Die Sozialstruktur der BRD im Hinblick auf Industrialisierung, Lebensbedingungen und Umschichtungen


Seminararbeit, 2000

21 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Gliederung

1. Definition des soziologischen Begriffs der „Sozialstruktur“

2. Sozioökonomischer Wandel im 19. Jahrhundert durch die Herausbildung der Industriegesellschaft
2.1 Wirtschaftlicher Wandel
a. Von der Agrar- zur Industriegesellschaft
b. Industriekapitalismus
2.2 Sozialer Wandel
a. Umschichtungen im sozialen Gefüge
b. Bevölkerungswachstum
c. Lebenssituation

3. Soziale Differenzierung: Lebensbedingungen im 20. Jahrhundert
3.1 Lebensbedingungen in BRD und DDR vor dem Hintergrund der
zugehörigen Wirtschaftssysteme
3.2 Einkommens- und Vermögensdifferenzen in Ost- und Westdeutsch- land

4. Umschichtungen in der Schichtungshierarchie
4.1 Dienstleistungsschichten
a. Entstehung der industriellen Dienstleistungsgesellschaft
b. Auswirkungen auf die Schichtstruktur der BRD und DDR
4.2 Arbeiter
4.3 Ausländer
4.4 Randschichten
a. Entstehung und betroffene Gruppen
b. Exemplarische Ursachenanalyse am Beispiel „Behinderte“

1. Definition des soziologischen Begriffs der „Sozialstruktur“

Um die hier in der Hausarbeit und später im Referat zu behandelnden Phänomene und Erscheinungen wie die Industriegesellschaft, die früheren und derzeitigen Lebensbedingungen und Umschichtungen in der BRD besser verstehen und im Hinblick auf die Auswirkungen auf das politische System der Bundesrepublik Deutschland kompetenter analysieren zu können, ist es von entscheidender Bedeutung, sich zunächst einmal gründlich mit dem Oberbegriff „Sozialstruktur“ auseinander zu setzen.

Vorab soll der Begriff „Struktur“ definiert werden. Unter Struktur versteht man die Verbindung bestimmter Elemente, die sich in relativer Stabilität befinden und meist auch einer bestimmten Ordnung zugrunde liegen.

Sozialstruktur oder synonym zu verwenden, die „Struktur einer Gesellschaft“[1] bezeichnet die „Gliederung der Gesellschaft in Gruppen, Schichten oder Klassen im Hinblick auf bestimmte Merkmale wie Alter, Beruf, Bildung, Religion einschließlich der Beziehungen zwischen diesen sozialen Gruppen.“[2] Sie umfasst den Wirkungszusammenhang zwischen Soziallagen und deren zugehörige soziale Verhaltensweisen, des weiteren untersucht sie den Zusammenhang zwischen Organisationen und Institutionen einer Gesellschaft, demnach wäre sie als die „soziale Landkarte“ einer Gesellschaft zu verstehen.[3] Durch die Stellung des Individuums in Gruppen, Institutionen und Organisationen ergibt sich zwangsläufig auch immer eine Positions- und Rollenstruktur, die wiederum für die Differenzierung der Bevölkerung in soziale Kategorien verantwortlich ist. Oftmals wird der Begriff Sozialstruktur von Laien sowie von Sozialwissenschaftlern nicht korrekt gebraucht und je nach Thematik oder Forschungsschwerpunkt beispielsweise mit Familien- und Verwandtschaftsordnung, Klassen, Schichten, der Bevölkerungsverteilung oder dem sozialen Rollengefüge gleichgesetzt, was natürlich nicht ganz richtig ist, zumal all jene Aspekte als einzelne und miteinander verwobene Bestandteile die Sozialstruktur ausmachen.[4]

2. Sozioökonomischer Wandel im 19. Jahrhundert durch die Herausbildung der Industriegesellschaft

Um die derzeitige Sozialstruktur der BRD verstehen zu können, sollte man sich zunächst einmal den geschichtlichen Aspekt betrachten, nämlich deren Entstehung. Erste Merkmale unserer Sozialstruktur, deren Gültigkeiten heute teilweise noch bestehen, bildeten sich bereits während des 19. Jahrhunderts heraus.[5] Der sozioökonomische Wandel im 19. Jahrhundert wurde bedingt durch das Zusammenwirken verschiedener Ursachen, als Knotenpunkt für die Veränderungen wird allerdings die Industrialisierung gesehen.[6] Sie stellt die Ursache des Übergangs von der ständischen Gesellschaft zur Industriegesellschaft dar.

2.1 Wirtschaftlicher Wandel

a. Von der Agrar- zur Industriegesellschaft

Bedingt durch das ständig wachsende Wissen über die Technik und somit durch deren Fortschritt erfolgte der Übergang von der mühseligen handwerklichen Produktion hin zur zeitsparenden und wesentlich präziseren Fertigung sämtlicher Güter und Produkte, die durch eine höhere Arbeitsproduktivität gekennzeichnet ist. Der Industrialisierungsprozess und die damit einhergehende Umgestaltung der Agrargesellschaft zur Industriegesellschaft verdeutlicht sich besonders schön am von Colin Clark und Jean Fourastié entwickelten Sektorenmodell. Ausgangspunkt der Betrachtungen ist die technische Entwicklung, die einen starken Einfluss auf das soziale Leben ausübt, auf das später noch genauer eingegangen wird. Folglich unterteilen sie die wirtschaftlichen Tätigkeiten in primären Sektor (Landwirtschaft, Fischerei) mit mittlerem technischen Fortschritt, sekundären Sektor (Industrie, Handwerk, Bergbau) mit stärkerem technischen Fortschritt und schließlich in den tertiären Sektor (Dienstleistungen wie Verkehr, Handel, Verwaltung, Banken, Bildung,...), der nur eine relativ geringe Mechanisierung zulässt.[7] Ab 1850 setzte ein allgemeines Wirtschaftswachstum ein, wobei das Sozialprodukt, also die Gesamtmenge aller wirtschaftlich erzeugten Leistungen, zwar in allen Sektoren anstieg, jedoch unterschiedlich stark. Im primären Sektor am langsamsten und im sekundären Sektor am schnellsten, der kurz vor 1890 in Bezug auf Wertschöpfung und Beschäftigtenanzahl den primären Sektor überholte, somit war der Übergang von der Agrar- in die Industriegesellschaft vollzogen.[8]

