Outsourcing des Friedens - PMCs als Chance für künftige Friedensmissionen


Seminararbeit, 2005

21 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Zur Struktur und Vorgehensweise

3. Die Problematik internationaler Einsätze unter UN-Mandat
3.1. Kein Gewaltmonopol
3.2. Unklares Mandat
3.3. Trägheit bei Entscheidungen u. deren Umsetzung
3.4. Abhängigkeit von den Nationalstaaten
3.4.1. Finanzierung
3.4.2 Truppenstellung
3.4.3. Kommandostrukturen

4. Das Desaster einer humanitären Intervention unter Kommando der Vereinten Nationen (UNISOM I und UNITAF bzw. UNISOM II)
4.1. Chronologie
4.2. Welche Probleme traten zutage?

5. PMCs als Lösung?
5.1. Welche Vorteile sind mit dem Einsatz von PMCs in Friedensmissionen verbunden?
5.2. Welche Ressentiments gibt und gab es seitens der UNO?

6. Alternativen?

7. Conclusio und weiterführende Thesen

8. Literaturliste
8.1. Internetquellen:
8.2. Fachliteratur:
8.3. Dokumente:

1. Einleitung

Nach dem Ende des Realsozialismus 1989 endete damit auch die Ära des Kalten Kriegs und machte einer neuen, zerstreuteren und infolgedessen unberechenbareren weltweiten Konfliktsituation Platz. Im Jahr 2005 gab es 249 politische Konflikte, wovon 74 vom Heidelberger Institut für internationale Konfliktforschung (HIIK) als Krisen mit sporadischem Gewalteinsatz und 24 als echte Konflikte mit massivem Gewalteinsatz klassifiziert werden.[1] Jene 24 sind ausschließlich innerstaatlich zu verorten, wie auch die bei weitem überwiegende Zahl der Krisen auf innerstaatlichem Gebiet ausgetragen wird.

Es liegt auf der Hand, dass sich eine Organisation, die als Zusammenschluss von Nationalstaaten gegründet wurde, um die Menschheit „von der Geißel des Kriegs“[2] zu befreien, angesichts dieser Situation einige Fragen über Zukunftsperspektiven stellen muss und das auch getan hat.

In oft sehr unterschiedlichen Analysen taucht hierbei die Frage, wie mit PMCs, sogenannten privaten Militärfirmen, umzugehen ist, ob sie als moderne Söldner abzustempeln sind, oder als aktive Partner bei der Bewältigung humanitärer Einsätze, immer wieder auf.

Nach dem euphorischen Reformvorstoß des ehemaligen UN-Generalsekretärs Boutros Boutros-Ghali in seiner „Agenda for peace“ wurden die Reformansätze nach den desaströsen Misserfolgen in Ruanda und speziell auch Somalia, zu dem ich später noch Bezug nehmen möchte, zunehmend realistischer und verfolgten eine Politik der kleinen Schritte.

Die beim Völkermord in Ruanda vom damals zuständigen stellvertretenden UN-Generalsekretär Kofi Anan abgegebene Erklärung ließ aufhorchen: “Als wir kampferprobte Soldaten brauchten, um Kombattanten und Flüchtlinge voneinander zu trennen, habe ich die Möglichkeit erwogen, eine Privatfirma zu engagieren. Aber vielleicht ist die Welt noch nicht bereit dazu, den Frieden zu privatisieren"[3] .

