Internet und Internetzensur in Singapur


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

24 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Medienlandschaft in Singapur

3. Internet in Singapur – Aufbau und Geschichte

4. Gesetzliche Beschränkungen des Internets
4.1. Rede- und Meinungsfreiheit
4.2. Undesirable Publications Act
4.3. Weitere Gesetze

5. IT-spezifische Gesetze und Regelungen
5.1. Computer Misuse Act
5.2. Broadcasting Act / Media Development Authority Act
5.3. Außergesetzliche Maßnahmen: Cyber Wellness Task Force

6. Beispiele für Zensur und Regulierung
6.1. 1997 – Sperrung von 100 pornographischen Seiten
6.2. 2001 – Der Fall Sintercom
6.3. 2004 – Domain Registrierung

7. Selbstzensur und Überwachung
7.1. Wie äußert sich Selbstzensur?
7.2. Gründe für Selbstzensur?

8. Schlussbetrachtung

9. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die vorliegende Arbeit ist die Ausarbeitung des Referats zum Thema „Internetzensur in Singapur“, das am 06.07.04 im Seminar „Sprache und Macht“ unter der Leitung von Dr. Wolfram Schaffar gehalten wurde.

Mit dieser Arbeit soll ein aktuelles Bild der Nutzung des weltweiten Datennetzes Internet im südostasiatischen Stadtstaat Singapur dargestellt sowie die Frage beantwortet werden, in wie weit eine Zensur und Kontrolle des Internets in Singapur stattfindet und mit welchen Mitteln sie erreicht wird.

Um einen besseren Gesamtüberblick über die gesamte Medienlandschaft des Stadtstaates, auch über das Internet hinaus, zu bekommen, soll einleitend kurz das gesamte Medienwesen in Singapur beschrieben. Anschließend wird vorgestellt, welche Fortschritte Singapur bisher auf dem Gebiet des Internets, insbesondere der Anbindung daran und der Nutzung des Mediums, erreicht hat. Danach wird im Hauptteil der Arbeit ausführlich gezeigt, auf welche Art und Weise eine Kontrolle des Internets möglich ist und durchgeführt wird. Hierbei wird zwischen allgemeinen Gesetzen, die aber auch auf das Internet angewendet werden können und Gesetzen mit direktem Bezug zum Datennetz. Zur Illustration der Zustände sollen noch einige Beispiele für Zensur knapp dargestellt werden.

Abschließend wird noch auf das besondere Phänomen der Selbstzensur in Singapur eingegangen, ein Phänomen, das nicht nur im politischen Alltag wahrzunehmen ist, sondern gerade auch im Internet.

Als wichtige Literaturquellen dienten vor allem zwei Bücher von James Gomez, „Internet Politics – Surveillance & Intimidation in Singapore“ und „Self Censorship: Singapore's Shame“, sowie das von Sheila S. Coronel herausgegebene Buch „The Right to Know – Access to Information in Southeast Asia“. Insbesondere bei einem Thema wie dem der Internetzensur kommt man, auch der Aktualität wegen, nicht umhin Internetquellen zu nutzen. Wichtige Online-Quellen waren hierbei die Seiten der Organisation „Reporter ohne Grenzen“, die sich insbesondere der Einhaltung und dem

Schutz der Presse- und Informationsfreiheit verschrieben hat sowie die Seiten der Menschenrechtsgruppe „Privacy International“, die sich mit dem Thema Überwachung und Privatsphäre kritisch auseinandersetzt.

