Cargo Revenue Management. Die Vermarktung von Luftfrachtkapazitäten


Diplomarbeit, 2006

88 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Begriffsdefinition und Ursprung
1.2 Anwendungsvoraussetzungen

2 Cargo Revenue Optimization
2.1 Definitionen und Verfahren im Frachtbereich
2.2 Anwendungsvoraussetzungen für das Cargo Revenue Management
2.3 Der Prozess des Cargo Revenue Management

3 Instrumente des Cargo Revenue Management
3.1 Kapazitätssteuerung
3.2 Preisdifferenzierung
3.3 Überbuchung
3.4 Prognose
3.5 Von EMSR zu Bid-Price

4 Cargo Revenue Management in Netzwerken
4.1 Aufbau und Struktur von Netzwerken
4.2 Anwendung des Cargo Revenue Management in Netzwerken

5 Aktueller Forschungsstand Cargo Revenue Management
5.1 Preisdifferenzierung
5.2 Kapazitätssteuerung
5.3 Überbuchung
5.4 Prognose
5.5 Netzwerke
5.6 Modelle zur Lösung der Revenue Management Probleme

6 Schlussbetrachtungen

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1.1 Grundprinzipien des Revenue Management

1.2 Die Elemente des Yield Management

2.1 Die Luftfrachttransportkette

2.2 Passagierflugzeug mit Frachtraum für Beiladung . .

2.3 Frachtflugzeug mit oberem und unterem Laderaum

2.4 Frachtraumkapazitätseinteilung im Belly-Flug

2.5 Merkmale des Cargo im Vergleich zur Passage

2.6 Cargo Revenue Management Models

3.1 Kontingente, Buchungslimits und Bid Prices

3.2 Buchungsklassen und Verfügbarkeit beim Nesting .

3.3 Individuelle Preisabsatzfunktion

3.4 Prinzipielle Wirkung der Preisdifferenzierung

3.5 Bid Prices in Abhängigkeit von der Restkapazität .

3.6 Zimmerauslastung nach der Optimierung

4.1 Entwicklungsstufen einer virtuellen Fluggesellschaft

4.2 Code-Sharing in Allianzen

4.3 Intergration von Netzwerken in Allianzen

4.4 Optimales Revenue Management in Allianzen

4.5 Ein Revenue Management System in einer Allianz .

4.6 Bid Price Control Method im Netzwerk

4.7 Der Prozess der Flugplanerstellung

4.8 Die Koordination des Flugplanes innerhalb der Allianz

Tabellenverzeichnis

3.1 Dichtefunktion der Kapazität

3.2 Nachfrageprognose Geschäftsreisende

3.3 Nachfrageprognose Freizeitreisende

3.4 Entscheidungsvariablen Geschäftsreisende

3.5 Entscheidungsvariablen Freizeitreisende

4.1 Die Allianz zwischen KLM und Northwest

4.2 Die mittlere Aufenthaltszeit der Frachtgüter an den Hubs

5.1 Ansätze und Modelle zur Lösung der Revenue Management Probleme . .

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Das Problem der optimalen Kapazitätsauslastung ist ein wichtiger Bestandteil der wissenschaftlichen Auseinandersetzung. Neben den klassischen Lösungsmodellen des Operations Research, gibt es als Ergänzung dazu die Instrumente des Revenue Management. Das Operations Research bedient sich abstrakter Modelle und löst diese mit Hilfe mathematischer Verfahren, wie der Linearen Programmierung. Das Revenue Management implementiert zusätzlich Faktoren der Prognose und Statistik.

Bei begrenzten Ressourcen stehen Unternehmen häufig vor der Frage, welche Kapazi- täten sie zu welchem Preis anbieten sollen, oder welche Aufträge lohnend sind und welche abgelehnt werden sollen. Diese Aufgabe soll das Revenue Management mit seinen Instru- menten erfüllen. Nachdem in den kommenden Abschnitten auf die geschichtliche Ent- stehung des Revenue Managements und die Anwendungsvoraussetzungen eingegangen werden soll, folgt danach ein einführender Teil zum Thema Cargo. Revenue Manage- ment ist entstanden im Bereich der Passage und wurde anschließend in weite Teile der Wirtschaft übernommen. Zunächst übernahmen Dienstleistungsbereiche die Instrumen- te in ihren Bereich, da die Umsetzung dort sehr einfach war. Im Laufe der Zeit wurden die Instrumente des Revenue Management auch in Bereichen der Sachgüterproduktion angewandt.

Flugunternehmen, die sowohl Passage als auch Fracht transportieren, nutzen meistens zwei unterschiedliche Revenue Management Systeme. Das Ergebnis dieser Systeme ist in der Summe selten optimal. Befördert das Unternehmen Passage und Fracht, werden die Probleme hierarchisch gelöst. Die Ergebnisse des Passenger Revenue Management Systems werden umgesetzt. Im Anschluss daran werden die restlichen Kapazitäten durch das Cargo Revenue Management System verplant. Die Einzelschritte dieses Prozesses werden in dieser Arbeit erklärt werden. Ebenso soll aufgezeigt werden, wie die Systeme sinnvoll verbunden werden sollten, um maximale Umsätze zu generieren.

Um die Unterschiede zwischen Passage und Fracht zu verdeutlichen wird im zweiten Teil zunächst erklärt, was genau unter Fracht zu verstehen ist und welche charakteri- stischen Merkmale Fracht und der zugehörige Transport aufweist. Dieses Kapitel soll nach den Anwendungsvoraussetzungen mit dem Prozess des Cargo Revenue Manage- ment abschließen. Da der Bereich der Passage nicht so komplex wie der Frachtbereich ist, wird zur Veranschaulichung von Teilproblemen mit Beispielen aus der Passage gearbeitet. Das dritte Kapitel befasst sich mit den Instrumenten des Revenue Management. Auch hier werden der Anschaulichkeit halber Beispiele aus der Passage benutzt. Dieses Kapitel wird mit einem geschichtlichen Abriss der Entwicklung verschiedener Modelle vom EMSR zum Bid Price beendet.

Das vierte Kapitel befasst sich mit dem Thema des Cargo Revenue Management in Netzwerken. Es werden Charakteristika und Probleme von Netzwerken verdeutlicht. Die Lösung zum Problem des Bid Price in Netzwerken wurde jedoch bereits in Abschnitt 3.5 gegeben. Auf eine Übersicht des aktuellen Forschungsstandes soll an dieser Stelle verzichtet werden, da dieser Bereich in Kapitel 5 gesondert behandelt wird.

