Der Amerikanische Kulturtransfer


Hausarbeit, 2005

14 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung

2. Die Problematik der Kulturdefinition

3. Amerika als Kulturnation? Das Bild des kulturellen Amerikas nach 1945

4. Die Re-education-Politik
4.1 Amerikahäuser
4.2 American Force Network

5. Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„So wie Wolfgang Koeppen nicht ohne William Faulkner ist Horst Buchholz nicht ohne James Dean und Wim Wenders nicht ohne Francis Ford Coppola zu denken,“[1] schreibt Heinz Bude in der Einleitung seines Buches Westbindungen: Amerika in der Bundesrepublik. Ohne amerikanischen Kulturtransfer behauptet er also, hätten deutsche Schriftsteller, Schauspieler und Regisseure anders gewirkt. Bedeutet dies also, dass es eine kulturelle Amerikanisierung in der amerikanischen Besatzungszone und der BRD gegeben hat, wenn Kulturmuster von bekannten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens kopiert worden sind? Dies gilt es im Nachfolgenden an Hand von Beispielen zu hinterfragen. Um dies nachprüfen zu können, beschäftigt sich die Verfasserin zuerst mit der Problematik der Kulturdefinition in der amerikanischen Besatzungszone und der BRD, um dann auf das Bild Amerikas als Kulturnation in Nachkriegsdeutschland einzugehen Anschließend hat sich diese Arbeit zur Aufgabe gemacht, die Re-education-Politik und den damit verbundenen US-Kulturtransfer intensiver zu betrachten. Dabei wird auf zwei Institutionen näher eingegangen: Die so genannten Amerikahäuser und der Radiosender AFN. Hierbei soll analysiert werden, inwieweit diese eine eventuelle Amerikanisierung einzelner kultureller Bereiche vorangetrieben haben. Aus diesen Überlegungen gewinnt die Verfasserin die Überzeugung, dass von einer kulturellen Amerikanisierung der amerikanischen Besatzungszone und der BRD im Allgemeinen zwar nicht gesprochen werden kann, dass es in einzelnen Bereichen der Kultur innerhalb einzelner Bevölkerungsgruppen aber eine Amerikanisierung oder zumindest Ansätze einer solchen gegeben hat. Zum Erstellen dieser Arbeit wurden vor allem Zwischen Abendland und Amerika und Moderne Zeiten von Axel Schildt sowie Tatjana Domentat Coca Cola, Jazz und AFN verwandt.

2. Die Problematik der Kulturdefinition

Wenn man über Kultur und amerikanischen Kulturtransfer spricht, ist die Kulturdefinition, die man zu Grunde legt, von großer Bedeutung. Doch hier liegt auch ein entscheidendes Problem, eine Aufgabe, die der Sisyphus’ in nichts nachsteht. Im Allgemeinen bezeichnet Kultur alles von Menschenhand geschaffene. Vielfach wird dieser Terminus jedoch auch in einem enger gefassten Sinne verwandt und bezeichnet alle Verhaltensmuster und Denkweisen, die ein Volk von einem anderen unterscheidet. In diesem Zusammenhang wird Kultur oft auch mit Hochkultur, also Literatur, Musik und Künste, gleichgesetzt. Im 18. Jahrhundert manifestiert sich in Deutschland die Sichtweise, das Kultur ein Privileg der gebildeten Schichten[2] sei und als „Medium eines anspruchsvollen Bildungskonzepts fungierte.“[3] Alltagskultur war demnach nicht Teil des Kulturbegriffs und blieb auch bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts ausgeschlossen.

In Folge des Zweiten Weltkriegs kam es aber auch in Deutschland zu einer Erweiterung, teilweise auch Aufweichung des traditionellen Kulturbegriffs, was in der Gesellschaft nicht unumstritten war. Sollte Alltagskultur, Populär- und Massenkultur zu einem Teil des Kulturbegriffs erhoben werden? Als unmittelbare Reaktion auf Kriegsgeschehnisse kam es auf der einen Seite zu einer Rückbesinnung auf den traditionellen Kulturbegriff und bürgerliche kulturelle Werte, auf der anderen Seite zu einer radikalen kulturellen Neubesinnung, vor allem über die Aufwertung der Populärkultur.[4] Kaspar Maase bezeichnet diesen Streit um eine Neudefinition von Kultur in seinem Aufsatz „Amerikanisierung von unten“ auch als „Kampf um die Legitimität verschiedener Lebensweisen.“[5]

Das traditionelle Kulturkonzept war gleichzeitig gesellschaftsbestimmend. Kultur war nur den Reichen, Mächtigen, Gebildeten vorbehalten, wohingegen die unteren Klassen als kulturlos galten und damit auch von höheren gesellschaftlichen Positionen ausgeschlossen blieben. Mit dem stärker werdenden Selbstbewusstsein der arbeitenden Schichten seit Mitte des 19. Jahrhunderts wurde nicht nur die eigene gesellschaftliche Position, sondern auch die Definition von Kultur stärker hinterfragt. Nach dem Zweiten Weltkrieg war vor dem Hintergrund einer Gesellschaft in der Privilegien und Machtpositionen noch nicht feststanden, die Debatte über eine erweiterte Definition von Kultur und somit auch einer größeren gesellschaftlichen Akzeptanz der unteren sozialen Schichten aktueller denn je.

3. Amerika als Kulturnation? Das Bild des kulturellen Amerikas nach

In diesen Streit ist auch die zwiespältige deutsche Haltung gegenüber der Besatzungsmacht USA und den von ihr ausgehenden kulturellen Einflüsse einzuordnen. Das deutsche Amerikabild war - und ist bis heute – äußerst ambivalent und stark von Stereotypen geprägt.

