Das Gewaltmonopol der Polizei im Spannungsverhältnis zwischen Alltag und Verwaltung


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

18 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


1. Inhaltsverzeichnis

2. Vorwort:

3. Probleme der Polizei mit dem staatlichen Gewaltmonopol
3.1. Probleme innerhalb Institution
3.2. Probleme mit der Gesellschaft

4. Lösungsansätze

5. Fazit:

6. Literaturverzeichnis:

2. Vorwort:

Die Idee des Gewaltmonopols resultiert aus der Grundannahme, dass die Angehörigen eines Gemeinwesens darauf verzichten, Selbstjustiz zu üben, dass heisst das tatsächliche oder vermeintliche Rechte und Ansprüche nicht durch die individuelle Ausübung von Zwang und Gewalt durchgesetzt werden. Das Prinzip, dass es ausschließlich staatlichen Organen zusteht physische Gewalt auszuüben oder zu legitimieren, ist allen modernen, demokratischen Staaten, zumindest auf dem Papier, gemein und gilt allgemein als notwendige Bedingung für das Funktionieren des rechtlich geordneten Gemeinwesens. Die Übertragung der Rechtsjustiz auf staatliche Justiz und Exekutivorgane, also an Justiz, Verwaltung und Polizei, ist eine Absage und ein mehr oder weniger freiwilliger Verzicht auf Fehde und Blutrache als Mittel der Rechtsdurchsetzung und kann als großer zivilisatorischer Fortschritt gelten.

Das Gewaltmonopol fördert die Wahrung von Rechten und Freiheiten der Gesamtheit aller Staatsbürger und tritt der willkürlichen Machtausübung und einer einseitigen Parteinahme für partikulare Interessen entgegen. Dem möglichem Missbrauch des staatlichen Gewaltmonopols, durch den Staat, wie es beispielsweise in Diktaturen der Fall sein kann, sollen in demokratisch verfassten Staaten die Prinzipien der Gewaltenteilung und des Rechtsstaats entgegen wirken. Die Justiz, Verwaltung und deren Exekutivorgane sind an das von allen sanktionierte Recht und Gesetz gebunden.

Der Staat besitzt also zum Wohle aller das alleinige Gewaltmonopol. Um es auch effektiv durchzusetzen, braucht es ein oder mehrere Exekutivorgane. Die Polizei ist zweifelsohne das „Hauptexekutivorgan“ des staatlichen Gewaltmonopols, denn im Gegensatz zu fast allen anderen Organen oder Personen ist der Polizei die Anwendung unmittelbarer Gewalt durch unmittelbaren Zwang innerhalb gesetzlicher Grenzen erlaubt, unter anderem auch die zeitweilige Außerkraftsetzung von Grundrechten. Nur wenige Gewalthandlungen sind ihr grundsätzlich untersagt. In der Bundesrepublik Deutschland sind es Exekution und Folter. Die Polizei hat in den meisten Staaten die Aufgaben die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten und als Strafverfolgungsbehörde zu agieren.

Die Probleme die sich mit der Ausübung des Gewaltmonopols ergeben, sollen in dieser Arbeit erläutert werden.

Das Problem der Polizei als Freund und Helfer auftreten zu wollen, dabei aber immer Staatsdiener zu bleiben, sowie der Missbrauch des Gewaltmonopols werden ebenso thematisiert, wie persönliche Defizite, politische Einmischung und gesellschaftliches Ansehen der Institution Polizei. Um den aufgezeigten Defiziten und Problemen entgegenzuwirken, sollen im zweiten Teil der Arbeit Lösungsansätze dargelegt werden.

