Untersuchungen zur genetischen Toxizität und Chemoprävention von Brassica-Pflanzensäften in humanen Hepatomzellen (Hep G2)


Masterarbeit, 2005

102 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Material und Methoden
2.1 Materialien
2.1.1 Chemikalien und Reagenzien
2.1.2 Lösungen
2.1.3 Verbrauchsmaterialien und Geräte
2.1.4 Benzo[a]pyren: Mutagen und Referenzkontrolle
2.1.5 Charakteristische Merkmale der HepG2-Zelllinie
2.2 Methoden
2.2.1 Probenvorbereitung des Pflanzenmaterials
2.2.2 Kultivierung und Behandlungsmethoden der Zellkulturen
2.2.3 Alkalische Einzelzellgelelektrophorese (Cometassay)
2.2.4 Gaschromatographie und Massenspektrometrie

3 Ergebnisse
3.1 Gentoxische Effekte von Brassica
3.2 Antigentoxische Effekte von Brassica
3.3 Gen- und antigentoxische Effekte: Zusammenfassende Betrachtung
3.4 Qualitative und quantitative Analyse von Isothiocyanaten
3.4.1 Anteil der Trockensubstanz
3.4.2 ITC-Konzentrationen in der Trockensubstanz
3.4.3 ITC-Konzentrationen im Pflanzensaft

4 Diskussion
4.1 Isothiocyanate in Brassicaceae
4.2 Gentoxizität von Brassicaceae und Inhaltsstoffen
4.2.1 Gentoxische Effekte von Isothiocyanaten
4.2.2 Gentoxische Wirkmechanismen von Isothiocyanaten
4.2.3 Gentoxizität von Brassicaceae
4.2.4 Untersuchungsergebnisse zur Gentoxizität von Brassicaceae versus bisherige Studienergebnisse
4.3 Antigentoxizität von Brassicaceae und Inhaltsstoffen
4.3.1 Chemoprotektive Wirkmechanismen von Isothiocyanaten
4.3.2 Antigentoxizität von Brassicaceae
4.3.3 Bisherige Untersuchungen zur Antigentoxizität von Brassicaceae - Pflanzensäften
4.3.4 Nachweis der krebs-präventiven Aktivität von Brassicaceae und Isothiocyanaten im Tierversuch und in epidemiologischen Studien
4.3.5 Pflanzensaft-Aufnahme des Menschen 64 Ausblick

5 Zusammenfassung

6 Literatur

7 Anhang

Originaldaten des experimentellen Teils

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Benzo[a]pyren

Abb. 2: HepG2-Zellen mit 50% Wachstumsdichte

Abb. 3: Kometen in HepG2-Zellen

Abb. 4: Chromatogramm von Kohlrabi

Abb. 5: Kalibrierfunktion von AITC

Abb. 6: OTM nach Exposition von HepG2-Zellen gegenüber 3,125 - 100 µl/ml Blumenkohlsaft (24 h)

Abb. 7: TL nach Exposition von HepG2-Zellen gegenüber 3,125 - 100 µl/ml Blumenkohlsaft (24 h)

Abb. 8: OTM nach Exposition von HepG2-Zellen gegenüber 3,125 - 100 µl/ml Kohlrabisaft (24 h)

Abb. 9: TL nach Exposition von HepG2-Zellen gegenüber 3,125 - 100 µl/ml Kohlrabisaft (24 h)

Abb. 10: OTM nach Exposition von HepG2-Zellen gegenüber 3,125 - 200 µl/ml Rotkohlsaft (24 h)

Abb. 11: TL nach Exposition von HepG2-Zellen gegenüber 3,125 - 200 µl/ml Rotkohlsaft (24 h)

Abb. 12: OTM nach Exposition von HepG2-Zellen gegenüber 3,125 - 400 µl/ml Weißkohlsaft (24 h)

Abb. 13: TL nach Exposition von HepG2-Zellen gegenüber 3,125 - 400 µl/ml Weißkohlsaft (24 h)

Abb. 14: OTM nach Exposition von HepG2-Zellen gegenüber 0,156 - 25 µl/ml Blumenkohlsaft (24 h) und B[a]P, 50 µM (24 h)

Abb. 15: TL nach Exposition von HepG2-Zellen gegenüber 0,156 - 25 µl/ml Blumenkohlsaft (24 h) und B[a]P, 50 µM (24 h)

Abb. 16: OTM nach Exposition von HepG2-Zellen gegenüber 0,156 - 25 µl/ml Kohlrabisaft (24 h) und B[a]P, 50 µM (24 h)

Abb. 17: TL nach Exposition von HepG2-Zellen gegenüber 0,156 - 25 µl/ml Kohlrabisaft (24 h) und B[a]P, 50 µM (24 h)

Abb. 18: OTM nach Exposition von HepG2-Zellen gegenüber 0,156 - 6,25 µl/ml Rotkohlsaft (24 h) und B[a]P, 50 µM (24 h)

Abb. 19: TL nach Exposition von HepG2-Zellen gegenüber 0,156 - 6,25 µl/ml Rotkohlsaft (24 h) und B[a]P, 50 µM (24 h)

Abb. 20: OTM nach Exposition von HepG2-Zellen gegenüber 0,156 - 100 µl/ml Weißkohlsaft (24 h) und B[a]P, 50 µM (24 h)

Abb. 21: TL nach Exposition von HepG2-Zellen gegenüber 0,156 - 100 µl/ml Weißkohlsaft (24 h) und B[a]P, 50 µM (24 h)

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Chemikalien und Reagenzien

Tab. 2: Lösungen und deren Zusammensetzung

Tab. 3: Verwendete Geräte

Tab. 4: B[a]P-metabolisierende Enzyme in humanen HepG2-Zellen

Tab. 5: Parameter des GC-MS/MS

Tab. 6: Temperaturprogramm des Gaschromatographen

Tab. 7: OTM nach Exposition von HepG2-Zellen gegenüber 3,125 - 100 µl/ml Blumenkohlsaft (24 h)

Tab. 8: TL nach Exposition von HepG2-Zellen gegenüber 3,125 - 100 µl/ml Blumenkohlsaft (24 h)

Tab. 9: OTM nach Exposition von HepG2-Zellen gegenüber 3,125 - 100 µl/ml Kohlrabisaft (24 h)

