Internationale Durchsetzung des Wettbewerbsschutzes: Darstellung und kritische Würdigung der internationalen Kooperation im Bereich der Wettbewerbspolitik


Seminararbeit, 2005

21 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Rahmenbedingungen für eine internationale Wettbewerbsordnung

3. Prinzipien und Konzepte in den Wettbewerbsordnungen
3.1. Strikte Territorialität
3.2. Pseudoterritorialität: Unternehmenseinheit und Durchführungsort
3.3. Auswirkungsprinzip
3.4. Abwägungsprinzip
3.5. Inlandskonzept versus Inländerkonzept

4. Kooperation zwischen Wettbewerbsbehörden
4.1. Notifizierung, Konsultation und Amtshilfe
4.2. Negative und positive Comity
4.3. ANZCERTA
4.4. Internationale Wettbewerbsregeln

5. Prozessuale Grenzen für die Durchsetzung von Wettbewerbs-gesetzen
5.1. Völkerrechtliche Grenzen
5.2. Kooperationsabkommen

6. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In den vergangenen Jahren hat die Weltwirtschaft kräftig Fahrt aufgenommen. Nicht nur das Wachstum in den jeweiligen Märkten der einzelnen Länder hat zugenommen, sondern auch ein fortschreitendes Zusammenwachsen der einzelnen Märkte zu grenzüberschreitenden Märkten ist durch die Globalisierung[1] entstan-den. Die größten Anteile an dieser Entwicklung haben die Deregulierung und die Liberalisierung des Außenhandels sowie die Finanz- und Dienstleistungsmärkte in Industrieländern. Jedoch ist nicht auf allen Märkten und Marktsegmenten die Entwicklung so rasend. Durch die fortschreitende Internationalisierung der Märkte kommen auch die Staaten mit ihrer Wettbewerbspolitik unter Druck. Das Ziel der Staaten muss es sein, ihre Wettbewerbspolitik zu internationalisieren. Nachfolgend werden in Kapitel 2 die notwendigen Rahmenbedingungen für eine internationale Wettbewerbsordnung erläutert. Anschließend werden die verschiedenen Prinzipien und Konzepte, die in den Wettbewerbsordnungen angewendet werden, dargelegt. In Kapitel 4 werden die unterschiedlichen Möglichkeiten der Kooperation zwischen den Wettbewerbsbehörden der einzelnen Staaten vorgestellt. Die Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit der Staaten werden explizit noch einmal in Kapitel 5 herausgearbeitet, um abschließend ein Fazit über alle Gesichtspunkte ziehen zu können.

2. Rahmenbedingungen für eine internationale Wettbewerbsordnung

Eine Wettbewerbsordnung regelt den Umgang mindestens zweier Unternehmen miteinander. Hierbei soll verhindert werden, dass eine Partei seine Vertragsfreiheit missbraucht, um die Wettbewerbsfreiheit eines Dritten zu beschränken. Unter diese Regelung fallen keine Machtzuwächse, die durch unternehmerische Leistungsfähigkeit wie zum Beispiel Innovationen entstanden sind, sondern solche, die durch Zusammenschluss oder Zusammenarbeit von Unternehmen entstanden sind. Jedes Land wendet eine zielbestimmte, ökonomische Theorie an, die in staatlichen Rechtsnormen wiedergegeben ist und die mit den Instrumenten der Judikatur durchsetzbar sind. Das bedeutet für die Wettbewerbspolitik eines Landes, dass ein Land als Gesetzgeber erst Rechtsnormen erstellen und Wettbewerbsbehörden oder Gerichte einsetzen muss, um Gesetze durchsetzen und dadurch die Wettbewerbsfreiheit gewähren zu können. Da jedes Land die verschiedenen Zustände unterschiedlich bewertet, kommt es automatisch zu unterschiedlichen Theorien mit verschiedenen Zielausrichtungen und Rechtssystemen, die nachfolgend genauer betrachtet werden.[2]

In Industrie-, Entwicklungs- und Transformationsländer entstehen verschiedene Zielausrichtungen. In Industrieländern, wie zum Beispiel Frankreich und Großbritannien, werden die Wettbewerbsgesichtspunkte mit den wirtschafts- und sozialpolitischen Zielen abgewogen. Die EG versucht den Integrationsprozess weiterhin zu fördern und zu sichern, um eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit zu erlangen. In den USA, Deutschland und Japan besteht hauptsächlich das Ziel, die Freiheiten der anderen Marktteilnehmer nicht zu beschneiden. Hier ist schon zu erkennen, dass es einzelne Differenzen bezüglich der Ziele zwischen den Industrieländern gibt.