3. Probleme der Polizei mit dem staatlichen Gewaltmonopol

„Alle Zwecke, welche die Policey befördern kann, sind entweder Zwecke der Regierung ins besondere, oder Zwecke des Volks. Die Zwecke der Regierung muss auch das Volk wollen...; ... eben so muss die Regierung auch die Zwecke des Volks wollen, in wie fern sie in ein Staatssystem passen ... . [...] Weder die Zwecke noch die Mittel der Policey dürfen das Recht der Gesellschaft oder eines einzelnen Gliedes derselben verletzen. [...] Die Policey soll nur diejenigen gemeinsamen Zwecke durch öffentliche Mittel befördern helfen, welche, und so weit sie durch freye Privatkräfte entweder gar nicht oder doch nicht so gut zu Stande kommen würden.“[1]

Diese Sätze aus dem Jahre 1809 umschreiben die Grundsätze der damaligen Polizeigesetzgebung und die Wirkungsweisen der Organisation Polizei. So alt diese auch sein mögen, so treffend beschreiben sie doch bei näherer Betrachtung auch das heutige System und das Bild der Polizei und ihre Abgrenzung von privaten Organisationen mit geringer Gewaltlegitimation. Die Polizei ist eine Institution des Staates, ist nur auf seine Weisung hin handlungsfähig, ihm und seiner spezifischen Gesetzgebung unterstellt und an sie gebunden. Ihre Arbeit folgt dennoch, zumindest formal, dem Willen der Gesellschaft.

Die Polizei ist eine Organisation, die nach Ärzten mit das höchste Vertrauen der deutschen Bevölkerung besitzt.[2] Dennoch hat sie Probleme. Zum Teil resultieren diese aus der Institution selbst heraus, zum anderen werden sie von außen an und in sie hineingetragen.

3.1. Probleme innerhalb Institution

Die Probleme der Institution resultieren aus zwei großen Bereichen. Einerseits aus dem riesigen Apparat der administrativen Bestimmungen und andererseits aus den Persönlichkeiten der Beamten selbst.

Die Befugnisse und die spezifische Handlungsweise der Polizei richten sich nach der Verfassung, dem Polizeirecht und verschiedenen Prinzipien, die in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich ausgelegt sein können.

Das Legalitätsprinzip gilt im gesamten Bereich der Strafverfolgung und ist, am Beispiel Deutschland betrachtet, die Verpflichtung der Strafverfolgungsbehörden, Staatsanwaltschaft und Polizei, ein Ermittlungsverfahren zu eröffnen, wenn sie Kenntnis von einer Straftat erlangt haben, beispielsweise durch Anzeigeerstattung.[3] Die Staatsanwaltschaft agiert dabei als „Kopf ohne Hände“. Sie selbst kann keine Durchsuchungen oder Verhaftungen vornehmen, dazu benötigt sie das Exekutivorgan Polizei. Andererseits kann die Polizei nicht einfach willkürlich festhalten wen sie möchte, auch sie braucht die Unterstützung der Staatsanwaltschaft. Dies kann eine sehr spannungsvolle Wechselbeziehung darstellen, denn ein Polizist, eine Polizistin hat sich den Anweisungen der Staatsanwaltschaft, solange sie sich nicht offensichtlich rechtswidrig verhalten, zu fügen und ihre Instruktionen auszuführen. Es kann also durchaus Situationen geben, die den Beamten zuwider sind und nicht im Einklang mit ihren persönlichen Prinzipien stehen, sie haben jedoch kaum eine Möglichkeit sich dagegen zur Wehr zu setzen.

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bietet den Spielraum für die Intensität der Ermittlungen. Staatlichen Maßnahme, die in Grundrechte eingreifen, müssen beispielsweise erforderlich und angemessen sein, da sie ansonsten rechtswidrig und somit anfechtbar wären.[4] Das dritte Prinzip, das Opportunitätsprinzip ist eigentlich ein administrativer Begriff und gilt grundsätzlich bis eine gesetzliche Regelung etwas anderes besagt. Die verschiedenen Auslegungen sind oftmals in den Landesgesetzen geregelt.[5] Dieses Ermessensprinzip beherrscht einen Großteil des Polizeirechts und umfasst unter anderem die Verfahren bei Ordnungswidrigkeiten und der Verhängung von Bußgeldern. Alles geht mit dem Begriff Ermessen einher. Entschließungsermessen, Auswahlermessen, Unangemessenheit, die Liste ist ebenso vielfältig wie die Entscheidungen, die von verschiedenen Polizisten und Polizistinnen zu einem ähnlichen Sachverhalt getroffen werden können. Das erfordert eine gute Schulung des Personals und dennoch kann nicht jeder Sachverhalt in irgendeiner Dienstvorschrift geschildert werden, obwohl sich das deutsche System bemüht diesem Idealzustand sehr nahe zu kommen.