Tab. 10: TL nach Exposition von HepG2-Zellen gegenüber 3,125 - 100 µl/ml Kohlrabisaft (24 h)

Tab. 11: OTM nach Exposition von HepG2-Zellen gegenüber 3,125 - 200 µl/ml Rotkohlsaft (24 h)

Tab. 12: TL nach Exposition von HepG2-Zellen gegenüber 3,125 - 200 µl/ml Rotkohlsaft (24 h)

Tab. 13: OTM nach Exposition von HepG2-Zellen gegenüber 3,125 - 400 µl/ml Weißkohlsaft (24 h)

Tab. 14: TL nach Exposition von HepG2-Zellen gegenüber 3,125 - 400 µl/ml Weißkohlsaft (24 h)

Tab. 15: OTM nach Exposition von HepG2-Zellen gegenüber 0,156 - 25 µl/ml Blumenkohlsaft (24 h) und B[a]P, 50 µM (24 h)

Tab. 16: TL nach Exposition von HepG2-Zellen gegenüber 0,156 - 25 µl/ml Blumenkohlsaft (24 h) und B[a]P, 50 µM (24 h)

Tab. 17: OTM nach Exposition von HepG2-Zellen gegenüber 0,156 - 25 µl/ml Kohlrabisaft (24 h) und B[a]P, 50 µM (24 h)

Tab. 18: TL nach Exposition von HepG2-Zellen gegenüber 0,156 - 25 µl/ml Kohlrabisaft (24 h) und B[a]P, 50 µM (24 h)

Tab. 19: OTM nach Exposition von HepG2-Zellen gegenüber 0,156 - 6,25 µl/ml Rotkohlsaft (24 h) und B[a]P, 50 µM (24 h)

Tab. 20: TL nach Exposition von HepG2-Zellen gegenüber 0,156 - 6,25 µl/ml Rotkohlsaft (24 h) und B[a]P, 50 µM (24 h)

Tab. 21: OTM nach Exposition von HepG2-Zellen gegenüber 0,156 - 100 µl/ml Weißkohlsaft (24 h) und B[a]P, 50 µM (24 h)

Tab. 22: TL nach Exposition von HepG2-Zellen gegenüber 0,156 - 100 µl/ml Weißkohlsaft (24 h) und B[a]P, 50 µM (24 h)

Tab. 23: OTM/µl und TL/µl zu den Untersuchungen zur Gentoxizität von Brassicaceae

Tab. 24: OTM/µl und TL/µl zu den Untersuchungen zur Antigentoxizität von Brassicaceae

Tab. 25: Trockensubstanz der Brassicaceae

Tab. 26: ITC-Konzentrationen in der Trockensubstanz der Brassicaceae

Tab. 27: ITC-Konzentrationen im Brassicaceae -Pflanzensaft

Tab. 28: Modulation von Phase-I- und Phase-II-Enzymaktivitäten durch Isothiocyanate bzw. Brassica -Gemüse

Tab. 29: Trockensubstanz und Pflanzensaftmenge einer Portion frischen Brassicaceae -Gemüses

Tab. 30: Pflanzensaft-Konzentrationen im menschlichen Gewebe und in den Zellkulturen der antigentoxischen Untersuchungen

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Jährlich erkranken in Deutschland etwa 395 000 Menschen an Krebs, davon versterben 210 000 Patienten an den Folgen ihrer Krebserkrankung (BERTZ et al. 2004). Maligne Neubildungen stellen dabei sowohl für Männer als auch Frauen nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen die zweithäufigste Todesursache dar (DIFE 1999). Neben genetischen Determinanten spielen exogene Faktoren, darunter vor allem Ernährungsfaktoren, eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung einer Krebserkrankung. Nach derzeitigen Schätzungen gehen Mediziner davon aus, dass etwa 30-35% aller Krebserkrankungen in der westlichen Welt durch Ernährungsfaktoren verursacht werden (KROKE und BOEING 2000). Es wird geschätzt, dass die Zahl der Krebsfälle mittels einer Ernährungsumstellung hin zu einer gesunden Ernährung, verbunden mit körperlicher Bewegung und dem Vermeiden von Übergewicht, um 30 bis 40 % vermindert werden könnte (WCRF 1997). Dies würde für Deutschland jährlich 120 000 bis 158 000 Krebsfälle weniger bedeuten.

Nach heutigem Kenntnisstand scheint ein hoher Verzehr von Obst und Gemüse eine protektive Rolle in der Ätiologie verschiedener Krebserkrankungen zu spielen (STEINMETZ und POTTER 1996, BLOCK et al. 1992, KOLONEL et al. 2000). Spezielle bioaktive Substanzen, wie sekundäre Pflanzenstoffe und Ballaststoffe, scheinen der Grund für die chemoprotektiven Effekte zu sein (STEINMETZ und POTTER 1996). Zu den wichtigsten sekundären Pflanzenstoffen gehören die Glucosinolate. Diese sind vorwiegend in Pflanzen der Familie Brassicaceae (syn. Cruciferae, dt. Kreuzblütler) zu finden (VERKERK et al. 1998). Dazu gehören Raps, Senf, Kresse, einzelne Rübenarten sowie Kohlgemüse (Brassica oleracea). Glucosinolate werden beim Kauen und Zerschneiden des Gemüses durch eine pflanzen-spezifische Myrosinase zu Isothiocyanaten (ITCs) metabolisiert. Auch ein intestinaler Abbau von Glucosinolaten zu Isothiocyanaten ist möglich (FAHEY 2001). Epidemiologische und experimentelle Daten liefern Hinweise, dass Brassicaceae und Isothiocyanate für eine Inhibition der Kanzerogenese verantwortlich gemacht werden können (VERHOEVEN et al. 1996; 1997, VAN POPPEL et al. 1999). Dabei scheinen die chemoprotektiven Effekte hauptsächlich auf einer Modulation fremdstoff- metabolisierender Enzyme zu beruhen (VERHOEVEN et al. 1997, CONAWAY et al. 2002, ZHANG 2004).

