Die virtuelle Hochschule Oberrhein (VIROR)


Seminararbeit, 2005

50 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Verzeichnis der Abkürzungen und Akronyme

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Vorwort

2 Konzepte virtueller Hochschulen
2.1 Entwicklung zur virtuellen Universität
2.1.1 Formen der virtuellen Universität
2.1.2 Transformation
2.1.3 Entwicklung zur virtuellen Universität in Deutschland
2.2 Computer Supported Cooperative Learning
2.3 Computer Based Training
2.4 Web Based Training
2.5 Blended Learning
2.6 Konzepteinsatz in VIROR

3 Vorstellung des Projekts
3.1 Lehrbetrieb
3.1.1 Einleitung
3.1.2 Joker
3.1.3 Java-Start
3.2 Technische Umsetzung
3.2.1 Übertragungstechnicken
3.2.2 Werkzeuge
3.2.3 Lernplattformen
3.2.4 Knowledge Pool
3.3 Begleitung und Evaluation
3.4 Organisation

4 Erfahrungen und Probleme
4.1 Lehrbetrieb
4.2 Technische Umsetzung
4.3 Begleitung und Evaluation
4.4 Organisation

5 Kritische Würdigung und Ausblick

A Abbildungen und Tabellen

Literaturverzeichnis

Verzeichnis der Abkürzungen und Akronyme

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 2.1: Eingesetzte Konzepte in VIROR

Abb. 3.1: AOF-Wihteboard

Abb. 3.2: Digial Lecture Board

Abb. 3.3: AofSync

Abb. 4.1: Screenshot der CBT-Komponente Rechnernetze

Tabellenverzeichnis

Tab. 3.1: ARIADNE Metadaten

1 Vorwort

Spätestens seit der Verfügbarkeit von Breitband-Netzzugängen auch für den Heimanwender und der sprunghaften Entwicklung der digitalen Video- und Audiotechnik steht der Begriff „virtuelle Hochschule“ für eine energisch geführte Diskussion um neue Formen des Lernens und die Zukunft des traditionellen Hochschulwesens, wie es seit mehreren hundert Jahren in Deutschland Bestand hat. Es ist abzusehen, dass in diesem Bereich in den kommenden Jahren eine Revolution der traditionellen Universität stattfindet, gerade weil aufgrund knapper Kassen der öffentlichen Haushalte und des angestrebten Wettbewerbs unter den Hochschulen auch neue Zielgruppen angesprochen werden sollen und müssen, für die bisher z.B. aus beruflichen oder privaten Gründen ein Vollzeit-Präsenzstudium bisher nicht oder nur schwer möglich war. Neben der Mittelbeschaffung durch Weiterbildungsmaßnahmen insbesondere in diesen Zielgruppen verknüpfen sich auch Hoffnungen auf Sparpotenziale mit dieser Idee.

Die Politik hat sich diese Erwartungen schon sehr bald zueigen gemacht und eine Vielzahl von Förderprogrammen ins Leben gerufen, woraus eine rege Projekttätigkeit erwuchs, die das Bild bis heute prägt.

Eines dieser Projekte ist die „virtuelle Hochschule Oberrhein“ (kurz: VIROR), in dem sich die vier badischen Universitäten Freiburg, Mannheim, Karlsruhe und Heidelberg zu einer gemeinsamen Anstrengung zusammengeschlossen haben. Dabei standen neben der Erprobung netzgestützter Kurse, der Durchführung verteilter Telelehrveranstaltungen, der Erprobung von Netztechniken, Lecture Recording und Lehr- und Lernplattformen auch die Evaluation des Lernerfolgs durch E-Learning im Vordergrund.

Die Autoren werden im Rahmen dieser Seminararbeit zunächst allgemeine Formen des E-Learnings, die in der Literatur aktuell diskutiert werden, darstellen, danach auf das Projekt VIROR eingehen und schließlich ein Resümee ziehen. Aufgrund der Größe und des Umfangs des Projektes kann jedoch nur ein grober Überblick gegeben werden und lediglich auf einzelne Aspekte detaillierter eingegangen werden.

Die in dieser Seminararbeit verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich selbstverständlich gleichermaßen auf beide Geschlechter.

2 Konzepte virtueller Hochschulen

In diesem Kapitel soll kurz aufgezeigt werden, auf welche Art und Weise virtuelle Universitäten entstehen können. Anschließend werden dann einige Konzepte, welche in virtuellen Universitäten zum tragen kommen, vorgestellt.

