Wo sind die Toten? Auferstehung, Gericht und ewiges Leben in Jürgen Moltmanns "Das Kommen Gottes"


Seminararbeit, 2006

36 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Was bleibt vom Menschen nach dem Tod?
2.1 Unsterblichkeit der Seele
2.2 Auferstehung des Fleisches
2.3 Göttlicher Lebensgeist als unsterbliche Seele

3. Wo sind die Toten? - Der Weg zum ewigen Leben
3.1 „Purgatorium“ oder „Seelenschlaf“ als mögliche Zwischenstationen zwischen irdischem Tod und allgemeiner Auferstehung
3.2 „Auferstehung im Tod“ oder „Gemeinschaft Christi mit den Lebenden und den Toten“ als persönliche Auferstehung
3.3 Das Jüngste Gericht und sein Ausgang als endgültige Entscheidung üben den Verbleib der Toten

4. Das Leben nach dem Tod
4.1 Schrecken, Hoffnung oder Trost im irdischen Leben

5. Literatur

1. Einleitung

Der Tod markiert die Grenze zwischen dem, was wir noch wahrnehmen können, und dem, was wir nur zu hoffen vermögen. Alles, was jenseits der Todesgrenze liegt, entzieht sich unserer irdischen Wahrnehmung und ist gerade deshalb ein ständiges und bleibendes Thema in der Theologie. Darum möchte ich mich in dieser Arbeit näher mit diesem Thema und besonders mit der Frage „Wo sind die Toten?“, wie sie sich Jürgen Moltmann in seiner Eschatologie „Das Kommen Gottes“ stellt, beschäftigen. Hierzu möchte ich zunächst seine Gedanken vorstellen und abschließend meine eigenen Gedanken dazu formulieren.

Zuerst werde ich mich mit seinen Überlegungen über die Vorraussetzungen zum ewigen Leben beschäftigen. Also damit, was vom Menschen nach seinem irdischen Tod bleibt um sich auf den Weg zum ewigen Leben zu machen. Moltmann nennt hier die zwei Denkmodelle von der Unsterblichkeit der Seele und der Auferstehung des Fleisches, die ich näher betrachten möchte In einem zweiten Abschnitt wird es dann um die Vorstellungen vom Weg selbst, seinen möglichen Stationen und seinem Ziel gehen. Hier werde ich zunächst Moltmanns Gedanken zum Purgatorium und dem Seelenschlaf, als mögliche „Zwischenstationen“ bis zur allgemeinen Auferstehung betrachten und mich dann den Vorstellungen einer individuellen Auferstehung zuwenden. Im dritten Abschnitt meiner Arbeit werde ich mich dann mit dem Ausgang des Gerichts als endgültige Entscheidung über den Verbleib der Toten beschäftigen.

Abschließend werde ich mich dann noch einmal kritisch mit Moltmanns Überlegungen insgesamt auseinandersetzen und diese im Hinblick darauf betrachten, in wie weit sie die Frage nach dem Verbleib der Toten beantworten sowie die Hoffnungen und Befürchtungen, die hiermit verbunden sind, aufnehmen.

2. Was bleibt vom Menschen nach dem Tod?

Nachdem sich Jürgen Moltmann in seiner Eschatologie „Das Kommen Gottes“ im ersten Kapitel mit der „Eschatologie heute“ beschäftigt hat, wendet er sich im zweiten Kapitel der personalen Eschatologie zu. Der erste Paragraph betrachtet hier zunächst den Zusammenhang zwischen dem irdischen Leben und dem Tod sowie der damit verbundenen Frage, ob das Leben alles war. Ausgehend von dieser Frage, die die Menschen immer wieder zum Denken eines Lebens nach dem Tod anregt, geht Moltmann dann im zweiten Paragraph auf die zwei Vorstellungen von der „ Unsterblichkeit der Seele “ und der „ Auferweckung des Fleisches “ ein. Beide Vorstellungen finden sich in der europäischen Geistesgeschichte nebeneinander und vermischen sich in den Gedanken der Menschen genauso wie in den christlichen Glaubensbekenntnissen. Auf Grund dieser Beobachtung möchte Moltmann „zunächst den Unterschied der beiden Vorstellungen herausstellen und danach die Neufassung des Unsterblichkeitsgedankens in der christlichen Auferstehungshoffnung entwickeln.“1

2.1 Unsterblichkeit der Seele

Moltmann gliedert seine Überlegungen zur Unsterblichkeit der Seele in drei Abschnitte, die jeweils ein Denkmodel dieser Grundvorstellung aufgreifen.

