Die Krankendokumentation dient auch dem Patienteninteresse - inwieweit bestehen Dokumentationspflichten in der Pflege?


Hausarbeit, 2001

20 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Was versteht man unter einer Krankendokumentation?

3. Woraus ergibt sich die gesetzliche Pflicht zur Führung einer Krankendokumentation?
3.1 Ärztliche Dokumentationspflicht
3.2 Pflegerische Dokumentationspflicht

4. Was muss eine Krankendokumentation beinhalten?
4.1 Ärztlicher Verantwortungsbereich
4.2 Pflegerischer Verantwortungsbereich

5. Dürfen Änderungen in der Krankendokumentation vorgenommen werden?

6. Wie lange muss eine Krankendokumentation aufbewahrt werden?

7. Hat der Patient das Recht zur Einsicht in seine Krankendokumentation?

8. Haben Angehörige bzw. Erben ein Einsichtsrecht?

9. Schluss

10. Literaturverzeichnis
10.1 Direkt verwendete Literatur
10.2 Internetadressen
10.3 Sonstiges
10.4 Weitere Literatur

1. Einleitung

In dieser Arbeit wird das Thema: „Die Krankendokumentation dient auch dem Patienteninteresse - inwieweit bestehen Dokumentationspflichten in der Pflege?“ diskutiert.

Aus pflegerischer Sicht ergibt sich ein Zwiespalt zwischen erhöhter Arbeitsbelastung und Dokumentationspflicht. Die Folgen die eine unzureichende Dokumentation mit sich bringen kann, sind dem Pflegepersonal zum Teil nicht bewusst. Daher soll hier eine nähere Erörterung dieser Problematik dargestellt werden.

Zuerst wird die Frage gestellt was eine Krankendokumentation ist. Nachfolgend wird der Versuch unternommen, die rechtlichen Grundlagen der Dokumentationspflicht darzustellen. Anschließend werden weiterreichende Inhalte zur Dokumentation erörtert.

2. Was versteht man unter einer Krankendokumentation?

Eine Dokumentation wird umschrieben „als die Sammlung, Ordnung, Speicherung, Wiederzugänglichmachung und Auswertung von Dokumenten beziehungsweise von schriftlichen fixiertem Wissen jeglicher Art“.[1]

Sie wird durch Dokumente, das sind Aufzeichnungen und Schriftstücke belegt. Ein Dokument ist eine Urkunde.[2]

Im Krankenhaus ist eine Dokumentation „eine zeitnahe Sammlung von Patientendaten, die einen klaren und wahrheitsgemäßen Gesamtüberblick über die diagnostischen, therapeutischen und pflegerischen Maßnahmen ermöglichen soll. Die Krankendokumentation muss den vollständigen Krankheitsverlauf aufzeigen.“[3]

Die Sammlung von Patientendaten unterscheidet man in: ärztliche und pflegerische Dokumentation, die Dokumentation von nichtärztlichen Berufen und die der Verwaltung. Jede dieser Berufsgruppen dokumentiert ihre eigenen Tätigkeiten.

Im weiteren Verlauf werden die Inhalte der ärztlichen und pflegerischen Dokumentation erörtert.

Die Krankendokumentation hat drei Funktionen,[4] sie ist:

- Arbeitsmittel, im Sinne einer Gedächtnisstütze
- Kommunikations- und Informationsmittel; wesentlicher Bestandteil der Qualitätssicherung
- Beweissicherung

Daraus ergibt sich, dass die Krankendokumentation nicht nur als Gedächtnisstütze für das ärztliche und pflegerische Personal zu sehen ist, sondern sie dient gleichzeitig der Information des behandelnden Arztes und des beteiligten Pflegepersonals.[5]

Eine ordnungsgemäße und qualitative Weiterbehandlung des Patienten durch einen anderen Arzt und einer anderen Pflegkraft ist nur dann gewährleistet, wenn eine ordnungsgemäße Krankendokumentation durchgeführt worden ist.

