Lateralität beim Menschen - Evolution, Gesellschaft, Sport


Seminararbeit, 2004

15 Seiten


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Die Evolution der Händigkeit

3. Gesellschaft und Händigkeit

4. Die Gehirnhemisphären

5. Die Händigkeit

6. Die Beinigkeit / Füßigkeit

7. Der contralaterale Transfer

8. Literatur

1. Einleitung

Lateralität ist der Oberbegriff für alle Kennzeichen von Symmetrie und Asymmetrie bei paarig angelegten Organen. Dabei existieren verschiedene Formen und Ausprägungen der Seitigkeit, die mit unterschiedlichen Begrifflichkeiten bezeichnet werden. Einige möchte ich an dieser Stelle kurz vorstellen. Der wohl bekannteste Begriff in diesem Zusammenhang ist der der Seitigkeitsphänomene, welcher die Symmetrie / Asymmetrie in Bezug auf die Erscheinungsformen Händigkeit, Füssigkeit oder Beinigkeit, Drehseitigkeit, Augigkeit, Ohrigkeit und Hirnigkeit (Hemisphärendominanz) umfasst. Des Weiteren wird unter anderem differenziert in funktionelle Seitigkeit, welche die Symmetrie / Asymmetrie in Bezug auf Arm-, Hand- und Fußbewegungen beschreibt sowie in Seitenpräferenz, Seitenkonkordanz und Seitendiskordanz, wobei die letztgenannten Begriffe Seitenübereinstimmung (Rechtshänder gleich Rechtsfüßer) und gekreuzte Seitigkeit (Rechtshänder und Linksfüßer) bedeuten. Schließlich existiert die Form der sensorischen Seitigkeit, auch Wahrnehmungslateralität, die die Symmetrie oder Asymmetrie hinsichtlich des Hören und Sehen beschreibt.

Ich werde mich in der folgenden Arbeit insbesondere mit der Kategorie der Seitigkeitsphänomene auseinandersetzen aber auch auf evolutionäre und gesellschaftliche Aspekte der Seitigkeit beziehungsweise Lateralität eingehen.

2. Die Evolution der Händigkeit

Für die Entstehung des Phänomens Händigkeit beziehungsweise Rechthändigkeit existieren verschiedene Theorien. Eine davon ist die so genannte Kampftheorie. Danach benutzten die Urmenschen ihre rechte Hand zur Waffenführung und schützten mit ihrer linken Hand, mit der später auch das Schild getragen wurde, ihr Herz. Aus dieser Aufgabenteilung der Hände oder Seiten entwickelte sich, nach dieser Erklärungsweise, welche auf Carlyle beziehungsweise Pyre-Smith zurückgeht, die rechte Hand im Laufe der der Zeit als die Gewandtere.

Fundierter sind die Annahmen zur Entstehung der Händigkeit, die auf die Benutzung von Werkzeugen der Urmenschen zurückgehen. Zunächst wird angenommen, dass der frühgeschichtliche Mensch beidhändig war und sich eine Seitenpräferenz erst mit der Fortentwicklung des Menschen, das heißt mit der Erfindung von Werkzeugen und Entwicklung von Handwerken, herausgebildet hat. Blau und Wile nahmen an, dass der Nutzer eines Werkzeuges dieses so verwenden musste, wie es der Hersteller oder Erfinder vorgesehen hatte, also gezwungen war, dessen Seitenpräferenz zu übernehmen. Danach gilt es als sicher, gestützt durch zahlreiche Untersuchungen an derartigen Werkzeugen, dass bei den Menschen der Bronzezeit (3000 bis 1000 v. Chr.) die Rechtshändigkeit vorherrschend war[1].

Weitere Erklärungsversuche sagen zum Beispiel aus, dass sich die rechte Hand als Arbeitshand durchgesetzt hat, da die Mütter schon seit frühester Evolution ihre Kinder mit dem linken Arm, also an den beruhigenden Herzschlag, gehalten haben. Aber auch die primäre Dominanz einer Hirnhälfte, die als vererbbar gilt sowie eher abwegig klingende Theorien wie die Richtung der Erddrehung oder die Sonnenstände werden als Erklärungsversuche ins Feld geführt[2].

