Die Praxis der Vermittlung von Pflegekindern nach der utilitaristischen Ethik


Seminararbeit, 2005

22 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
Begründung der Themenwahl und Ziele

2 Vollzeitpflege - §33 SGBVIII
2.1 Kurzinformation zur Vollzeitpflege
2.2 Verfahren in Verbindung mit gesetzlichen Grundlagen
2.3 Leistungen für Pflegekind und Pflegeeltern

3 utilitaristische Ethik
3.1 Ableitung und Begründer
3.2 Grundgedanken des Utilitarismus

4 Vermittlung eines Pflegekindes nach utilitaristischer Ethik anhand eines Praxisbeispiels

5 Abschließende Bemerkung

6 Quellenverzeichnis

7 Abkürzungsverzeichnis

8 Eidesstattliche Erklärung

„Die Praxis der Vermittlung von Pflegekindern nach der utilitaristischen Ethik“

1 Einleitung Begründung der Themenwahl und Ziele

Mein Praxispartner ist das JugendSozialwerk Nordhausen e.V. und ich bin im Verbund Kinder- und Jugendheim in Dresden tätig. Für einige, der von uns betreuten Kinder und Jugendlichen eröffnet sich nach dem Heimaufenthalt die Perspektive einer Vollzeitpflege bzw. Pflegefamilie. In den Prozess der Vermittlung von zukünftigen Pflegekindern sind viele verschiedene Personen mit ihren unterschiedlichen Aufgaben und Sichtweisen eingebunden. Aus meiner Erfahrung heraus, ergibt sich bei diesem Verfahren bzw. bei dieser Art der „Hilfe zur Erziehung“ ein großes Spannungs- und auch Problemfeld. Es treten vermehrt Konflikte zwischen den beteiligten Personen im Gegensatz zu anderen Arten der „Hilfe zu Erziehung“ auf.

Die Philosophen der utilitaristischen Ethik, speziell ihre Gedankengänge interessierten mich schon in der Sekundarstufe meiner Schulausbildung. Der Utilitarismus ist hin und wieder ein aktuelles Thema in verschiedenen öffentlichen Bereichen.

Somit ist es mein Ziel, die Vollzeitpflege nach utilitaristischen Gesichtspunkten zu beleuchten. Wie sehen diese Philosophen die Unterbringung eines Kindes in einer Pflegefamilie? Ist diese Art der Betreuung und Erziehung moralisch und ethisch wertvoll? Trägt diese Art der „Hilfe zur Erziehung“ zur Vermehrung des Glücks für die größtmögliche Anzahl von Menschen unserer Gesellschaft bei? Ich möchte versuchen, das Vorhandensein von Lust- bzw. Glücksempfindungen aus jeder Position, das heißt aus Sicht des Kindes, aus Sicht der leiblichen Eltern, aus Sicht der Pflegefamilie und aus Sicht der sozialpädagogischen Fachkraft des Jugendamtes, sowie der Gesellschaft zu untersuchen und festzustellen. Das Fazit ergibt sich aus folgender Fragestellung: Ist der §33 SGBVIII – Vollzeitpflege im Sinne der utilitaristischen Ethik? – Dabei möchte ich die Praxis der Vermittlung von Pflegekindern mit den Grundgedanken des Utilitarismus vergleichen.

2 Vollzeitpflege - §33 SGBVIII

Die Vollzeitpflege ist eine Art der „Hilfe zur Erziehung“ nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (kurz KJHG oder SGBVIII), welches im Jahr 1991 in Kraft trat. Sie ist in vollem Umfang durch verschiedene Paragraphen der Gesetzgebung und Vorschriften der Landesjugendämter geregelt und somit ein klassisches Leistungsangebot der öffentlichen und auch freien Jugendhilfe.

2.1 Kurzinformation zur Vollzeitpflege

Die Unterbringung eines Kindes oder Jugendlichen in einer Pflegefamilie ist eine Besonderheit der verschiedenen Hilfearten des SGBVIII, denn diese Hilfe wird in Form von Erziehung, Betreuung und Bildung von nicht ausgebildeten Fachkräften erbracht, sogenannten „engagierten Laien“.

Die Vollzeitpflege wird zu den „familienersetzenden“, neben den „familienunterstützenden“ und „familienergänzenden“ Hilfemaßnahmen zugeordnet, das heißt die leiblichen Eltern bzw. die Herkunftsfamilie des Kindes oder Jugendlichen wird völlig durch andere Personen – die Pflegefamilie – ersetzt. Das Kind oder der Jugendliche lebt 24 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche in der Pflegefamilie. Die Hilfemaßnahme kann von einer kurzfristigen Aufnahme bis hin zu einer langfristigen Lebensperspektive reichen.