1.1 Begriffsdefinition und Ursprung

Sowohl in der englischsprachigen als auch in der deutschen Literatur existieren ver- schiedene Definitionen. Da das Yield Management jedoch anhand von praktischen An- wendungen erläutert wird, werden Definitionen für die vorliegenden Fälle anhand der entsprechenden Voraussetzungen gegeben und auf den betrachteten Fall spezifiziert.1

” Y ieldManagementisamethodwhichcanhelpafirmselltherightinven- tory unit to the right type of customer, at the right time, and for the right price. Yield Management guides the decision of how to allocate undifferen- tiated units of capacity in such a way as to maximize profit or revenue “ 2

In der deutschsprachigen Literatur werden allgemeine Definitionen bevorzugt:

” RevenueManagementumfassteineReihevonquantitativenMethodenzur Entscheidungüber Annahme oder Ablehnung unsicherer, zeitlich verteilt ein- treffender Nachfrage unterschiedlicher Wertigkeit. Dabei wird das Ziel ver folgt, die in einem begrenzten Zeitraum verfügbare, unflexible Kapazität mög lichst effizient zu nutzen “ 3

Der im Englischen benutzte Begriff Yield bezeichnet den durchschnittlichen Erlös pro Passagier und geflogener Meile. Da sich dieser Begriff lediglich in der Luftfahrtbranche anwenden lässt, hat sich auch in der englischsprachigen Literatur der Begriff Revenue Management durchgesetzt.4 Zur besseren Unterscheidung der Begriffe benutzen wir Pas- senger Yield Management (PYM) und Cargo Revenue Management (CRM). Erstmalige wissenschaftliche Beachtung fand das Yield Management 1978 als Folge der Deregulierung des amerikanischen Luftverkehrs. Die Deregulierung erlaubte es den Fluggesellschaften, frei über die angebotenen Verbindungen, als auch über die Preise für die einzelnen Tickets zu entscheiden. Als Folge dieser Deregulierung drangen viele kleine Anbieter in den Markt und versuchten mit günstigen Preisen für ihre Flugtickets eine Konkurrenz für die etablierten Fluggesellschaften zu bilden.5 Diese neuen Flugge- sellschaften richteten sich gezielt an die Freizeitreisenden, welche sie mit ihren niedrigen Preisen locken wollten. Die Kunden dieser Fluggesellschaften waren hauptsächlich Fa- milien, Ehepaare, Studenten, die normalerweise mit dem Auto oder gar nicht gereist wären. Durch die unterschiedliche Kostenstruktur im Vergleich zu etablierten Flugge- sellschaften, d.h. geringe Fixkosten durch weniger Flugziele und weniger Personal an den Flughäfen, war ein Flugpreis, der um 50 bis 70 % unter dem der etablierten Airlines lag, möglich. So gelang es einigen neuen Betreibern, schnell große Gewinne zu erwirt- schaften. Die Firma American Airlines erkannte als Erste, dass sie bisher nicht genutzte Kapazitäten in ihren Flügen besser verkaufen konnte, da die Fluggesellschaft Plätze in ihren Flugzeugen frei hatte, die keine weiteren Kosten verursachten, d.h. Fixkosten, sowie Gehälter und Treibstoff, waren bereits abgedeckt. Das Unternehmen konnte es sich de facto erlauben, mit den Fluggesellschaften in dem unteren Preissegment zu konkurrieren. Es blieben zunächst zwei Probleme zu klären. Erstens mussten diese Plätze charakteri- siert werden, damit nicht die Geschäftsreisenden auf diese günstigen Tickets umstiegen, und zweitens durften diese günstigen Flugtickets nicht durch Freizeitreisende für we- nig Geld an Geschäftsreisende weiterverkauft werden. Somit entstand ein Preismodell bei American Airlines, dass wie folgt definiert war: Die Flugtickets mussten spätestens 30 Tage vor Abflug gekauft werden, konnten nicht umgetauscht werden und verlangten eine Mindestaufenthaltsdauer am Zielort von sieben Tagen. Zudem wurde die Anzahl der günstigen Tickets pro Flug beschränkt. American Airlines war demnach das erste Unternehmen, das erfolgreich eine Preisdifferenzierung und eine Kapazitätssteuerung in- stallierte. Später optimierte das Unternehmen sein System der Kapazitätssteuerung mit Hilfe von Buchungssoftware. Damit gelang es der Airline, die Konkurrenz zu distanzie- ren und ihren eigenen Gewinn durch die Anwendung des Yield Management erheblich zu steigern.6

Heute erzielen Airlines wie Lufthansa oder British Airways mit ihren Revenue Management Systemen Ertragszuwächse in Höhe von vier bis acht Prozent.7 Diese Zahlen sind unter Theoretikern als auch unter Praktikern umstritten, es ist eher von bis zu vier Prozent auszugehen. Dabei kommen die folgenden Grundprinzipien des Revenue Management zur Anwendung:

Abbildung 1.1: Grundprinzipien des Revenue Management (siehe Klophaus (1999) S.295[40] )

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1.2 Anwendungsvoraussetzungen

Das Gesamtsystem des Yield Managements kann wie in Abbildung 1.2 dargestellt werden. Die einzelnen Bestandteile des Yield Management werden in den folgenden Abschnitten erläutert.

Üblicherweise werden sechs Anwendungsvoraussetzungen in der Literatur erwähnt. Dieses sind fixe Kapazitäten, Verfall der Leistung durch Nichtinanspruchnahme, hohe Fixkosten für die Kapazität, starke Schwankungen der Nachfrage, die Möglichkeit der Vorausbuchung, sowie die Möglichkeit der segmentorientierten Preisdifferenzierung.8

Weitgehend fixe Kapazitäten bedeuten eine mangelnde operative Flexibilität des Ka- pazitätsangebots. Es wird angenommen, dass die Kapazitätserweiterung nur möglich sei, wenn hohe Fixkosten akzeptiert würden. Die Kapazität kann nur langfristig an eine sich

Abbildung 1.2: Die Elemente des Yield Management (siehe Marchant (2004) S.29[51] )

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

verändernde Nachfrageintensität angepasst werden. Diese starre Kapazität wirkt sich neben der stark schwankenden Nachfrage erschwerend auf eine effiziente Kapazitätsauslastung und eine fristgerechte Erfüllung der Aufträge aus. Bei der Sachgüterproduktion ist eine Erweiterung der Kapazitäten nur durch eine zeitliche Anpassung oder die Fremdvergabe von Produktionsschritten möglich.9