Die Präsenz der PMCs ist im Bereich aktiver militärischer Einflussnahmen in den letzten Jahren zurückgegangen und hat sich zunehmend auf den großen Bereich logistischer Dienste konzentriert. Dennoch ist ihr militärisches Potenzial für internationale Organisationen keineswegs zu unterschätzen, wie das Angebot der Northbridge Services Group Anfang des Jahres 2003 über die Ergreifung des liberischen Präsidenten und Kriegsverbrechers Charles Taylor, sowie die Bereitstellung von ein bis zwei Bataillonen, sofern dafür ein dementsprechendes Mandat vom Sicherheitsrat vorliegt, deutlich macht.[4]

Die Frage über den Einsatz von PMCs bei Friedensmissionen auch im Bereich des peace-enforcement[5] ist also keineswegs geklärt und weiterhin von Brisanz. Ich möchte mich in dieser Arbeit der Frage widmen, welchen Beitrag diese Firmen in Zukunft im internationalen Konfliktmanagement leisten können, und wie sie vielleicht einige der zentralen Probleme der bei der Jubiläumsfeier 1995 als „erfolgreiche Organisation mit Reformbedarf“[6] charakterisierten UNO lösen könnten. Dabei möchte ich mich aber vor allem auf das Thema der militärischen Dienstleistung konzentrieren, da logistische Unterstützung sowie Training und Ausbildungsaufträge bereits fester Bestandteil von UN-Einsätzen im peacekeeping oder post-conflict Bereich sind.

2. Zur Struktur und Vorgehensweise:

Im ersten Teil meiner Arbeit möchte ich einen Überblick über die Schwächen und Unzulänglichkeiten des UN-Systems bei internationalen Einsätzen herausarbeiten. Eine vollständige Analyse ist im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich, wodurch ich gezwungen bin, eine Auswahl von wesentlichen Faktoren zu treffen. Dabei werde ich mich an folgenden Forschungsfragen orientieren:

- Welche allgemeinen strukturellen Probleme hemmen die Durchführung von Missionen?
- Welche Rolle spielen dabei die Nationalstaaten?
- Warum sind Entscheidungen über Interventionen so schwer zu erzielen, bzw. wenn dann nur mit Einverständnis der USA (Auch hierbei werden explizit einige andere Gründe, wie etwa zwischenstaatliche Differenzen, etc. ausgeklammert.)
- Warum und woran scheiterte der Somalia-Einsatz? (Der Somalia Einsatz wird auch seitens der UNO als „Desaster“ bezeichnet und eignet sich als praktisches Beispiel sehr gut, allgemeine Handlungsmuster und daraus resultierende Probleme exemplarisch darzustellen. Verkürzungen und Ausklammerung von Gründen die nicht mit meiner Fragestellung direkt zusammenhängen sind hier aber unvermeidbar.)

In einem zweiten Teil möchte ich mich nach der Bestandsaufnahme dem eigentlichen Thema meiner Arbeit widmen, wobei diese Fragen handlungsleitend sein werden:

- Welche der bis jetzt aufgeworfenen Probleme könnte eine PMC abdecken?
- Warum hält sich die UN so zurück, wenn es darum geht, private Militärfirmen verstärkt als Partner zu nutzen, bzw. welche Ressentiments gab/gibt es diesbezüglich seitens der UN?
- Welche Alternativen zu PMCs sieht die UN in näherer Zukunft? (Hierbei werde ich mich sowohl auf den Brahimi-Report als auch auf den Report des UN-Generalsekretärs „In larger freedom“ beziehen.)

Ich hoffe durch die Beantwortung dieser Fragen meine These bestätigt zu sehen, dass Private Militärfirmen langfristig gesehen die große, wenn nicht einzige Chance der UN sind, rasch und effizient Operationen durchzuführen, sei es auf dem Gebiet des peacekeeping, des peacemakings oder einer notwendigen aktiven militärischen Intervention und zwar wesentlich unabhängiger von nationalen Interessen als bisher.

3. Die Problematik internationaler Einsätze unter UN-Mandat

Seit dem Kalten Krieg sind die Friedensmissionen der UN zunehmend ins Licht der Öffentlichkeit, und damit auch ins Kreuzfeuer der Kritik gerückt. Ich möchte einen Auszug der wesentlichen Kritikpunkte anführen, der keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann. Generell ist zu sagen dass eine Vielzahl der Probleme aus dem Spannungsverhältnis der veränderten Konfliktsituation und dem vergleichsweise veralteten Instrumentarium der Charter resultiert, wobei aber auch die nationalen Interessen oft maßgeblich die Verantwortung tragen.

