Die Sozialbeziehungen von Kalifornischen Seelöwen (Zalophus californius californius) und Seehunden (Phoca vitulina) in der Gemeinschaftshaltung des Tiergartens Nürnberg


Examensarbeit, 2006

141 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

DANKSAGUNG

KURZE ZUSAMMENFASSUNG

1. EINLEITUNG

2. THEORIE
2.1 HALTUNGSBEDINGUNGEN UND TIERE
2.1.1 Der Aqua Park im Tiergarten Nürnberg
2.1.2 Das Gehege der Seelöwen und Seehunde
2.1.3 Pinnipeden
2.1.3.1 Der Kalifornische Seelöwe (Zalophus californianus californianus)
2.1.3.2 Der Gemeine Seehund (Phoca vitulina)
2.2 VERHALTENSBIOLOGISCHE GRUNDLAGEN

3. TIERE, MATERIAL UND METHODEN
3.1 VORSTELLUNG DER BEOBACHTUNGSTIERE
3.2 DATENERFASSUNG UND AUSWERTUNG
3.2.1 Erläuterungen zur Vorgehensweise
3.2.2 Beobachtungsmethoden
3.2.3 Situation während den Beobachtungssitzungen
3.2.4 Untersuchungen zur Frage nach den sozialen Interaktionen
3.2.5 Untersuchung zur Nutzung des Geheges
3.2.6 Auswertung der protokollierten ethologischen Daten
3.2.7 Statistische Auswertung der ethologischen Daten

4. ERGEBNISSE
4.1 SOZIOGRAMME
4.2 ERGEBNISSE AUS DEN STATISTISCHEN VERGLEICHEN
4.2.1 Ergebnisse aus den Analysen zur Bearbeitung der Hypothese 1
4.2.1.1 Ergebnisse der Seelöwen
4.2.1.2 Ergebnisse der Seehunde
4.2.2 Zusammenfassung
4.2.3 Ergebnisse zu den Untersuchungen der Hypothese 2 zur Raumnutzung

5. DISKUSSION
5.1 DAS SOZIALVERHALTEN DER KALIFORNISCHEN SEELÖWEN WÄHREND DES BEOBACHTUNGSZEITRAUMES
5.2 DAS SOZIALVERHALTEN DER GEMEINEN SEEHUNDE WÄHREND DES BEOBACHTUNGSZEITRAUMES
5.3 SOZIALBEZIEHUNGEN ZWISCHEN SEEHUNDEN UND SEELÖWEN
5.4 RAUMNUTZUNG

6. ZUSAMMENFASSUNG

7. QUELLENVERZEICHNIS
7.1 LITERATURVERZEICHNIS
7.2 INTERNETADRESSEN VERZEICHNIS
7.3 PERSONENVERZEICHNIS
7.4 ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Danksagung

Erfolg geht in den wenigsten Fällen allein auf die individuelle Stärke und Ausdauer einer einzelnen Person zurück. In den meisten Fällen ist sie das Ergebnis aus der Summe vieler unterstützender Helfer im Hintergrund. Viel zu selten hat man Gelegenheit sich dessen bewusst zu werden und sich bei diesen Menschen zu bedanken. Glücklicherweise eröffnet einem die Schreibkultur von wissenschaftlichen Arbeiten an dieser Stelle eine hochoffizielle Möglichkeit, all diese wichtigen Personen zu nennen und sich auf das Herzlichste für vielerlei unterschiedliche Unterstützung zu bedanken.

Zuerst danke ich natürlich dem Tiergarten Nürnberg für die Möglichkeit, Verhaltensstudien an den Seelöwen und Seehunden durchzuführen, speziell bedanke ich mich an dieser Stelle bei den Tierpflegern für die Auskünfte und die unvergesslich schönen Erlebnisse im Delfinarium!

Ganz herzlich bedanke ich mich auch bei Herrn Priv.-Doz. Dr. Udo Gansloßer, der sich spontan dazu bereit erklärte, meine Arbeit zu betreuen, mir immer mit Rat und Tat zur Seite stand und mich mit Literatur versorgte.

Dr. Lorenzo von Fersen danke ich für die anfängliche Einweisung und Literaturleihgaben sowie Herrn Prof. Dr. Volker Storch für die schnelle Unterstützung und Hilfe bei der kurzfristigen Themenänderung.

Des weiteren richte ich meinen herzlichsten Dank selbstverständlich auch an meine Familie, für die Geduld, den Zuspruch und die unermüdliche Unterstützung.

Weil Geist uns ja erst Freude macht, sobald er zu Papier gebracht.

EUGEN ROTH

Kurze Zusammenfassung

Einführung

Seit dem Spätsommer 2005 leben im Aqua Park, einer Wassergehegeanlage des Nürnberger Tiergartens, Kalifornische Seelöwen (Zalophus californius californius) gemeinsam mit Gemeinen Seehunden (Phoca vitulina). Diese Vergesellschaftung bietet eine der seltenen Möglichkeiten, das Verhalten der beiden sozial lebenden Arten nicht nur auf Sozialbeziehungen innerhalb der Art hin zu untersuchen, sondern auch in Bezug auf zwischenartliche soziale Kontakten.