2.1 Entwicklung zur virtuellen Universität

2.1.1 Formen der virtuellen Universität

Dual-mode Universitäten sind Präsenzuniversitäten, welche auch rein virtuelle Studiengänge anbieten[1], nicht zu verwechseln mit dem Blended Learning (siehe 2.5). Durch die Angebotserweiterung geschieht ein Wechsel weg von der Zentrierung auf die Wissens vermittlung, hin zum Fokussieren auf den Lernprozess. Durch gute Organisation lassen sich die Kosten für die Lehre reduzieren (so geschehen an der University of Phoenix[2]). Dieser Aspekt spielte aber, wenn überhaupt, bei VIROR nur eine untergeordnete Rolle, da sich binnen kurzem zeigte, dass für die Erstellung bzw. Durchführung von Telelehrveranstaltungen erheblich mehr Mittel aufgewendet werden müssen, als es bei traditionell abgehaltenen Lehrveranstaltungen der Fall ist.[3]

Die zweite Form ist eine rein virtuelle Universität. Eine Entwicklung zu dieser Variante hin war durch das Programm virtuelle Hochschule Baden-Württemberg und damit auch durch das Projekt VIROR zu Beginn intendiert. Im Verlauf des Projektes stellte sich jedoch heraus, dass dieses Ziel aufgrund der bis dato fehlenden Erfahrung und der noch nicht ausgereiften technischen Möglichkeiten nicht innerhalb der Projektlaufzeit erreicht werden konnte und es darüber hinaus bei dieser Form der Universität aufgrund eines fehlenden gemeinschaftlichen Miteinanders zu größeren Problemen kommen kann. Daher wurde lediglich eine Umsetzung des Blended Learning angestrebt (siehe 3).

2.1.2 Transformation

Ein Beispiel für eine erfolgreiche Transformation von einer Präsenzuniversität zur virtuellen ist die University of Pretoria, Südafrika[4]. Dies war nur durch einen gut entwickelten Plan möglich, welcher u. a. das Training des Lehrkörpers beinhaltete.

2.1.3 Entwicklung zur virtuellen Universität in Deutschland

Die einfachste bzw. der Präsenzlehre am stärksten ähnelnde Art der virtuellen Fernlehre ist das Teleteaching. Dabei werden Vorlesungen zwischen verschiedenen Universitäten als Videokonferenz übertragen.[5] Des Weiteren werden auch einzelne Übertragungen, wie z.B. ein Interview mit einem Praktiker vor Ort, als Teleteaching bezeichnet. Bezüglich dieser Form der virtuellen Lehre hat „Die Allianz Freiburg – Heidelberg – Karlsruhe – Mannheim (..) angekündigt, eine International Tele-University INTUG aufbauen zu wollen“[6].

2.2 Computer Supported Cooperative Learning

Computer Supported Cooperative Learning (CSCL) befasst sich mit dem Lernen in Gruppen. Während des Lernprozesses werden die Gruppenmitglieder durch Informations- und Kommunikationstechnologien unterstützt. Diese Technologien ermöglichen ein örtlich verteiltes Lernen[7]. Jedes Mitglied kann seine Erfahrungen in die Gruppe einbringen und in Diskussionen verteidigen. Mittels der so entstehenden Interaktion und der gegenseitigen Unterstützung der Gruppenmitglieder kann neues Wissen leichter erlernt werden. Hier liegt auch der Vorteil des CSCL gegenüber dem Computer Based Training (siehe 2.3). Da die Lernenden in einer Interaktion untereinander stehen, hält die Motivation über einen längeren Zeitraum an. „In der Pädagogik ist seit langem bekannt (…) dass kooperative Lernformen dem individuellen Lernen oft überlegen sind.“[8] Dies ist bereits empirisch nachgewiesen worden.

Zur Realisierung der Konzepte sollte die den Lernprozess unterstützende Software den Zugriff auf gemeinsames Arbeitsmaterial und die gemeinschaftliche Erarbeitung neuer Materialien ermöglichen. Ferner sollten auch synchrone und asynchrone Wissensvermittlung sowie Teilnehmerverwaltung und Rollenvergabe zur Verfügung stehen.