3.1. Fehlendes Gewaltmonopol

Eines der Hauptprobleme, das die Effizienz der UN beeinträchtigt, ist die ungeklärte Frage des Gewaltmonopols, da die UN im Gegensatz zu einem innerstaatlichen Gewaltmonopol weder die Mittel noch eine rechtlich abzuleitende Verpflichtung hat[7], friedenspolitisch Zwangsmaßnahmen umzusetzen, wodurch die Exekution von im Sicherheitsrat beschlossenen Maßnahmen auf eine „Koalition der Willigen“ übertragen wird. Sie verfügt also lediglich über ein Monopol was die Autorisierung betrifft.[8] Dieser Grundsatz der Freiwilligkeit macht die UN zunehmend zu einem Spielball nationaler Interessen, wodurch ihre Handlungsfähigkeit massiv eingeschränkt wird, ihrem Anspruch der internationalen Friedenssicherung gerecht zu werden.

Der Vorschlag Kofi Anans[9], den Generalstabsausschuss, jenes Organ, dass zumindest in der Theorie durch Planung und Durchführung von Einsätzen Gewalt ausübt, aufgrund mangelnder Bereitschaft, der UN Truppen zur Verfügung zu stellen, aufzulösen, schafft Raum für „Privatanbieter wie die NATO, die nunmehr nach dem ‚herrenlosen‘ Gewaltmonopol greifen kann.“[10]

3.2. Unklares Mandat

Ein weiteres Problem, das oft zu schwerwiegenden Fehlentscheidungen geführt hat, ist der definitorische Graubereich zwischen traditionellem peacemaking mit friedlichen Mitteln gemäß Kapitel VI der Charta und dem in der „Agenda for peace“ geforderten peace-enforcement durch militärische Zwangsmaßnahmen nach Kapitel VII/Artikel 43. Die meisten Einsätze beginnen als sogenannte peacekeeping Einsätze genau in diesem Grenzbereich, der gemeinhin als „Einsatz nach Kapitel 6 ½“[11] bezeichnet wird. Diese Unklarheit bei der Mandatsvergabe hat in der Vergangenheit oft zu groben Fehlern bei der Ausstattung als auch bei der Zahl der geschickten Truppen geführt, zum anderen hat der nicht eindeutig eingegrenzte Aufgabenbereich eine gewisse Hilflosigkeit der unter UNO-Mandat stationierten Truppen zur Folge gehabt.

3.3. Trägheit bei Entscheidungen u. deren Umsetzung

Die Trägheit der Entscheidungen resultiert großteils aus den unterschiedlichen Motivationsgründen der Mitgliedsstaaten des Sicherheitsrates für ein Engagement. Das Hauptproblem liegt jedoch dann in der Umsetzung, die bereitgestellten Kontingente kommen in der Regel erst nach monatelangen Verhandlungen an ihren Einsatzort, wo sich die Vorraussetzungen für einen UN-Einsatz mittlerweile gänzlich geändert haben, sodass „ der Sicherheitsrat von den Ereignissen überrollt[12] “ wird.

Das UNSAS System sollte diese Zeitspanne verkürzen, es ist jedoch nach wie vor so, dass der „ Generalsekretär nach einem Beschluss für seine Truppen bei den Mitgliedsstaaten betteln muss.“[13]

3.4. Abhängigkeit von den Nationalstaaten

Bei allen organisatorischen und strukturellen Problemen, vor denen die UN steht, muss man den Ball doch an die Mitgliedsstaaten zurückspielen, denn die Organisation ist nur so stark, wie die Mitgliedsstaaten es zulassen.

Beginnend von der Finanzierung der Organisation, der Truppenstellung bis hin zu den Kommandostrukturen werden Aktionen der UN durch nationale Interessen geleitet.