Das erste Denkmodel ist das des griechischen Philosophen Plato, der die Seele als „die dem Göttlichen zugewandte Seite des Menschen“2 betrachtet. Während der Körper den Menschen in seinem Streben nach dem Göttlichen nur einschränkt und hindert, kann ihn die Seele zum Göttlichen führen. Sie existiert bereits vor der Geburt des Menschen und kann auch durch den Tod nicht vernichtet werden. Der Tod trennt lediglich die Seele vom Körper und befreit sie somit von ihm. Der Körper an sich ist ein Gefängnis für die Seele. Distanziert sich der Mensch schon im Leben von allem körperlichen und wendet sich der Seele zu, kann er bereits hier das Göttliche finden. Bei Plato wird der Tod zum Fest der Seele und das Ziel des Lebens ist die Leidenschaftslosigkeit als Befreiung von den Affekten des Körpers.

Unklar bleibt bei Moltmanns Darstellung jedoch, wo die menschliche Seele in Platons Modell vor und nach der Lebenszeit des ihr zugedachten Menschen verweilt und ob eine Seele nur einmal an einen Körper gebunden wird oder ob Platons Denkmodel auch eine Seelenwanderung impliziert.

Der zweite Gedankengang, den Moltmann aufgreift, ist der der modernen Metaphysik, die die Seele als „eine feine, ätherische, gottähnliche Substanz im Menschen“3 denkt. Als Repräsentanten dieses Gedankens führt er Johann Gottlieb Fichte an, der von drei verschiedenen Identitäten in jedem Menschen ausgeht - dem „ empirischen Ich “, dem „ moralischen Ich “, das Teil des empirischen ist, und dem „ transzendentalen Ich “. Während das empirische Ich von den Erscheinungen der Welt und des Lebens zerstreut wird, ist das transzendentale Ich in sich selbst unwidersprüchlich und der Ausgangspunkt einer Lebensaufgabe für den Menschen, die darin besteht eine Übereinstimmung zwischen dem empirischen und dem moralischen Ich anzustreben. Das moralische Ich des Menschen als Teil des empirischen Ichs ist der Motor, der den Menschen nach der Erfüllung dieser Aufgabe streben lässt - es ist dem Menschen also unmöglich nicht danach zu streben. Allerdings ist es nicht das Erfüllen dieser Aufgabe selbst, sondern das bloße Streben nach der Erfüllung, das den Menschen unsterblich macht. Nach Moltmanns Schilderungen von Fichtes Denkmodell kann der Tod das Streben nach Übereinstimmung nicht abbrechen, da dies die ewige Annäherung an das Göttliche ist und vollendet werden soll. „Entspricht das empirische Ich dem reinen Ich, dann ist der Mensch mit sich selbst einig. Er ist dann ungreifbar, unverwundbar, unsterblich.“4 Stirbt der Mensch vor der Erfüllung seiner Aufgabe, wird die Übereinstimmung nach dem Tod dadurch erreicht, das das empirische Ich nicht mehr ist und die Verwirrungen des Lebens das Streben nicht mehr einschränken. Jeder Mensch wird also seine Aufgabe irgendwann erfüllen. Daraus lässt sich folgern, dass eine Übereinstimmung schon im Leben das Leben zwar angenehmer macht, weil es ein Leben in dem Wissen um die göttliche Identität ist, nicht aber die Unsterblichkeit garantier, da diese letztlich jedem zuteil wird.

Moltmann betont bei diesem Gedankengang besonders die Aussage Fichtes „Der Mensch soll stets einig mit sich selbst sein.“5 Dies unterscheidet Fichte von Platon und bildet einen Gegenpol zur Forderung der Enthaltsamkeit und Askese in der Stoa.

Nicht Enthaltsamkeit und Abwehr gegen alles Körperliche ist hier Ziel des Menschen, sondern das Streben nach der wahren Identität in der Einheit von Körper und Seele. Als dritten möglichen Gedankengang im Bezug auf die Unsterblichkeit der Seele führt Moltmann den von Ernst Bloch an, der die „materialistische Vorstellung vom noch ungewordenen »Existenzkern«“6 vertritt.