Der Verfall der Leistung durch Nichtinanspruchnahme bedeutet, dass die produzierten Waren und erzeugten Leistungen nicht gelagert werden können. Die Nutzung der Kapa- zität ist nur in einem bestimmten Zeitraum möglich und verfällt anschließend völlig. Als Beispiel kann die Kapazität eines Flugzeuges angeführt werden, in dem nicht genutzte Plätze keinen Erlös generieren und nach dem Abheben des Flugzeuges verfallen.10

Preisdifferenzierung ist nur möglich, wenn die Nachfrage am Markt unterschiedliche Wertigkeiten aufweist. Wenn alle Konsumenten dieselbe Zahlungsbereitschaft haben, ist eine Preisdifferenzierung nicht möglich.11 Die Nachfrage weist starke zeitliche Schwan- kungen auf, die große Unsicherheit bedeuten und die optimale Ausnutzung der begrenz- ten Kapazität erschweren. In der Airlinebranche buchen Geschäftsreisende ihre Flüge in der Regel kurzfristig, wohingegen Urlaubsreisende ihre Flüge lange im Voraus buchen. Diese These ist umstritten. Auch Geschäftsreisende haben bestimmte Termine, die sie im Vorfeld kennen und buchen dann ebenfalls frühzeitig ihre Flüge.12

Den Kunden der Unternehmung muss es möglich sein, das Produkt im Voraus bu- chen zu können. Wenn beispielsweise die Tickets für einen Flug nur direkt vor dem Flug verkauft werden könnten, fielen die Probleme der Umsatzverdrängung und des Umsatz- verlustes weg. Die Fluggesellschaft steht vor dem Problem, nicht genau zu wissen, welche Nachfrage für den angebotenen Flug zu erwarten ist. Sie kann demnach nicht wissen, wie viele Plätze sie in welcher Klasse freihalten muss. Verkauft sie zeitnah vor dem Abflug die übrigen Plätze an Kunden der Touristenklasse und folgen Anfragen für Geschäftsrei- sende, hat die Fluggesellschaft einen Umsatzverlust, da diese Geschäftsreisenden bereit gewesen wären, einen höheren Preis zu bezahlen. Der umgekehrte Fall ist ebenfalls mög- lich, jedoch generiert das Unternehmen hier zusätzlichen Gewinn. Das Risiko für das Unternehmen besteht hierbei in der Verdrängung höherwertiger Nachfrage durch gerin- gerwertige Frühbucher. Dem gegenüber steht das Risiko leerer Sitzplätze auf einem Flug. Werden die für die höherwertige Nachfrage reservierten Pläze nicht verkauft, bleiben die- se beim Flug leer und das Unternehmen hat einen Umsatzverlust. Die Wirkungsweise der Preisdifferenzierung und Kontingentbestimmung wird in einem späteren Abschnitt genauer erläutert.13

2 Cargo Revenue Optimization

Bei Luftfracht (Air Cargo) handelt es sich um alle Güter, die auf Linien- oder Charterflü- gen als Fracht-, Post- oder Expressgut transportiert werden. In der weiteren Betrachtung schließen wir die Luftpost, sowie das Gepäck der Passagiere aus.1 In der Bundesrepublik stieg die durch Luftfracht beförderte Warenmenge über die letzten Jahre kontinuierlich an. Wurden im Jahr 2002 noch 2,2 Mio.t befördert, so waren es 2005 bereits 2,9 Mio.t.2

Im Gegensatz zum Passenger Yield Management ist das Cargo Revenue Management um zwei Dimensionen erweitert. Die Eigenschaften der Frachtgüter sind komplexer als die der Passage, da Frachtgüter Unterschiede in Gewicht, Volumen und äußerer Form aufweisen. Aus diesem Grund werden an ein CRM System höhere Anforderungen gestellt als an ein PYM System. Durch den Preiskampf im Tourismus- und Luftfahrtbereich und den daraus resultierenden geringen Gewinnmargen der Luftfahrtunternehmen, gewinnt der Luftfrachttransport zunehmend an Bedeutung.3

2.1 Definitionen und Verfahren im Frachtbereich

Per Luft transportierte Fracht ist um ein vielfaches teurer als der Bodentransport per Bahn oder Straße. Dennoch gibt es zwei Gründe für Unternehmen ihre Güter auf dem Luftweg zu transportieren. Zum einen ist der Transport mit dem Flugzeug bei langen Strecken viel schneller als die Konkurrenzmöglichkeiten und zum anderen ist das Risiko der Beschädigung der Ware im Flugzeug geringer als beim Bodentransport. Das Trans- portmittel Flugzeug eignet sich besonders für den Transport von verderblichen Gütern oder solchen Einzelgütern mit einem sehr hohen Wert, wie z.B. Maschinen oder Elektro- nikteile. Interkontinental beläuft sich die per Flugzeug transportierte Menge auf weniger als 2% der Gesamttonnage. Jedoch macht diese Menge mehr als ein Drittel des gesamten Transportwertes aus. In Zeiten der just in time Logistik (JIT), bei der Güter angelie- fert werden, wenn sie in der Produktion benötigt werden, um unnötige Lagerkosten zu vermeiden, gewinnt der Lufttransport weiter an Bedeutung. JIT Logistik erfodert es auch, dass Fracht meistens nachts transportiert wird. Durch die kurzen Lieferzeiten mit dem Flugzeug ist es möglich, die Sicherheitsbestände zu minimieren und damit auch die Kapitalbindung des Lagers zu reduzieren. Weiter ist der schnelle Transport nicht nur zum Produktionsort wichtig, sondern auch von diesem zum Markt. Dies ist vor allem wichtig in den Bereichen der Elektronik- und Computerindustrie, mit ihren sehr kurzen Produktlebenszyklen. Der Anbieter muss sein Produkt sehr schnell am Markt haben, um die gewünschten Umsatzzahlen zu erreichen, bevor eine neue Produktgeneretion entwickelt und produziert ist. Aus diesem Grund greifen viele Firmen auf den Lufttransport zurück, anstatt die Güter mittels Seetransport zu verschiffen.4

Die Vorteile des Flugzeuges gegenüber anderer Beförderungsmittel sind die Transport- schnelligkeit, Transportsicherheit und Transporthäufigkeit. Der Qualität dieser Trans- portleistung stehen hohe Anschaffungs- und Betriebskosten gegenüber. Den Vorteil der Transportschnelligkeit spielt das Flugzeug auf großen Entfernungen aus. Liegt zwischen dem Start- und Zielort keine weite Strecke, kann sich der Geschwindigkeitsvorteil des Flugzeuges gegenüber dem Straßentransport durch lange An- und Abfahrtswege zum Flughafen relativieren. Der Einsatz des Flugzeuges bietet weitere Vorteile, wie zum Bei- spiel die Senkung der Kapitalbindung durch kurze Transportzeiten und die Senkung von Sicherheitsbeständen, da Engpässe schnell mittels Luftfracht überbrückt werden kön- nen.5