Die drei oben geschilderten Prinzipien stehen in engem Zusammenhang zueinander, bedingen und überschneiden sich teilweise. Das größte Konfliktpotential entsteht wohl bei der Frage: Was ist angemessen? Es gestaltet sich schwierig die Grenzen von sach-, oder unsachgemäßem Handeln zu ziehen. Dieser Eindruck hängt von der Situation, von der unterschiedlicher Perspektive von Bürgern und Polizisten, die die jeweilige Lage beurteilen und von den unterschiedlichen Erfahrungswerten der beteiligten Personen ab. Was einem Bürger als überzogen und unangemessen erscheint, kann einem Polizisten oder einer Polizistin als sichernde Maßnahme gelten. Ein junger Beamter/ Beamtin wird möglicherweise anders entscheiden als erfahrener, ein hitziges Temperament anders als ein besonnenes. Obwohl es immer noch kein gesichertes Datenmaterial über diskriminierende Polizeipraktiken gibt, die von verbalen Beleidigungen oder ungerechtfertigten Kontrollen über Gewaltandrohungen und deren Anwendung reicht, steht außer Frage, dass diese Probleme auftreten.[6] Situationen werden häufig alltagsgerecht aber nicht normengerecht gelöst. Jeder Beamte/ Beamtin wurde darauf geschult in noch mehr oder weniger rechtsfreien Räumen, wenn der Tatbestand also noch nicht konkret oder vollständig erfasst wurde, eigenverantwortliche Entscheidungen zu treffen. Ganz im Interesse der Dienstvorschriften natürlich. Dabei werden sie, so die Theorie, von ihren eigenen Kollegen ständig auf Fehlverhalten hin überwacht, die dieses, gemäß dem Legalitätsprinzips sofort zur Anzeige bringen müssten.

[...]


[1] Herrenkind, Martin, Scheerer Sebastian (Hg.): Die Polizei als Organisation mit Gewaltlizenz. Möglichkeiten und Grenzen der Kontrolle. Lit Verlag. Münster 2003 (S. V)

[2] Liebl, Karlhans: „Vertrauen“ zur Polizei – Eine kritische Bestandaufnahme und neue Untersuchungsergebnisse. In: Groß, Hermann/ Schmidt, Peter (Hg.): Innen und Außenansicht(en) der Polizei. Frankfurt 2005 (S. 151 ff)

[3] Knemeyer, Franz-Ludwig: Polizei und Ordnungsrecht. C.H.Beck. München 1998 (S. 196)

[4] ebd. (S. 196 f.)

[5] Gallwas, Dr. Hans-Ullrich: Polizei und Bürger. Rechtsfragen zu polizeilichem Handeln. C.H.Beck. München 1993 (S.30)

siehe auch Benfer, Jost: Eingriffsrechte. Voraussetzungen und Grenzen präventiver repressiver Rechtseingriffe durch Polizei und Staatsanwaltschaft. C.H. Beck. München 1997 (S. 126)

[6] Behr, Rafael: Polizeiforschung als Kontrolle der Kontrolleure? In: Herrenkind, Martin, Scheerer Sebastian (Hg.): Die Polizei als Organisation mit Gewaltlizenz. Möglichkeiten und Grenzen der Kontrolle. Lit Verlag. Münster 2003 (S. 221 f.)

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Das Gewaltmonopol der Polizei im Spannungsverhältnis zwischen Alltag und Verwaltung
Hochschule
Universität Potsdam  (Sozialwissenschaftliche Fakultät)
Veranstaltung
Soziologie der Polizei
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
18
Katalognummer
V67780
ISBN (eBook)
9783638605106
ISBN (Buch)
9783638793667
Dateigröße
422 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gewaltmonopol, Polizei, Spannungsverhältnis, Alltag, Verwaltung, Soziologie, Polizei
Arbeit zitieren
Katrin Schulze (Autor:in), 2006, Das Gewaltmonopol der Polizei im Spannungsverhältnis zwischen Alltag und Verwaltung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/67780

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