In den Entwicklungsländern herrschte vor dem Zusammenbruch der sozialistischen Planwirtschaften das Ziel vor, den Produzenten zu schützen, da es zu einer unvermeidbaren Angebotskonzentration kam. Nach dem Zusammenbruch des Sozialismus wandelte sich die Einschätzung dahin gehend, dass nicht mehr der Produzent , sondern der Konsument geschützt werden muss. Außerdem sollen alle Wettbewerbsbeschränkungen bekämpft werden, indem neue Kartellgesetze installiert werden. Hierbei sollen der Export gefördert und die heimischen Produktionskapazitäten kontrolliert werden.

In den Transformationsländern, die sich hauptsächlich aus ost- und mittel-europäischen Ländern zusammensetzen, sind die Hauptziele, überhaupt erst einmal ein Wettbewerbsrecht zu verabschieden. Es werden Wettbewerbsbehörden eingerichtet, staatliche Monopole werden privatisiert und dereguliert. Vorherrschend ist die Überwindung der administrativen Blockaden des ehemaligen Sozialismus. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass aufgrund der unterschiedlichen Beurteilungsmaßstäbe bei einer internationalen Wettbewerbsordnung nur ein Minimalkonsens über die Zielbezogenheit erreichbar ist.[3]

Das Spektrum wettbewerbspolitischer Instrumente umfasst die Bekämpfung wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen, die Missbrauchskontrolle für marktbeherrschende Unternehmen und die Zusammenschlusskontrolle. Vereinbarungen, die wettbewerbsbeschränkend sind, können entweder horizontal, d.h. Vereinbarungen zwischen Konkurrenten auf derselben Stufe der Wertschöpfung, oder vertikal sein. Da das Konglomerat, bei dem Unternehmen aus verschiedenen Branchen fusionieren, eine untergeordnete Rolle bei den wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen spielt, gehe ich im folgenden nicht näher darauf ein. Bei der horizontalen Vereinbarung muss ein Konsens gefunden werden, ob die Grundsatzregelung des Verbots- oder Missbrauchsprinzips[4] gelten soll. Das Verbotsprinzip findet seine Anwendung bei „Hard-core“ bzw. nackten Kartellen, z.B. Mengen-, Preis- und Marktaufteilungskartellen. Aber egal, ob die Wirkung dieser positiv oder negativ ist, gelten diese Kartelle als Wettbewerbsbeschränkung, wobei hier zum Wettbewerbsschutz der strengste wettbewerbspolitische Standard angewendet wird. Vorteil des Verbotsprinzips sind die Transparenz, die Rechtssicherheit und die beschleunigte Durchsetzbarkeit. Von Nachteil sind die fehlende, differenzierende Einzelfallbehandlung und die Gefahr der Aushöhlung bei Ausnahmen wie z.B. Strukturkrisen- und Rationalisierungskartellen. Da dieses Prinzip auf der Basis von Gesetzen aufgebaut ist und diese ex ante angewendet werden, wird das Prinzip auch „rule-of-law“ genannt. Das Missbrauchsprinzip erlaubt grundsätzlich horizontale Vereinbarungen. Ex ante findet es keine Anwendung, weil kein wettbewerbspolitisches Urteil getroffen werden kann. Somit bleibt ein Raum für Opportunitätsüberlegungen. Trotzdem lässt dies keine Rückschlüsse auf das Schutzniveau zu, weil auch hier strenge Maßstäbe des Wettbewerbsschutzes angewendet werden. Dieses Prinzip nennt man auch „rule-of-reason“, da vor einer Entscheidung erst die Auswirkungen betrachtet werden. Problematisch ist hierbei aber die bestehende Rechtsunsicherheit.

Bei den vertikalen Vereinbarungen ist die wettbewerbspolitische Beurteilung kontrovers. Hier stehen sich die Nachteile durch die Beschneidung der Wahl- und Handlungsfreiheiten und die Vorteile der Effizienzgewinne gegenüber. „Es erfolgt dabei eine Abwägung von Wohlfahrtsverlusten aufgrund koordinierter oder nicht-koordinierter (unilateraler) Effekte eines Zusammenschlusses einerseits und von fusionsbedingten Effizienzgewinnen andererseits“[5]. Das Ergebnis ist abhängig von der Zielausrichtung. In den Transformationswirtschaften wirkt sich das Verbotsprinzip schädlich aus. In der EG wird kein Unterschied zwischen vertikalen und horizontalen Vereinbarungen wegen der einzelwirtschaftlichen Strategie zur Abschottung der nationalen Märkte gemacht. Diese wirken nämlich auch gegen den europäischen Integrationsprozess. Meistens wird die „rule-of-reason“ angewendet, außer bei der Preisbildung zweiter Hand.