Was unter Luftfracht verstanden wird, soll mit Hilfe dieser Definition erläutert werden:

Im umfassenden Verständnis gehören zu Luftfracht - im Sinne von La degut für den Lufttransport (Air Cargo) - alle Güter, die auf Linien- oder Charterflügen als Fracht, Express oder Post transportiert werden. 6

Frye geht in seiner Definition auf die Mittel und Wege ein, die Luftfracht erfüllen muss. Die Unterteilung in Fracht, Express und Post wird im späteren Teil genauer erklärt und beschrieben. Zu Luftfracht gehören folglich alle Güter, die in ein Flugzeug verladbar sind. Luftfracht im engeren Sinne ist gekennzeichnet durch folgende Merkmale:

- sehr hohe Transportkosten
- begrenzte Transportkapazität
- geringere Verpackungskosten als z.B. beim Straßentransport
- kurze Transportzeiten
- geringe Netzdichte

Durch die begrenzte Transportkapazität werden die Kosten für den Flug auf wenige Transportaufträge verteilt, wodurch der Transport, verglichen mit Straßentransport oder mit der Schiene, sehr teuer wird. Vorrangig werden sehr hochwertige Güter7 mit dem Flugzeug transportiert.

Unter den Transportunternehmen, die den Lufttransport anbieten gibt es mehrere Gruppen. Dies sind zum einen die integrated service operators, all freight operators und die passenger and freight operators. Die so genannten Integrators zeichnen sich dadurch aus, dass sie einen exklusiven Tür-zu-Tür Service anbieten, d.h. das Unternehmen holt das Gut beim Absender ab, transportiert es und liefert es beim Empfänger ab. Am Markt haben sich vier solcher Unternehmen durchgesetzt, welche ca. 90% der Güter mit diesem Service transportieren. Dies sind Federal Express (FedEx), UPS, DHL und TNT. Die Unternehmen FedEx und UPS haben für ihren Service eigene Flugzeuge, die sie nutzen, wohingegen DHL und TNT Transportraum bei großen Flugunternehmen nutzen und keine eigenen Maschinen haben. All freight operators sind Unternehmen, die nur Fracht transportieren und deren Flotte nur aus Transportflugzeugen besteht. Sie transportieren die Güter lediglich von Flughafen zu Flughafen und nicht zusätzlich auf der Strasse, wie die Integrators. Passenger and freight operators transportieren Passagiere und Fracht. Die Flotten bestehen sowohl aus Passagier- als auch aus Frachtflugzeugen. Zusätzlich zu ihren Frachtflugzeugen nutzen diese Unternehmen freie Kapazitäten in Passagierflugzeu- gen zum Transport von Gütern.8

Unter den Luftfrachttransportdienstleistern haben sich folgende Produktklassifizierungen etabliert, wobei einzelne Unternehmen den Produkten zwar unterschiedliche Namen geben, sie jedoch ähnlich definiert sind:

- Standardfracht hat eine mittlere Laufzeit von 2 - 4 Tagen, maximal jedoch 7 Tage.
- Expressfracht hat eine mittlere Laufzeit von 1,5 bis maximal 3 Tagen.
- Premiumfracht ist auf ein Gewicht von maximal 100 kg begrenzt und hat eine Laufzeit von maximal 1 - 2 Tagen.

Express und Premium Frachtgüter erfordern eine besonders schnelle Abfertigung und die Sicherstellung der Beförderungsgarantie. Zudem werden diese Güter oftmals sehr kurzfristig angeliefert und müssen demnach separat abgefertigt werden.9

Das Lufttransportnetz wird aus Knoten und Speichen gebildet. Die Knoten sind die Flughäfen und die Speichen die Strecken, die die Flughäfen verbinden. Statt alle mögli- chen Verbindungen zwischen Flughäfen zu bedienen, werden Güter zu einem Hub trans- portiert. Von diesem Hub aus wird die Ware verteilt. Dadurch reduzieren die Gesellschaf- ten die Anzahl benötigter Flugzeuge. Wenig profitable Strecken und nicht ausgelastete Flugzeuge würden sonst den Gewinn des Unternehmens verringern. Durch die relativ kurzen Transportzeiten im Luftverkehr existieren innerhalb eines Kontinents wenige sol- cher Hubs. In Europa sind die Bedeutendsten Frankfurt/Main mit 1.963.141 t/Jahr, Paris mit 1.770.940 t/Jahr, Amsterdam mit 1.495.918 t/Jahr und London mit 1.389.591 t/Jahr.10 Diese Flughäfen sind im Lufttransportnetz mit transatlantischen, sowie asiati- schen Hubs verbunden.

Abbildung 2.1: Die Luftfrachttransportkette (Aus: Frye (2004) S. C3-49[28] )

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Gütertransport durch Flugzeuge stellt nur einen Teil der Transportkette dar. Dem Transport durch Flugzeuge sind Zuführungs- und Verteilungsprozesse vor-, bzw. nachgelagert. Die Abbildung 2.1 stellt die Luftfrachttransportkette dar. Diese kann dahin gehend erweitert werden, dass mehrere Flughäfen mittels Flugzeugen bedient werden. Ebenso kann es sein, dass keine Verteilung stattfindet, sondern die Güter am Flughafen abgeholt werden.

Die Glieder der Transportkette sind der Vor-, Haupt- und Nachlauf. Der Vorlauf, sowie der Nachlauf, erfolgen mittels Bodentransporten. Der Hauptlauf ist der Lufttrans- port. Dieser kann mehrteilig sein und überwindet in der Regel die größte Distanz. Die Hauptrolle bei den Wechseln zwischen Vor- und Hauptlauf, sowie zwischen Haupt- und Nachlauf spielen die Flughäfen. An diesen finden die Prozesse Transportieren, Umschlagen und Lagern statt.11

Die Tarifberechnung ist zunächst abhängig von der geforderten Lieferzeit und anschließend von den Gewichtsraten. Sobald das Verhältnis von Volumen zu Gewicht den Wert sieben übersteigt, wird das Volumengewicht zur Berechnung herangezogen.12