Probleme beim CSCL sind die Darstellung der sozialen Präsenz in virtuellen Umgebungen und die Koordination von Lerngruppen. Weiter bereiten die Herstellung einer gemeinsamen Wissensbasis und der auf die jeweilige Situation angepasste Einsatz von Medien und Methoden Schwierigkeiten.[9]

Auf die im VIROR -Projekt verwendeten Umgebungen für kooperatives Lernen wird später in dieser Arbeit noch detaillierter eingegangen. (siehe 3.2)

2.3 Computer Based Training

Virtuelles Lernen ist nicht zwangsläufig mit der Benutzung des Internets verknüpft. Um dies auch offline gestalten zu können, stellt das Computer Based Training (CBT) einige Möglichkeiten zur Verfügung: Als einfachste Methode, mit relativ geringem Aufwand, können Vorlesungen aufgezeichnet und anschließend bereitgestellt werden. Allerdings stellen die auf diese Weise gewonnenen Dokumente keine komfortable Suchmöglichkeit bereit. Eine Abhilfe schafft die Transkription der Aufzeichnungen, welche hingegen aber mit einem hohen Erstellungsaufwand verbunden ist.

Im Bereich von Seminaren ergibt eine Dokumentation zudem nur für die beteiligten Personen Sinn. Bei den Teilnehmern können auf diese Weise im Nachhinein Lernprozesse wieder ins Gedächtnis gerufen werden, was bei Außenstehenden allerdings nicht möglich und somit ohne Lernerfolg bleiben würde.[10]

Um nicht nur die Arbeit mit dem Lehrmaterial offline tätigen zu können, sondern auch den Bezug ohne (Breitband-)Netzanbindung zu ermöglichen, können die dokumentierten Lehrinhalte per CD-ROM an die Studierenden gesendet werden. Der Vorteil dieser offline-Variante ist, dass sie auch in Gebieten ohne Breitband-Internet genutzt werden kann bzw. überhaupt kein kostspieliger Internetzugang vorhanden sein muss. Dieser Aspekt wird jedoch in Zukunft an Bedeutung abnehmen, da, wie eingangs schon angemerkt, auch Breitband-Internetzugänge in vielen Haushalten vorhanden sind bzw. sein werden.

Für das CBT können auch Bücher im Hypertextformat benutzt werden. Zusätzlich zur herkömmlichen Variante bieten diese unter anderem die Möglichkeit, Lernstoff in Animationen zu visualisieren und interaktive Übungen durchzuführen.

Da gerade interaktive Lernprogramme ein hohes Maß an Speicherplatz verbrauchen, bietet sich in diesem Zusammenhang der Vertrieb mittels CD-ROM geradezu an, um damit auch Übertragungsvolumen auf Seiten des Anbieters einzusparen.

Lernprogramme in denen Texte mit Graphiken abwechselnd verwendet werden, z.B. Courseware, bieten nur geringe Interaktionsmöglichkeiten wie „nächste Seite“ und „Seite zurück“. Die reine Verwendung von Graphiken führt nicht unbedingt zu einem verbesserten Lerneffekt. Vielmehr spielt das dahinter stehende Lehrkonzept eine Rolle.

2.4 Web Based Training

Auch heutzutage gibt es nur wenig Möglichkeiten, um mit Hilfe des Web zu lernen. Das Internet wird hauptsächlich genutzt, um Lehrmaterial bereitzustellen bzw. dient als Transportmedium.[11] Viele Lehrende wissen nicht, wie Sie das Internet für Ihre Lehraufgabe nutzen sollen und können. Die Bereitschaft der Dozenten, sich mit dem Web Based Training (WBT) auseinanderzusetzen ist sehr differenziert. Es gibt durchaus einige wenige, die sich stark für dieses Konzept einsetzen. Die große Masse aber, welche dies zwar nicht unbedingt ablehnt, scheut den Mehraufwand, der mit dieser Art der Lehre verbunden ist.[12] Die Betreuung ist ein Erfolgskriterium. Erfolgreiche Ansätze beziehen die multimediale Breite der Medien ein. So wird z.B. im ODI-Projekt der Freien Universität Berlin[13] ein virtuelles Büro dargestellt, es werden Videos genutzt und das eigentliche Lernobjekt steht als Onlinehilfe zur Verfügung. Dem Lernenden dürfte das Ganze eher wie ein interaktives Spiel vorkommen als eine Fallstudie. Interessant ist hier auch der zentrale Einstiegspunkt. Während der interaktiven Entdeckungsreise kommt der Lernende immer wieder ins Büro zurück.[14] Fallbasiertes Lernen scheint für das WBT besonders geeignet zu sein. Andere Methoden spielen im Schrifttum eine stark untergeordnete Rolle.[15] Insbesondere werden dort virtuelle Firmen verwendet, abgeleitet aus der Planspielmethode. Für die Lehre der Statistik stehen meist nur Texte zur Verfügung. Selten sind gleichzeitig auch Übungen zu finden. Diese sind dann Lückentexte oder Multiple-Choice-Fragen. Als ausbaufähig ist allgemein das Bereitstellen von wissenschaftlichen Texten und Lehrmaterial zu bezeichnen. Auf dem Statistikgebiet gibt es meist nur Schriften zu einzelnen Themen. Abhilfe schaffen Webangebote, welche sich des Konzepts des entdeckenden Lernens bedienen. Zusammenfassend lässt sich behaupten, dass attraktive Lehrangebote Interaktionsmöglichkeiten bieten müssen und darüber hinaus Konzepte wie entdeckendes Lernen und exploratives Lernen verwenden sollten.[16]

