Der Beitrag privater Interessenregierungen zu sozialer Ordnung am Beispiel von Gewerkschaften


Hausarbeit, 2006

22 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung und Eingrenzung des Gegenstandes
Einleitung
Eingrenzung des Gegenstandes

2 Private Interessenregierungen in der Theorie
2.1 Grundlegendes zu privaten Interessenregierungen
2.2 Private Interessenregierungen und ihr theoretischer Beitrag zu sozialstaatlicher Ordnung
2.2.1 Element der Stabilität
2.2.2 Erweiterung des Repertoires an Politikoptionen
2.2.3 Wegfall des staatlichen Legitimationsbedürfnisses durch private Interessenregierungen

3 Der Beitrag privater Interessenregierung zu sozialer Ordnung am Beispiel der Gewerkschaften
3.1 Gewerkschaften – eine kurze Begriffsbestimmung
3.2 Gewerkschaften als Garant sozialer Ordnung
3.2.1 Gewerkschaften als Element einer stabilen sozialen Ordnung
3.2.2 Gewerkschaften und ihr Beitrag zu einem breiten Politikrepertoire
3.2.3 Gewerkschaftliches Handeln ersetzt Legitimationsbedürfnis des Staates

4 Zusammenfassung und Schluss

Literaturverzeichnis

1 Einleitung und Eingrenzung des Gegenstandes

Einleitung

Im Februar und März diesen Jahres machte der Öffentliche Dienst bzw. die ihn vertretende Gewerkschaft VER.DI erneut Schlagzeilen: Die Tarifverhandlungen verliefen nicht im Sinne der Gewerkschaft, der daraufhin folgende Arbeitskampf weitete sich auf insgesamt neun Bundesländer aus – mit z.T. schwerwiegenden Folgen. Am augenfälligsten waren sicher die Berge von Müll, die sich überall in der Bundesrepublik, u.a. auch in den sonst so aufgeräumten Konstanzer Wohngebieten, türmten. Bis in den März hinein wurde in Süddeutschland verhandelt. Es wurde lange gestreikt und mit allen Mitteln gekämpft, selbst Versuche der privaten Beseitigung von Müll wurde von den gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes sabotiert.

Gewerkschaften treten immer wieder durch solcherart Negativschlagzeilen ins Rampenlicht. Gewerkschaftliches Handeln wird dabei in erster Linie mit Assoziationen von Streik, Trillerpfeifen und roten Mützen verbunden.

Dennoch erfüllen Gewerkschaften in unserer modernen Gesellschaft wichtige Funktionen, die weit über die des „Streikorganisators“ hinausgehen.

Ziel dieser Arbeit soll sein, aufzuzeigen, wie der moderne Sozialstaat von verbandlichem Handeln profitiert. Dies soll beispielhaft anhand gewerkschaftlichen Handelns in der Bundesrepublik Deutschland mit Schwerpunkt auf Interaktionen zwischen Staat und Gewerkschaften erfolgen.

Dazu wird zuerst das Thema eingegrenzt und so der eigentliche Gegenstand dieser Arbeit punktuiert. In Kapitel 2 soll zuerst theoretisch dargelegt werden, welches Verständnis von Verbänden, in der Terminologie dieser Arbeit „private Interessenregierungen“, den Ausführungen dieser Arbeit zu Grunde liegt. Danach wird dargestellt, welchen theoretischen Beitrag Verbände gemäß der einschlägigen sozialwissenschaftlichen Literatur zu sozialer Ordnung leisten.

Anschließend wird Kapitel 3 im Sinne einer interpretativen Fallstudie aufzeigen, dass sich die theoretisch ermittelten positiven Effekte verbandlichen Handelns anhand gewerkschaftlichen Handelns belegen lassen. So wird deutlich, warum Gewerkschaften – trotz der häufig negativen Schlagzeilen – ein hervorragendes konkretes Beispiel für den wertvollen Beitrag privater Interessenregierungen zu sozialer Ordnung sind.

Eingrenzung des Gegenstandes

Das Thema dieser Arbeit reißt ein weites sozial- und organisationswissenschaftliches Feld an. Nicht nur, dass Verbände/private Interessenregierungen seit langem (wenn auch im Schwerpunkt negativ) von den Sozialwissenschaften und ebenfalls seit ein paar Jahrzehnten von den Organisationswissenschaften betrachtet werden, der gesamte Gegenstand muss eigentlich in einen umfassenden Bezug, nicht nur historisch, sondern auch systematisch, eingebettet werden.

Aus Platzgründen kann in dieser Arbeit hierauf keine Rücksicht genommen werden. In dieser Arbeit wird weder auf die Diskussion um Korporatismus vs. Pluralismus[1] noch auf andere, historisch-systematische Entwicklungen eingegangen – bereits ein grober Einblick in die dazu vorhandene Literatur zeigt, dass dies den Rahmen einer solchen Arbeit sprengt[2].

Außerdem werden sämtliche innerorganisatorischen Aspekte von Verbänden, theoretisch und praktisch, ausgespart. Stichworte wie Mitgliedslogik, innerorganisatorische Einflussnahme und Konfliktlinien, Mitgliedermobilisierung usw. bleiben in dieser Arbeit bewusst unberücksichtigt[3].

Ebenfalls außen vor bleibt ein internationaler Vergleich verbandlicher Einflussnahme oder der Vergleich verschiedener Verbände aus der Perspektive ihres Einflusses auf die soziale Ordnung.