Der Lufttransport im engeren Sinne geschieht mit zwei unterschiedlichen Methoden. Die Erste ist der Transport als Beiladefracht in Passagierflugzeugen. Diese so genannte Belly Fracht wird im Unterflurfrachtraum des Flugzeugs zusammen mit dem Gepäck der Passagiere transportiert. Da die Kapazität der Passagiermaschinen nicht durch das Gepäck der Passagiere, sowie durch Post ausgelastet ist, wird die Differenz zur Maxi- malbeladung durch Frachttransport genutzt. Die Abbildung 2.2 zeigt einen Querschnitt eines solchen Flugzeuges. Die zweite Methode ist der Einsatz reiner Frachtflugzeuge. Die- se so genannten

”Nasenflieger“13 werdeneingesetzt,wennaufStreckenmiteinemhohen

Luftfrachtaufkommen nicht ausreichend Beiladungskapazität in den Passagierflugzeugen verfügbar ist. Der Querschnitt einer solchen Maschine ist in Abbildung 2.3 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.2: Passagierflugzeug mit Frachtraum für Beiladung (Aus: Frye (2004) S. C3-51[28] )

Die Ausstattung der Frachträume in Flugzeugen ist sehr speziell im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern. Der Rumpf des Flugzeuges gibt die Dimensionen und die Form der Laderäume vor. Die extremen Belastungen und hohen Sicherheitsanforderungen bestimmen die Ladungssicherung. Eine maximale Auslastung des Flugzeuges wird durch die hohen Anschaffungskosten für das Flugzeug verlangt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.3: Frachtflugzeug mit oberem und unterem Laderaum (Aus: Frye (2004) S. C3-51[28] )

Die eingesetzten Flugzeuge unterscheiden sich in Bezug auf ihre Laderäume in drei Gruppen:

1. Passagierflugzeuge mit schmalem Bauch, die lose Fracht in Form von Beiladung im unteren Teil des Flugzeuges transportieren.
2. Passagierflugzeuge mit breitem Bauch, die Flugzeug-Ladeeinheiten im unteren Deck transportieren können (Siehe Abbildung 2.2).
3. Frachtflugzeuge mit Frachtraum im oberen, sowie im unteren Deck für Flugzeug- Ladeeinheiten (Siehe Abbildung 2.3).

Im Frachtverkehr ist die Bezeichnung ULD (Unit Load Device) für die Ladeeinheiten üblich.

Die Kriterien für die Planung der Ladung sind die verschiedenen Dimensionen und Zugänge der einzelnen Laderäume des Flugzeuges. Die Frachträume für lose Fracht sind sehr unterschiedlich. Sie können einfach oder auch schwer zugänglich sein. Zudem un- terscheiden sie sich abhängig vom Flugzeugtyp von den Raumhöhen und -breiten. Die Laderäume für ULD hingegen sind gut ausgestattet mit Hilfsmitteln für die Be- und Ent- ladung der Fracht. Der Zugang in diese Laderäume erfolgt entweder über seitliche Türen oder bei reinen Frachtflugzeugen über die frontseitige Tür (Nose Door). Frachtflugzeu- ge basieren meistens auf Mustern für Passagierflugzeuge. Darüber hinaus ist es üblich, dass ausrangierte Passagierflugzeuge zu Frachtflugzeugen umgebaut werden. Aus diesem Grund ist heute die Beladung der Flugzeuge durch die seitliche Tür üblich und die fron- tale Beladung verliert an Bedeutung. Der Aufbau einer solchen umgebauten Maschine ist ähnlich Abbildung 2.2, mit dem Unterschied, dass statt der Sitzreihen dort Frachtraum zur Verfügung steht. Dieser obere Frachtraum wird auch Main Deck genannt, der Untere heißt weiterhin Lower Deck. Typischerweise beträgt die Ladehöhe im Lower Deck ma- ximal 1,63m und im Main Deck 2,44m. Diese Vereinheitlichung ermöglicht das schnelle Umladen der ULD zwischen einzelnen Flügen und Flugzeugtypen. Dennoch gibt es einzelne Flugzeugtypen, die diese Dimensionen nicht einhalten. Über die seitliche Tür ist es möglich Einheiten bis zu 20 Fuß Länge zu verladen.14

Zur optimalen Ausnutzung des vorhandenen Raumes existieren eine vielzahl unter- schiedlicher Muster von ULD. Diese können entweder Container oder auch Paletten sein. Da die Frachtraumkapazität bezüglich ihrer Masse beschränkt ist, bestehen die Contai- ner wie auch die Paletten aus leichten, hochwertigen Aluminiumlegierungen oder aus Kunststoffen. Die Grundplatte der Trägermittel für ULD ist standardisiert. So sind die Vorrichtungen zur Fixierung der Einheiten im Flugzeug, sowie die zur Befestigung der Ladungssicherung dienenden Profilrahmen festgelegt. Der Vorteil der Paletten gegenüber den Containern ist die Gewichtseinsparung, sowie die Flexibilität. Mit den Paletten ist es möglich sich über Ladehöhe und Kontur der verschiedenen Laderäume anpassen zu können. Zudem ist der Lager-, Transport- und Handlingsaufwand für die leeren Paletten geringer. Der Vorteil der Container gegenüber der Paletten ist, dass die transportier- ten Güter in einem geschlossenen Raum transportiert werden. Es müssen keine weiteren Netze oder Gurte benutzt werden, um die Güter an dem Transportmittel zu fixieren. Zu- dem ist der Transfer zwischen den Flugzeugen mit den Containern schneller als mit der Palette. In der Praxis gilt die grobe Aufteilung, dass Paletten für große Ladeeinheiten und Container für kleine Ladeeinheiten benutzt werden.15

Die zulässige maximale Beladung pro Ladeeinheit ist abhängig vom gewählten Lade- mittel. Zudem ist die Beladung abhängig vom Flugzeugtyp und der weiteren Beladung. Es bestehen Restriktionen bezüglich der einzelnen Ladepositionen, maximalen Gewichten pro Laderaum, sowie der ausreichend gleichmäßigen Beladung des Flugzeuges (Weight and Balance).16

Die Flugzeughersteller Airbus und Boeing prognostizieren Zuwachsraten für die im Luftfrachtverkehr beförderte Tonnage im Bereich zwischen 5,75% und 6,2% jährlich für die nächsten 20 Jahre. Diese Unternehmen gehen davon aus, dass sich die Anzahl der rei- nen Frachtflugzeuge verdoppeln wird. Dafür werden mehrere Gründe angeführt. Die hohe Auslastung der Passagiermaschinen reduziert die mögliche Kapazität für die Zuladung von Fracht. Die Unternehmen bestücken ihre Flugzeuge mit der maximal möglichen Anzahl an Sitzreihen, wodurch die Kabinenkapazität für Passagiere erhöht wird. Des Weiteren haben die Unternehmen die Umsatz- und Gewinnmöglichkeiten des Frachtbe- reichs entdeckt. Weiterhin haben sich die Sicherheitsauflagen für Zuladung geändert, so dass viele Güter nicht mehr mit Passagiermaschinen transportiert werden dürfen.17

