The New York Times - All the News That's Fit to Print?


Hausarbeit, 2003

27 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Hinführung

2. Geschichte

3. Zahlen und Fakten

4. Ruf und Kritik
4.1 Die Veröffentlichung der „Pentagon Papers“
4.2 A.M. Rosenthal
4.3 Jayson Blair
4.4 „All the news that’s fit to print“ oder „All the news that’s fit to sell“?

5. Neuere Entwicklungen

6. Fazit

Verzeichnis der verwendeten Literatur

1. Hinführung

Für viele gilt die „New York Times“ als die „beste Zeitung der Welt“. Diese Bezeichnung wird nur allzu gern aufgegriffen, oft ohne dies entsprechend zu begründen. Beispielsweise behauptet Fritz Wirth, „daß es in diesem Gewerbe nun schon seit Jahrzehnten keine Diskussion mehr über den eitelsten und anspruchvollsten Superlativ gibt: wer denn die beste Zeitung dieser Welt produziert. Es ist die Zeitung, die unter dem anspruchvollsten und zugleich selbstverständlichsten und damit eigentlich überflüssigsten Motto des gesamten Handwerks hergestellt wird. ‚All the News That’s Fit to Print.’ Die Rede ist von der ‚New York Times’.”[1] Es scheint, als sei eine kritische Bewertung dieser Zeitung nicht notwendig, angesichts ihres exzellenten Rufs, ihrer treuen Leserschaft, ihrer großen Geschichte und ihrer Tradition als ein Zeitungsunternehmen, dass als eines der wenigen noch von einer Familie geführt wird - und dies bereits seit über einem Jahrhundert.

Tatsächlich fällt bei der Suche nach Literatur zum Thema „New York Times“ auf, dass es nur sehr wenige wissenschaftliche Studien gibt, die sich kritisch mit der Zeitung auseinandersetzen. Gute und vor allem umfangreiche Überblicksdarstellungen liefern zwar die Werke von Tifft/Jones und Berger, jedoch muss man hier auch beachten, dass es sich bei den Verfassern quasi um „Hausautoren“ handelt, die Arbeiten daher wenig differenziert sind und negative Aspekte darin keine Beachtung finden. Zudem liegt der Schwerpunkt bei den beiden genannten Werken eindeutig auf der historischen Entwicklung der Zeitung. Eine der wenigen Beiträge, die die Zeitung auch in einem kritischen Licht sehen, ist die Studie „Die veränderte Rolle der New York Times. Einfluß in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft seit Veröffentlichung der Pentagon Papers“ von Stefan Elfenbein.

Elfenbein studierte an der „New York School for Social Research“ und ist heute selbst als Journalist in New York tätig. Ihm fiel auf, dass die New York Times zwar als wichtigster Bestandteil des amerikanischen Mediensystems anzusehen ist, aber in der politischen Literatur des Landes genauso wenig Beachtung fand wie ihre Muttergesellschaft, die „New York Times Company“. Elfenbeins Ziel war eine Studie, die Veränderungen in der Struktur, der Ideologie und der Rolle der Zeitung von den 1960er bis zu den 1990er Jahren aufzeigen sollte.[2] Da seine Ergebnisse den tadellosen Ruf des Blattes teilweise in Frage stellen, bekam er sogar den Rat, „sein Buch besser nicht in den USA zu veröffentlichen, wenn er seine Karriere nicht gefährden wolle. Der Arm der ‚New York Times’ reicht weit.“[3]

Abgesehen von dieser Studie gibt es zahlreiche Aufsätze in Zeitschriften der Medienwissenschaft, die sich - zumeist beruhend auf Inhaltsanalysen - der Untersuchung der Berichterstattung der Zeitung über einzelne Themen oder Länder widmen. Zwar werden hier spezielle wissenschaftliche Fragestellungen erörtert, jedoch handelt es sich kaum um kritische Einschätzungen der Stellung und des Einflusses der New York Times.

In dieser Hausarbeit soll nicht versucht werden, eine spezielle Frage zu Inhalt und Berichterstattung der Zeitung zu beantworten. Hierfür wäre eine systematische Auswertung des Blattes in einem größeren Zeitabschnitt nötig. Da dies aber aufgrund der Verfügbarkeit der New York Times und des zu geringen Zeitumfanges nicht möglich ist, soll es das Ziel dieser Arbeit sein, ein Portrait der Zeitung zu zeichnen. Es soll dabei aber auch versucht werden, Kritik zu üben und den zahlreichen „Lobeshymen“, die auf die New York Times gesungen wurden, keine weitere hinzuzufügen.