Weitere Anwendungsmöglichkeiten des Web sind telematische Labore. Die Labore können über das Internet gesteuert werden. Ein Vorteil ist die Nutzung von Technik, welche an der eigenen Hochschule nicht zur Verfügung steht.

In enger Verwandtschaft dazu stehen die virtuellen Labore. Sie können ähnlich den telematischen Laboren ohne Ortsbindung genutzt werden. Allerdings stehen auf der „anderen Seite“ keine echten Labore. Sie sind reine Softwarelösungen.

2.5 Blended Learning

Beim Blended Learning werden die Konzepte des virtuellen Lernens mit denen der Präsenzlehre verknüpft. Dabei sollen die Vorteile der jeweiligen Lehrmethode in den Vordergrund gestellt werden. Es wird versucht, die Nachteile einer Lehrmethode durch das Anwenden der jeweiligen anderen zu beseitigen oder zumindest zu verringern. So kann z. B. während der Präsenzveranstaltung ein sozialer Kontakt zu den Kommilitonen und dem Dozenten aufgebaut werden. Bei der anschließenden Nachbereitung werden so Missdeutungen des Lehrstoffs schneller erkannt als beim reinen virtuellen Lernen. Ein Nachteil der Präsenzlehre ist das gleiche Lerntempo, welches alle Lernenden besitzen müssen, um gut kommunizieren und gemeinsam lernen zu können. Im Gegensatz dazu ist beim virtuellen Lernen ein individuelles Lerntempo möglich. Fragen, die während des Lernprozesses auftauchen, können jederzeit in einem Forum gestellt und beantwortet werden. Einem Lernenden, welcher einige Zeit später auf das gleiche Problem trifft, wird so ebenfalls geholfen.

Hauptsächlich zielt Blended Learning, auch B-Learning genannt, auf die Vor- und Nachbereitung von Präsenzveranstaltungen ab.

2.6 Konzepteinsatz in VIROR

Vergleichend sollen hier noch einmal die in VIROR eingesetzten Konzepte dargestellt werden.

In VIROR kamen der Remote Lecture Room (RLR), das Remote Interactive Seminar (RIS) das Interactive Home Learning (IHL) und das CBT zum Einsatz, deren verschiede (Tele-) Lernformen in Abb. 2.1 schematisch dargestellt sind. Da die Einführung der virtuellen Lehre in das Präsenzstudium einen großen strukturellen Wandel, vor allem in den sozialen Strukturen, bedeutet, könnte die gemeinsame Anwendung für eine erfolgreiche Reorganisierung von hoher Relevanz sein. Der Übergang vom traditionellen Hörsaal über virtuelle Seminare bis hin zum CBT kann auf diese Weise in kleinen Schritten durchgeführt werden. Je nach persönlichen Interessen kann der Student entscheiden, ob er die Vorzüge des asynchronen Lernens beim CBT nutzen möchte, oder für etwas mehr sozialen Kontakt, wie z.B. beim IHL, die Bindung an feste Zeiten kauf nimmt.