Die Wahl der zu bedienenden Flughäfen ist abhängig vom Unternehmen. Befördert das Unternehmen sowohl Passagiere als auch Fracht, beeinflußt die Nachfrage der Pas- sage eindeutig die Wahl des Standorts. Die Faktoren sind Erfahrungswerte über Ver- zögerungen, die Kapazität der Landebahnen, Flughafengebühren, die Kosten für lokale Arbeitskräfte, sowie die Betriebssicherheit der Flugsicherung. Die Aufteilung in einen Flughafen für Passage und einen für Fracht ist nicht sinnvoll, da doppelte Kosten auf das Unternehmen zukämen. Das reine Frachtunternehmen orientiert sich an anderen Kriterien. Das Hauptkriterium ist die Zollabfertigung. Wichtig ist die Zuverlässigkeit der Zollbehörde, eine zeitnahe Zollabfertigung, sowie die Möglichkeit der Vorverzollung. Gemäß Zhang und Zhang sind dies Kriterien, die eine mögliche Standortwahl ent- scheiden.18 Staus durch zu hohes Flugverkehrsaufkommen und eine zu geringe Anzahl an möglichen Zeitnischen für Abflüge bringen Frachtunternehmen dazu, von den großen zu regionalen, kleinen Flughäfen auszuweichen, die durch die Passage nicht vergleichbar ausgelastet sind. Wichtig ist zudem die Lage der Transportunternehmen, die mögliche An- und Abtransporte durchführen. Negativen Einfluss auf die Standortfrage nehmen mögliche umweltpolitische Restriktionen und Nachtflugverbote. Erstere beeinflussen die Auswahl an möglichen Transportflugzeugen und Nachtflugverbote verhindern meistens den Anschluss des Flughafens an das Netzwerk eines Luftfrachttransportunternehmens, da Luftfracht in den meisten Fällen nachts transportiert wird.19

Gardiner et al. haben in ihrer Arbeit untersucht, welche Faktoren besonders wichtig bei der Standortwahl sind. Die Untersuchung ergab, dass die Möglichkeit des Nachtfluges, die Minimierung der Gesamtkosten, das Ansehen des Flughafens, die lokale Nachfrage, der Einfluss der Spediteure, der Zugang zum Flughafen über Straßen, die Zollabferti- gung, die finanziellen Anreize des Flughafens, sowie die Transportzeit vom Flughafen zu den Hauptmärkten zu den wichtigsten Faktoren gehören. Weiter wurden die Unter- nehmen gefragt, was die Flughafenbetreiber tun sollten um sich für Frachtunternehmer attraktiver zu machen. Am Häufigsten wurde hierbei die Senkung der Gebühren und der Ausbau von Infrastruktur genannt. Für einen Umzug des Frachtunternehmens in einen anderen Flughafen sprechen mehrere Gründe. Zum einen beeinflußt die Nachfrage des Hauptkundenstammes des Frachtunternehmens die Standortentscheidung. Zum anderen können günstigere Liegenschaften oder niedrigere Gebühren ausschlaggebend sein.20

Um ihre Transportdienstleistung für ihre Kunden sicherzustellen, sind die Hauptkun- den der Luftfahrtunternehmen daran interessiert, Kapazitäten im Vorfeld zu einem festen Preis für eine gewisse Zeit vertraglich fest zu halten. Dadurch erwerben die Luftfrachtspe- diteure das Recht mit bestimmten Flügen der Fluggesellschaft Waren zu versenden. Die Luftfahrtunternehmen legen dabei großen Wert auf die Klausel, das bei Nichtnutzung der Kapazität keine Zahlungen an den Spediteur zurück fließen. Die Leistung verfällt bei Nichtinsanspruchnahme. Dieser Umstand läßt für die Luftfahrtunternehmen die Möglich- keit der Überbuchung zu, welche im späteren Verlauf dieser Arbeit erläutert wird. Die Kapazitäten, die durch solche Verträge für den Kunden reserviert bleiben, werden auch Allotments genannt.21

Für die optimale Anwendung der Instrumente des Revenue Management ist es notwen- dig, die Kapazität zu kennen. Die Berechnung der zur Verfügung stehenden Kapazität ist im Vergleich zur Passage komplizierter. Bei der Passage ist dem Unternehmen be- kannt, wie viele Sitzreihen und Sitze im Flugzeug installiert sind. Folglich kann auch nur maximal diese Anzahl an Plätzen verkauft werden. Bei mit Passage und Beiladefracht gemischten Flügen ist der für Fracht zur Verfügung stehende Raum abhängig von der Anzahl der mitfliegenden Passagiere. Der gesamte Frachtraum wird wie in Abbildung

2.4 in drei Teile geteilt. Der erste Teil wird den Allotments zugewiesen. Sechs bis 12 Mo- nate vor dem Abflug werden Kapazitäten an Spediteure verkauft. Die Spediteure geben Gebote für von den Fluggesellschaften angebotene Kapazitäten ab. Im Vorfeld haben die Fluggesellschaften die Nachfrage nach Frachtraum durch Spediteure prognostiziert und bieten die nachgefragte Kapazität in einer Auktion an. Die erstandenen Kapazitä- ten können einmalig gelten oder für regelmäßig verkehrende Flüge auf einer bestimmten Route.22

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.4: Frachtraumkapazitätseinteilung im Belly-Flug (Vgl. Popescu et al. (2006) S.248[60] )

Der zweite Teil der Frachtraumkapazität wird durch das Gepäck der Passagiere, Post- sendungen, sowie zusätzlichen Treibstoff belegt. Das Unternehmen prognostiziert die Anzahl der Passagiere, die den Flug in Anspruch nehmen werden. Zusätzlich kennen die Unternehmen einen Erwartungswert für das zu befördernde Gepäck pro Passagier. Der dritte Teil ist die übrige Kapazität und wird frühestens vier Wochen vor dem Abflug an Spediteure verkauft, um das Flugzeug optimal auszulasten.23