Der Mensch besitzt nach Bloch einen „ exterritorialen Existenzkern “, der nicht nur unsterblich ist, sondern sogar über Leben und Sterben entscheidet. Der Tod kann nur das treffen, was noch nicht sein wahres Wesen erreicht hat. Der Existenzkern selbst als das „ wahre Ich “ des Menschen kann also vom Tod nicht berührt werden, da er sein wahres Sein für eine bessere Zukunft aufbewahrt. Lediglich die verwirklichte Existenz des Menschen, die nach diesem Kern strebt, ihn aber noch nicht erreicht hat kann sterben. Die Lebenseinstellung, die nach Moltmann aus dieser Vorstellung folgt, ist ein Leben, das aus der Hoffnung auf die Zukunft lebt, in der der Existenzkern sich offenbaren wird, sich aber nicht der Gegenwart an sich hingibt, sondern sich lediglich als Experiment versteht. „Mit dieser experimentellen Lebenshaltung lebt man nicht wirklich, gibt man sich nicht aus, liebt man das Leben nicht so, daß mit dem Tod alles aus ist, sondern hält sein Bestes zurück und bewahrt sich auf die Zukunft auf.“7 Eine Hoffnung auf einen noch nicht seienden Schutzkreis lehnt Moltmann also ab, nicht jedoch einen Rückzug, der sich in der alleinigen Hoffnung auf Gott gründet, wenn er sagt „Ich sehe kein non omnis confundar im Rückzug auf den »Schutzkreis des Noch-nicht-Lebendigen«, sondern nur im Entwurf auf Gott: » In te, Domine, speravi « . “ 8

2.2 Auferstehung des Fleisches

Bevor sich Moltmann genauer den Ursprüngen der Vorstellungen von der leiblichen Auferstehung zuwendet, grenzt er diese von der vorher dargestellten Vorstellung der unsterblichen Seele ab. Der Vorstellung von der Unsterblichkeit der Seele als Einsicht, die auf etwas Unsterblichen im Menschen vertraut und den Tod akzeptiert und vorwegnimmt, steht die Auferstehung der Toten als Hoffnung gegenüber, die darauf vertraut, dass Gott die Toten lebendig macht und auf die Überwindung des Todes wartet.

Moltmann betont in diesem Abschnitt wiederholt besonders die Wertschätzung des irdischen Lebens, die sich aus der Vorstellung einer leiblichen Auferstehung ergibt, gegenüber der Verneinung der Affekte im Zusammenhang mit der Vorstellung einer unsterblichen Seele.

Die Auferstehung betrifft nicht nur die Zeit nach dem Tod, sondern auch das Leben selbst. „Was dort nach dem Tod als »Auferweckung der Toten« erhofft wird, heißt hier das in der Liebe gelebte Leben“9 und der Liebe im Leben steht die erhoffte Herrlichkeit im ewigen Leben als Äquivalent gegenüber.

Diese Liebe zum irdischen Leben und die Hoffnung auf die Auferstehung stehen in einer wechselseitigen Beziehung und bedingen sich gegenseitig. Nur wer das Leben liebt, hofft darauf, dass es mit dem Tod nicht ganz zu Ende ist und diese Hoffnung ermöglicht dann wiederum, das Leben trotz des irdischen Todes zu lieben. Die Hoffnung auf die Auferstehung des Fleisches und somit des irdischen Leibes hat dann nicht nur die Liebe zum Leben, sondern auch die Liebe zum irdischen Leib zur Folge, da dieser Teil der Auferstehungshoffnung wird. Moltmann folgert daher „Die Hoffnung auf die »Auferstehung des Fleisches« erlaubt keine Verachtung und Erniedrigung des leiblichen Leben und der sinnlichen Erfahrungen, sondern bejaht sie zutiefst und gibt dem verächtlich gemachten »Fleisch« seine höchste Ehre.“10 Das Leben ist dann kein Experiment, das keinen Zusammenhang mehr zum Leben nach der Auferstehung hat, sondern ein Leben, das bewusst geliebt und gelebt wird, weil es in der Auferstehung verändert, aber nicht beendet wird. Die Bejahung des irdischen Lebens ist für Moltmann also charakteristisch für die Vorstellung von einer Auferstehung des Fleisches.

In einem weiteren Schritt setzt er sich dann auch mit den Ursprüngen dieser Hoffnung in einem geschichtlichen Exkurs auseinander und führt sie bis auf das Alte Testament zurück, in dem die Auferstehungsvorstellungen anderer Religionen integriert wurden.

Aus der Vorstellung einer Auferweckung im Leben in den Exoduserfahrungen, entwickelt sich in der israelitischen Eschatologie die Erwartung auf eine Auferweckung der Toten zum ewigen Leben. In der israelitischen Tradition und auch im Neuen Testament stehen seitdem die Vorstellung, dass diese Auferstehung dem Heil, der Neuschöpfung und der endgültigen Vernichtung des Todes dient, und die Vorstellung, dass die Auferstehung vornehmlich dazu dient, dass die Toten sich verantworten können, unausgeglichen nebeneinander. In beiden Fällen ist die Auferstehung jedoch leiblich gedacht und betrifft den ganzen Menschen.