Des weiteren ist sie als Nachweis der durchgeführten ärztlichen und pflegerischen Maßnahmen zu sehen. Sie dient als Rechenschaftsbericht im Falle, dass der Patient von seinem Einsichtsrecht Gebrauch machen möchte, oder die Krankendokumentation als Beweissicherung bei einem Prozess dienen soll.

Darüber hinaus besteht eine rechtliche Verpflichtung gegenüber dem Patienten eine Krankendokumentation zu führen. Der Krankenhausträger hat Sorge zu tragen, dass die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze beachtet werden.[6]

3. Woraus ergibt sich die gesetzliche Pflicht zur Führung einer Krankendokumentation?

3.1 Ärztliche Dokumentationspflicht

Die ärztliche Dokumentationspflicht ergibt sich aus:

- § 611 BGB Abs.1 [Vertragspflichten]
- dem Behandlungs- bzw. Krankenhausaufnahmevertrag
- verschiedene bundes- und landesrechtlichte Vorschriften z.B. § 10 Abs.1 MBO – Ä 1997
- § 810 BGB [Einsicht in Urkunden]

Der Behandlungs- bzw. Krankenhausaufnahmevertrag hat den Charakter eines Dienstvertrages.[7] Da heißt es nach § 611 BGB Abs.1 „Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil der Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.“[8] Im Behandlungsvertrag werden die Hauptpflichten des Arztes gegenüber dem Patienten aufgelistet, und eine dieser Pflichten ist die Erstellung einer Krankendokumentation.

In der Berufsordnung für die deutschen Ärzte unter § 10Abs.1 MBO-Ä 1997 wird die Dokumentationspflicht konkretisiert, da heißt es „Der Arzt hat über die in Ausübung seines Berufes gemachten Feststelllungen und getroffenen Maßnahmen die erforderlichen Aufzeichnungen zu machen. Diese sind nicht nur Gedächtnisstützen für den Arzt, sie dienen auch dem Interesse des Patienten an einer ordnungsgemäßen Dokumentation.“[9]

Aus dem Recht des Patienten Einsicht in seine Krankendokumentation(§ 810 BGB) ergibt sich die Verpflichtung zur Erstellung einer Krankendokumentation im Interesse des Patienten, da zwischen Krankenhaus und Patient ein Rechtsverhältnis durch den Krankenhausaufnahmevertrag besteht.

Aus den rechtlichen Grundlagen lässt sich daraus schließen, dass der Arzt nicht nur zur Leistung einer Krankendokumentation verpflichtet ist, sondern er hat diese auch im Interesse des Patienten ordnungsgemäß durchzuführen.

3.2 Pflegerische Dokumentationspflicht

Es gibt eigentlich keine gesetzlichen Grundlagen für die Verpflichtung der pflegerischen Dokumentation. Die Pflicht ergibt sich aus der Rechtsprechung und den vertraglichen Regelungen zwischen den Leistungsbringern und den Kostenträgern für pflegerische Leistungen. Jedoch gibt es gesetzliche Regelungen, aus denen sich mittelbar eine Dokumentationspflicht in der Pflege ableiten lässt.

Rechtsgrundlagen sind somit:[10]

- das Krankenpflegegesetz § 4 Abs. 1
- Krankenhausversicherungsrecht SGB V § 73 I und § 137e III
- Pflegeversicherungsrecht SGB XI
- Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 18.3.1986

Von der Dokumentationspflicht des Pflegepersonals geht das Krankenpflegegesetz § 4 Abs. 1 aus.

Die Ausbildung soll die Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zur verantwortungsvollen Mitwirkung bei der Verhütung, Erkennung und Heilung von Krankheiten vermitteln.. Die Ausbildung soll insbesondere gerichtet sein auf die sach- und fachkundige, umfassende, geplante Pflege des Patienten(...),die Beobachtung des körperlichen und seelischen Zustandes des Patienten und der Umstände, die seine Gesundheit beeinflussen sowie die Weitergabe dieser Beobachtungen an die an der Diagnostik, Therapie und Pflege Beteiligten(...)“[11]

Somit ist die Pflegdokumentation unter anderem auch ein Ausbildungsziel. Eine umfassende geplante Pflege ist mittels des Pflegeprozesses durchführbar, der im weiteren Verlauf näher erörtert wird.