2.2 Anwendungsvoraussetzungen für das Cargo Revenue Management

Revenue Management Systeme haben sowohl in der Passage als auch im Cargo die sel- ben Ziele: Die optimale Ausnutzung der Ressourcen und die Maximierung des Gewinns. Um diese Ziele zu erreichen, müssen die Unternehmen das optimale Produkt an den Kunden verkaufen, zu dem Preis den der Kunde bereit ist zu zahlen. Die zur Verfü- gung stehenden Kapazitäten müssen so in Kontingente unterteilt werden, dass für alle Kundengruppen die optimale Kapazität vorgehalten wird, die für das Unternehmen den maximalen Gewinn bedeutet. Die Voraussetzungen in den Bereichen Passage und Cargo sind unterschiedlich. Die Erreichung der Ziele gestaltet sich im Cargo schwieriger als in der Passage.24

Die Abbildung 2.5 zeigt tabellarisch die unterschiedlichen Merkmale des Cargo und der Passage. Daran soll deutlich werden, dass das Gesamtkonzept des Cargo komplexer ist, als das der Passage. Die folgenden Abschnitte stellen diese Unterschiede und Komplexitäten verbal dar.25

Im Gegensatz zum Passenger Yield Management ist beim Cargo Revenue Management die Kapazität beim Belly Flügen ex ante nicht genau bekannt. Die verfügbare Kapazi- tät für den Frachttransport ergibt sich aus dem zulässigen Gewicht für das eingesetzte Flugzeug (Payload) abzüglich der erwarteten Anzahl an fliegenden Passagieren und ih- res Gepäcks. Die erwartete Anzahl an Passagieren wird hierbei mit Hilfe der Passenger Yield Management Software und Systeme ermittelt. Die verbleibende Kapazität kann folglich für den Transport von Frachtgütern verwandt werden, ist jedoch wegen mögli- cher No-Shows in der Passage oder Extra Gepäck von Passagieren bis kurz vor Abflug nicht genau bekannt.26

Das zulässige Gesamtgewicht des Flugzeuges variiert ebenfalls. Es ist abhängig vom Wetter, von den Start- und Landebahnen und der Strecke. Es ist durchaus möglich, dass

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.5: Merkmale des Cargo im Vergleich zur Passage (Vgl. Klophaus (1999) S.295[40]

die Belastungsgrenzen von Start- und Landebahnen unterschiedlich sein können. Dann dürfen die Flugzeuge im beladenen Zustand ein betimmtes Gewicht nicht überschreiten. Abhängig von der Strecke entscheidet der Pilot welche Menge Flugbenzin er laden will. Dementsprechend reduziert sich der verfügbare Frachtraum. Die vielen Faktoren, die den verfügbaren Frachtraum beeinflussen, machen ein Modell zur zuverlässigen Bestimmung des Frachtraumes unabdingbar.27

Die Zuteilung des Frachtraumes auf bestimmte Aufträge, sowie die Berechnung des insgesamt verfügbaren Raumes, ist im Gegensatz zum Passagebereich dreidimensional. Bei der Passage ist die Kapazität lediglich davon abhängig, wieviele Sitzreihen in der verfügbaren Maschine installiert worden sind. Im Frachtbereich ist die Ladekapazität abhängig von der Masse und dem Volumen der Fracht, sowie der Anzahl und der Positi- on der Frachtcontainer im Frachtraum. Als sehr extremes Beispiel kann eine Bleiladung angeführt werden, die kaum Volumen in Anspruch nimmt, jedoch sehr schnell die maxi- mal zulässige Masse erreicht. Demnach würde das Flugzeug fast leer fliegen, wäre vom Gewicht jedoch ausgelastet. Das Gegenstück dazu wäre eine Ladung bestehend aus Dau- nenfedern. Das Volumen wäre sehr schnell ausgefüllt, das maximale Gewicht jedoch nicht annähernd erreicht. Zur Wahrung der Flugeigenschaften des Flugzeuges müssen Contai- ner mit bestimmten Maßen an bestimmten Stellen im Bauch des Flugzeuges transportiert werden. So kann es sein, dass ein Gut wegen seiner Masse in einem bestimmten Contai- ner sehr weit vorne im Frachtraum transportiert werden muss. Wenn dieses Gut jedoch von den Maßen her nicht in diesen Container passt und auf dessen Transport verzichtet werden muss, spricht man hierbei vom so genannten stacking loss. Die Anforderungen an ein zuverlässiges Programm zur Prognose sind demnach sehr hoch und muss alle drei Faktoren berücksichtigen.28

Die Nachfrage der Passage weist eine Saisonalität mit Nachfragespitzen auf, die den Unternehmen gut bekannt sind. Dies sind zum Beispiel der Weihnachtsverkehr in Europa und Nordamerika oder der Jahreswechsel im chinesischen Kalender in Asien, sowie die Ferienzeiten. Diese Ereignisse kehren jährlich wieder und stellen keine überaschenden Er- eignisse für die Unternehmen dar. Die Nachfrage nach Frachttransport jedoch unterliegt größeren Schwankungen, da diese mehr als die Passage externen Einflussfaktoren unter- liegt. So ist die Transportraumnachfrage nach Lebensmitteln stark vom Ernteertrag und vom Einfluss des Wetters auf die Ernte oder auch von der Populationsentwicklung von einzelnen Speisefischarten abhängig. Diese nicht beeinflussbaren Faktoren erschweren die zuverlässige Prognose der Nachfrage erheblich.29

Die optimale Ausnutzung des Frachtraumes weist ebenfalls Unterschiede auf. Wäh- rend die Passage ihre Kontingente an Hand der Nachfrage bestimmt und anschließend eine gewisse Anzahl an Flugtickets für die bestimmten Klassen verkauft, beeinflussen mehrere Faktoren die Optimierung des Frachtbereichs. Das Luftfahrtunternehmen muss bei Erstellung des Flugplanes entscheiden, welche Kapazitäten sie als Allotments durch langfristige Verträge verkaufen will. Der Rest der Kapazität wird dann auf dem freien Markt verkauft. Manche Unternehmen stellen ihren Kunden 25-30% als Allotments zur Verfügung, andere wiederum 60-70%. Das Luftfahrtunternehmen muss abwägen, durch welchen Mix die Maximierung des Gewinns erreicht wird. Dabei stellt man sich die Fra- ge, ob kurzfristige Aufträge profitabler sind als langfristige Verträge? Wegen der großen Unsicherheit der Nachfrage kann man diese Frage nicht beantworten. Es ist sicherlich davon abhängig, welche Kunden das Unternehmen hat. Nutzen diese Kunden regelmä- ßig einen Teil ihrer Allotments nicht, so kann durch Überbuchung des Frachtraumes ein großer Gewinn generiert werden.30