Kalifornische Seelöwen sind polygam, d.h. sie bilden Haremsverbände, die von erwachsenen Männchen dominiert werden. Gemeine Seehunde schwimmen in der Regel einzeln, tummeln sich aber an Land zumeist in kleineren Gruppen, die allerdings keine festen sozialen Beziehungen haben.

Obwohl eine Zoohaltung den Tieren in keiner Weise Lebensbedingungen bieten kann, die vollständig denen in Freiheit entsprechen, können Studienüber das Verhalten von Tieren in Gefangenschaft durchaus Aufschlussüber Verhaltensspektren geben, die auch in freier Wildbahn auftreten. In dem Seelöwen-Seehundgehege des Aqua Parks leben derzeit neun erwachsene Seelöwen: Der Bulle Patrick und acht Weibchen von denen drei zur Zeit der Beobachtung Jungtiere hatten. Die Seehundfamilie ist wesentlich kleiner, sie besteht nur aus dem jungen Geschwisterpaar Finchen und Nele.

Fragestellung:

Folgende Hypothesen wurden aufgestellt und auf ihre Richtigkeit hin untersucht:

1.) Nullhypothese: Die Tiere haben untereinander gleich stark ausgeprägte soziale Kontakte.

Alternativhypothese: Es zeigen sich deutliche Unterschiede in der Intensität der sozialen Kontakte zwischen den Tieren.

2.) Nullhypothese: Die Tiere nutzen das ihnen zu Verfügung stehende Gehege gleichmäßig.

Alternativhypothese: Die Tiere nutzen das ihnen zu Verfügung stehende Gehege nicht gleichmäßig.

1. Einleitung

Meeressäuger sind, wie der Name schon sagt, an das ständige oder, wie bei den Pinnipeden, an das zeitweilige Leben im Wasser angepasst. Der Aufenthalt in ihrem flüssigen Lebensraum beschert den Tieren ein vergleichsweise „leichteres“ Leben, da ihnen das umgebende Wasser nach dem Prinzip des Archimedes einen großen Teil ihres Körpergewichtes abnimmt (GEWALT, 1993). Die aus dieser Kraftersparnis freigesetzten Reserven können für das meeressäugertypische Spielen und Herumtollen genutzt werden. Für den Menschen, der sich im Wasser nur begrenzt vergnügen kann, scheinen Meeressäuger eine besondere Anziehungskraft zu haben. Ob Delfinarien, Ozeanarien oder Robbarien, diese Anlagen werden immer wieder gerne besucht, um die grazilen Schwimmer aus der Nähe beobachten zu können.

Aus diesem Grund ist es um so wichtiger das Interesse der Zoobesucher zu nutzen, um ihnen die Biologie und Bedürfnisse der Tiere näher zu bringen, denn der Mensch neigt leider dazu, nur das zu schützen, was er kennt und liebt. Und schützen muss man heutzutage leider einen Großteil der beliebten Wasserbewohner, so ist der Seehund beispielsweise die in Deutschland häufigste Meeressäugerart, dennoch wird er auf der Roten Liste Deutschlands als „gefährdet“ eingestuft (http://wwf.zweipol.net/index.php Stichwort >Seehund<). Eine Tatsacheüber die sich nur wenige Zoobesucher im Klaren sind.

Bis zum Sommer des letzten Jahres bewohnten nur Kalifornische Seelöwen die neue Anlage im Aqua Park des Tiergartens Nürnberg und nicht selten standen begeisterte Besucher vor den stattlichen Meeressäugern, ohne recht zu wissen, ob es sich bei den Tieren um Seehunde, Seelöwen, Seebären oder gar Walrosse handelte. Auf der sicheren Seite war der unentschiedene Besucher, wenn er sich darauf festlegte, dass es sich um Robben handeln müsse, denn diese allgemeine, sich auf die Fortbewegungsart an Land beziehende Bezeichnung kann durchaus auf alle oben genannten Arten angewendet werden. Doch bei genauerer Betrachtung ist Robbe eben nicht gleich Robbe.

Der Tiergarten Nürnberg entschied sich daher dem rein theoretischen Erklären des Unterschieds zwischen Hundsrobben und Ohrenrobben bei den kommentierten Fütterungen ein Ende zu setzen und den Besuchern die Möglichkeit zu geben, ganz alleine, am lebenden Objekt, die Unterschiede zwischen Seehunden und Seelöwen zu erkennen.

Im Spätsommer des Jahres 2005 zogen also die beiden jungen Seehundweibchen Finchen (geboren am 24.06.2004) und Nele (geboren am 05.07.2003) aus dem Zoo Bremerhaven in das Gehege der Kalifornischen Seelöwen ein. Somit entstand eine der seltenen Gemeinschaftshaltungen von Meeressäugern, die für vielerlei verhaltensbiologische Untersuchungen Möglichkeiten zur Beobachtung bieten (Gespräch mit Lorenzo von Fersen und Pfleger Daniel Zieger, 2006). Ebenfalls zu diesen interessanten Lebensgemeinschaften im Zoo zählt das Delfinarium des Tiergartens Nürnberg, in dem Kalifornische Seelöwen zusammen mit Großen Tümmlern (Tursiops truncatus) leben.

