Sokrates - "Ich weiß, dass ich nichts weiß" - Erziehung durch Selbsterkenntnis


Hausarbeit, 2006

15 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Der historische Sokrates
1.1. Sokrates im Athen zwischen "alter" und "neuer" Ordnung

2. Sokrates' Wirken
2.1. Das Ziel
2.2 Die Methode
2.2.1 Der sokratische Dialog

3. Die Konsequenz
3.1 Kriton

4. Sokrates heute

Literaturverzeichnis

1. Der historische Sokrates

Sokrates, der merkwürdige Mann, der Fremde, der Befremdliche, der Sonderling.

Sokrates, der Auffällige, der Störenfried, der Asoziale.

Sokrates, die unangepasste, die paradoxe, die absurde Existenz.

Gernot Böhme, Der Typ Sokrates

Was über das Leben des Sokrates bekannt ist, stammt aus Berichten, die über ihn, nicht von ihm verfasst wurden,er selbst hat keine einzige Zeile hinterlassen. Seine Lebens- und "Lehr"-form war die des Dialogs. Schreiben hieß für ihn, die Erkenntnisse mit den Worten "einzufrieren" und sie damit jeglicher Entwicklungsmöglichkeit zu entziehen.

Wir müssen uns deshalb auf die Quellen verlassen, die über Sokrates berichten. Er soll von 470 bis 399 vor unserer Zeitrechnung gelebt haben. Das genaue Geburtsdatum ist umstritten, spielt jedoch nur insofern eine bedeutende Rolle, als dass es die Zeit eingrenzt, in die Sokrates als Sohn eines Steinmetzes und einer Hebamme hineingeboren wird.

Vier antike Quellen über Sokrates sind in der heutigen Forschungsliteratur entscheidend. Je nachdem, welche dieser Quellen man heranzieht, ergibt sich ein sehr spezielles und eigentümliches Bild der unbequemen und außergewöhnlichen Persönlichkeit dieses Philosophen.

Aristophanes beschreibt ihn in "Die Wolken" als Sophist, der die Jugend verführt. Im Wettstreit mit Sokrates im Symposium wird die Diskrepanz zwischen dem Komödiendichter Aristophanes und dem Philosophen Sokrates deutlich und das vernichtende Urteil des Einen über den Anderen verständlich.

Xenophon, der als sehr konservativ bekannt ist verharmlost im Gegensatz dazu Sokrates als "frommen, gerechten, patriotischen Bürger Athens". Er selbst war kein Schüler Sokrates', hat ihn aber gekannt.

Aristoteles wiederum versucht, sehr sachlich mit Sokrates' Ideen umzugehen und stellt ihn scharf gegen Platon. Er bezeichnet Sokrates als den ersten Wissenschaftler, der – ohne es namentlich zu benennen – die "induktive Methode" angewandt hatte. Sokrates hat als erster Philosoph vom Einzelnen auf das Allgemeine geschlossen (vgl. "Politeia") und wurde so laut Aristoteles zum ersten Methodiker.

Auf der Suche nach dem historischen Sokrates wird schnell deutlich, dass keiner der angegeben Quellen das "Sein" des Sokrates wirklich trifft. Sie alle gebrauchen ihn für ihre jeweilige Auseinandersetzung. Deshalb bleibt die Suche nach der Person unfruchtbar und führt zu Unzufriedenheit, sollte man sich auf diese beschränken.

Viel Wesentlicher ist jedoch, welche Wirkung die Figur des Sokrates auf Athen und seine Bürger, die Sophisten und letztlich auf Platon hatte, in welchem er den Drang zur Philosophie wecken konnte. Platon war Sokrates' Schüler und hat ihn als Figur benutzt, um seine Philosophie zum Ausdruck zu bringen. Indem er Sokrates darzustellen versuchte, schob er diesem sozusagen seine eigene Philosophie unter.

Auch wenn die Berichte, die uns Platon von Sokrates überliefert hat nicht exakt wiedergeben, wer Sokrates war und wie er gelebt hat, so ist dennoch nicht zu bestreiten, dass sich Platon erst durch die Figur des Sokrates entwickelt hat. Sokrates' Wandlung ist gleichzeitig als Platons Wandlung zu betrachten.

Wenn im Folgenden über Sokrates gesprochen wird, so ist stets der Sokrates Platons gemeint. Platon selbst spricht durch die Figur des Sokrates und so werden beide letztlich sich gegenseitig bedingend zu den einzigartigen Philosophen, wie wir sie heute kennen.