2. Medienwesen in Singapur

Singapur, sicherlich eines der am weitesten entwickelten Länder Asiens, hat anders als zum Beispiel das Nachbarland Indonesien, eine hohe Rechtssicherheit, die nicht zuletzt wesentlich zum Wohlstand des Staates beigetragen hat.[1] Dass hohe Rechtssicherheit nicht unbedingt zu einem demokratischen Staat nach westlichen Maßstäben führt, lässt sich unter anderem an der Platzierung in der „Rangliste zur Situation der Pressfreiheit weltweit“ der internationalen Menschenrechtsorganisation „Reporter ohne Grenzen“ erkennen. Singapur erscheint hier auf Platz 144 von insgesamt 166, noch hinter den wirtschaftlich weitaus schwächeren Ländern Afghanistan (134) und Somalia (140).[2]

De jure ist zuerst einmal mit Artikel 14 der Verfassung Pressefreiheit gegeben, de facto sind Meinungs- und Pressefreiheit jedoch stark eingeschränkt und es herrscht eine strenge Zensur.[3] Die Gründe hierfür sind unterschiedlich. Einerseits sind die zwei größten Medienunternehmen, Mediacorp und die Singapore Press Holdings (SPH), sowie auch die Internet Provider und Kabelfernsehenanbieter eng mit der Regierungspartei PAP verbunden.[4] Entweder sind sie im Besitz der Regierung, unter ihrer Kontrolle oder aber im Besitz von Unternehmen, die der Regierung nahe stehen. Dies führt dazu, dass „jede Kritik, welche die innere oder äußere Stabilität, das Image oder die Wirtschaftskraft des Landes schwächen könnte, von der Regierung rigoros unterdrückt wird“[5]. Auch ausländische Medien dürfen sich in Singapur laut Informationsminister Lee Boon Yang nicht zur Politik des Stadtstaats äußern.[6]

Die Mittel zur Durchsetzung der Kontrolle und der Zensur sind, neben dem bereits erwähnten „Newspaper and Printing Presses Act“, der „Internal Security Act“, laut dem bestimmte Publikationen verboten werden können, wenn sie „dem nationalen Interesse, der öffentlichen Ordnung oder der Sicherheit von Singapur abträglich sind“[7] und der Verhaftungen ohne Anklage ermöglicht, wenn der Betroffene eine „Gefahr für das nationale Interesse“[8] darstellt, der „Undesirable Publications Act“[9] oder der „Singapore Broadcasting Act“[10], der bestimmt, welche Inhalte ausgestrahlt werden dürfen. Ein weiteres Problem, das darauf zurückzuführen ist, dass die Besitzer der verschiedenen Medien natürlich Einfluss auf die Inhalte haben, ist das Phänomen der Selbstzensur.[11] So sehen die Journalisten beispielsweise davon ab, über ein „heißes“ Thema wie Korruption oder Nepotismus zu schreiben.[12]

Ein Ausspruch des früheren Premierministers Lee Kuan Yew bringt die Situation in Singapur auf den Punkt:

“I am often accused of interfering in the private lives of citizens. Yet, if I did not, had I not done that, we wouldn’t be here today. And I say without the slightest remorse, that we wouldn’t be here, we would not have made economic progress, if we had not intervened on very personal matters – who your neighbour is, how you live, the noise you make, how you spit, or what language you use. We decide what is right, never mind what the people think."[13]

“We decide what is right – wir [die People´s Action Party] entscheiden was richtig ist” – unabhängige Nachrichten über Singapur gibt es in der lokalen Presse nicht. Meinungsfreiheit gilt damit in Singapur nicht als universelles Recht, sondern wird anderen Zielen und Werten – wie zum Beispiel dem Wirtschaftswachstum - unterworfen.

3. Internet in Singapur – Aufbau und Geschichte

Singapur gilt als eines der am besten vernetzten Ländern Asiens, wenn nicht der ganzen Welt[14]. Das Land hat über 4,3 Mio. Einwohner und etwa 2,3 Mio. Internetnutzer[15]. Das entspricht einem Prozentsatz von über 50%, d.h. mehr als jeder zweite Singapurer nutzt das Internet.[16] Dies bedeutet, dass Singapur einen höheren Prozentsatz an Internetnutzern aufweist als andere entwickelte Staaten wie zum Beispiel die USA (42 Prozent), Australien (37 Prozent) oder England (35 Prozent). Laut einer Umfrage in 1500 singapurischen Haushalten im Jahre 2000 hatten 66 Prozent der Befragten PC-Kenntnisse, 61 Prozent der Haushalte hatte mindestens einen PC.[17]