Während im RLR die Studenten noch rege soziale Kontakte untereinander pflegen können, auch wenn sich der Dozent in einem entfernten Hörsaal befindet, sind beim IHL dis Studenten auf sich gestellt. Im Verlauf einer IHL-Sitzung können die Studenten zwar ebenfalls miteinander kommunizieren, jedoch ist wird sich bei dieser Lehrform kaum ein Gruppengefühl etablieren. Im Computer Based Training wird dies noch verschärft, da dort keine Form von zwischenmenschlicher Interaktion stattfindet.

So gestaltet der Übergang von Präsenz- zur Virtuellen Universität auch für die „Kunden“ als fließend. Er sollte durch das langsame Heranführen auch problemloser erfolgen.

Abschließend lässt sich sagen, dass das Teleteaching hauptsächlich die Informationsvermittlung und weniger das Erlernen von Wissen behandelt.[17]

3 Vorstellung des Projekts

Das Land Baden-Württemberg initiierte im Jahr 1997 mit dem Programm virtuelle Hochschule Baden-Württemberg mit einem Umfang von 50 Mio. DM das bis dahin am höchsten dotierte Förderprogramm eines Bundeslandes in diesem Kontext und beabsichtigte damit, Online-Angebote als Erweiterung des Leistungsspektrums der Hochschulen des Landes voranzutreiben, jedoch ausdrücklich nicht die Gründung einer neuen Einrichtung zu forcieren. Gefördert wurden ausschließlich Verbundprojekte, d.h. es mussten sich jeweils mehrere Hochschulen an einem Projekt beteiligen.[18] Neben VIROR wurden auch sechs weitere Projekte wie z.B. Virtueller Hochschulverbund Karlsruhe (ViKar)[19] oder Docs `n drugs[20]der Universität und der FH Ulm, welches sich mit dem Einsatz virtueller Lehrfälle im Medizinstudium beschäftigt, aus den Mitteln von virtuelle Hochschule finanziert. Die Förderung war von vornherein auf maximal 5 Jahre angelegt, so dass alle in diesem Rahmen zugewiesenen Förderungen im Sommer 2003 endeten.[21] VIROR wurde durch dieses Programm vom Projektstart am 01.07.1998 an vorerst für drei Jahre gefördert und nach einer Zwischenevaluation und Plananpassung um zwei Jahre verlängert und endete schließlich am 30.06.2003.[22] Die Gesamtfördersumme durch das Land betrug 8,8 Mio. DM.[23]

Als Ziel von VIROR sollte den Studierenden der vier Hochschulen „in gemeinsamer Anstrengung ‚ein individualisiertes, räumlich und zeitlich flexibles bedarfsorientiertes Lernen ermöglicht werden.’“[24] Die Vision war dabei, dass sich die virtuelle Hochschule „schrittweise aus den Präsenzhochschulen heraus entwickeln und so mit der Zeit eine eigene Identität mit eigenem Studienprogramm aufbauen“[25] werde. Dazu vereinigten sich verschiedene Fachbereiche der Universitäten Heidelberg, Mannheim, Karlsruhe und Freiburg zum Aufbau eines netz- bzw. computergestützten Studienprogramms.[26] Die beteiligten Partneruniversitäten brauchten dabei nicht mit einem Grüne-Wiese-Ansatz zu starten, sondern konnten bereits auf Erfahrungen früherer TeleTeaching-Kooperationen, wie z.B. zwischen den Universitäten Heidelberg und Mannheim zwischen denen bereits seit 1995 auch ein Abkommen über die wechselseitige Anerkennung von Studienleistungen und die Nutzung von Hochschul-Ressourcen besteht[27], aufbauen.

Aufgrund der Größe und des Umfangs der zu behandelnden Themenkomplexe wurde das Gesamtprojekt in vier Teilprojekte Inhaltserstellung, Technik, Begleitung und Evaluation sowie das Teilprojekt Organisation untergliedert. Im Teilprojekt Inhaltserstellung beteiligten sich insbesondere Lehrstühle aus den Bereichen Informatik, Physik, Wirtschaftswissenschaft, Psychologie und Medizin. Ziel war es in diesen Fachbereichen, netzgestützte Kurse zu entwickeln, verteilte Teleseminare und -vorlesungen zu veranstalten sowie die Aufzeichnungen dieser Lehreinheiten per CD-ROM oder online zu vertreiben. Im Zuge der Projektverlängerung wurde ab Mitte 2001 die Beteiligung etwas reformiert, so dass zum Schluss Lehrstühle und Wissenschaftler aus der Informatik und Bioinformatik, Kristallographie und Chemie, Wirtschaftswissenschaften, Psychologie und Politikwissenschaften in diesem Teilprojekt tätig waren.[28] Zur Motivation zum Einsatz virtueller Lehrmethoden, die VIROR auch außerhalb des Projektes anregen wollte, wurden zusätzlich interdisziplinäre Vortragsreihen wie z.B. Archäologie und Biologie aufgenommen.[29]