Weitere mittelbare gesetzliche Regelungen zur Dokumentationspflicht beinhaltet der SBG V da heißt es:

(...) „Die hausärztliche Versorgung beinhaltet insbesondere(...) (3.) die Dokumentation, insbesondere Zusammenführung, Bewertung und Aufbewahrung der wesentlichen Behandlungsdaten, Befunde und Berichte aus der ambulanten und stationären Versorgung(§ 73 I SGB V); (...)

3) Der Koordinierungsausschuss(2.) gibt Empfehlungen(...), insbesondere bezüglich der Dokumentation der Leistungserbringer(§ 137 III SGB V).“

Im Pflegeversicherungsrecht § 85 III SGB XI steht: Das Pflegeheim hat Art, Inhalt, Umfang und Kosten der Leistungen, für die es eine Vergütung beansprucht, durch Pflegedokumentation und andere geeignete Nachweise rechzeitig vor Beginn der Pflegesatzverhandlungen darzulegen.“[12]

Des weiteren besteht eine Dokumentationspflicht in der Pflege durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 18.3.1986 . In dem Urteil „ging es um die rechtlichen Aspekte der sogenannten Pflegedokumentation als Teil der Krankendokumentation.“[13] Dem Urteil lag folgender Tatbestand vor: Die Klägerin, 65 Jahre wurde am 17.11.1977 mit einem Schlaganfall mit vollständiger Halbseitenlähmung eingeliefert. Zusätzlich litt die Patienten an einem Lungen-Ödem, einem erhöhtem Hirndruck und einer Magen-Darm-Blutung.

Die Patienten lag infolge dessen nahezu bewegungslos und apathisch in ihrem Bett. Ein Dekubitus am Steiß trat bei der Patientin Ende Dezember 1977/ Anfang Januar 1978 auf, und dieser erreichte die Größe einer Männerfaust. Am 20. Februar 1978 überwies das Krankenhaus die Patientin in eine Rehabilitationsklinik.

Diese überwiesen die Patientin zurück in das Krankenhaus, da durch den Dekubitus keine Rehabilitationsmaßnahmen möglich waren. Die Patientin wurde seit dem 23. Mai 1978 auf einer Pflegestation behandelt, dort änderte sich der Allgemeinzustand der Patientin und der Dekubitus fing an abzuheilen.

Die Patientin behauptete, das Pflegepersonal habe die notwendigen Vorbeugemaßnahmen zur Verhinderung des Dekubitus nicht durchgeführt. Nach der Entdeckung, haben sie verspätet und unzureichend den Dekubitus behandelt.

Das Gericht sah die Gefahr der Entstehung eines Dekubitus bei der Klägerin als außergewöhnlich groß und die Vermeidung mit intensiven Pflegemaßnahmen für möglich an. In den Krankenunterlagen war die Feststellung, dass bei der Patientin ein erhöhtes Dekubitusrisiko bestand, nicht dokumentiert. Es bestanden auch keine Aufzeichnungen über die angeordneten bzw. getroffenen Pflegemaßnahmen zur Vorbeugung und zur Behandlung des Dekubitus. Sogar erste Wahrnehmungen waren nicht dokumentiert. Zum ersten Mal war ein Vermerk „Dekubitus“ am 5. und 6. Januar 1978 vermerkt. Am 12.Januar 1978 wurden zum ersten Mal Maßnahmen bezüglich des Dekubitus niedergeschrieben. Das Gericht sah diese Eintragungen als völlig unzureichend an. Von einer Dokumentation der jeweiligen prophylaktischen Pflegemaßnahmen hätte nur dann abgesehen werden können, wenn im Krankenhaus der Beklagten, Standards vorhanden wären. Bei schriftlich eingeführten Standards durch den Krankenhausträger, reicht es aus, wenn dokumentiert wird: >>Dekubitus- Prophylaxe nach Pflegestandard>>. Der Standard beinhaltet die einzelnen prophylaktischen Maßnahmen die durchgeführt werden bei einem Patienten mit Dekubitusrisiko. Die dazu vorliegenden Aussagen des behandelnden Arztes und der Pflegekraft, welche Maßnahmen zur Dekubitusprophylaxe bei jedem Patienten durchgeführt werden, waren nicht ausreichend. Entscheidend sei, dass dem besonderen Pflegebedürfnis der Patientin von Anfang an nicht die erforderliche Aufmerksamkeit geschenkt worden ist.[14]

[...]