b. Industriekapitalismus

Dieses Stichwort ist prägend für die damalige Zeit, zumal die Industrialisierung zum größten Teil auf der Basis von kapitalistischen Produktions- und Eigentumsverhältnissen basierte. Ein nennenswertes Werk wäre das „Kapital“ (1867) von Karl Marx, das die Eigenschaften einer kapitalistischen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung klar vor Augen stellt: Grundvoraussetzung bildet das Privateigentum an Produktionsmitteln, das die Gesellschaft in Kapitalbesitzende und von diesen abhängige Lohnarbeiter spaltet.[9] Durch eine Erzeugung von Mehrwert, von dem der Arbeiter nichts bekommt, kann mehr Geld in das Unternehmen fließen, so dass das Kapital ständig ansteigt; zudem gelten die Prinzipien des Gewinnstrebens und der Konkurrenz auf dem Markt, was sich im Stichwort „Liberalisierung der Märkte“ ausdrückt.[10] Im Zuge der Industrialisierung verwirklichte sich die Marxistische These zum Teil, indem sich die billigere Massenproduktion nur für Großunternehmen rentierte, und sich folglich dort das Kapital ansammelte. Zudem kam es zur ersten Bildung von Kartellen, Verbänden und Gewerkschaften.[11]

2.2 Sozialer Wandel

a. Umschichtungen im sozialen Gefüge

Die Industrialisierung ist natürlich nicht allein durch Veränderungen in der Produktionsweise gekennzeichnet, aber diese sind der ausschlaggebende Indikator für eine Reihe weiterer Veränderungen sozialer Natur. Vorrangig bedeutet dies die „Umwandlung der Ständegesellschaft in eine Klassengesellschaft.“[12] Die Ständegesellschaft zeichnet sich durch eine hierarchische Gliederung aus, bei der die Geburt einem „Kristallisationskern, um den herum sich andere wichtige soziale Kriterien lagerten“[13] glich, d.h. dass Beruf, Bildung, politische Mitgestaltung und Standesangehörigkeit (Adel, Geistlichkeit, Bürgertum, Bauern) durch Geburt festgelegt wurde, wobei man von einer äußerst geringen Mobilität ausgehen muss. Die Zugehörigkeit zu einer Klasse weist sich im Gegensatz dazu laut Max Weber bzw. Karl Marx durch materiellen Besitz, Leistungsqualifikation und die Stellung im Produktionsprozess aus.[14] Die zwei großen sich bildenden Klassen sind die Bourgeoisie und das Proletariat.

[...]


[1] Geißler, Rainer 1992: Die Sozialstruktur Deutschlands S.13

[2] Nohlen, Dieter (Hrsg.) 1991: Wörterbuch Staat und Politik S.645

[3] vgl. Nohlen, Dieter (Hrsg.) 1991: Wörterbuch Staat und Politik S.645

[4] vgl. Geißler, Rainer 1992: Die Sozialstruktur Deutschlands S.14

[5] vgl. Geißler, Rainer 1992: Die Sozialstruktur Deutschlands S.16

[6] vgl. Geißler, Rainer 1992: Die Sozialstruktur Deutschlands S.17

[7] vgl. Münke, Stephanie 1967: Die mobile Gesellschaft S.101

[8] vgl. Geißler, Rainer 1992: Die Sozialstruktur Deutschlands S. 21

[9] vgl. Geißler, Rainer 1992: Die Sozialstruktur Deutschlands S.18

[10] vgl. Geißler, Rainer 1992: Die Sozialstruktur Deutschlands S.18

[11] vgl. Nohlen, Dieter (Hrsg.) 1991: Wörterbuch Staat und Politik S.198

[12] Geißler, Rainer 1992: Die Sozialstruktur Deutschlands S. 23

[13] Bolte, Karl Martin/ Hradil, Stefan 1984: Soziale Ungleichheit in der BRD S.83

[14] vgl. Bolte, Karl Martin/ Hradil, Stefan 1984: Soziale Ungleichheit in der BRD S.32/33

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Die Sozialstruktur der BRD im Hinblick auf Industrialisierung, Lebensbedingungen und Umschichtungen
Hochschule
Otto-Friedrich-Universität Bamberg  (Lehrstuhl für Politikwissenschaft I)
Veranstaltung
PS Das politische System der BRD
Note
2
Autor
Jahr
2000
Seiten
21
Katalognummer
V6823
ISBN (eBook)
9783638143110
Dateigröße
561 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sozialstruktur, Hinblick, Industrialisierung, Lebensbedingungen, Umschichtungen, System
Arbeit zitieren
Barbara Walzner (Autor:in), 2000, Die Sozialstruktur der BRD im Hinblick auf Industrialisierung, Lebensbedingungen und Umschichtungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6823

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