Die konkrete Ausgestaltung der Hilfe wird am erzieherischen Bedarf im Einzelfall und am Wohl des zu betreuenden Kindes bemessen. Generell und im Gegensatz zur Adoption liegt das elterliche Sorgerecht weiterhin bei den leiblichen Eltern also bei der Herkunftsfamilie. Somit ist auch die Priorität bzw. das oberste Ziel der Hilfemaßnahme die „Rückkehr in die Herkunftsfamilie“. Während der Leistungserbringung soll eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten stattfinden – Beteiligte sind:

Kind / Jugendlicher, Herkunftsfamilie, Pflegefamilie, sozialpädagogische Fachkraft des Jugendamtes insbesondere des Pflegekinderdienstes und je nach Situation können weitere Personen in den Hilfeprozess integriert sein.

(Vgl. Unterlagen zur Vorlesung „Kinder- und Jugendhilferecht“ – 2. Semester Dozent: Prof. Dr. Johannes Falterbaum)

Der Pflegekinderdienst ist ein Bereich bzw. eine Abteilung des Jugendamtes und das Jugendamt wiederum ist dem ASD, dem Allgemeinen Sozialen Dienst untergeordnet. Das Jugendamt mit dem angegliederten Pflegekinderdienst hat verschiedene Rollen und Aufgaben vor, während und nach der Hilfemaßnahme zu übernehmen und zu erfüllen.

Es werden nicht nur jüngere Kinder als Pflegekinder vermittelt, sondern auch ältere Kinder / Jugendliche und Kinder, die mit einer Krankheit oder Behinderung leben.

„Die Leistungsinhalte der Vollzeitpflege sind im wesentlichen:

a. Dem Kind bzw. Jugendlichen wird in dieser Zeit Unterkunft, Verpflegung, Betreuung und Erziehung gewährt.
b. Das Kind bzw. der Jugendliche wird in seiner Persönlichkeit, seiner Biografie und seinen Problemen angenommen und in der Verarbeitung der Situation unterstützt.
c. Das Kind bzw. der Jugendliche und seine Herkunftsfamilie erfahren Unterstützung bei der Verbesserung bzw. Wiederherstellung ihrer Beziehungen bzw. Erziehungsfähigkeit.
d. Die Pflegefamilie wird ausreichend vorbereitet und während eines Pflegeverhältnisses begleitet und unterstützt.“

(http://www.blja.bayern.de/Aufgaben/HilfenzurErziehung/33/Vollzeitpflege.Startseite.htm [Stand 24.08.2005])

Je nachdem wie die Hilfe angelegt ist, ob kurzfristig oder auf Dauer, verlagert sich die Priorität bzw. das Grundsatzziel der Hilfe. Ist die Vollzeitpflege eine kurzfristige Maßnahme, liegt der Schwerpunkt auf der Rückkehr und Wiederherstellung der Erziehungsfähigkeit der leiblichen Eltern, sowie auf Erhalt bzw. Verbesserung der Eltern-Kind-Beziehung und dessen Interaktion. Das oberste Ziel bei einer auf Dauer angelegte Hilfe ist die Integration des Kindes in die Pflegefamilie, sowie deren Unterstützung und Betreuung.

(Vgl.http://www.blja.bayern.de/Aufgaben/HilfenzurErziehung/33/Vollzeitpflege.Startseite. htm [Stand 24.08.2005])

2.2 Verfahren in Verbindung mit gesetzlichen Grundlagen

Grundlegend für alle Aspekte, die die Kinder- und Jugendhilfe betreffen, ist der §1 SGBVIII. Paragraph 1 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes sagt aus, dass „jeder junge Mensch ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit hat“ (Gesetze für Sozialberufe, Ulrich Stascheit, 2004, SGBVIII, §1, Absatz 1).

Außerdem ist die Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern und auch der Eltern Pflicht (Vgl. Gesetze für Sozialberufe, Ulrich Stascheit, 2004, SGBVIII, §1, Absatz 2). Dies ist auch im Grundgesetz Artikel sechs verankert.

Die Jugendhilfe soll die Rechte der Kinder verwirklichen, die sich aus dem SGBVIII §1, Absatz 3 ableiten. Die Rechte der Kinder wären zum Beispiel: Sowohl die individuelle als auch die soziale Entwicklung des Kindes sollen gefördert werden und dabei ist eine Benachteiligung zu vermeiden. Die Eltern und auch Erziehungsberechtigten sollen in jeder Situation beraten und unterstützt werden. Vor allem sind die Kinder und Jugendlichen zu ihrem Wohl vor jeglichen Gefahren zu schützen. (Vgl. Gesetze für Sozialberufe, Ulrich Stascheit, 2004, SGBVIII, §1, Absatz 3).