Zu den Sozialbeziehungen dieser beiden Arten gab es bereits in den Jahren 2001 und 2002 Fach- bzw. Diplomarbeiten (SENING, 2001 und ECKHARDT, 2002), in denen das durchaus freundschaftliche Verhältnis von Delfinen und Seelöwen dargestellt wurde. Als ursprüngliches Thema meiner Examensarbeit waren ebenfalls Untersuchungen im Delfinarium geplant. Auf Grund von unvorhersehbaren, paarungszeitbedingten Problemen mit dem dort lebenden Seelöwenbullen musste das Thema jedoch kurzfristig abgeändert werden, da die Seelöwen sicherheitshalber von den ebenfalls im Delfinarium lebenden Großen Tümmlern getrennt wurden und damit die Voraussetzungen für meine Arbeit nicht mehr gegeben waren.

Aus diesem Grund musste für die Durchführung dieser Examensarbeit auf die andere Gemeinschaftshaltung von Seelöwen im Aqua Park ausgewichen werden, doch auch die neuen Tiere weckten schnell mein ganzes Interesse und nach dem ersten kurzen Schreckenüber die Themenänderung legte sich die Enttäuschung, nicht im Delfinarium schreiben zu dürfen.

Schließlich ergaben sich auf diese Weise ganz neue Einsichten in Bezug auf das sehr unterschiedliche Verhalten zweier Arten, die jedoch zu einer Ordnung gehören: Die lauten, agilen Seelöwen gegenüber den ruhigen - und wie eine junge Zoobesucherin feststellte - spionähnlichen Seehunden.

In Anlehnung an die vorangegangenen Arbeiten im Delfinarium eröffnete sich bei den Tieren im Aqua Park, die erst seit kurzer Zeit gemeinsam leben, ebenfalls die Möglichkeit zur Untersuchung der sozialen Beziehungen zwischen den Individuen. Um herauszufinden, ob und wie sich die beiden Tierarten etwa ein Jahr nach ihrer Zusammenführung aneinander gewöhnt haben, wurde die vorliegende Examensarbeit durchgeführt. Ihr Ziel liegt unter anderem darin, Verhaltensweisen der Beobachtungstiere, die in Zusammenhang mit den sozialen Interaktionen und Beziehungen in dieser heterogenen Gruppe stehen, zu beschreiben und zu quantifizieren, um sie für den Umgang mit den Tieren in dieser Gemeinschaftshaltung des Nürnberger Tiergartens nutzbar zu machen und darzulegen. Dabei wurden nur optisch erfassbare Verhaltensweisen berücksichtigt, akustische Kommunikation wurde weder gemessen, noch bewertet, da die Lautäußerungen von Seelöwen sehr komplex und noch relativ unerforscht sind und eine Bearbeitung ohne entsprechende technische Ausrüstung unmöglich wäre.

Neben den Untersuchungen der Sozialbeziehungen ergaben sich aus den Vorbeobachtungen zusätzlich Hinweise auf eine uneinheitliche Ausnutzung des zur Verfügung stehenden Raumes von Seehunden und Seelöwen, so dass die Gehegenutzung ebenfalls in den Fokus der Beobachtung rückte. Auf diese Weise ergaben sich letztlich zwei Hypothesen, die dieser Arbeit zugrunde liegen.

Die formulierten Hypothesen lauten wie folgt:

3.) Nullhypothese: Die Tiere haben untereinander gleich stark ausgeprägte soziale Kontakte.

Alternativhypothese: Es zeigen sich deutliche Unterschiede in der Intensität der sozialen Kontakte zwischen den Tieren.

4.) Nullhypothese: Die Tiere nutzen das ihnen zu Verfügung stehende Gehege gleichmäßig.

Alternativhypothese: Die Tiere nutzen das ihnen zu Verfügung stehende Gehege nicht gleichmäßig.

2. Theorie

2.1 Haltungsbedingungen und Tiere

2.1.1 Der Aqua Park im Tiergarten Nürnberg

Der Aqua Park des Nürnberger Tiergartens wurde am 6. April 2001 eröffnet. Hinter dem vielversprechenden Namen verbirgt sich eine neu gestaltete Wasseranlage, in der Tiere zu Hause sind, die sowohl an das Leben an Land, als auch im Wasser angepasst sind. Hier leben Biber q, Otter p, Pinguine o, Seelöwen und Seehunde n sowie Eisbären r in naturähnlich gestalteten Gehegen.

Abb. 1 Grundriss des Aqua Parks im Tiergarten Nürnberg (aus Info-Prospekt Tiergarten Nürnberg 2005)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Um den Besuchern die Tiere und ihre Biologie näher zu bringen finden mehrmals täglich kommentierte Fütterungen statt, in denen die Pfleger zahlreiche Informationenüber die Lebensweise der jeweiligen Arten geben.