Das Teilprojekt Technik beschäftigte sich mit der Entwicklung und Erprobung verschiedener Tools im E-Learning-Bereich und deren breitem täglichen Einsatz in der Lehre. Dabei standen auch besonders die Aspekte des Lecture Recording und der Learning Management Systems (LMS) wie z.B. das an der Universität Freiburg eingeführte CLIX Campus der Firma imc AG im Vordergrund. Das Ziel dieser Teilaktivität war die Anwendbarkeit und Bedienbarkeit der technischen Werkzeuge im Alltag durch Personen, die auf kein tiefes technisches Know-How zurückgreifen können.[30] (näheres zu diesem Teilprojekt siehe 3.2)

Den Initiatoren von VIROR war es von Beginn an ein Bedürfnis, nicht lediglich Telelehrveranstaltungen technisch möglichst gut umzusetzen. Auch der Lernerfolg und die Verbesserung der angewendeten didaktischen Methoden standen im Mittelpunkt, so dass für diesen Bereich ein eigenes Teilprojekt Begleitung und Evaluation geschaffen wurde. Die Aufgabe bestand in erster Linie in der Beratung von Lehrenden (z.B. Hilfestellungen für das didaktisch wertvolle Verfassen von Texten, Grafiken und Vorträgen)[31] und Studierenden (z.B. Zeitmanagement, Arbeitsplatzgestaltung, Aneignen von Unterrichtsstoff etc.)[32], eine wissenschaftliche Evaluation des Lernerfolgs und eine „grundlagen-wissenschaftlich ausgerichtete Untersuchung von Lehr- und Lernprozessen mit neuen Medien“[33]. In Bezug auf die Studierenden sollten hier nicht nur lernbezogene Aspekte angesprochen werden, sondern auch ihr persönliches Umfeld (Arbeit, Kinder aber auch Prüfungsängste, Depressionen, Verlust finanzieller Unterstützung etc.) nicht unberücksichtigt bleiben.

In diesem Bereich engagierten sich insbesondere der Lehrstuhl Erziehungswissenschaft II unter Prof. Manfred Hofer der Universität Mannheim und das Psychologische Institut der Universität Heidelberg unter Prof. Peter Reimann.

Das Teilprojekt Organisation schließlich koordinierte „umfangreiche strukturelle und organisatorische Maßnahmen an den Partnerhochschulen“[34], insbesondere die Anpassungen von Studienordnung hinsichtlich der Modularisierung und der Anrechenbarkeit von an den Partneruniversitäten erbrachten Studienleistungen. Ferner oblagen ihm die Durchsetzungen von ggf. nötigen Personalstrukturveränderungen, die Kommunikation und Darstellung des Projekts nach außen, aber auch das Berichtswesen. Die Leitung des Gesamtprojekts übernahmen dabei Herr Prof. Thomas Ottmann als Projektsprecher und Herrn Dr. Paul-Thomas Kandzia als Projektmanager von der Universität Freiburg.

3.1 Lehrbetrieb

3.1.1 Einleitung

Die Produktion oder die Erstellung von WBT, CBT oder Telelehrveranstaltungen mit multimedialen Lehrinhalten ist durch einen hohen Aufwand im Bereich Personalkosten gekennzeichnet. Im Folgenden werden zwei VIROR -Produktionen aus den Bereichen Wirtschaft und Informatik vorgestellt. Diese Produktionen sind nicht mit dem Ziel konzipiert, die Präsenzlehre zu ersetzen, sondern sie im Sinne des Blended Learning zu unterstützen.