Für die unteren sozialen Schichten galt Amerika als das Land, in dem jeder vom Tellerwäscher zum Millionär aufsteigen konnte, als ein Staat in dem Klassenschranken praktisch nicht existent waren. Amerika wurde als Land der Moderne, der unbegrenzten Möglichkeiten und des hohen Konsumstandards bewundert. Amerikanische Technik, vor allem die imposante Militärausstattung der US-Truppen, begeisterte im zerstörten Deutschland.

Das Bildungsbürgertum und die Aristokratie hingegen sahen Amerika traditionell als eine Bedrohung der europäisch-abendländischen Kultur.[6] Den Amerikanern wurde nachgesagt sie seien ein geschichtsloses und kulturell desinteressiertes Volk. Das Vorurteil, dass die eigene Kultur der der Amerikaner deutlich überlegen war, war weit verbreitet.[7] 1950 wurden die Bewohner des Gebiets der US-Besatzungszone nach den Bereichen gefragt, in denen Amerikaner Deutschen etwas beibringen könnten und umgekehrt. Die Befragten standen den Amerikanern in vielen Bereichen einen deutlichen Entwicklungsvorsprung zu. In der „hohen“ Kultur, also Musik, Literatur und Malerei, gaben allerdings nur 18% an, dass sie glaubten, hier etwas von den Amerikanern lernen zu können, 1956 sollten es sogar nur noch 16% sein.[8]

Doch spiegelt sich auch hier die Problematik der Definition wieder. In „hoher Kultur“ sah man die Amerikaner zwar unterlegen, aber was ist mit dem weiten Feld des Populären? Rock’n’Roll, Comics, Jeans, Elvis, Coca-Cola, stießen vor allem im Bildungsbürgertum auf vehemente Ablehnung und verdienten in den Augen vieler nicht die Bezeichnung „Kultur“. Kultureller Antiamerikanismus wurde ins Feld geführt, um den Überlegenheitsanspruch der europäisch-abendländischen „Hochkultur“ zu verteidigen.

Amerikanische Populärkultur stieß hingegen in den unteren Bevölkerungsschichten auf großen Rückhalt. Vor allem Realschüler schwangen die Hüften zu Rock’n’Roll, wohingegen Studenten tendenziell eine eher kritische Haltung gegenüber den neuen Rhythmen aus den USA einnahmen. Die Mehrzahl der einfachen Leute wollte, vor allem mit dem starken Amerika im Rücken, nicht fortfahren ihre Lebensweise, ihren Geschmack, ihre Kulturdefinition und damit sich selbst als minderwertig abstempeln zu lassen.[9]

Es ist somit festzuhalten, dass von einer Amerikanisierung bzw. Nicht-Amerikanisierung der Kultur in der amerikanischen Besatzungszone und der BRD im Allgemeinen nicht gesprochen werden kann, da die Haltungen gegenüber den USA und die Kulturdefinitionen in den unterschiedlichen Gesellschaftsschichten zu ambivalent gewesen sind. Es gilt also vielmehr zu untersuchen, ob Amerikanisierung oder Ansätze einer Amerikanisierung in einzelnen Teilbereichen der Kultur für einzelne Gesellschaftsschichten der amerikanischen Besatzungszone und der BRD stattgefunden haben.

[...]


[1] Heinz Bude (Hrsg.), Westbindungen. Amerika in der Bundesrepublik, Hamburg 1999, 15.

[2] Vgl., Ralf Schnell (Hrsg.), Metzler Lexikon: Kultur der Gegenwart. Themen und Theorien, Formen und Institutionen seit 1945, Stuttgart [u.a.] 2000, 267

[3] Ebd., 267.

[4] Ebd., 267-268.

[5] Kasper Maase , Amerikanisierung von unten. Demonstrative Vulgarität und kulturelle Hegemonie in der Bundesrepublik der 50er Jahre. In: Alf Lüdtke et.al., Amerikanisierung: Traum und Alptraum im Deutschland des 20. Jahrhunderts, 297.

[6] Vgl., Maase , Amerikanisierung von unten, 298.

[7] Vgl., Axel Schildt, Zwischen Abendland und Amerika. Studien zur westdeutschen Ideenlandschaft der 50er Jahre, München 1999, 168.

[8] Vgl., Axel Schildt (Hrsg.), Moderne Zeiten. Freizeit, Massenmedien und "Zeitgeist" in der Bundesrepublik der 50er Jahre, Göttingen 2005, 404-405.

[9] Vgl., Maase , Amerikanisierung von unten, 300-308.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Der Amerikanische Kulturtransfer
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg  (Institut für Geschichte)
Veranstaltung
Sowjetisierung und Amerikanisierung in Deutschland 1945-1970. Ein Vergleich.
Note
1,7
Autor
Jahr
2005
Seiten
14
Katalognummer
V67185
ISBN (eBook)
9783638601740
ISBN (Buch)
9783656809043
Dateigröße
446 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit beschäftigt sich mit dem Transfer US-amerikanischer Kultur in die BRD zwischen 1945 und 1970 und geht dabei insbesondere auf die Re-education-Politik der USA, die Amerikahäuser und den AFN ein. Sie wurde von mir als Amerikanistik-Studentin für ein Proseminar des Fachbereichs Geschichte verfasst.
Schlagworte
Amerikanische, Kulturtransfer, Sowjetisierung, Amerikanisierung, Deutschland, Vergleich
Arbeit zitieren
Janine Schildt (Autor:in), 2005, Der Amerikanische Kulturtransfer, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/67185

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