Mit den Seelöwen und Seehunden findet dabei gleichzeitig eine kleine Vorstellung statt, in denen die Tiere kleine Kunststücke zeigen, so z.B. das Winken mit den Flippern, Brüllen auf Kommando, oder einen Handstand machen. Neben dem unterhaltenden Effekt für die Zuschauer dient dieses Training vor allem der Beschäftigung und Zerstreuung der Tiere, die in freier Natur hauptsächlich damit beschäftigt sind, Nahrung zu suchen. Im Tiergarten bekommen die Tiere ihr Fressen fast direkt ins Maul geworfen, so dass die ursprüngliche Tagesaktivität fehlt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2 Training mit den beiden Seehunden (a): Die Tiere sollen mit der Nase die Spitze des Target, den verlängerten Arm des Pflegers berühren. In (b) reicht ein Seelöwe dem Pfleger auf ein Zeichen hin die rechte Vorderflosse. (Bilder: Kurz 2006)

Um Langeweile, körperlicher und geistiger Lethargie oder stereotypen Beschäftigungen vorzubeugen, trainiert man mit den Tieren und sorgt so für tägliche Abwechslung. Die Tierpfleger beschränken sich dabei auf die Bestärkung und Förderung bestimmter Verhaltensweisen durch Belohnung (Positiv-Dressur). Zeigt ein Tier ein gewünschtes Verhalten, z.B. einen Sprung, bekommt es dafür einen Fisch als Belohnung, häufig verbunden mit einem Pfiff aus der Pfeife des Trainers (vgl. Abb. 2 (a)). Bei mehrmaliger Wiederholung merkt sich das Tier, nach welcher Handlung eine Belohnung folgt und kann auf diese Weise immer wieder neu dazu motiviert werden, die entsprechenden Verhaltensweisen zu zeigen (SEAWORLD TEACHER-GUIDES 2000, Gespräche mit den Pflegern 2006). Dabei wird selbstverständlich nichts unnatürliches von den Tieren gefordert, mit den Flippern zu winken, eine Drehung zu machen, oder aus dem Wasser heraus zu springen kommt in ähnlicher Weise auch ohne Training vor.

Neben dem unterhaltenden Effekt für die Besucher dienen dieübungen aber auch zur Vorbereitung auf tierärztliche Untersuchungen. Sowohl die Seehunde, als auch die Seelöwen werden darauf trainiert, auf Kommando das Maul zu öffnen und sich an Bauch, Fluke oder Flipper berühren zu lassen (Gespräch mit Pfleger Daniel Zieger 2006).

Abb. 3 Da die Tiere daran gewöhnt sind, von den Pflegern berührt zu werden, ist es kein Problem mit einem kleinen Spatel eine Hautprobe zu nehmen, die im Labor untersucht werden kann. (Bild: Kurz 2006)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Auf diese Weise konnte beispielsweise festgestellt werden, dass die beiden Seehundweibchen nach dem Wechsel vom Zoo Bremerhaven in den Nürnberger Tiergarten Hautirritationen zeigten, die vermutlich durch die Veränderung der Wasserqualität von Salz- zu Süßwasser hervorgerufen wurden. Eine Behandlung mit Rivanol-Lösung sollte Abhilfe schaffen, eine Prozedur, die sich die beiden problemlos gefallen ließen.

2.1.2 Das Gehege der Seelöwen und Seehunde

Im Vergleich zu den alten Anlagen, die aufgrund ihrer schlechten Bausubstanz erneuert werden mussten, zeichnen sich die neuen Lebensräume vor allem durch ein größeres Platzangebot aus. Mit einer Wasserfläche von ca. 911m² bei einer maximalen Tiefe von 3,5m, einem Wasservolumen von rund 2,3 Millionen Litern und einer Landfläche von knapp 500m² Größe gehört die Anlage der Seelöwen und Seehunde zu den größten in Europa (www.tiergarten.nuernberg.de).

Die großzügige Gestaltung ermöglicht die Haltung von relativ großen Gruppen, ohne dass die Tiere in ihren Rückzugsmöglichkeiten vor den Besuchern eingeschränkt werden.

Für die Beobachtungen wurde der gesamte zur Verfügung stehende Besucherbereich ausgenutzt, so dass sämtliche Ecken der Anlageüberblickt werden konnten.

Das Innengehege ist den Besuchern nicht zugänglich, hier befinden sich die Tiere allerdings auch nur im Krankheitsfall oder nach der Geburt mit den Jungtieren, damit die Kleinen in den ersten 1-2 Wochen, wenn ihr Fell noch nicht wasserdicht ist, nicht versehentlich ins Wasser fallen.

Abb. 4 Die Außenanlage der Seelöwen und Seehunde. (Bild: Kurz 2006)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5 Gehegeplan der Seelöwen - Seehunde-Anlage (Plan-Grundlage aus der Sammlung der Tiergartenverwaltung, ergänzt und coloriert von Kurz 2006)

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Abb. 6 Das Innengehege der Seelöwenanlage (Bild: Kurz 2006)

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2.1.3 Pinnipeden

Zur Ordnung der Pinnipedia gehören drei Familien, die Ohrenrobben (Otariidae), die Walrösser (Odobenidae) und die Hundsrobben (Phocidae).