2. Geschichte

Die Geschichte der New York Times begann am 18. September 1851, als der republikanische Politiker und Journalist Henry Jarvis Raymond, unterstützt von den Finanziers George Jones und Edward Wesley, die erste Ausgabe der Zeitung herausgab - damals noch mit dem Titel „New-York Daily Times“. Seit 1813 hatte es zwar bereits sieben erfolglose Versuche gegeben, eine Zeitung mit einem solchen Titel in New York zu etablieren, doch die Voraussetzungen für Raymonds Unternehmen waren sehr viel besser. New York war zu diesem Zeitpunkt eine rasant wachsende Metropole. Die zunehmende Bedeutung der Stadt und ein immer größer werdendes lesekundiges Publikum forderten Information und Kommunikation. Das Zeitungsgeschäft wurde zu einem gewinnbringenden Gewerbe. Zudem erkannte Raymond eine Lücke im Zeitungsmarkt der Stadt.

Zu einem großen Teil bestand dieser nämlich aus Zeitungen wie dem „New York Herald“ oder der „New York Sun“, die sehr zu Sensationsnachrichten über Kriminalität und Skandalen neigten, was die konservativen Leser allerdings abschreckte. Andererseits war z.B. der „New York Tribune“ ein seriöses Nachrichtenblatt, aber es verschreckte die oberen Schichten des Publikums, weil sich ihr Herausgeber Horace Greeley stark für soziale Reformen einsetzte. Henry J. Raymond dagegen stellte sich eine Zeitung vor, die auf seriöse Nachrichten setzte, die frei war von allem Skandalösen und radikalen Ideen und die sich an die intelligenten, konservativen Bewohner New Yorks richtete. Mit diesem Konzept sollte er auch Erfolg haben. Schon nach zehn Tagen hatte die Zeitung nach eigenen Angaben Raymonds etwa 10.000 Abonnenten und nach einem Jahr bereits 25.000.

Es dauerte auch nicht lange bis Raymond eine Abendausgabe, eine Sonntagsausgabe und eine Ausgabe für die Westküste der USA gründete. Der Erfolg der Zeitung lag im Wesentlichen in der politischen Aktivität ihres Herausgebers begründet - von seinen Anhängern wurde er sogar als „Pate der Republikanischen Partei“ bezeichnet. Auch wenn Raymond auf eine objektive Berichterstattung größten Wert legte, so war seine Zeitung dennoch so etwas wie ein Parteiorgan der Republikaner, das in seiner Berichterstattung hauptsächlich die Bereiche Wirtschaft, Handel und Wachstum abdeckte. Daraus ergab sich die vorwiegend konservative Leserschaft der Zeitung. In den 1880er Jahren jedoch - Henry J. Raymond war 1869 gestorben und George Jones hatte die Geschäfte übernommen - begann eine Zeit der finanziellen Schwierigkeiten für die New York Times.

Schuld daran war hauptsächlich die - moralisch richtige - Entscheidung von George Jones, im Präsidentschaftswahlkampf von 1884 nicht den skandalumwitterten republikanischen Kandidaten James G. Blaine zu unterstützen, sondern den Demokraten Grover Cleeveland, der die Wahl schließlich auch gewinnen sollte. Prinzipiell wandte sich die Zeitung von der Republikanischen Partei ab, da sie sich durch Korruption und politische Skandale stark verändert hatte. Dies hatte allerdings auch zur Folge, dass große Teile der überwiegend konservativ-republikanischen Leserschaft ihre Abonnements kündigten und wichtige Anzeigenkunden ihre Aufträge zurückzogen. Ein weiterer Grund für den Niedergang der Zeitung war das Versäumnis, die veraltete Drucktechnik zu modernisieren und die Zeitung in ihrer Gestalt zu verändern.