Basierend auf dem jüdischen Verständnis der Auferstehung als Eintritt in das ewige Leben und nicht als Rückkehr in das sterbliche Leben, sieht Moltmann die Auferstehung Christi als kein historisches, sondern ein eschatologisches Geschehen, das für alle Toten von Bedeutung ist. Allerdings lehnt er die Vorstellung, dass das irdische Leben durch die Auferstehung abgebrochen und in Sinne von einer Datenspeicherung verewigt wird im Hinblick auf gescheiterte und „behinderte“ Leben ab und versteht die Auferstehung, basierend auf den neutestamentlichen Aussagen, als eine „Verwandlung“ und „Verklärung“. „Der Mensch wird bei Gott nicht nur den letzten Augenblick, sondern seine ganze Geschichte wiederfinden, aber als versöhnte, zurechtgebrachte und geheilte und vollendete Geschichte seines Lebens.“11 Die Auferstehung ist damit gleichzeitig auch eine soziale Auferstehung, die aus einem Leben in der irdischen sozialen Gemeinschaft in das Leben in einer neuen sozialen Gemeinschaft führt.

„Ewiges Leben ist die endgültige Heilung dieses Lebens zur vollendeten Ganzheit, zu der es bestimmt ist.“12

2.3 Göttlicher Lebensgeist als unsterbliche Seele

Im christlichen Glaubensverständnis finden sich oft Vorstellungen, die denen von der Unsterblichkeit der Seele ähneln oder entsprechen.

Besonders deutlich wird dies an der Vorstellung des göttlichen Geistes, durch den die Toten auferweckt werden, der sich aber auch bereits im irdischen Leben erfahren lässt. Dieser Geist macht es den Menschen möglich schon im endlichen Leben das ewige Leben zu erfahren und ist deshalb unsterblich. Dieses Paradox gibt Moltmann Anlass zu der Frage ob und unter welchen Bedingungen sich die Vorstellung der unsterblichen Seele in die christliche Auferstehungshoffnung integrieren lässt. Unter der Grundvoraussetzung, dass „jeder theologische Begriff der Seele oder des Ich [...] davon ausgehen [ muss ], daß die Seele kreatürlich, endlich, wandelbar, liebes- und leidensfähig und darin menschlich, nicht göttlich ist.“13 versucht sich Moltmann dann in fünf Punkten diesem göttlichen Geist im Menschen zu nähern.

Die erste Eigenschaft, die er diesem Geist zuweist, ist die der unsterblichen Relation. Gott und die Menschen sind durch die Schöpfung untrennbar miteinander verbunden und stehen in einer wechselseitigen Beziehung. Die Beziehung Gottes zu den Menschen ist der göttliche Geist, der in der Bibel gelegentlich auch als Seele bezeichnet wird und kann durch Tod und Sünde nicht zerstört werden. Lediglich Gott selbst könnte diese Beziehung beenden, wenn er wollte. Die Beziehung des Menschen zu Gott ist der menschliche Geist und beschreibt das Bewusstsein des Menschen seiner Selbst als Geschöpf Gottes. Da die Beziehung des Menschen zu Gott von der Beziehung Gottes zu den Menschen abhängt und diese so lange besteht, wie Gott will, ist die wechselseitige Beziehung zwischen beiden unsterblich (so lange Gott dies will).

Eine zweite mögliche Eigenschaft des göttlichen Geistes ist die der objektiven Unsterblichkeit, die unter anderem von der amerikanischen Prozesstheologie vertreten wird. Alle Dinge des endlichen Lebens sind unveränderbar und bleiben auf Grund der unsterblichen Relation zwischen Mensch und Gott für Gott auch nach dem Tod gegenwärtig. Diese Vorstellung ist für Moltmann zweideutig und besonders, wenn man sie im Sinne eines automatischen Registrierungsvorgangs versteht und nicht die liebevolle und zurechtbringende Liebe Gottes als vermittelnde Instanz hinzufügt, keine hoffnungsvolle Vorstellung.