Abb. 7 Die drei Familien der Pinnipeden (Bild aus BONNER, 1999)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Pinnipeden sind, wie der deutsche Name schon sagt (Wasser-)Raubtiere, deren Gebiss aus gleichgestalteten Praemolares und Molares (STRESEMANN, 1995), Canini und Incisivi aufgebaut ist, jedoch weniger dem Zerkleinern als dem Festhalten der Nahrung dient. Die typische Zahnformel für Mitglieder der Unter-Familie Phocinae = 34 (STRESEMANN, 315−6 1995; KING 1983; BURNS, 1981), die von 215−6 = 34−38 (ODELL, 1981), wobei die Incisivi stark ausgebildet sind und bei Männchen größer werden können als bei Weibchen (KING 1983).

Pinnipeden haben einen spindelförmigen Körper und eine kräftige Muskulatur, was sie zu hervorragenden Schwimmern macht. Dennoch bleiben alle Pinnipeden ihr Leben lang vom Festland (Eis, Inseln und Küsten) abhängig, hier vollzieht sich Geburt und Aufzucht der Jungen und auch die häufig eingelegten Ruhepausen finden auf sicherem Land statt.

Für das Leben in zwei Habitaten bedurfte es besonderer Anpassungen. Zum einen zählen hierzu die zwei Fortbewegungsmethoden im Wasser und an Land, zum anderen sind hier aber auch die Sinnesorgane hervorzuheben. Die großen Augen der Pinnipeden lassen vermuten, dass für Robben das Sehvermögen für die Wahrnehmung ihrer Umwelt eine wichtige Rolle spielt. Während die meisten landlebenden Säuger unter Wasser schlecht sehen, verfügen alle Vertreter der Wasserraubtiere (wie auch der Cetaceen)über eine recht große, kugelförmige Linse, die im Dämmerlicht unter Wasser, bei offener Pupille ein scharfes Bild erzeugt. Dieser Effekt verstärkt sich durch ein ausgebildetes Tapetum lucidum, welches durch Lichtreflektion für eine bessere Nutzung des spärlich vorhandenen Lichtes sorgt. An Land sind Robben allerdings kurzsichtig, nur im grellen Sonnenlicht verbessert sich das Sehvermögen etwas, wenn sich die Pupillen zu schmalen Schlitzen verengen. Vor Staub und Dreck wird das empfindliche Auge geschützt, indem kontinuierlich Tränenflüssigkeit aus den Tränendrüsen abgegeben werden (POPE, 2003). Tränenkanäle, die bei anderen Säugern dem Abfließen der Sekrete dienen, fehlen den Pinnipeden (MACDONALD et al., 2001; WESTHEIDE et al., 2003).

Abb. 8 Unter Wasser sind die Augen der Pinnipeden weit geöffnet, so dass sie kreisrund erscheinen. Nase, Ohren und Mund sind fest verschlossen. (Bild aus MACDONALD et al., 2001)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Auch die Ohren der Wasserraubtiere sind an die Funktion unter Wasser angepasst. Während Landsäuger Geräusche unter Wasser nur durchübertragung der Schädelknochen wahrnehmen, wodurch es zu Verzerrungen und Orientierungsschwächen kommen kann, sind die knöchernen Verbindungen zwischen Ohr und Schädel der Pinnipeden bis auf eine kleine Brücke abgetrennt, so dass Schallwellen nichtüber die Hirnschale empfangen oder weitergeleitet werden. Durch weitere Modifikationen des Innenohres ist ihnen sogar ein hervorragendes Richtungshören unter Wasser möglich, obwohl der äußere Gehörgang beim Tauchen aktiv durch umgewandelte äußere Ohrmuskeln verschlossen wird (WESTHEIDE et al., 2003; MACDONALD et al., 2001). Der gut ausgeprägte Hörsinn, der selbst hohe Frequenzen erfasst, sowie rhythmische Klicklaute in der Lautsprache einiger Arten haben zu der Annahme geführt, dass Robben und Walrosse ähnlich den Walen Echoortung als zusätzliche Wahrnehmungsmöglichkeit nutzen. Nähere Untersuchungen hierzu und eine abschließende Klärung liegen jedoch noch nicht vor (MACDONALD et al., 2001; WESTHEIDE et al., 2003).

Weitere, äußerlich gut erkennbare Sinnesorgane sind die Schnurrhaare (Vibrissen), welche horizontal aufgerichtet auf der Oberlippe links und rechts der Nase wachsen (vgl. Abb. 9). Jede Haarwurzel ist von zahlreichen (bei Ohrenrobben teilweise mehr als 1000 (CARWARDINE, 2006)) sensiblen Nervenendigungen umgeben, wodurch die Schnurrhaare zu hochempfindlichen Sinnesorganen werden, die selbst zarteste Berührungen oder Wasserbewegungen wahrnehmen können. Auch bei der Kommunikation werden sie z.B. zum Signalisieren von Droh- oder Abwehrverhalten eingesetzt (MACDONALD et al., 2001).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 9 Seelöwen Kopf (Bild: Kurz 2006)

Im Verhältnis zum Seh- und Hörvermögen ist der Geruchsinn relativ schlecht ausgeprägt und kommt beim Abtauchen gar nicht zum Einsatz, da hier die Nasenlöcher der Tiere fest verschlossen werden. Im sozialen Leben allerdings nutzen die Männchen ihre Nasen, um paarungsbereite Weibchen zu finden und in der Mutter-Kind-Beziehung spielt der individuelle Geruch bei einigen Arten eine wichtige Rolle in der Familienerkennung.