Auf der anderen Seite konnte für hohe Konzentrationen an Brassicaceae - Pflanzensäften und Isothiocyanaten nachgewiesen werden, dass sie selbst eine irreversible Transformation der DNA bewirken können, sprich gentoxisch wirken (KASSIE et al. 1996, 1999; KASSIE und KNASMÜLLER 2000). Bisherige Studienergebnisse zeigten, dass insbesondere die Pflanzensäfte Punktmutationen und DNA-Schäden in bakteriellen Testsystemen und chromosomale Aberrationen in Säugetierzellen induzieren können (KASSIE et al. 1996). Derzeit existieren nur wenige Daten, die sich mit dem gentoxischen Potential von Brassicaceae -Säften beschäftigen und eine Abwägung positiver und negativer Effekte möglich machen könnten.

Ziel der vorliegenden Arbeit war einerseits Pflanzensaft der Brassica oleracea -Arten Blumenkohl, Kohlrabi, Rot- und Weißkohl auf ihre gentoxischen Wirkungen zu untersuchen. Hierzu wurde die alkalische Einzelzellgelelektrophorese (Cometassay) eingesetzt. Der Cometassay ermöglicht einen Nachweis von DNA-Migration als Ausdruck von Doppelstrangbrüchen/Einzelstrangbrüchen, alkali-labilen Stellen, Exzisions-Reparaturstellen und DNA-DNA-/DNA-Protein-Quervernetzungen unter stark alkalischen Testbedingungen auf Einzelzellniveau (BRENDLER-SCHWAAB et al. 2005). Als Indikatorzellen wurden metabolisch kompetente humane Hepatomzellen (HepG2) eingesetzt. HepG2-Zellen exprimieren zahlreiche Enzyme des Phase-I- und Phase-II-Fremdstoffmetabolismus. Aus diesem Grund sind sie für gentoxische Experimente geeigneter als metabolisch inkompetente Zellsysteme oder Bakterien (KNASMÜLLER et al. 1998, 2004).

Zudem wurde das chemopräventive Potential der Pflanzensäfte von Blumenkohl, Kohlrabi, Rot- und Weißkohl im Cometassay mit HepG2-Zellen untersucht. Zu diesem Zweck wurden die Zellen zunächst gegenüber den Pflanzensäften und anschließend gegenüber dem Mutagen Benzo[a]pyren exponiert. Als Parameter für einen chemopräventiven Effekt wurde die durch die Pflanzensäfte verursachte Reduktion der Benzo[a]pyren-induzierten DNA-Migration ermittelt. Benzo[a]pyren wurde in den Versuchen zur Gentoxizität als Positivkontrolle eingesetzt.

Da insbesondere die Isothiocyanate für die gentoxischen und chemopräventiven Effekte der Gemüsesäfte verantwortlich gemacht werden, wurden die Brassica -Säfte mittels Gaschromatographie mit massenspektrometrischem Detektor (GC-MS/MS) auf Allyl- (AITC), Benzyl- (BITC), Methylthiobutyl- (MTBITC), Phenylethyl- (PEITC), Phenylisothiocyanat (PITC), Erysolin und Sulforaphan untersucht. Zusätzlich wurde die Menge an Pflanzensaft ermittelt, die über eine Brassica - Gemüseportion aufgenommen werden kann und deren potentielle Verteilung im menschlichen Organismus berechnet. Anschließend erfolgte ein Vergleich der Gewebskonzentrationen mit den antigentoxisch wirksamen Pflanzensaft- konzentrationen.

2 Material und Methoden

2.1 Materialien

2.1.1 Chemikalien und Reagenzien

In Tabelle 1 sind die Chemikalien und Reagenzien sowie deren Bezugsquellen aufgelistet, die zur Zellkultivierung der HepG2-Zellen und für die Durchführung des Cometassays benötigt wurden.

Tab. 1: Chemikalien und Reagenzien (Angabe der Reinheiten in % sofern verfügbar)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.1.2 Lösungen

Tabelle 2 zeigt die Lösungen, die zur Durchführung dieser Studienarbeit hergestellt wurden.

Tab. 2: Lösungen und deren Zusammensetzung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.1.3 Verbrauchsmaterialien und Geräte

Neben den üblichen Laborgeräten und Verbrauchsmaterialien wurden die in Tabelle 3 aufgelisteten Geräte verwendet.

Tab. 3: Verwendete Geräte

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.1.4 Benzo[a]pyren: Mutagen und Referenzkontrolle

Benzo[a]pyren ist die Leitsubstanz der poly- zyklischen aromatischen Kohlenwasser- stoffe (PAK). Sie entstehen bei der unvollständigen Verbrennung organischen Materials (Kohle, Holz) sowie bei Pyrolyse- prozessen und sind ubiquitär vorhanden (LUCH 2005). PAKs konnten in Mineralölen

Abb. 1: Benzo[a]pyren

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

und deren Folgeprodukten (Bitumen, Teer, Pech, Ruß), in Flugasche, als Abfall in Kokereien, bei der Aluminium-, Eisen- und Stahlerzeugung, in Autoabgasen und in Tabakrauch nachgewiesen werden (NAU et al. 2003).

PAKs sind in der Luft an Partikel wie Pollen, Ruß und Staub gebunden und können auf diesem Weg zu einer Kontamination von Lebensmitteln, insbesondere von frischem Obst und Gemüse, führen. PAKs können auch während Gar- und Konservierungsprozessen entstehen. Brat- und Grillgut sowie Räucherwaren stellen die maßgeblichen Aufnahmequellen für den Menschen dar (PHILLIPS 1999). Durch Phase-I-Enzyme des Fremdstoffmetabolismus, insbesondere CYP1A1, erfolgt eine Aktivierung des Benzo[a]pyrens primär zu Benzo[a]pyren-Dihydrodiolepoxid (BPDE). BPDE kann kovalent an zelluläre Makromoleküle, wie auch die DNA, binden. Dadurch können Schäden bei der DNA-Replikation resultieren sowie Mutationen, die zu kanzerogenen Veränderungen führen können (MELENDEZ- COLON et al. 1999, PHILLIPS 1999). Aufgrund der bekannten gentoxischen Wirkung wird Benzo[a]pyren in gentoxikologischen Studien als Positivkontrolle eingesetzt (LAKY et al. 2002, UHL et al. 2003). So auch in der Einzelzellgelelektrophorese mit HepG2-Zellen.