Paragraph 1 des SGBVIII gibt die Basis für alle Bereiche und Aspekte der Kinder- und Jugendhilfe und setzt die Rahmenbedingungen. Da die Vollzeitpflege den Hilfen zur Erziehung untergeordnet ist, stellt sich die Frage: Wie und wer erhält Hilfe zur Erziehung, insbesondere die Vollzeitpflege? Hilfe zur Erziehung erlangen Personensorgeberechtigte durch Antragstellung oder das Kind erhält Hilfe zur Erziehung von Amts wegen. Von Amts wegen bedeutet, dass das Kindeswohl durch Vernachlässigung oder Verwahrlosung gefährdet ist, nach BGB §1666, Absatz 1. Wenn dies der Fall ist, kann sich das Kind oder der Jugendliche selbst an das Jugendamt wenden und nach SGBVIII, §42 um Inobhutnahme bitten oder das Kind, der Jugendliche wird durch eine Entscheidung des Familiengerichts aus der Familie herausgenommen ohne die Zustimmung der Personensorgeberechtigten nach SGBVIII, §43. Die beiden vorläufigen Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen treten eher selten in Kraft. Häufiger bzw. fast immer wird bei einer Leistungsbewilligung der Hilfe zur Erziehung von die Personensorgeberechtigten ein Antrag gestellt. Ein Antrag ist notwendig um Leistungen des SGBVIII zu erhalten und dieser Antrag kann nach SGBVIII, §27, Absatz 1 nur von den Personensorgeberechtigten, nicht vom Kind gestellt werden. Um Leistungsberechtigter i. S. des SGBVIII zu werden, muss eine Defizitsituation hinsichtlich der Entwicklung und Erziehung des Kindes vorliegen. Außerdem muss die Hilfe, die erbracht werden soll, auch geeignet und notwendig sein, um somit dem Bedarf des Kindes zu entsprechen. (Vgl. Gesetze für Sozialberufe, Ulrich Stascheit, 2004, SGBVIII, §27, Absatz 1)

Das Jugendamt bzw. die sozialpädagogische Fachkraft des Jugendamtes entscheidet, welche Hilfeart geeignet und notwendig ist. Es gibt acht verschiedene Hilfemaßnahmen, die im SGBVIII niedergeschrieben sind und eine davon ist die Vollzeitpflege bzw. umgangssprachlich die Unterbringung eines Kindes in einer Pflegefamilie. Bei der Entscheidung welche Leistung gewährt wird, insbesondere welche Pflegefamilie zur Aufnahme des Kindes in Betracht kommt, ist SGBVIII, §5 das „Wunsch- und Wahlrecht“ des Leistungsberechtigten zu beachten, das heißt die Leistungsberechtigten dürfen mitentscheiden in welche Einrichtung bzw. in welche Pflegefamilie sie ihr Kind geben. Außerdem ist das Einhalten des §8 des SGBVIII sicherzustellen, in dem ausgesagt wird, dass Kinder und Jugendliche an allen Entscheidungen entsprechend ihrem Alter und Entwicklungsstand zu beteiligen sind.

Die Leistung „Vollzeitpflege“ wird im SGBVIII wie folgt definiert:

„Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kindern und Jugendlichen in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten. Für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche sind geeignete Formen der Familienpflege zu schaffen und auszubauen.“ (Gesetze für Sozialberufe, Ulrich Stascheit, 2004, SGBVIII, §33)

Die Leistungsberechtigten erhalten in der Art Hilfe, dass ihr leibliches Kind in einer anderen Familie/ Pflegefamilie Tag und Nacht untergebracht wird. Die Priorität liegt vorwiegend auf einer zeitlich befristeten Maßnahme (ca. 1 Jahr) und demzufolge auf der Rückkehr in die Herkunftsfamilie. Wenn es überhaupt keine positiven Aussichten auf Verbesserungen der Bedingungen in der Herkunftsfamilie gibt, wird die Hilfe als Vollzeitpflege nach geraumer Zeit auf Dauer, also für immer bis das Kind volljährig ist, angelegt.

[...]

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Die Praxis der Vermittlung von Pflegekindern nach der utilitaristischen Ethik
Hochschule
Duale Hochschule Baden-Württemberg Heidenheim, früher: Berufsakademie Heidenheim
Note
1,5
Autor
Jahr
2005
Seiten
22
Katalognummer
V65782
ISBN (eBook)
9783638582728
ISBN (Buch)
9783656808244
Dateigröße
527 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Praxis, Vermittlung, Pflegekindern, Ethik
Arbeit zitieren
Marlen Sauer (Autor:in), 2005, Die Praxis der Vermittlung von Pflegekindern nach der utilitaristischen Ethik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65782

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