Bei der Missbrauchskontrolle wird zwischen Ausbeutungs- und Behinderungs-missbrauch unterschieden. Die Ausbeutung beschreibt die Maximierung der Monopolistenrente und die Behinderung den erschwerten Marktzutritt für Konkurrenten, wie z.B. die Anwendung von Rabattsystemen bei Virgin/British Airways und Michelin[6]. Aufgrund der Einschränkung der Wahlfreiheit ist das Verbotsprinzip international üblich, wobei es Auslegungsunterschiede über das Vorliegen eines Missbrauchs gibt. Als Sanktionen für die Einschränkung des Marktes können Geldbußen, Entflechtungen und Unterlassungsverfügungen verhängt werden. Als Beispiel zu nennen, wären die französischen Mobilfunkunternehmen Orange, Bouygues Telecom sowie SFR[7], die von der Wettbewerbsbehörde Frankreichs zu einer Rekordstrafe von einer halben Milliarde Euro verurteilt wurden, da sie über Jahre hinweg weit reichende Absprachen getroffen und den Markt unter sich aufgeteilt haben.

Bei der Zusammenschlusskontrolle soll verhindert werden, dass die Anzahl der Wettbewerber vermindert wird und dadurch nur noch eingeschränkter Wettbewerb vorhanden ist. Ein Zusammenschluss ist ein wirtschaftlicher Marktzuwachs ohne eigene Marktleistung (z.B. ohne Innovationen). Meistens werden Zusammenschlüsse zugelassen, da mögliche Effizienzgewinne höher bewertet werden als die möglichen Wohlfahrtsverluste, die durch die verminderte Wettbewerbsintensität entstehen, d.h. das Investitionsrisiko findet starke Anerkennung. Je größer die Wettbewerbsbeschränkung ist, desto größer müssen die Effizienzgewinne sein. Die Sicherstellung der Weiterleitung der Effizienzgewinne an Konsumenten wirft aber zusätzliche Probleme auf.[8] Neben der Genehmigung und der Untersagung können die Unternehmen auch noch Auflagen wie die Abgabe von Lieferverpflichtungen an Dritte, Erteilung von Zwangslizenzen an Wettbewerber oder den Verkauf von Tochterunternehmen erhalten.

[...]


[1] Budzinski, Oliver, „Perspektiven einer internationalen Politik gegen Wettbewerbsbeschrän-kungen“, in: List Forum für Wirtschafts- und Finanzpolitik, Band 28 (2002), Heft 3, S. 234.

[2] Wins, Henning, Eine internationale Wettbewerbsordnung als Ergänzung zum GATT, Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft, 2000, S. 22f.

[3] Op. cit., S. 24-27.

[4] Wins, Eine internationale Wettbewerbsordnung als Ergänzung zum GATT, S. 28f.

[5] Bundeskartellamt, „Wettbewerbsschutz und Verbraucherinteressen im Lichte neuerer ökonomischer Methoden“, Diskussionspapier, http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch /download/pdf/ Diskussionsbeitraege/04_AKK.pdf , 27.09.2004, S. 7f.

[6] Op. cit., S. 20.

[7] Conseil de la concurrence, „Anticompetitive agreements in the mobile telephony market“, http://www.conseil-concurrence.fr/user/standard.php?id_rub=160&id_article=502, 01.12.2005, 17.12.2005.

[8] Bundeskartellamt, „Wettbewerbsschutz und Verbraucherinteressen im Lichte neuerer ökonomischer Methoden“, Diskussionspapier , 27.09.2004, S. 9 und S. 14.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Internationale Durchsetzung des Wettbewerbsschutzes: Darstellung und kritische Würdigung der internationalen Kooperation im Bereich der Wettbewerbspolitik
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  (Universität)
Veranstaltung
Internationale Wettbewerbspolitik
Note
1,7
Autor
Jahr
2005
Seiten
21
Katalognummer
V67105
ISBN (eBook)
9783638585279
ISBN (Buch)
9783638768191
Dateigröße
505 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit fällt unter das Fach Wirtschafts-/Entwicklungspolitik innerhalb der Volkswirtschaftslehre
Schlagworte
Internationale, Durchsetzung, Wettbewerbsschutzes, Darstellung, Würdigung, Kooperation, Bereich, Wettbewerbspolitik, Internationale, Wettbewerbspolitik
Arbeit zitieren
Jörg Helmecke (Autor:in), 2005, Internationale Durchsetzung des Wettbewerbsschutzes: Darstellung und kritische Würdigung der internationalen Kooperation im Bereich der Wettbewerbspolitik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/67105

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