B[a]P wurde für die vorgenommenen Versuche in sterilem DMSO gelöst und in einer Konzentration von 50 µM verwendet. Diese Konzentration wurde durch Studien als optimale Wirkkonzentration ermittelt (Originaldaten s. Anhang) und in den Versuchsreihen als Referenz- und Positivkontrolle eingesetzt.

2.1.5 Charakteristische Merkmale der HepG2-Zelllinie

Die HepG2 - Zelllinie wurde 1972 aus einem primären Hepatoblastom eines 11- jährigen argentinischen Jungen isoliert (ADEN et al. 1979). Die Zellen besitzen einen aneuploiden Karyotyp mit einer durchschnittlichen Chromosomenzahl von 52. Die Generationszeit liegt bei 20 bis 28 Stunden (NATARJAN und DARROUDI 1991). Zytologische sowie histochemische Untersuchungen zeigten, dass die HepG2-Zellen Charakteristika normaler humaner Hepatozyten aufweisen. BOUMA et al. (1989) konnten eine rudimentäre interzelluläre Entwicklung von Gallengängen sowie Golgi-Apparate in HepG2-Zellen nachweisen. Die Zellen synthetisieren und sekretieren außerdem humane Plasmaproteine wie Albumin und Transferrin (ADEN et al. 1979, KNOWLES et al. 1980) sowie Apolipoproteine, Lipoproteine und Lipide (DASHTI und WOLFBAUER 1987, ELLSWORTH et al. 1986).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: HepG2-Zellen mit 50 % Wachstumsdichte

Zahlreiche in vitro -Studien zur Gentoxizität von promutagenen Substanzen werden mit metabolisch inkompetenten Zellen (V-79, CHO) oder Bakterien durchgeführt. Um den Mangel metabolisierender Enzymsysteme in diesen Experimenten zu kompensieren, werden in der Regel exogene Aktivierungssysteme (z.B. Leberenzymfraktionen aus Nagern (S9-Mix)) zugesetzt. Im Gegensatz dazu exprimieren HepG2-Zellen Phase-I- und Phase-II-Enzyme, die eine Verstoffwechselung von Fremdstoffen in den Zellen ermöglichen (KNASMÜLLER et al. 1998, 2004). Tabelle 4 zeigt eine Auswahl von metabolisierenden Enzymen, die in HepG2-Zellen nachgewiesen werden konnten und für den Benzo[a]pyren- Metabolismus relevant sind. Außerdem wird den Inhaltsstoffen der untersuchten Brassicaceae ein Einfluss auf diese Enzyme zugesprochen (vgl. Kapitel 4.2.1). Die Aktivität der fremdstoffmetabolisierenden Enzyme kann durch die Zusammensetzung des Kulturmediums erheblich beeinflusst werden. Eine Kultivierung der Zellen in „Williams E medium“ oder „Earle`s minimum essential medium“ führte zu einer ähnlichen Enzymaktivität wie sie in primären humanen Hepatozyten zu finden ist (DOOSTDAR et al. 1988).

Tab. 4: B[a]P-metabolisierende Enzyme in humanen HepG2-Zellen (modifiziert nach KNASMüLLER et al. 1998)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Neben ihrer Fähigkeit Fremdstoffe metabolisieren zu können, bietet die HepG2- Zelllinie weitere Vorteile für die genetische Toxikologie. Verschiedene biologische Endpunkte wie Zytotoxizität und Lipidperoxidation sowie die Bildung von Mikrokernen, Schwesterchromatidaustausch, DNA-Strangbrüche und die Bildung von DNA-Addukten können untersucht werden (MERSCH-SUNDERMANN et al. 2004). Darüber hinaus kann auch die Induktion von 6TGr-Mutationen und außerplanmäßige DNA-Synthese detektiert werden (KNASMÜLLER et al. 1998).

Weiterhin können mit den Zellen strukturverwandte mutagene und nicht-mutagene Verbindungen unterschieden werden (z.B. Benzo[a]pyren und Pyren) (NATARAJAN und DARROUDI 1991).

In HepG2-Zellen können gentoxische Effekte von Verbindungen untersucht werden, welche in Testsystemen mit metabolisch inkompetenten Indikatorzellen zu falsch negativen Ergebnissen führten (z.B. Safrol und Hexamethylphosphoramid (HMPA)). Ebenso konnten Verbindungen, die in Tierstudien zu falsch positiven Ergebnissen führten, in Testsystemen mit HepG2-Zellen als Nicht-Karzinogene erkannt werden (z.B. Tamoxifen) (UHL et al. 2000).

Darüber hinaus wurde die Zelllinie auch in Studien mit antigentoxischen und zytoprotektiven Substanzen eingesetzt, wie z.B. ȕ-Carotin (SALVADORI et al. 1993), Koffein (SANYAL et al. 1997), Polyphenolen (JIAO et al. 2003) sowie Diallyldisulfid aus Allium sativum (KNASMÜLLER et al. 1998). Einerseits konnten in HepG2-Zellen protektive Wirkmechanismen dieser Substanzen identifiziert werden, wie die Inaktivierung von Peroxiden, DNA schädigenden Elektrophilen oder reaktiven Sauerstoffspezies (engl. quenchen) (MERSCH-SUNDERMANN et al. 2004). Auch konnten HepG2-Zellen eingesetzt werden, um die Induktion antioxidativ wirkender Enzymsysteme wie Superoxiddismutase, Katalase oder Glutathion-Peroxidase zu untersuchen. Diese Enzyme werden in HepG2-Zellen in ähnlichem Maß wie in primären humanen Hepatozyten exprimiert (LEE et al. 2002). Diallyldisulfid induzierte beispielsweise die Glutathion-S-Transferase (GUDI und SINGH 1991).