3.1.2 Joker

Joker ist eine Lern- und Simulationssoftware zur Kosten- und Erlösrechnung, die auf Java™[35] basiert und in der ersten Phase von VIROR gefördert wurde. Joker soll die Präsenzlehre unterstützen und wurde für die Integration in eine betriebwirtschaftliche Veranstaltung gestaltet. Die erste Einsatzvariante besteht darin, Joker zur Simulation und Demonstration von komplexen und komplizierten Abläufen der Kosten- und Erlösrechnung in einer Veranstaltung zu verwenden. Dadurch wird z.B. der Bezug des theoretischen Stoffes zur realen Welt aufgezeigt. Die Grundlage für diese Darstellung sind zwei fiktive Unternehmen, die mit allen dafür notwendigen Daten im System abgebildet sind. Der Dozent legt vor seiner Veranstaltung die Teilbereiche bzw. Beispiele fest, die er zur Veranschaulichung benötigt und ruft diese während der Veranstaltung auf. Die zweite Variante ist die Bearbeitung eines in Joker vorbereiteten Lernmoduls in einer Veranstaltung. Hier können Studenten in kleineren Gruppen an einem Lernmodul arbeiten und im kleinen Rahmen in einer Diskussion zur Lösung geleitet werden. Allerdings muss hierfür ausreichend Zeit in der Veranstaltung eingeplant werden. Diese beiden Einsatzmöglichkeiten haben den Vorteil, dass sich die Studenten unter Aufsicht mit der Handhabung von Joker vertraut machen können. Dadurch wird die Verwendung des Systems außerhalb der Präsenzveranstaltung gefördert. Die dritte Variante ist die Bearbeitung einer Aufgabenstellung, die nicht in Joker als Lernmodul implementiert ist. Das bedeutet einen Mehraufwand für den Dozenten, da er eine Aufgabe erstellen muss, die auf die Daten der hinterlegten fiktiven Unternehmen zugeschnitten ist und diese verwendet. Diese Aufgabe kann in der Veranstaltung oder vom Studenten zu Hause gelöst werden. Der Vorteil dieser Variante besteht in der Erprobung von Aufgabenstellungen, die später wieder in Lernmodule einfließen können. Dem Studenten stehen für das Selbststudium alle in Joker implementierten Lernmodule, die fiktiven Unternehmen, zugehörige Tests und Simulationen zur Verfügung. Das System bietet auch Kontrollmöglichkeiten für den Studenten. Allerdings ist Joker in dieser Phase kein webbasiertes System und wird als CBT-Komponente verwendet.[36]

3.1.3 Java-Start

Eine praktische Anwendung des Web Based Training in VIROR bildet der Web-Kurs Java-Start. Er wurde gemeinsam von den Universitäten Karlsruhe und Freiburg zur Anreicherung eines entsprechenden Präsenzkurses entwickelt. Ziel der Veranstaltung war die Herstellung eines einheitlichen Kenntnisstandes aller Teilnehmer über die oo-Programmierung an Hand von Java™. Die Schwierigkeit, Lehrinhalte aktuell zu halten, welche durch die hohe Dynamik in diesem akademischen Bereich entsteht, wurde durch modular aufgebaute Lehrbausteine gelöst. Zur Beschreibung dieser wurden u.a. Metadaten aus ARIADNE (siehe 3.2.4) verwendet. Als positiven „Nebeneffekt“ der Modularisierung ist die Möglichkeit der Wiederverwendung zu nennen. So wurde der Kurs in den CLIX Campus eingestellt und steht allen Studierenden der Partneruniversitäten zur Verfügung.

Der Focus des Web-Kurses liegt in der Wissensvermittlung von Inhalten welche mit Hilfe von Büchern nur schwer verständlich gemacht werden können. Es ist im Allgemeinen kein Problem, sich Anwendungsbeispiele auszudenken, welche unter Verwendung einer Animation und kurzer Erläuterung dem Lernenden die Funktionsweisen z.B. von Sortieralgorithmen oder Compilern genau so gut näher bringen wie ein umfangreicher Text. Neben den HTML-Seiten gibt es zu jedem Modul ein bidirektional verlinktes Glossar. Anschließend an die Wissensaufnahme kann der Student sein Erlerntes in sog. „Selfassessments” überprüfen. Hierfür werden Multiple-Choice-Fragen und Lückentexte in verschiedenen Schwierigkeitsgraden angeboten. Die Lückentexte kann der Studierende nach Auffüllen mit dem fehlenden Quellcode überprüfen lassen. Um die WBT-Komponente ständig verbessern zu können wird nach jedem Modul, welches nicht nur sequenziell sondern auch direkt angesprochen werden kann, ein kurzes Feedback erfragt.