So aber konnte sie kaum mehr mit den Massenblättern von William Randolph Hearst („New York Journal“) oder Joseph Pulitzer („New York World“) konkurrieren. George Jones starb 1891 und mit ihm auch langsam die Zeitung: die Auflage sank bis auf 9.000 Exemplare und der Schuldenberg wuchs stetig. Im August 1896 kam mit der Übernahme der Zeitung durch Adolph Simon Ochs die Rettung. Ochs - Sohn eines deutsch-jüdischen Einwanderers aus dem bayerischen Fürth - stammte aus Tennessee und war nach einer Druckerlehre ins Verlagswesen als Herausgeber der Regionalzeitung „Chattanooga Times“ eingestiegen. Nachdem er diese in der Region zu einigem Ansehen und Erfolg geführt hatte, suchte er in New York nach einem neuen Zeitungsprojekt, das genug Geld abwerfen würde, um seine Schulden zu bezahlen, die er durch Grundstücksspekulationen angehäuft hatte. Mit geliehenen 75.000 Dollar übernahm er schließlich die marode New York Times.

Mit ihm begann die Periode des Aufstiegs der Zeitung, die ihren heutigen Ruf begründete. Noch heute wird die New York Times von seiner Familie geführt, bereits in der vierten Generation. Adolph S. Ochs entwarf ein völlig neues Konzept für die Zeitung. Er setzte auf klare, seriöse Informationen und eine vertrauenswürdige, objektive Berichterstattung. Fiktionale Beiträge wie Kurzgeschichten oder Comic Strips wurden gänzlich gestrichen, dafür führte er einen Teil mit Buchrezensionen ein und zudem das „New York Times Magazine“. Außerdem dehnte er den Teil mit den Leserbriefen aus und druckte auch solche Briefe ab, die nicht der Meinung der Zeitung entsprachen, was damals noch nicht selbstverständlich war. Zudem machte er die Zeitung einfacher zu lesen, indem er neue Drucktechnik einführte und den Platz zwischen den Zeilen vergrößerte. Eine weitere Maßnahme war die Reduktion des Personals. Dies betraf allerdings nicht die Nachrichtenredaktionen, denn die Berichterstattung über Politik und Wirtschaft sollte stark ausgedehnt werden.

Im ersten Jahr unter der Führung von Adolph Ochs wurde auch der Slogan der Zeitung eingeführt, der auch heute noch jede Titelseite ziert: „All the News That’s Fit to Print“. Ochs selbst hatte ihn sich ausgedacht, setzte aber ein Preisgeld von 100 Dollar für denjenigen aus, der einen besseren Slogan finden würde. Tausende Vorschläge wurden eingereicht und es gewann der Spruch „All the Worlds News, but Not a School for Scandal“. Ochs entschied sich jedoch, seinen eigenen Vorschlag beizubehalten. Schon nach einem Jahr hatte Adolph Ochs die Zeitung wieder in die Gewinnzone gebracht. Dieser Erfolg erklärt sich auch durch die Struktur des damaligen Zeitungsmarktes. Anders als die New York Times war die amerikanische Presse am Ende des 19. Jahrhunderts auf einen möglichst großen und undifferenzierten Leserkreis ausgerichtet.

Durch die vielen Einwanderer aus den unterschiedlichsten Ländern war das Publikum sehr heterogen. Die Zeitungsnachrichten gingen deshalb nicht sehr in die Tiefe und man versuchte erst gar nicht eine enger definierte Zielgruppe anzusprechen. Die Berichterstattung war folglich nicht objektiv, sondern richtete sich nach dem Geschmack der Zeit, das bedeutete vor allem die Bevorzugung von Sensationsmeldungen. Adolph Ochs’ Strategie war es dagegen, die New York Times zum wichtigsten Nachrichtenorgan der Reichen und Einflussreichen im aufstrebenden New York aufzubauen. So richtete sich dann auch die Auswahl der Nachrichten über Themen aus Politik und Wirtschaft mit Übersichten zum Finanz- und Immobilienmarkt der Stadt gezielt an die etablierte Geschäftswelt und Investoren von außerhalb.