2.2 Methoden

2.2.1 Probenvorbereitung des Pflanzenmaterials

Herstellung der Pflanzensäfte

In der vorliegenden Studienarbeit wurden die Pflanzensäfte folgender Brassica -Arten untersucht:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Brassica -Arten wurden in Supermärkten in Gießen frisch eingekauft und direkt verarbeitet (Blumenkohl, Kohlrabi: 21.03.2005; Rotkohl, Weißkohl: 25.05.2005). Das Gemüse stammte aus konventionellem Anbau. Zur Herstellung der rohen Pflanzensäfte wurde jede Kohlart mit dem Messer in kleine Stücke zerteilt, anschließend mit einem Handmixer weiter zerkleinert und zusätzlich mit einem Mörser zermahlen. Dadurch wurde ein kompletter Aufschluss der Pflanzenmatrix gewährleistet. Im Anschluss wurde das Pflanzenmaterial mittels Mullkompresse ausgepresst und der Saft in einem Becherglas aufgefangen. Um den Pflanzensaft von Schwebeteilchen zu befreien, wurde er für 20 Minuten bei 14000 U/min und 4 °C zentrifugiert. Der Überstand wurde zunächst mit Hilfe eines 0,45 µm Spritzenfilters geklärt und anschließend durch einen 0,22 µm Spritzenfilter steril filtriert. Unter einer Werkbank wurde der Saft in 0,5 ml - Mikroröhrchen überführt, die Röhrchen verschlossen und bis zur Exposition bei -20° C gelagert.

Probenvorbereitung von Pflanzenmaterial für den chromatographischen Nachweis von Isothiocyanaten

In ein 50 ml Zentrifugenröhrchen wurden 10 g von dem bei der Präparation der Pflanzensäfte anfallenden Pflanzenmaterial eingewogen. Von jeder Brassica -Art wurden drei Proben entnommen. Auf das Pflanzenmaterial wurden 10 ml Lösungsmittel (Cyclohexan - Ethylacetet, 1:1) pipettiert, das Röhrchen verschlossen und per Hand geschüttelt. Anschließend erfolgte innerhalb von 60 Minuten die Extraktion auf einem Schüttler. Um das Lösungsmittel von dem Pflanzenmaterial zu trennen, wurde die Probe für 5 Minuten bei 5000 U/min und 20 °C zentrifugiert. Von dem Überstand wurden 5 ml entnommen, durch einen 0,45 µm Teflon-Spritzenfilter gereinigt und in einem 15 ml Zentrifugenröhrchen aufgefangen. Der restliche Überstand wurde verworfen.

Um alle ITCs aus der Probe zu extrahieren, wurden auf das verbliebene Pflanzen- material erneut 10 ml des Lösungsmittels pipettiert, die Probe geschüttelt und zentrifugiert. Von dem Überstand wurden wiederum 5 ml mit Hilfe eines Spritzenfilters gereinigt und zu den 5 ml der ersten Extraktion gegeben. Die vereinigten Phasen wurden auf einem Vortex gemischt. Von dem Gemisch wurde 1 ml in ein Vial überführt und bis zur GC-MS/MS-Analyse bei -80 °C im Gefrierschrank gelagert.

Bestimmung der Trockensubstanz

Die Trockensubstanz der Kohlgemüse wurde bestimmt, um die Konzentration der ITCs in den verschiedenen Brassicaceae sowohl ermitteln als auch direkt miteinander vergleichen zu können.

Zunächst wurde das exakte Gewicht einer Plastikwägeschale bestimmt und notiert. In die Schale wurden 10 g des Pflanzenmaterials eingewogen und das Gewicht ebenfalls notiert. Um eine vollständige Trocknung zu erzielen, wurde die Schale mit dem Inhalt für eine Woche bei 38 °C in den Trockenschrank gestellt. Danach wurde die Probe erneut gewogen und das Trockengewicht in % konnte wie folgt ermittelt werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Wasseranteil wurde ermittelt, indem von 100 % die Trockensubstanz abgezogen wurde.

2.2.2 Kultivierung und Behandlungsmethoden der Zellkulturen

Herkunft des Zellmaterials

Die humanen Hepatomzellen wurden von der Universität Leiden (Niederlande) zur Verfügung gestellt. Die Kultivierung der Zellen erfolgte in einem Wärmeschrank bei einer Temperatur von 37 °C und einer CO2 - Konzentration von 5 %. Für die in vitro Versuche wurden Zellen der Passagen 10 - 27 verwendet.

Kultivierung der Zellen

Die Bearbeitung der Zellkulturen erfolgte in steriler Umgebung unter einer Werkbank.

Auftauen von Zellkulturen

Bis zu ihrer Verwendung wurden die HepG2-Zellen in der Dampfphase von Stickstoff bei einer Temperatur von - 180 °C gelagert.

Zum Auftauen einer Zellkultur wurde zunächst Kulturmedium im Wasserbad auf 37 °C erwärmt und 10 ml davon in ein Zentrifugenröhrchen pipettiert. Ein Aliquot der gelagerten Zellen wurde ebenfalls bei 37 °C zügig aufgetaut, in das vorgelegte 12 Medium überführt und für 5 Minuten bei 1200 U/min und 4 °C zentrifugiert. Der Überstand wurde dekantiert. Das Zellpellet wurde in 10 - 20 ml Kulturmedium resuspendiert und in eine Polystyren-Zellkulturflasche (75 cm2 ) überführt. Nach einer ersten Kultivierungsphase von 24 Stunden im Wärmeschrank, wurde das Kulturmedium durch frisches Medium ersetzt.

Kultivierung und Passagierung

Das Kulturmedium, Trypsin (0,05 %) und PBS wurden vor Arbeitsbeginn im Wasserbad auf 37 °C erwärmt. Die Kulturflasche wurde zunächst makro- sowie mikroskopisch auf pathogene Mikroorganismen oder sonstige Verunreinigungen untersucht. Anschließend wurde das Kulturmedium abgesaugt und die Zellkultur zweimal mit je 10 ml PBS gewaschen.

Je nach Flaschengröße (75 cm2 /175 cm2 ) wurden 1 bzw. 3 ml Trypsin gleichmäßig auf dem Zellrasen verteilt und die Zellkulturflasche für 5 Minuten im Brutschrank inkubiert. Nach dieser Zeit wurde das Ablösen der Zellen vom Flaschenboden mikroskopisch kontrolliert. Um die Trypsin vermittelte Reaktion zu stoppen wurde Kulturmedium zugesetzt und die gesamte Suspension in ein Zentrifugenröhren überführt. Mittels einer Einmalspritze und Injektionsnadel wurden die Zellen durch wiederholtes Aufziehen vereinzelt. Danach wurde der Suspension eine Probe entnommen um die Zellzahl zu bestimmen. Dazu wurde die Probe im Verhältnis 1 : 1 mit Erytrosin B versetzt und die Zellen in diesem Gemisch in einer Neubauer- Zählkammer ausgezählt. Die Zellzahl pro ml konnte mit folgender Formel berechnet werden: n x Verdünnungsfaktor x Kammervolumen x ml Zellsuspension.