Allerdings hat die Kapazitätsausnutzung im Bereich Fracht auch einen Vorteil gegen- über der Passage. Bei der Passage ist nach einer bestimmten Anzahl verkaufter Flug- tickets, die Kapazität ausgelastet. Da das Frachtgut allerdings unproblematischer zu trabsportieren ist, haben die Unternehmen hier mehr Möglichkeiten. Passagieren ist Um- steigehäufigkeit, die Flugdauer, die Aufenthaltsdauer am Flughafen und die Reiseroute wichtig. Frachtgut kann problemlos mehrmals umgeladen werden oder auch eine sehr zei- tintensive Strecke zurück legen, bis es pünktlich den Zielort erreicht. Aus diesem Grund kann das Frachtunternehmen eigentlich viel mehr Aufträge annehmen, als Kapazitäten auf einem bestimmten Flug verfügbar sind. Das Unternehmen würde durch die Verschie- bung der Frachtstücke auf andere Routen, diese besser auslasten, und dennoch pünkt- lich liefern. Die Beladung der Frachtraumes läßt sich mit Hilfe des Rücksackproblems aus dem Operations Research optimieren. Da Güter aber nicht endgültig abgewiesen werden, wenn sie nicht mit einem bestimmten Flug transportiert werden, können die abgewiesenen Produkte beim nächsten Flug ebenfalls wieder in die Auswahl gelangen. Beim Rucksackproblem werden Güter nach ihrem Umsatz und ihrem Volumen gewichtet und anschließend nach absteigendem Nutzen sortiert, in den ”Rucksack“eingepackt.Im Frachtbereich muss diese Gewichtung um die verbleibende Restzeit bis zum spätesten Ankunftstermin erweitert werden.31

Im Gegensatz zur Passage ist der Bereich der Routenplanung im Frachtbereich we- niger problematisch. Passagieren ist es sehr wichtig, wie lange sie fliegen und wie oft sie umsteigen müssen. Das Hauptkriterium im Bereich Fracht ist, dass es pünktlich am vereinbarten Zielort ankommt. Die anderen Faktoren sind eher unbedeutend. Für den Transport von Fracht mittels gemischten Passagier- und Frachttransport können dem- nach mehrere Routen von einem Ort zum Anderen in Betracht kommen.32 Die Gesamt- frachtströme jedoch sind eher unausgewogen. So werden mehr Güter von Asien in die USA transportiert als aus den USA nach Asien. Bei der Passage zeichnet sich die Flug- route dadurch aus, dass es einen Rückflug auf der selben Route gibt. Da Fracht meistens von Produktions- zu Verkaufsstandorten transportiert wird, haben die Unternehmen oft keine sternförmigen Streckennetze sonders kreisförmige, um mögliche Leerflüge zu ver- meiden.33

Der Großteil des Frachtraumes wird durch Allotments in Anspruch genommen. Die- ser Frachtraum steht demnach nicht zur Verfügung für den normalen Verkauf. Dieser Umstand muss bei der Planung und Pognose des verfügbaren Frachtraumes berücksich- tigt werden.

[...]


1 Vgl. Kimms / Klein (2005) S.4[37]

2 Kimes (1989) S.348[35]

3 Klein (2001) S.248[39]

4 Vgl. Kimms / Müller-Bungart (2003) S.3.[38]

5 Vgl. Kimms / Klein (2004) S.2.[37]

6 Vgl. Talluri / van Ryzin (2004) S.6ff [68]

7 Vgl. Klophaus (1999) S.295.[40]

8 Vgl. Kimms / Klein (2005) S.6[37] und Kuhn / Defregger (2004) S.319.[44]

9 Vgl. Bitran / Caldentey (2003) S.205ff[12]

10 Vgl. Spengler / Rehkopf (2005) S.127.[65]

11 Vgl. Talluri / van Ryzin (2004) S.13[68]

12 Vgl. Klein (2001) S.249[39]

13 Ebd. S.250[39]

1 Vgl. Frye (2004) S.C3-44[28]

2 Vgl. http://www.destatis.de/basis/d/verk/verktab4.php vom 15.08.2006

3 Vgl. Kasilingam (1996) S.3[33]

4 Vgl. Zhang / Zhang (2002) S.276[76]

5 Vgl. Pfohl (2004) S.171[58]

6 Siehe Frye (2004) S.C3-44[28]

7 z.B. hochpreisige, spezielle Maschinen, Computer, Medikamente und Ersatzteile

8 Vgl. Zhang / Zhang (2002) S.277[76]

9 Vgl. Frye (2004) S.C3-47[28]

10 Vgl. Internationale Transport Zeitschrift (2006) S.35[1]

11 Vgl. Frye (2004) S.C3-50[28]

12 Vgl. Pfohl (2004) S.172[58]

13 Diese Flugzeuge tragen diesen Namen, da zum Beladen des Flugzeuges die Nase nach oben geneigt und dadurch der Laderaum erreichbar wird. Das Flugzeug wird von vorne mit Containern, anstatt von der Seite beladen, wie bei Passagierflugzeugen üblich.

14 Vgl. Frye (2004) S.C3-52[28]

15 Vgl. Frye (2004) S.C3-53[28]

16 Ebd. S.C3-53[28]

17 Vgl. Gardiner et al. (2005) S.393[29]

18 Vgl. Zhang / Zhang (2002) S.280[76]

19 Vgl. Gardiner et al. (2005) S.394[29]

20 Ebd. S.397[29]

21 Vgl. Billings et al. (2003) S.70[10]

22 Vgl. Popescu et al. (2006) S.248[60]

23 Vgl. Popescu et al. (2006) S.248[60]

24 Vgl. Billings et al. (2003) S.70[10]

25 Vgl. Klophaus (1999) S.295[40]

26 Vgl. Kasilingam (1996) S.36[33]

27 Vgl. Kasilingam (1996) S.37[33]

28 Vgl. Kasilingam (1996) S.38[33]

29 Vgl. Billings et al. (2003) S.71[10]

30 Ebd. S.72[10]

31 Vgl. Zhang / Zhang (2002) S. 280[76]

32 Vgl. Kasilingam (1996) S.33 und Billings et al. (2003) S.72[10]

33 Vgl. Zhang / Zhang (2002) S.280[76]

Ende der Leseprobe aus 88 Seiten

Details

Titel
Cargo Revenue Management. Die Vermarktung von Luftfrachtkapazitäten
Hochschule
Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
88
Katalognummer
V66795
ISBN (eBook)
9783638592017
ISBN (Buch)
9783638711272
Dateigröße
1920 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Cargo, Revenue, Management, Vermarktung, Luftfrachtkapazitäten
Arbeit zitieren
Manuel Staber (Autor:in), 2006, Cargo Revenue Management. Die Vermarktung von Luftfrachtkapazitäten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/66795

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