Eine denkbare dritte Eigenschaft, die der göttliche Geist hat, ist die der dialogischen Beziehung. Diese kennzeichnet sich dadurch, dass Gott so lange er existiert mit den Menschen in einen Dialog treten will und der Mensch ihm gegenüber Verantwortung für sein Handeln übernehmen muss. Der Mensch kann sich zwar weigern sich in diesem Dialog zu äußern, seiner Verantwortung kann er sich jedoch nicht entziehen. Auch der Tod kann der Verantwortlichkeit vor Gott kein Ende setzen. Diese Vorstellung beurteilt Moltmann ebenfalls als zweideutig und wenig tröstlich. Sogar der ewige Tod wäre nach Moltmann für manche da vielleicht eine angenehmere Vorstellung als eine ewige Verantwortlichkeit vor Gott, der sich niemand entziehen kann.

Die vierte Eigenschaft, die der ewigen Gotteskindschaft, beruht auf dem untrennbaren Zusammenhang von Christusbekenntnis und Auferstehungsglauben. Sowohl im Christusbekenntnis als auch im Auferstehungsglauben wird der Geist des Lebens erfahren, der den Menschen bewusst macht, dass sie Kinder Gottes sind.

In einem fünften Punkt versucht Moltmann dann ausgehend von diesen vier möglichen Eigenschaften eine eigene Vorstellung von der Auferstehung und des göttlichen Geistes zu formulieren.

Seine Auferstehungsvorstellung beruht auf der Annahme, dass die Auferstehung zwar den Tod, nicht aber die Vernichtung der Identität der Toten voraussetzt.

Vielmehr wird alles, was den Menschen und seine Identität ausmacht, in der Auferstehung „bewahrt“ und „verwandelt“. Die Ganzheit des Menschen, die aus Körper, Seele, dem menschlichen und dem göttlichen Geist besteht, nennt Moltmann den „ Geist des Menschen “. Während der Körper, die Seele und der menschliche Geist sterblich sind, ist der göttliche Geist das unsterbliche Element in der Gesamteinheit, das den „ Geist des Menschen “ als Ganzes unsterblich macht. Durch den Tod wird eine Metamorphose in Kraft gesetzt, die den „ Geist des Menschen “ zum ewigen Leben verändert. Diese Veränderung ist für Moltmann die Auferstehung, die sich im Tod vollzieht.

Unklar bleibt jedoch, wie der Mensch nach dieser Vorstellung wirklich ganzheitlich auferstehen kann. Wenn nur der göttliche Geist als Teil des „ Geistes des Menschen “ unsterblich ist, liegt es nahe, dass auch nur er nach dem Tod bleibt. Bei der Verwandlung im Tod würden also Körper, Seele und menschlicher Geist verschwinden und lediglich der göttliche Geist bleiben. Ob der Mensch nach einer solchen Transformation dann noch als „ganzheitlich“ bezeichnet werden kann, ist also fraglich. Die von Moltmann entwickelte „Neufassung des Unsterblichkeitsgedankens in der christlichen Auferstehungshoffnung“14, ist zwar eine positivere Vorstellung als die der „ objektiven Unsterblichkeit “ als bloße Speicherung aller Taten und wird ihrem Ziel in dem Sinne gerecht, dass sie ein unsterbliches Element im Menschen ähnlich der unsterblichen Seele denkt, bleibt aber im Bezug auf die „ganzheitliche Auferstehung“, an die die Christen glauben, unpräzise.

[...]


1 Moltmann, Jürgen, Das Kommen Gottes.75.

2 A.a.O. 76.

3 A.a.O. 77.

4 A.a.O. 79-80.

5 A.a.O. 79.

6 A.a.O. 80.

7 A.a.O. 82.

8 Ebd.

9 A.a.O. 83.

10 A.a.O. 83.

11 A.a.O. 88.

12 Ebd.

13 A.a.O. 89.

14 A.a.O. 75.

Ende der Leseprobe aus 36 Seiten

Details

Titel
Wo sind die Toten? Auferstehung, Gericht und ewiges Leben in Jürgen Moltmanns "Das Kommen Gottes"
Hochschule
Universität Paderborn  (Institut für Kulturwissenschaften)
Veranstaltung
Neue und bleibende Fragen der systematischen Theologie
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2006
Seiten
36
Katalognummer
V66562
ISBN (eBook)
9783638591287
Dateigröße
645 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Toten, Auferstehung, Gericht, Leben, Jürgen, Moltmanns, Kommen, Gottes, Neue, Fragen, Theologie
Arbeit zitieren
Maja Lengert (Autor:in), 2006, Wo sind die Toten? Auferstehung, Gericht und ewiges Leben in Jürgen Moltmanns "Das Kommen Gottes", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/66562

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