Von der Zellsuspension wurde ein Teil entnommen und in eine vorbereitete, mit Medium befüllte Kulturflasche pipettiert und diese in den Brutschrank gestellt. Die Menge eingesäter Zellen richtete sich hierbei nach vorhandener Zellzahl sowie benötigter Zellzahl für die Versuche.

Die Passagierung der Zellen erfolgte, je nach Wachstum der Zellen, alle drei bis fünf Tage. An jedem zweiten Tag wurden die Zellen mit PBS gewaschen und mit frischem Kulturmedium versetzt.

Subkulturen in Zellkulturplatten

Für die Durchführung der Versuche wurden Zellen in Zellkulturplatten mit jeweils 12 Vertiefungen kultiviert. Dazu wurden die Zellen wie bei der Zellpassage behandelt. Das Kulturmedium wurde aus der Zellkulturflasche abgesaugt, die Zellen zweimal mit PBS gewaschen, mit Trypsin vom Zellboden gelöst und die Reaktion mit Medium gestoppt. Die Zellen wurden vereinzelt und anschließend die Zellzahl bestimmt. In die Vertiefungen der Zellkulturplatten wurden je 2 ml Kulturmedium vorgelegt und 3 x 105 Zellen eingesät. Anschließend erfolgte eine Inkubation der Platten für 24 Stunden im Brutschrank.

Behandlung der Zellen

In den Versuchsansätzen zur Gentoxizität wurde jeweils eine Negativkontrolle (Aqua dest.) und eine Positivkontrolle (B[a]p; 50 µM) mitgeführt. In den Versuchsansätzen zur Antigentoxizität wurde am ersten Versuchstag Aqua dest. als Negativ- und Referenzkontrolle eingesetzt, am zweiten Tag DMSO als Negativkontrolle und B[a]p (50 µM) als Referenzkontrolle.

Untersuchungen zur Gentoxizität

Die in den Kulturplatten eingesäten Zellen wurden gegenüber den Pflanzensäften exponiert und 24 Stunden im Brutschrank inkubiert. Die verwendeten PflanzensaftKonzentrationen wurden in Vortests ermittelt (Daten nicht gezeigt).

Untersuchungen zur Antigentoxizität

Die ausgesäten Zellen wurden zunächst für 24 Stunden mit den Pflanzensäften inkubiert. Es wurden die Pflanzensaft-Konzentrationen ausgewählt und eingesetzt, die in den Untersuchungen zur Gentoxizität keine signifikanten gentoxischen Effekte induzierten. Anschließend wurde das Kulturmedium abgesaugt, die Zellen zweimal mit 1 ml PBS gewaschen und erneut 2 ml Medium hinzu gegeben. Danach wurde B[a]p (50 µM) zugesetzt und die Zellen weitere 24 Stunden im Brutschrank inkubiert.

2.2.3 Alkalische Einzelzellgelelektrophorese (Cometassay)

Grundlagen

Gentoxische Substanzen können an zellulärer DNA verschiedene Läsionen verursachen: Einzel-/Doppelstrangbrüche, DNA-DNA- bzw. DNA-Protein- Quervernetzungen (engl. crosslinks) und Schäden an Purin- und Pyrimidinbasen. Die Einzelzellgelelektrophorese (engl.: single cell gel electrophoresis (SCGE)), auch Cometassay genannt, ist ein Testsystem mit dem DNA-Schäden auf Zellebene als DNA-Migration detektiert werden können (TICE und STRAUSS 1995).

Die Methodik des Testsystems beruht darauf, Zellen, die zuvor einer gentoxischen Substanz ausgesetzt wurden, in Agarose zu suspendieren und auf Objektträger aufzubringen. Bei der alkalischen Lyse werden die Zellen anschließend in einer Salz- und Detergentienlösung (pH = 10-12) lysiert. Vor der Elektrophorese werden die Objektträger in alkalischer Elektrophoreselösung (pH > 13) gelagert. Das stark alkalische Milieu bewirkt ein Entwinden der DNA aufgrund der Auflösung von Wasserstoffbrückenbindungen. Anschließend werden die Zellen einer Elektrophorese unterzogen, wobei geschädigte DNA aus dem Zellkern hinaus in Richtung Anode durch das Gel wandert. Hochmolekulare ungeschädigte DNA kann den Zellkern nicht verlassen. Danach werden die Objektträger gewaschen und die DNA kann mit einem fluoreszierenden Farbstoff (z.B. Ethidiumbromid) angefärbt werden. Zellen mit geschädigter DNA weisen, unter einem Fluoreszenzmikroskop betrachtet, eine Migration der DNA auf, die in ihrer Form einem Kometen ähnelt - der Zellkern stellt den Kopf dieses Kometen dar (vgl. Abb. 3). Der Anteil von DNA in dem Kometenschweif und die Schweiflänge sind ein Maß für die DNA-Schädigung durch eine gentoxische Substanz. Zellen mit ungeschädigter DNA weisen keine Kometen auf (HARTMANN et al. 2003, TICE et al. 2000, FAIRBAIRN et al. 1995, OLIVE et al. 1990).

Abb. 3: Kometen in HepG2-Zellen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Abbildungen zeigen verschiedene Stufen von DNA-Migration in HepG2-Zellen bei 400facher Vergr öß erung. Die DNA wurde mit Ethidiumbromid angefärbt.

Im ersten Bild ist keine DNA-Migration in Form eines Kometen erkennbar. HepG2-Zellen wurden gegenüber Aqua dest. exponiert.

Abbildung zwei zeigt die DNA-Migration nach einer Exposition der Zellen gegenüber B[a]P 25 µ M, Abbildung drei nach einer Exposition gegenüber

ÖSTLING und JOHANSON (1984) führten erstmals einen mikroelektrophoretischen Test unter pH-neutralen Bedingungen durch. Diese Version ermöglicht eine Detektion von DNA-Doppelstrangbrüchen (HU und HILL 1996, FAIRBAIRN et al. 1995). SINGH et al. (1988) verwendeten alkalischen Elektrophoresepuffer, was zu einer Zunahme der Sensitivität des Testsystems führte.