[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Die Regierungspolitik fördert den Einsatz und die Nutzung von IT, Internet und PCs seit langem. So wurde bereits 1980 das erste von bisher fünf Programmen gestartet, das „Civil Service Computerisation Programme“, 1986 folgte der „National IT Plan“, der 1992 vom „IT2000 Masterplan“ abgelöst wurde. Es folgten der „InfoComm 21“ Plan ab dem Jahre 2000 und der „Connected Singapore“ Plan seit 2003, der zurzeit in Kraft ist.[18]

Ziele waren in den ersten Jahren unter anderem der Aufbau und Entwicklung einer lokalen IT-Industrie. Später sollte mit dem IT2000 Masterplan Singapur zu einem globalen IT-Hub, einem Netzknoten, entwickelt werden, um unter anderem Singapurs Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und die Lebensqualität verbessern. Ziel war es, Singapur in eine „Intelligente Insel” zu verwandeln:

“to transform the country into an Intelligent Island where information technology (IT) is exploited to the fullest to enhance the quality of life of the population at home, work and play.” [19]

Kennzeichnend dafür war der Aufbau eines inselweiten Breitbandnetzes – bekannt als die Initiative Singapore ONE.

[...]


[1] vgl.: Klein, Doris, 2004. Pressefreiheit in Südostasien. In: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.), Aus Politik und Zeitgeschichte, Bonn, S. 3.

[2] Reporter Ohne Grenzen: Rangliste zur Situation der Pressefreiheit weltweit:

http://www.reporter-ohne-grenzen.de/cont_dateien/indpres.php

[3] vgl.: Klein: Pressefreiheit in Südostasien, S. 5.

[4] vgl.: Ebd., S. 6.

[5] Ebd.

[6] vgl.: Ebd.

[7] vgl.: Internal Security Act:

http://statutes.agc.gov.sg/non_version/cgi-bin/cgi_retrieve.pl?actno=Reved-143

[8] vgl.: Ebd.

[9] vgl.: Undesirable Publications Act:

http://statutes.agc.gov.sg/non_version/cgi-bin/cgi_retrieve.pl?actno=REVED-338

[10] vgl.: Broadcasting Act:

http://statutes.agc.gov.sg/non_version/cgi-bin/cgi_retrieve.pl?actno=REVED_28

[11] vgl.: Freedom House: Freedom of the Press 2004:

http://www.freedomhouse.org/pfs2004/pfs2004.pdf, S. 165.

[12] vgl.: Ebd.

[13] Privacy International: Privacy and Human Rights 2003:

http://www.privacyinternational.org/survey/phr2003/countries/singapore.htm

[14] Vgl.: Gomez, James. New Technologies, Old Values, in: Coronel, Sheila S., 2001. The Right to

Know: Access to Information in Southeast Asia, Chicago.

[15] Vgl.: CIA: The World Factbook, Singapore:

http://www.cia.gov/cia/publications/factbook/geos/sn.html

[16] Vgl.: Lee, Terence, 2004. Emulating Singapore: towards a model for Internet regulation in Asia,

in: Gan, Steven / Gomez, James / Johannen, Uwe (Eds.): Asian Cyberactivism, Singapore, S.163

[17] Vgl.: Lee: Emulating Singapore, S.163.

[18] Vgl.: SingaporeEGovernment:

http://www.egov.gov.sg/PlansandStrategies/NationalICTPlans/index.htm

[19] Infocomm Development Authority of Singapore (IDA): Evaluation of Singapore ONE:

http://www.ida.gov.sg/idaweb/s1/infopage.jsp?infopagecategory=&infopageid=I880&versionid=

7

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Internet und Internetzensur in Singapur
Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn  (Seminar für Orientalische Sprachen)
Veranstaltung
Sprache und Macht
Note
1,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
24
Katalognummer
V67100
ISBN (eBook)
9783638599825
ISBN (Buch)
9783638671866
Dateigröße
554 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Internet, Internetzensur, Singapur, Sprache, Macht
Arbeit zitieren
Thomas Piekarczyk (Autor:in), 2004, Internet und Internetzensur in Singapur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/67100

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