Um ein Auskühlen im kalten Wasser zu vermeiden verfügen Pinnipedenüber Schutzmechanismen gegen erhöhten Wärmeverlust: Dabei bietet zunächst der stromlinienförmige, in der Regel recht große Körper, eine verhältnismäßig geringe Körperoberfläche, was den Wärmeverlust in Grenzen hält. Des Weiteren ist das Fell der Tiere in besonderer Weise zusammengesetzt. Es ist aus feinen Haarbüscheln aufgebaut, die von einem Paar fettproduzierenden Haarbalgdrüsen begleitet werden, durch deren öliges Sekret das Fell wasserabweisend wird. Pelzrobben verfügen dabei zusätzlichüber eine dichte Unterwolle, diese ist bei Seelöwen und Hundsrobben allerdings nicht ausgebildet, weshalb sich Seelöwen zum Wärmen häufig dicht aneinanderdrücken (DEIMER, 1987). Da bei Tauchtiefen von mehreren Metern ein wasserdichtes Fell als Schutzvorrichtung alleine noch nicht genügt, wärmt die Robben zusätzlich eine dicke Fettschicht unter der Haut, der so genannte Blubber, der bei Hundsrobben noch dicker werden kann als bei Seelöwen.

Die ungeschützten Fluken der Robben werden in kalten Regionen weniger durchblutet und dadurch vor Wärmeverlust bewahrt. Durch eine Verengung von speziellen Anastomosen zwischen den Arteriolen und Venolen wird der Blutdurchfluss verringert, ohne die Hinterflossen jedoch der Gefahr des Erfrierens auszusetzen. Im Gegenzug kann dieses System beiüberhitzung auch der Abkühlung dienen, in dem die Blutzirkulation erhöht wird und somit Wärme abgegeben werden kann. Durch aktives Spreizen oder Zusammenklappen der Hinterflosse kann diese Wärmetauscherfunktion individuell verstärkt oder gehemmt werden. Bei Hundsrobben - bei Seelöwen weniger - erstreckt sich dieses Netzwerk zusätzlichüber den ganzen Körper zwischen dem Blubber und der schwach behaarten Haut.

Weitere besondere Anpassungen betreffen Bau und Leistung der Organe in Bezug auf die Anforderungen des Tauchens. Für einige Robbenarten sind dabei erstaunliche Tauchtiefen von mehreren hundert Metern, bei männlichen See- Elefanten sogar bis zu 1500m gemessen worden (WESTHEIDE et al., 2003). Seelöwen und Seehunde suchen ihre Nahrung in der Regel jedoch in geringeren Tiefen, dabei jagen sie Fische (darunter Anchovis, Plattfische, Heringe, Pazifischer Seehecht, Rotbarsch usw.) und Kalmare (MACDONALD et al., 2001).

Zu den physiologischen Fakten des Tauchens zählen unter Anderem der Verschluss von Nase und tieferen Atemwegen, Anpassungen an enorme Druckschwankungen, beispielsweise des Ohres, eine vermehrte Blutmenge (etwa doppelt so viel wie Landsäuger) sowie eine durch erhöhte Hb-Werte bedingte enorme Sauerstoffkapazität des Blutes, auf deren Einzelheiten in dieser Arbeit jedoch nicht weiter eingegangen werden soll (WESTHEIDE et al., 2003; DEIMER, 1987).

2.1.3.1 Der Kalifornische Seelöwe (Zalophus californianus californianus)

Systematische Einordnung

Abb. 10 Verbreitung des Kalifornischen Seelöwen (nach BONNER, 1999)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Vom Kalifornischen Seelöwen sind drei Unterarten bekannt, der Galapagosseelöwe (Z. c. wollebaeki) lebt auf den Galapagos-Inseln und in einer kleinen Kolonie vor der Küste Ecuadors, der Japanische Seelöwe (Z. c. japonicus) ist vermutlich ausgestorben (MACDONALD et al., 2001) und bei der in Nürnberg gehaltenen Art handelt es sich um die dritte Unterart, den Eigentlichen Kalifornischen Seelöwen (Z. c. californianus).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 11 Systematik des Kalifornischen Seelöwen (nach DEIMER, 1987)

Allgemeine Beschreibung

Seelöwen und Pelzrobben gehören zusammen zu der Familie der Ohrenrobben (Otariidae). Der auffälligste Unterschied zu der Familie Phocidae (Hundsrobben) sind die kleinen knorpeligen äußeren Ohrmuscheln (vgl. Abb. 9) und die Fähigkeit, die Hinterflossen durch Beugung des Sprunggelenks unter dem Körper aufzusetzen, wodurch Ohrenrobben in der Lage sind sich in der typisch „humpelnden“, aber durchaus schnellen Weise an Land fortzubewegen. Hand- und Fußsohlen der Ohrenrobben sind haarlos. Im Wasser nutzen Ohrenrobben die Vorderflossen um Vortrieb zu erzeugen, während die Hinterflossen, ebenfalls im Gegensatz zu den Hundsrobben, keine aktive Rolle spielen (MACDONALD et al., 2001). Der Erzeugung des Vortriebs durch die vorderen Flossen (vgl. Abb. 18) dient unterstützend die stark bemuskelte und bewegliche Halsregion (vgl. Abb. 12). Seelöwen sind hervorragende Schwimmer, die schnell und wendig durch das Wasser gleiten und bei hohen Geschwindigkeiten häufig aus dem Wasser springen, um den niedrigen Reibungswiderstand der Luft zu nutzen.