Bei einem pH-Wert größer 13 können zusätzlich zu DNA-Doppelstrangbrüchen auch DNA-Einzelstrangbrüche, alkali-labile Stellen (z.B. abasische Stellen), Exzisions- Reparaturstellen und DNA-Quervernetzungen detektiert werden (BRENDLER- SCHWAAB et al. 2005). DNA-Einzelstrangbrüche, alkali-labile Stellen und erhöhte Exzisions-Reparaturaktivitäten führen zu einer gesteigerten DNA-Migration (BRENDLER-SCHWAAB et al. 2005, TICE et al. 2000, FAIRBAIRN 1995). Da DNA- Quervernetzungen chromosomale DNA stabilisieren können, führt diese Art der

Schädigung zu einer verminderten DNA-Migration (TICE et al. 2000, SPEIT und HARTMANN 2005). Wird der pH-Wert des Elektrophoresepuffers auf 12,1 reduziert, können alkali-labile Stellen nicht mehr detektiert werden (MIYAMAE et al. 1997). Die Kometen sind je nach Elektrophoresebedingungen unterschiedlich beschaffen. Nach KLAUDE et al. (1996) bestehen Kometen, die sich unter alkalischen Bedingungen bilden, aus freien DNA-Fragmenten. Unter neutralen Elektrophoresebedingungen werden die Kometen aus gelockerten DNA-Schleifen gebildet, die sich in das Gel hineinstrecken können. Erst mit steigender Dosis schädigender Substanzen bilden sich Bruchstücke, die als DNA-Fragmente vom Kopf des Kometen in den Schweif wandern. Dabei ändert sich nach FAIRBAIRN et al. (1995) die Länge des Schweifs nicht signifikant. Die Schweifintensität wird jedoch verstärkt in Folge einer Verschiebung der DNA-Konzentration vom Kopf in den Schweif.

Die Zellzyklus-Phase ist ein weiterer Faktor, der die Schweifbildung beeinflussen kann. Im alkalischen Assay zeigen S-Phase-Zellen mehr bzw. im neutralen Assay weniger DNA-Migration als G1- und G2-Zellen (OLIVE und DURAND 2005, OLIVE und BANATH 1993).

Der Cometassay wird in seiner alkalischen Version (pH > 13) zunehmend für gentoxikologische Untersuchungen eingesetzt (BRENDLER-SCHWAAB 2005, HARTMANN et al. 2004, 2001). Grund dafür ist einerseits der mögliche hohe Durchsatz an zu überprüfenden Verbindungen (KISKINIS et al. 2002). Zur Durchführung des Cometassay wird nur eine geringe Zahl an Testzellen (einige 1000) benötigt. Außerdem können geringste DNA-Schäden auf Einzelzellniveau detektiert werden. Der Test kann mit jeder eukaryontischen Zelle durchgeführt werden (BRENDLER-SCHWAAB et al. 2005, TICE et al. 2000, 1995).

Apoptotische Zellen können anhand ihres abweichenden Erscheinungsbildes mit dem Cometassay zum Teil detektiert werden. Sie weisen kleine Köpfe mit diffusem, fächerartigem Schweif auf (engl. hedgehogs). Große Köpfe mit schmalen Schweif kennzeichnen nekrotische Zellen - sie sind vom Aussehen her kaum von tatsächlich gentoxisch geschädigten Zellen zu unterscheiden (TICE et al. 2000). Da Apoptose und Nekrose sowohl in Folge von Zytotoxizität als auch in Folge einer Behandlung von Zellen mit stark mutagen wirkenden Testsubstanzen auftreten können, sollte der Faktor Zytotoxizität im Vorhinein ausgeschlossen werden können (BRENDLAR- SCHWAAB 2005).

Zudem ist der Test einfach in der Handhabung, schnell durchführbar und kostengünstig (TICE et al. 1995).

UHL et al. (1999) entwickelten ein Standardprotokoll zur Durchführung des Cometassay, dessen Methoden in der vorliegenden Arbeit berücksichtigt wurden.

Durchführung

Alle Arbeitsschritte ab der Ernte der Zellkulturen wurden bei Rotlicht durchgeführt, um Zellschäden durch ultraviolette Lichteinstrahlung vorzubeugen.

Vorbereitung der Objektträger

Zunächst wurden die verwendeten Agaroselösungen (NMP (0,7 %), LMP (0,5 %), NMP (1%)) hergestellt. Dazu wurde PBS-Puffer auf 120 °C erhitzt und die jeweilige Agarose unter Rühren darin gelöst (Volumenangaben s. S. 5, Tab. 2). Die Agarose- lösungen wurden anschließend auf 40 °C temperiert und auf die Objektträger aufgebracht.

Die benötigte Menge an angerauhten Objektträgern wurde durch Spülen mit einem Ethanol / Essigsäure-Gemisch (Verhältnis 1 : 1) gereinigt und entfettet. Anschließend wurde die erste Agaroseschicht (NMP (1 %), 85 µl) auf die Objektträger pipettiert und mittels Deckgläschen gleichmäßig verteilt. Um die Agarose aushärten zu lassen, wurden die Objektträger für 24 h im Trockenschrank bei 37 °C getrocknet. Danach wurde das Deckgläschen entfernt, die zweite Schicht Agarose (NMP (0,7 %), 100 µl) aufgetragen, wiederum mittels Deckgläschen verteilt und für mindestens 15 Minuten im Kühlschrank aufbewahrt.

Aufarbeitung der Zellkulturen

Von den in den Zellkulturplatten behandelten Zellen wurde das Medium abgesaugt und die Zellen zweimal mit jeweils einem ml PBS gewaschen. Nach Entfernen des Puffers wurden die Zellen mittels Trypsinierung (250 µl Trypsin (0,05 %) pro Well, 5 Min., 37° C) geerntet. Um die enzymatische Reaktion zu stoppen, wurden je 750 µl Kulturmedium in die Vertiefungen der Zellkulturplatten pipettiert und anschließend die Zellsuspension in Zentrifugenröhrchen überführt. Die Zellen wurden durch wieder- holtes Aufziehen der Suspension mit einer Einmalspritze und Injektionsnadel vereinzelt.