Und diese dankten es ihm: Schon nach zwei Monaten konnte die New York Times, was die Länge der Anzeigenspalten betraf, mit den anderen Zeitungen konkurrieren. Was jedoch die Auflage anging, so waren die Konkurrenzblätter ihm noch um Längen voraus, obwohl schon am Ende des ersten Jahres wieder ca. 22.000 Exemplare täglich verkauft wurden - anfänglich waren es 9.000. 1898 schien es dann, als würden Hearst und Pulitzer ihn mit ihrer ausgedehnten Berichterstattung über den Spanisch-Amerikanischen Krieg vom Markt drängen, da Ochs nicht die Mittel hatte um mit ihnen mitzuhalten. Er versuchte aber auch gar nicht erst sie mit ihren eigenen Waffen zu schlagen, sondern senkte schlicht den Preis der Zeitung von 3 Cent auf 1 Cent, was ihm auch aufgrund der stark angestiegenen Werbeeinnahmen möglich war. Seine Konkurrenten von der „New York World“ und dem „New York Journal“ verkauften ihre Zeitungen hingegen weiterhin für 2 Cent. Die Auflage der New York Times stieg durch die Preissenkung sprungartig von etwa 25.000 auf 75.000 Exemplare.

Schon damals war die Zeitung zu einer Institution geworden, die den Ton in der Stadt angab. Nach der Jahrhundertwende entwickelte sich die Zeitung mehr und mehr zum Kommunikationsorgan der Oberschicht. Zu dieser gehörte auch eine spezielle Gruppe der Stadtbevölkerung, die sich selbst als „Our Crowd“ bezeichnete. Hierbei handelte es sich um die Gemeinde der reichen und einflussreichen deutsch-jüdischen Einwanderer der Stadt, zu der auch die Familie von Adolph Ochs gehörte. Ihnen war es gelungen, sich schon nach kurzer Zeit in der Stadt zu etablieren und unter ihnen befanden sich einige der führenden Familien des Landes, die geschäftlich und familiär unter sich blieben. Eine Selbstverständlichkeit in dieser Gemeinde war die Lektüre der New York Times, die zu deren wichtigsten Nachrichtenorgan wurde, obwohl Adolph Ochs selbst nie die Zugehörigkeit zu dieser Gruppe sonderlich betonte.

An der Wende zum 20. Jahrhundert aber verlor die deutsch-jüdische Oberschicht an Ansehen. Der Grund dafür war eine neue Einwanderungswelle osteuropäischer - vor allem russischer und polnischer Juden - die in ihrer Heimat verfolgt wurden waren. Anders aber als die deutsch-jüdischen Emigranten waren sie mittellos, ohne Ausbildung, streng religiös und lebten in ihrer neuen Heimat in übervölkerten eigenen Stadtteilen, die gezeichnet waren von Kriminalität, Hunger und Krankheiten. Nicht nur die nicht-jüdische Stadtbevölkerung stand ihnen deshalb eher skeptisch und ablehnend gegenüber, sondern auch die etablierte deutsch-jüdische Oberschicht, da sie durch sie ihr Ansehen gemindert und ihre soziale Stellung in der Gesellschaft bedroht sahen.

Von der Diskriminierung jüdischer Bürger in den USA zur Jahrhundertwende blieb auch die New York Times nicht verschont. Sie wurde als jüdische Zeitung abgestempelt und aus Schutz vor antisemitischen Zuschriften und Reaktionen begann man das „Amerikanische“ der Zeitung bzw. die Stellung des Unternehmens als amerikanische Institution stärker zu betonen. Wie die meisten anderen deutschen Juden zog Ochs es vor, sein Jüdisch-Sein nicht in den Vordergrund zu drängen. Diesen Wunsch, sich der amerikanischen Umgebung anzupassen, wollte Adolph Ochs auch auf seine Zeitung und deren Struktur und Selbstverständnis übertragen sehen. Der daraus resultierende oft auch kontroverse Umgang der Zeitung mit ihrem jüdischen Hintergrund und jüdischen Themen wurde als „Jewish Question“ bezeichnet und beeinflusst noch heute die Ideologie und den Inhalt des Blattes.

[...]


[1] Wirth (1995), S. 349

[2] Vgl. Elfenbein (1996), S. X

[3] Kleff (2001), S. 68

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
The New York Times - All the News That's Fit to Print?
Hochschule
Universität Leipzig  (Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft)
Veranstaltung
Das Mediensystem der Vereinigten Staaten von Amerika
Note
1,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
27
Katalognummer
V66575
ISBN (eBook)
9783638591409
ISBN (Buch)
9783638671514
Dateigröße
569 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
York, Times, News, That, Print, Mediensystem, Vereinigten, Staaten, Amerika
Arbeit zitieren
M.A. Kathleen Deutschmann (Autor:in), 2003, The New York Times - All the News That's Fit to Print?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/66575

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