Abb. 12 Skelett einer Ohrenrobbe. (Bild aus MACDONALD et al., 2001)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ohrenrobben verfügenüber vergrößerte Brust und Halswirbel, um die kräftigen Muskeln, die beim Schwimmen und Laufen eingesetzt werden, zu stützen.

In Bezug auf das Aussehen und Verhalten bilden die Ohrenrobben eine verhältnismäßig einheitliche Gruppe. Die männlichen Tiere sind zumeist sehr viel größer als die weiblichen. Männliche Kalifornische Seelöwen können z.B. eine Körperlänge von 240-250cm bei einem Gewicht von bis zu 400kg erreichen, während die Weibchen nur etwa 180cm lang und 80-100kg schwer werden (MACDONALD et al., 2001, WESTHEIDE et al., 2003), was das Unterscheiden der Geschlechter einfach macht (vgl. Abb. 13). Neben der Größe zählt auch der höckerartige Aufsatz auf der Stirn, der Scheitelkamm der Seelöwenmännchen, zu den Merkmalen des Geschlechtsdimorphismus, ebenso wie die im trockenen Zustand dunkle, kastanien- bis schokoladenbraunen Fellfarbe der Bullen, im Vergleich zu der helleren Färbung der Jungtiere (vgl. Abb. 14 (B)) und Weibchen (MACDONALD et al., 2001, WESTHEIDE et al., 2003).

Abb. 13 Größenvergleich zwischen weiblichem (links) und männlichem (rechts) Seelöwen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bei den beiden abgebildeten Seelöwen handelt es sich um Lisa und Patrick aus dem Aqua Park im Nürnberger Zoo. (Bild: Kurz 2005)

Ohrenrobben gelten als polygam, d.h. geschlechtsreife männliche Tiere bilden Harems und paaren sich mit möglichst vielen Weibchen der Lebensgemeinschaft. Im Gegensatz zu anderen Ohrenrobben erreichen die Bullen des Kalifornischen Seelöwen während der Paarungszeit von Mai bis September erst nach den Weibchen die Fortpflanzungsareale (MACDONALD et al., 2001, WESTHEIDE et al., 2003). Die Weibchen treffen vorher ein, die meisten sind aus dem Vorjahr trächtig und bringen am Strand ihre Jungen auf die Welt. Während sich die meisten Ohrenrobbenweibchen bereits wenige Tage nach der Geburt des Jungtieres wieder paaren, vergehen bei Kalifornischen Seelöwen 21 Tage bis die Weibchen wieder empfängnisbereit sind, für Seelöwenbullen eine zu lange Zeit, um besetzte Reviere zu verteidigen. Für den Fortpflanzungserfolg der Männchen ist es daher vorteilhafter, wenn schon möglichst viele geschlechtsreife Weibchen in dem ausgewählten Revier liegen, die ihre Jungen bereits auf die Welt gebracht haben. Im Schnitt kommen auf einen Bullen etwa 16 Weibchen (MACDONALD et al., 2001, WESTHEIDE et al., 2003). Die Bullen können Weibchen nicht aktiv anlocken, aber sie versuchen alles, um die vorhandenen Artgenossinnen im Revier zu halten.

Die Sommerzeit ist für die Bullen eine enorm anstrengende Zeit. Neben dem körperlichen und psychischen Stress der Revier- und Weibchenverteidigung gegen männliche Konkurrenten und den vielen Paarungen, zehrt zusätzlich die fehlende Nahrungsaufnahme an den Kräften der Tiere. Um das Revier und den Harem nicht an Artgenossen zu verlieren und wegen der zeitaufwendigenüberwachung der Weibchen, um keine Empfängnisbereitschaft zu verpassen und Abwanderungen in andere Harems möglichst zu verhindern, nehmen Seelöwenbullen während der gesamten Paarungszeit keine oder nur sehr wenig Nahrung zu sich und beziehen ihre Energie aus dem reichlich vorhandenen Blubber. Um Energie zu sparen wird oftmals auf einen offenen Kampf verzichtet, welcher in der Regel durch Drohverhalten und indirekte Aggression ersetzt wird. Typische Drohgebärden sind hierbei Kopfwippen, körperliches Entgegenwerfen und akustische Signale wie Bellen und Brüllen. Bei Revieren, die nahe am und im Wasser liegen patrouillieren die Bullen regelrecht an den Reviergrenzen und machen durch Bellen und Luftblasen im Wasser auf sich aufmerksam. Genügen diese Einschüchterungen nicht um einen Reviereindringling zu vertreiben, kann es zu blutigen Auseinandersetzungen kommen, die allerdings nur selten zu schweren Verletzungen oder zum Tod eines der Tiere führen.