3.4.1. Finanzierung

Militärische Operationen können sehr kostspielig werden, wie etwa die Operation der USA im Irak mit etwa 3,9 Millionen Dollar monatlich eindrucksvoll veranschaulicht. Da der UN untersagt ist, von kommerziellen Institutionen Unterstützung anzunehmen, ist sie gänzlich auf die Mitgliedsstaaten angewiesen. Die Kosten für militärische Friedenseinsätze werden durch einen speziell eingerichteten „peacekeeping support account[14] abgewickelt, wobei mehr als die Hälfte von den Vetomächten getragen wird, der Rest wird von den übrigen Mitgliedstaaten abgedeckt oder durch Truppenbereitstellung ersetzt, wobei von den für 2006 insgesamt genehmigten $ 5,03 Mrd. noch insgesamt $ 2,92 Mrd. ausständig sind.[15]

[...]


[1] vgl. http://www.konfliktbarometer.de/de/index_d.htm

[2] vgl. Präambel der Charter of the United Nations

[3] www.monde-diplomatique.de/pm/2003/04/11/a0009.text.name,askOiqUfl.n,2

[4] vgl. http://www.heise.de/tp/r4/artikel/15/15306/1.html

[5] Missionen mit friedenserzwingenden Maßnahmen nach Kapitel VII der UN Charta

[6] vgl. Herz Dietmar/Jetzlsperger Christian/Schattenmann Marc (2002): Die Vereinten Nationen, Fischer Verlag GMbH Frankfurt am Main

[7] vgl. Kühne, Winrich (1999): Blockade oder Selbstmandatierung? Zwischen politischem Handlungsdruck und Völkerrecht, S 561-574, Blätter für deutsche und internationale Politik 1999 (5)

[8] vgl. www.gsoa.ch/krieg/terror/luzi_uno.pdf

[9] Anan, Kofi (2005): In größerer Freiheit: Auf dem Weg zu Entwicklung, Sicherheit und Menschenrechten für alle, Ziffer 217, Vereinte Nationen Generalversammlung A/59/2005

[10] www.uni-kassel.de/fb5/frieden/themen/UNO/reform6.html

[11] Eisele, Manfred (2000): Die Vereinten Nationen und das internationale Krisenmanagment, S 140, Josef Knecht Verlag, Frankfurt am Main

[12] Weber, Mathias (1997): Der UNO-Einsatz in Somalia: Die Problematik einer "humanitären Intervention",

S 117, Denzlingen, (Schriftenreihe Politikwissenschaft; Bd. 1)

[13] ebd. S 124;

[14] http://www.un.org/documents/ga/res/50/ares50-221b.htm

[15] http://www.un.org/Depts/dpko/dpko/faq/q9.htm

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Outsourcing des Friedens - PMCs als Chance für künftige Friedensmissionen
Hochschule
Universität Wien  (Institut für Politikwissenschaft)
Veranstaltung
SE: Private Formen politisch-militärischer Einflussnahme
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
21
Katalognummer
V67485
ISBN (eBook)
9783638586009
ISBN (Buch)
9783638776646
Dateigröße
491 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Das Ende des Kalten Kriegs stellte im Zuge einer unberechenbareren Konfliktsituation die UN vor neue Herausforderungen im Bereich des Peacekeeping. Die Arbeit widmet sich der Frage, welchen Beitrag hierbei die boomende Branche der Privaten Militär- und Sicherheitsfirmen leisten, und einige der zentralen Probleme der UN in diesem Berich lösen könnte.
Schlagworte
Outsourcing, PMCs, Friedensmissionen, Einflussnahme, Militaerfirmen, private military companies, mercenary, Frieden, peace and security, peace enforcement, Söldner, Peacekeeping, Friedenssicherung, Vereinte Nationen, UN, United Nations, Kofi Anan, Generalsekretär, Militär, Friedenssichierung
Arbeit zitieren
A. Fritsch (Autor:in), 2005, Outsourcing des Friedens - PMCs als Chance für künftige Friedensmissionen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/67485

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