitslosen tragen dazu bei, dass der Wiederaufbau Kassels nur schleppend voran geht und sich auch noch bis weit in die 60er Jahre hineinziehen sollte.[3]

Um nun die missliche Lage der Stadt etwas zu verbessern, bewirbt Kassel sich um die Ausrichtung der Bundesgartenschau im Jahre 1955. Dadurch erhofft man sich Einnahmen durch Touristen und ein besseres Image für die Stadt.[4]

3.1. Documenta 1 (1955)

In diesem oben geschilderten Umfeld entwickeln sich nun die Ideen für die erste Documenta im Jahre 1955. Die treibende Kraft hinter der Documenta und deren Initiator war der Maler Arnold Bode (1900 – 1977). Manfred Schneckenburger beschreibt ihn als „Ausstellungsdesigner, Akademieprofessor in Kassel, Initiator, Visionär, Regisseur, Architekt der documenta bis 1968, ihr schwungvollster, jugendlichster Begleiter bis zu seinem Tod 1977“.[5]

Bode, der auch schon als Designer und Ausstellungsarchitekt gearbeitet hatte, ist seit langem unglücklich über die in seinen Augen unästhetische Nachkriegsarchitektur. Auch das in der Bevölkerung offensichtlich gar nicht vorhandene kulturelle Bewusstsein erschreckt ihn. Im Gedanken an diese Missstände reift in ihm der verwegene Plan, eine Überblicksveranstaltung zu konzipieren, die bedeutende Werke der Kunst des 20. Jahrhunderts an einem Ort versammeln sollte. Damit sollte den Deutschen nicht nur die Kunst Europas gezeigt werden, zu der sie im Zuge der nationalsozialistischen Diktatur keinen Zugang hatten, es sollten auch diejenigen Künstler rehabilitiert werden, die nur wenige Jahre zuvor noch als „entartet“ gegolten hatten.[6]

Bode sieht nun die beste Möglichkeit zur Verwirklichung seiner Vision in der Bundesgartenschau. Nachdem der Staat 1955 Kassel für die Ausrichtung der Veranstaltung auswählt, wird schon von dem mit der Planung der Bundesgartenschau beauftragten Professor für Grünplanung, Hermann Mattern, der Plan auf den Tisch gebracht, doch eine Kunstausstellung als Beiprogramm zu organisieren, da man dies bei früheren Veranstaltungen dieser Art bereits erfolgreich miteinander verbunden habe.[7]

Arnold Bode hat sogar schon ein Gebäude für seine spektakuläre Idee im Auge: die Ruine des frühklassizistischen Museum Fridericianum auf dem Kasseler Friedrichsplatz. Der zwischen 1769 und 1779 gebaute Komplex ist zwar ausgebrannt, hat aber noch eine ansehnliche Fassade und ist noch immer ungenutzt.[8]

Die 1953 in der Ruine des Palazzo Reale in Mailand abgehaltene Ausstellung mit Werken von Picasso, die Bode gesehen hat, hat ihn wohl darauf gebracht, seine Vision im Fridericianum verwirklichen zu wollen.[9]

Was Bode jetzt noch zur Verwirklichung seines Traumes fehlt, sind geeignete Partner zur Finanzierung des Ganzen. Zunächst gründet Bode mit einigen gleichgesinnten Freunden einen Verein, „Abendländische Kunst des XX. Jahrhunderts e.V.“ genannt. Damit sind ihm schon mal öffentliche Mittel sicher. Jedoch stehen die Stadt Kassel und das Land Hessen der ganzen Aktion dennoch eher skeptisch gegenüber. Nur mit vereinten Kräften und der tatkräftigen Unterstützung durch den damaligen Bundespräsident Theodor Heuss, schafft man letztendlich den Durchbruch.[10]

Nachdem nun alle größeren Hindernisse beseitigt sind, kann Anfang 1955 mit den konkreten Vorbereitungen für die Ausstellung begonnen werden. Initiator und Organisator ist Arnold Bode, das Sekretariat wird von Herbert von Buttlar geleitet. Die Konzeption der Ausstellung liegt in den Händen von Werner Haftmann, von Harald Kimpel als „Cheftheoretiker“[11], von Manfred Schneckenburger dagegen als „Chefideologe“[12] der ersten bis dritten Documenta bezeichnet. Die Ausstellung trägt den Titel: „documenta. Kunst des XX. Jahrhunderts. Internationale Ausstellung“ und findet schließlich von 15. Juli bis 18. September 1955 statt.

Arnold Bode will mit seiner Ausstellung eine Art - wie Harald Kimpel es nennt - „Vergangenheitsbewältigung“[13] durchführen: Kunst zeigen, die es unter den Nazis nicht zu sehen gab, „entartete“ Kunst rehabilitieren (beispielsweise dadurch, dass Wilhelm Lehmbrucks Skulptur „Die Kniende“ (1911), im Dritten Reich ein Prototyp der „entarteten“ Kunst, den besonders exponierten Platz in der Treppenhaus-Rotunde des Fridericianums erhält) und gleichzeitig eine „Standortbestimmung“[14] für Deutschland und seine Kunstwelt durchführen. Bode will eine Antwort finden auf die „Doppelfrage: „Wo steht die Kunst heute? – Wo stehen wir heute?““[15]. Es soll versucht werden, an die kulturellen und künstlerischen Traditionen der Moderne, die vor dem zweiten Weltkrieg in Deutschland aufblühten, wiederanzuknüpfen.[16]

[...]


[1] Kimpel, Harald: documenta. Mythos und Wirklichkeit, Köln 1997, S.76. Im folgenden zitiert als „Kimpel 1997“.

[2] Kimpel, Harald: Warum gerade Kassel? Zur Etablierung des documenta-Mythos, in: Kunstforum 49/1982, S.25.

[3] Vgl. Kimpel 1997, S.94f.

[4] Kimpel 1997, S.95f.

[5] Schneckenburger, Manfred: documenta – Idee und Institution. Tendenzen, Konzepte, Materialien, München 1983, S.10. Im folgenden zitiert als „Schneckenburger 1983“.

[6] Vgl. Kimpel, Harald: documenta. Die Überschau, Köln 2002, S.14ff. Im folgenden zitiert als „Kimpel 2002“.

[7] Vgl. Kimpel 1997, S.98f.

[8] Vgl. Kimpel 1997, S.108.

[9] Vgl. Schneckenburger 1983, S.9.

[10] Vgl. Kimpel 2002, S.17.

[11] Kimpel 2002, S.17.

[12] Schneckenburger 1983, S.30.

[13] Kimpel 2002, S.17.

[14] Kimpel 2002, S.22.

[15] Ebd.

[16] Vgl. Kimpel 2002, S.22f.

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Documenta - Idee und Geschichte
Hochschule
Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt  (Philosophisch-Pädagogische Fakultät, Lehrstuhl für Kunstgeschichte)
Veranstaltung
Documenta 11
Note
1,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
27
Katalognummer
V68787
ISBN (eBook)
9783638611480
Dateigröße
478 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Documenta, Idee, Geschichte, Documenta
Arbeit zitieren
Isabel Findeiss (Autor:in), 2002, Documenta - Idee und Geschichte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/68787

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