Die Sommer der Weibchen, die mit der Jungenaufzucht beschäftigt sind, verlaufen nicht wesentlich ruhiger, denn innerhalb kurzer Zeit müssen sie die Strapazen der Geburt, die Aggressivität der paarungsbereiten Bullen, die anstrengende Säugungsphase und Pflege der Neugeborenen verkraften (DE WILDE, 1993). Im Normalfall wirft eine Weibchen ein Junges, dass bei der Geburt etwa 75cm lang und 7-9kg schwer ist. Die Laktationsperiode dauert 6-12 Monate während dessen das Muttertier immer wieder zwischen Meer und Strand pendelt, um das Junge zu säugen (siehe Abb. 14 (C)) und in der Zwischenzeit selbst auf Nahrungssuche zu gehen. Die Robbenweibchen besitzen vier untereinander liegende Brustdrüsen, die Brustwarzenpaare sind direkt vor und hinter dem Bauchnabel angeordnet und werden, wenn das Kleine gerade nicht trinkt in eine Hautfalte zurückgezogen. Dank der reichhaltigen Milch wachsen die Jungen zügig, im Schnitt ist Robbenmilch etwa zehnmal kalorienreicher als menschliche Muttermilch (DE WILDE, 1993). Da die Milchproduktion und die Säugephase eine enorme Anstrengung für die Mütter bedeutet, wird strikt darauf geachtet, dass nur das eigene Junge gesäugt wird und nicht sämtliche Mitglieder des zu beaufsichtigenden Kindergartens. Den Müttern gelingt es dabei durch den individuellen Geruch des Babys, dessen laute Rufe und wenn möglich durch Sichtkontakt ihr Junges auch anüberfüllten Stränden wieder zu finden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 14 Seelöwenjunge mit Ihren

Müttern. (Bilder: Kurz: 2006 im Aqua- Park)

(A) Körperkontakt ist für die soziale Beziehung zwischen Mutter und Kind sehr wichtig (Ginger & Anouck)
(B) Nahaufnahme der kleinen Anouck. Gut sichtbar ist das im trockenen Zustand hellbraune Fell.
(C) Säugung (Kris & Leon)

Seelöwen-Kinder nehmen sich in der Zwischenzeit - im Gegensatz zu jungen Seehunden oder Walrossen, die weitaus mehr damit beschäftigt sind dick und rund zu werden - sehr viel Zeit zum Spielen. Lebhaft und neugierig entdecken sie die Welt und lernen dabei viel für ihr späteres Erwachsenenleben (DE WILDE, 1993). Je älter das Kalb wird, desto länger werden die Intervalle zwischen den einzelnen Säugungen, so dass die kleinen Seelöwen zunehmend selbständiger werden und sich nach ca. zwei Monaten zusätzlich von Fisch ernähren.

Ist das Weibchen wieder östrisch, kommt es zur Paarung an Land oder in flachen, bei Ebbeübrig gebliebenen Wasserbecken mit dem anwesenden dominanten Bullen. Mit ca. 15-20 Minuten dauert die Kopulation verhältnismäßig lange, manchmal wird sie durch ein ausgiebiges Vorspiel mit zahlreichen Berührungen und zarten Nasenstübern eingeleitet (DE WILDE, 1993). Ein häufiges Phänomen bei Ohrenrobben ist eine verzögerte Einnistung (Nidation); die befruchtete Eizelle entwickelt sich zunächst nur bis zur Blastozyste und ruht dann solange in der Gebärmutter, bis das neugeborne Junge der vorangegangenen Paarungssaison entwöhnt ist. Dabei vergehen im Schnitt etwa 4 Monate und erst dann nistet sich die Blastozyste in die Gebärmutterwand ein und entwickelt sich weiter. Durch diese Ruhepause in der Entwicklung ergeben sich Tragzeiten von ca. 11-12 Monaten, so dass die Jungtiere immer in der günstigsten Jahreszeit vollständig entwickelt auf die Welt kommen und die Weibchen fast zeitgleich am Strand werfen. (MACDONALD et al., 2001, WESTHEIDE et al., 2003)

Im Alter von etwa 4-5 Jahren werden weibliche Kalifornische Seelöwen geschlechtsreif, bei den Männchen setzt dieser Zeitpunkt etwa drei Jahre später, also im Alter von 7-8 Jahren ein (DE WILDE, 1993; MACDONALD et al., 2001), bei einer Lebenserwartung von etwa 15-25 Jahren also eigentlich erst recht spät.

[...]

Ende der Leseprobe aus 141 Seiten

Details

Titel
Die Sozialbeziehungen von Kalifornischen Seelöwen (Zalophus californius californius) und Seehunden (Phoca vitulina) in der Gemeinschaftshaltung des Tiergartens Nürnberg
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Zoologisches Institut)
Note
1,5
Autor
Jahr
2006
Seiten
141
Katalognummer
V66110
ISBN (eBook)
9783638584197
Dateigröße
2299 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Untersuchungen, Sozialbeziehungen, Kalifornischen, Seelöwen, Seehunden, Gemeinschaftshaltung, Tiergartens, Nürnberg
Arbeit zitieren
Julia Kurz (Autor:in), 2006, Die Sozialbeziehungen von Kalifornischen Seelöwen (Zalophus californius californius) und Seehunden (Phoca vitulina) in der Gemeinschaftshaltung des Tiergartens Nürnberg, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/66110

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