Während der Entwicklung der WBT-Komponente wurde auch darauf geachtet, dass die Module einfach zu erstellen und wartbar sind. Der Lehrende hat mit dem AnimationMaker die Möglichkeit, per „Cut and Paste“ Quellcode fast vollautomatisch in einen animierten Programm-Ablauf-Plan oder in ein UML-Diagramm zu überführen. Ebenso einfach und vor allem mit geringem Aufwand lässt sich Programmcode als Lückentext editieren. Rein virtuell ist diese WBT-Komponente jedoch nicht, denn sowohl die Betreuung als auch die Prüfung für diesen Kurs werden am jeweiligen Standort der Hochschule durchgeführt.

In der Anlaufphase des Java-Start nutzten ca. 20% der Teilnehmer der Präsenzveranstaltung die WBT-Komponente.[37]

Im folgenden Abschnitt beziehen sich die Autoren ausschließlich auf Hard- und Software (Technikaspekte), die im Rahmen des VIROR -Projekts eingesetzt entwickelt und evaluiert wurde.

[...]


[1] vgl. Schulmeister 2001, S. 62

[2] vgl. Schulmeister 2001, S. 65

[3] vgl. Kandzia 2002

[4] vgl. Schulmeister 2001, S. 75

[5] vgl. Schulmeister 2001, S. 79

[6] Schulmeister 2001, S. 80

[7] vgl. o.V. 2004

[8] Schulmeister 2001, S. 196

[9] vgl. o.V. 2004

[10] vgl. Schulmeister 2001, S. 333

[11] vgl. Schulmeister 2001, S. 233 f.

[12] vgl. Schulmeister 2001, S. 93

[13] mehr dazu siehe http://www.dialekt.cedis.fu-berlin.de/odi/index.htm

[14] vgl. Schulmeister 2001, S. 235 f.

[15] vgl. Schulmeister 2001

[16] vgl. Schulmeister 2001, S. 246

[17] vgl. Schulmeister 2001, S. 81

[18] vgl. Kandzia 2003, S. 18 f.

[19] mehr siehe http://www.vikar.de

[20] mehr siehe http://www.dogs-n-drugs.de

[21] vgl. Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg 2004

[22] vgl. Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg 2004a

[23] vgl. Universität Heidelberg 1998

[24] Kandzia 2003, S. 23

[25] Kandzia 2003, S. 24

[26] vgl. Kandzia 2000, S. 256

[27] vgl. Geyer, Eckert, Effelsberg 1997, S.1

[28] vgl. Kandzia 2003, S. 24 f.

[29] vgl. VIROR 2003

[30] vgl. VIROR 2003a

[31] vgl. o.V. 2000

[32] vgl. o.V. 2002

[33] Hofer

[34] VIROR 2004b

[35] Java ist eingetragenes Markenzeichen der Sun Microsystems Inc.

[36] vgl. Kranich, Schmitz 2003, S. 89 ff.

[37] vgl. Küstermann, Ratz, Seese, Thiemann 2003, S. 127 ff.

Ende der Leseprobe aus 50 Seiten

Details

Titel
Die virtuelle Hochschule Oberrhein (VIROR)
Hochschule
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg  (Institut für technische und betriebliche Informationssysteme)
Veranstaltung
Seminar "Büroinformationssysteme"
Note
1,3
Autoren
Jahr
2005
Seiten
50
Katalognummer
V67650
ISBN (eBook)
9783638604383
ISBN (Buch)
9783656798095
Dateigröße
972 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Seit einigen Jahren werden, angeregt durch neuartige Technologien in der Informationstechnik, neue Konzepte des Lernens diskutiert. Im Projekt VIROR haben sich die vier badischen Universitäten 1998 zu einem Versuch zusammengeschlossen, um die Möglichkeiten des Studierens unabhängig von Ort und Zeit in institutionellem Rahmen zu erproben. Die vorliegende Arbeit stellt aktuell diskutierte Konzepte des E-Learnings vor, überträgt diese auf VIROR und zieht ein Resümee über den Erfolg des Projektes.
Schlagworte
Hochschule, Oberrhein, Seminar, Büroinformationssysteme
Arbeit zitieren
Andreas Strehl (Autor:in)Marcel Kempka (Autor:in)Falk Ziolkowski (Autor:in), 2005, Die virtuelle Hochschule Oberrhein (VIROR), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/67650

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