Je ein Aliquot der behandelten Zellen wurde mit Erytrosin B auf Zytotoxizität überprüft. Dazu wurde Zellsuspension mit dem Farbstoff im Verhältnis 1 : 1 in einem Mikroröhrchen gemischt und die Zellen in einer Neubauer-Zählkammer ausgezählt. Die Prozentzahl an ungefärbten Zellen wurde als Indikator für die Zellvitalität (% lebende Zellen) gewertet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Deckgläschen wurden von den Objektträgern entfernt, in eine SchiefferdeckerKammer einsortiert, mit Lyselösung versetzt und für mindestens eine Stunde im Kühlschrank (4 °C) gelagert.

Elektrophorese

Die Objektträger wurden der Lyselösung entnommen, kurz mit gekühltem Aqua dest. gewaschen und in die mit kalter, alkalischer Pufferlösung gefüllte Elektrophoresekammer einsortiert.

Nach 20 Minuten wurde die Elektrophorese gestartet. Die Kammer wurde bei 300 mA/25 V für 25 Minuten betrieben. Die Elektrophoresebedingungen wurden durch Zu- bzw. Entnahme von Puffer eingestellt. Mittels einer an die Kammer angeschlossenen Kühlanlage konnten der Puffer und die darin gelagerten Objektträger während des gesamten Vorgangs gekühlt werden (ca. 0 °C).

Neutralisation

Im Anschluss an die Elektrophorese wurden die Objektträger zurück in die Schiefferdecker-Kammer sortiert, mit Neutralisationslösung versetzt und für 10 Minuten im Kühlschrank gelagert. Ein erneutes Spülen der Objektträger mit Aqua dest. schloss diesen Vorgang ab.

Färbung

Nach einer kurzen Trockenzeit (ca. 5 Minuten) wurden je Objektträger 80 µl Ethidiumbromid-Lösung aufgetragen und ein Deckglas aufgelegt. Um ein Austrocknen der Gele zu verhindern, wurden die Objektträger in einer feuchten Kammer im Kühlschrank gelagert und in einem Zeitraum von maximal drei Tagen ausgewertet.

Auswertung

Die Auswertung der Objektträger erfolgte bei 400facher Vergrößerung an einem Fluoreszenzmikroskop mit einer aufgesetzten Kamera in Verbindung zu einem Computer. Mit Hilfe einer Software (Comet 3.1 Europe, Kinetic Imaging) konnte das Ausmaß einer DNA-Schädigung in den Zellen ermittelt werden. Es wurden 102 Zellen pro Objektträger evaluiert. Das Programm ermöglicht eine Differenzierung zwischen den Parametern Schweiflänge (µM), Anteil der DNA im Schweif (in %) und olive tail moment (OTM).

Beurteilung der Zytotoxizität

Nach HENDERSON et al. (1998) sollte die maximale Konzentration einer Testsubstanz eine Zellvitalität von > 75 % generieren um falsch positive Ergebnisse, die auf Zytotoxizität zurückzuführen wären, zu vermeiden. Alle Versuche zur Ermittlung der Gen- und Antigentoxizität der untersuchten Brassicaceae wurden bis zu einer durchschnittlichen Zellvitalität von > 72 % durchgeführt. Die Originaldaten der Tests auf Zytotoxizität sind im Anhang dargestellt.

2.2.4 Gaschromatographie und Massenspektrometrie

Der qualitative und quantitative Nachweis von Isothiocyanaten in den Brassicaceae erfolgte mittels Gaschromatographie mit massenspektrometrischem Detektor (GC/MS).

Gaschromatographie (GC)

Die Trennung von Stoffen in einem bewegten Medium (mobile Phase) unter Ausnutzung der unterschiedlich starken Adsorption an einem feststehenden Medium (stationäre Phase) wird als Chromatographie bezeichnet (MORTIMER 2001). Die Gaschromatographie stellt eine Variante innerhalb der chromatographischen Trennmethoden dar, bei der die mobile Phase aus einem Gas besteht. Da das Gas lediglich dem Transport dient, sollte es chemisch inert sein (SKOOG und LEARY 1996). In der vorliegenden Studienarbeit wurde für die Analyse der ITCs Helium als Trägergas eingesetzt.

Die stationäre Phase kann fest (engl. gas solid chromatography, GSC) oder flüssig (engl. gas liquid chromatography, GLC) sein. Für die Untersuchungen in dieser Arbeit wurde eine feste stationäre Phase eingesetzt bestehend aus Phenyl (5 %) und Dimethylpolysiloxan (95 %).

Ein Gaschromatograph besteht aus den Komponenten Injektor, Trennsäule und Detektor. Der Injektor hat die Aufgabe die Probe auf die Säule zu überführen, wobei die Probe zunächst verdampft wird. Mit der mobilen Phase (Eluent) wird die Probe durch die Säule transportiert (Elution) und aufgrund der Wechselwirkungen mit der stationären Phase sowie der unterschiedlichen Siedepunkte getrennt. Sind die Wechselwirkungen der Analytmoleküle mit der stationären Phase schwach, werden sie nur wenig retardiert und treten früh aus der Säule heraus. Bei starken Wechselwirkungen eluieren die Moleküle erst spät. Dadurch ergeben sich für die Analyten unterschiedliche Retentionszeiten. Die Dokumentation der chromato- graphischen Trennung erfolgt an einem Detektor, welcher die eluierenden Stoffe in ein elektrisches Signal umwandelt. Die Signale werden vom Schreiber in Form von Spitzen (engl. peaks) sichtbar gemacht. Die einzelnen Peaks dienen der Identifizierung der Stoffe in der Probe, zur Quantifizierung können die Peakflächen herangezogen werden. Eine Reihe von Peaks wird als Chromatogramm bezeichnet (CAMMANN 2001).

[...]

Ende der Leseprobe aus 102 Seiten

Details

Titel
Untersuchungen zur genetischen Toxizität und Chemoprävention von Brassica-Pflanzensäften in humanen Hepatomzellen (Hep G2)
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen
Note
1,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
102
Katalognummer
V66820
ISBN (eBook)
9783638592130
Dateigröße
872 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Untersuchungen, Toxizität, Chemoprävention, Brassica-Pflanzensäften, Hepatomzellen
Arbeit zitieren
Nicola Höfer (Autor:in), 2005, Untersuchungen zur genetischen Toxizität und Chemoprävention von Brassica-Pflanzensäften in humanen Hepatomzellen (Hep G2), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/66820

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