In dieser Arbeit soll stattdessen stark fokussiert entfaltet werden, dass die theoretisch bereits vor mehreren Jahrzehnten festgehaltenen positiven Auswirkungen von verbandlichem Handeln auf die Gesellschaft in der Praxis am konkreten Beispiel von Gewerkschaften belegbar sind. Es soll am Beispiel von Gewerkschaften deutlich werden, dass private Interessenregierungen nicht nur vorhandener, sondern nutzenbringender Bestandteil (post)moderner sozialstaatlicher Ordnung sind.

Die Darstellung in dieser Arbeit bleibt dabei auf die externen Effekte von Verbänden, i.e. Gewerkschaften, im politischen System der Bundesrepublik Deutschland beschränkt. Diese externen Effekte von Verbänden sollen im Rahmen dieser Arbeit im Schwerpunkt auf den Staat bzw. staatliches Handeln projiziert werden. Markt und Gemeinschaft, die beiden anderen klassischen sozialen Ordnungsmechanismen, werden nur in so weit als jeweils situativ notwendig in die Darstellung mit einbezogen. Natürlich ist diese Trennung nicht immer analytisch genau möglich – die klassischen Ordnungsmechnismen von sozialer Ordnung, nämlich Staat, Markt, Gemeinschaft, lassen sich selten rein und isoliert betrachten.

Zusammenfassend kann man, angelehnt an Franz Traxler, festhalten, dass diese Arbeit im Sinne des Stabilisierungstheorems Vorteile verbandlichen Handelns in einem gemäßigt korporatistischen Staat zuerst theoretisch entwickeln und anschließend an der Praxis belegen will.

2 Private Interessenregierungen in der Theorie

Im Folgenden werden zunächst die theoretischen Grundlagen für diese Arbeit gelegt.

Dazu wird Kapitel 2.1 einleitend zeigen, was private Interessenregierungen sind und welches Verständnis von privaten Interessenregierungen dieser Arbeit zu Grunde liegt. Danach wird dargestellt, welchen Beitrag private Interessenregierungen zu sozialstaatlicher Ordnung in der Theorie haben können.

2.1 Grundlegendes zu privaten Interessenregierungen

Verbände[4] werden in den Sozialwissenschaften schon lange betrachtet, sie sind kein neues Phänomen (vgl. Streeck/Schmitter 1985: 126; Hirsch 1966: 13ff). Der Zugang zu Verbänden und die Perspektive auf Verbände als ordnendes Medium einer Gesellschaft war dabei grundsätzlich eher negativ: Verbände wurden als Ordnungshemmer, als Unruhestifter betrachtet (vgl. Streeck/Schmitter 1985: 126 und 133; Hirsch 1966: 13f). Dies hat sich in den letzten Jahrzehnten geändert. Resultierend aus pragmatischer Betrachtung der Wirklichkeit und aus der Tatsache, dass verbandliche Zusammenschlüsse eine immer bedeutendere Rolle in (vor allem westlichen) Industriegesellschaften einnahmen, betrachtete die Wissenschaft Verbände auch in einem positiveren Licht (vgl. Streeck/Schmitter 1985; Traxler 1988; Zimmer/Weßels 2001: 9ff). Dennoch hält die Debatte um Verbände und ihre Rolle in der Demokratie an.

In dieser Arbeit soll privaten Interessenregierungen ein Problemlösungspotenzial innerhalb moderner Gesellschaften unterstellt werden. Verbände bzw. private Interessenregierungen sollen als nutzenbringend für die soziale Ordnung verstanden werden (vgl. Streeck/Schmitter 1985: 143) und ihnen soll Stabilisierungspotenzial zugesprochen werden (vgl. Traxler 1988: 111ff).

Private Interessenregierungen sollen in dieser Arbeit durch zwei grundlegende Merkmale gekennzeichnet sein:

Erstens durch die „Selbst-Regierung von Kategorien sozialer Akteure […], die durch kollektive Eigeninteressen definiert sind“ (Streeck/Schmitter 1985: 145). Dies bedeutet auf´s Basale heruntergebrochen nichts anderes als das Begreifen von privaten Interessenregierungen als nicht-staatliche Verbandszusammenschlüsse von Individuen, die einander verbindende Interessen haben.

[...]


[1] vgl. hierzu als hervorragenden Grundlagentext: Traxler 1988

[2] Für eine umfangreiche Darstellung dessen sowie einen Überblick über weiterführende Literatur vgl. Kenis/Schneider (Hrsg.) 1996; Schneider 1998

[3] Für eine umfangreiche Darstellung dessen sowie einen Überblick über weiterführende Literatur vgl. Kenis/Schneider (Hrsg.) 1996; Schroeder/Weßels (Hrsg.) 2003

[4] In dieser Arbeit werden die Begriffe “Verband” und “Private Interessenregierung” sowie ihr Plural synonym verwendet.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Der Beitrag privater Interessenregierungen zu sozialer Ordnung am Beispiel von Gewerkschaften
Hochschule
Universität Konstanz  (Fachbereich Politik- und Verwaltungswissenschaft)
Veranstaltung
Nongovernmental political organizations at national, European and global level
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
22
Katalognummer
V68179
ISBN (eBook)
9783638606837
ISBN (Buch)
9783640859870
Dateigröße
409 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Beitrag, Interessenregierungen, Ordnung, Beispiel, Gewerkschaften, Nongovernmental, European
Arbeit zitieren
Dipl.-Verw. Isabell Wirth (Autor:in), 2006, Der Beitrag privater Interessenregierungen zu sozialer Ordnung am Beispiel von Gewerkschaften, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/68179

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