[1] Werner, Schell, Rechtliche Anforderungen an eine EDV- geschützte Dokumentation, www.wernerschell.de/Rechtsalmanach/Krankendokumentation/edv.htm

[2] Vgl.: Wahring, Fremdwörterlexikon im dtv, 2. Auflage, 2000, Seite 220.

[3] Vgl. Werner, Schell: Staatsbürgerkunde, Gesetzeskunde und Berufsrecht für die Pflegeberufe in Frage und Antwort. Ein Lern- und Nachschlagewerk für Ausbildung, Weiterbildung, Studium und Praxis. 11. vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage, Stuttgart 1998, Seite 185 (im folgenden zitiert als: Schell: Staatsbürgerkunde für die Pflegeberufe)

[4] Vgl. Werner Schell, Rechtliche Anforderungen an eine EDV- geschützte Dokumentation, www.wernerschell.de/Rechtsalmanach/Krankendokumentation/edv.htm

[5] Vgl.: Dipl. Pflegewirt Michael, Buse: Grundlagen der Pflegedokumentation I. 1999: unveröffentlichtes Manuskript, Seite 3-9, Seite 3. (im folgenden zitiert als: Buse: Grundlagen der Pflegedokumentation I)

[6] Vgl.: Buse: Grundlagen der Pflegedokumentation I, a. a. O., Seite 3.

[7] Vgl.: Werner, Schell: Patientenrechte für die Angehörigen der Pflegeberufe von A bis Z. Hagen 1993, Seite 21.

[8] Bürgerliches Gesetzbuch, Beck- Texte im dtv, 47. Auflage, 2000, Seite 119.

[9] Schell: Staatsbürgerkunde für die Pflegeberufe, a. a. O., Seite 186.

[10] Vgl. Klaus, Vosteen: Dokumentation in der Pflege. In: Rechtskenntnisse für den Alltag in der Pflege. 8/2001, Seite 4- 5, Seite 5. (im folgenden zitiert als: Vosteen: Dokumentation in der Pflege)

[11] Schell: Staatsbürgerkunde für die Pflegeberufe, a. a. O., Seite 515.

[12] Vosteen: Dokumentation in der Pflege, a. a. O., Seite 5.

[13] Werner, Schell: Die Krankendokumentation im Spiegel der Rechtsprechung. In: Krankengymnastik. 5/1995, Seite 711-713, Seite 712. (im folgenden zitiert als: Schell: Die Krankendokumentation im Spiegel der Rechtsprechung)

[14] Vgl.: Joachim, Loos: Beweislastumkehr bei fehlender Pflegedokumentation. In: Krankendienst. 10/1986, Seite 341- 343, Seite 341. (im folgenden zitiert als: Loos: Beweislastumkehr bei fehlender Pflegedokumentation)

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Die Krankendokumentation dient auch dem Patienteninteresse - inwieweit bestehen Dokumentationspflichten in der Pflege?
Hochschule
Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen
Note
1,7
Autor
Jahr
2001
Seiten
20
Katalognummer
V67715
ISBN (eBook)
9783638604703
ISBN (Buch)
9783638793384
Dateigröße
473 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Krankendokumentation, Patienteninteresse, Dokumentationspflichten, Pflege
Arbeit zitieren
Neapoli Karagianni (Autor:in), 2001, Die Krankendokumentation dient auch dem Patienteninteresse - inwieweit bestehen Dokumentationspflichten in der Pflege?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/67715

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