3. Gesellschaft und Händigkeit

Linkshänder sahen sich schon seit frühester Zeit einem gesellschaftlichem Druck ausgesetzt, unabhängig von Religion, geographischer Region oder Alter. Mit rechts und links wurden und werden menschliche Charaktereigenschaften verbunden. So glaubten die neuseeländischen und polynesischen Maori, dass rechts die heilige Seite, die der Götter, der Stärke und des Lebens ist, während die linke Seite zum Beispiel für Dämonen, Schwäche oder Tot stand. In Taiwan sind Linkshänder noch heute gesellschaftlich geächtet, so dass dort der Anteil an Linkshändern bei nur einem Prozent liegt, wobei der Durchschnitt an Linkshändern weltweit bei etwa zehn Prozent liegt[3]. Auch in Amerika wurde bis in die 1930er Jahre eine konsequente Umerziehung von Linkshändern verfolgt, was dazu führte, dass zu dieser Zeit ihr Anteil nur noch ca. zwei Prozent betrug[4]. Auch in Deutschland wurde bis in die jüngere Vergangenheit die Praxis verfolgt Linkshänder umzuerziehen. Diese Handlungen, welche oftmals gewaltsam oder unter Zwang durchgeführt wurden, können nachweislich zu schweren psychischen Störungen und Leiden, wie zum Beispiel Gedächtnis-, Konzentrations- und Sprachschwierigkeiten führen.

Am deutlichsten werden die Vorurteile und Ängste gegenüber der linken Seite anhand der Bedeutungen, die die Worte „Rechts“ und „Links“ in den verschiedenen Sprachen und Kulturen der Erde innehaben. So bezeichnet das deutsche Wort linkisch ebenso eine negative Eigenschaft wie das englische Wort sinister, was sowohl linkshändig aber auch unglücksbringend, finster und böse bedeuten kann. Und das französische Wort für links, gauche, wird ebenfalls häufig in der Bedeutung ungeschickt gebraucht. Andere Bezeichnungen, die das Wort „links“ bezeichnen sind „übel“ oder „unehrlich“. Natürlich lassen sich auch in zahlreichen anderen Sprachen Beispiele für diese „Rechtsdrehung“[5] zeigen. So bedeutet das russische Wort „navelo“ nicht nur links, sondern auch falsch und verstohlen. Ein interessantes Exempel findet sich im spanischen, wo das Wort für links „zurdo“ heißt und in der Phrase „no ser zurdo“ vorkommt. Umgangssprachlich steht diese Floskel für „gescheit sein“, wörtlich übersetzt heißt es jedoch „nicht linkshändig sein“[6].

[...]


[1] Vgl. K. Fischer 1988, S. 23

[2] Vgl. K. Fischer 1988, S. 21

[3] Vgl. Microsoft Encarta Enzyklopädie Professional 2004

[4] H. Oberbeck 1989, S. 11

[5] Vgl. C. Sagan in H. Oberbeck 1989, S. 14

[6] Vgl. H. Oberbeck 1989, S. 15

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Lateralität beim Menschen - Evolution, Gesellschaft, Sport
Hochschule
Universität Leipzig  (Allgemeine Bewegungs- und Trainingswissenschaft)
Veranstaltung
Theorie und Praxis von sportlichen Bewegungen ohne Bindung an eine Sportart II
Autor
Jahr
2004
Seiten
15
Katalognummer
V66275
ISBN (eBook)
9783638589383
ISBN (Buch)
9783656812265
Dateigröße
571 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Lateralität, Menschen, Evolution, Gesellschaft, Sport, Theorie, Praxis, Bewegungen, Bindung, Sportart
Arbeit zitieren
Andreas Fischer (Autor:in), 2004, Lateralität beim Menschen - Evolution, Gesellschaft, Sport, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/66275

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