1.1 Sokrates im Athen zwischen alter und neuer Ordnung

Als Sokrates um 470 geboren wird, befindet sich Athen noch im Krieg mit den Persern. Der verhältnismäßig winzige Stadtstaat mit gerade mal 150.000 Einwohnern hält die Führung im Attisch- Delischen Seebund und wird innerhalb weniger Generationen zur führenden Geistesmacht des Mittelmeerraumes. In dieser als "Weltmetropole" der Kultur bezeichneten Stadt blühen Architektur, Bildhauerei, Dichtung, Geschichtsschreibung, Philosophie, Theater und Wissenschaft. Sie beherbergt Persönlichkeiten wie Herodot, Hippokrates, Anaxagoras, Protagoras und Zenon. Auch der berühmte Komödienschreiber Aristophanes lässt sich in Athen nieder. Handwerk, Handel und kommunale Unternehmungen gedeihen und machen die Stadt sozusagen zu einem Unternehmen der Bürger. Die Polis, der Stadtstaat, wird zur Urzelle der Demokratie. In einer Art Basisdemokratie regiert der wahlfähige Bürger, der zu der Zeit noch nicht Frauen, Sklaven und so genannte "Metöken" umfasst, als Laienrichter an den Gerichten, an den Aufgaben der Stadt und der öffentlichen Fürsorge mit. Der gute Bürger ist der, der "sein Haus und das Staatswesen gleichermaßen zu verwalten versteht." Der Mensch ist, wie Aristoteles es später formulieren wird, ein 'zoon politikon', ein politisches Lebewesen, mit allen Fasern seiner Existenz."[1]

In diese Blütezeit Athens wird Sokrates hineingeboren. Das Leben in der Polis ist bestimmt durch die "substantielle Sittlichkeit". Der Mensch ist in der immer währenden Ordnung aufgehoben, deren Hüter die Götter sind. Der Gedanke an ein scheitern ist unmöglich, da jeder weiß, was in der Gemeinschaft zu tun ist. Der Einzelne spielt dabei keine Rolle, es geht stets um die Ordnung der Gesamtheit, die kosmologische Ordnung. Der Einzelne ist getragen von der Gemeinschaft, er fügt sich in diese Ordnung, die von den Göttern verwaltet wird.

Mit dem Fortwähren des Peloponnesischen Krieges, der insgesamt von 431 bis 404 dauern wird, beginnt parallel zur Blüte Athens auch der beispiellose Zerfall und die politische Auflösung Griechenlands.[2] Im Krieg gegen Sparta, den früheren Verbündeten gegen die Perser, kommt es zu den berühmten "Arginusprozessen". Zehn Feldherren werden gegen geltendes Recht in Athen zum Tode verurteilt. Hier tritt Sokrates zum ersten Mal politisch in Erscheinung. Er widersetzt sich den Athenern, um sie vor einer Gesetzeswidrigkeit zu bewahren. "Und eben hatte unser Stamm, der antiochische, den Vorsitz, als ihr den Anschlag fasstet, die zehn Heerführer, welche die in der Seeschlacht Gebliebenen nicht begraben hatten, sämtlich zu verurteilen, ganz gesetzeswidrig, wie es späterhin euch allen dünkte. Da war ich unter den Prytanen der einzige, der sich euch widersetzte, damit ihr nichts gegen die Gesetze tun möchtet, und euch entgegenstimmte."[3]

Mit der Kapitulation Athens 404 verliert Athen endgültig die Vormachtstellung in Griechenland. Dass es nicht zerstört wird, verdankt es seiner Retterrolle gegen die Perser. Dennoch muss es seine Flotte ausliefern, die Verteidigungsmauern schleifen und erhält die "Regierung der dreißig Tyrannen".

[...]


[1] vgl. Jung, Matias: Sokrates, Tod, wo ist dein Stachel?, Verlag emu, S. 28

[2] vgl. Sellen, Geschichte kurz und klar, Band 1, Verlag Auer, Donauwörth 1999, S. 30 ff.

[3] Platon, Sämtliche Werke, Band 1, rowohlt, Apologie 11. b S. 31.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Sokrates - "Ich weiß, dass ich nichts weiß" - Erziehung durch Selbsterkenntnis
Hochschule
Universität Stuttgart
Veranstaltung
Proseminar
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
15
Katalognummer
V66652
ISBN (eBook)
9783638595988
ISBN (Buch)
9783656779872
Dateigröße
442 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sokrates, Erziehung, Selbsterkenntnis, Proseminar
Arbeit zitieren
Angelika Stegmeyer (Autor:in), 2006, Sokrates - "Ich weiß, dass ich nichts weiß" - Erziehung durch Selbsterkenntnis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/66652

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