Mit Bildern argumentieren und suggerieren: Verfahren der Absicherung von Bewertungen in den Printmedien und im Fernsehen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

18 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Untersuchungsgegenstand

2. Allgemeine Typologisierung

3. Das Verhältnis zwischen Bild und Text

4. Absicherungsverfahren für Bewertungen in der Dimension des Bildes
4.1 Bildmotivik
4.2. Bildtechnik

5. Fazit

Literatur- und Quellenverzeichnis

1. Untersuchungsgegenstand

Gegenüber der traditionellen Buch- und Zeitungskultur erscheint die heutige Medienöffentlichkeit als „bildlastig“, wenn nicht als „bilddominiert“[1]. Sie wird gemäß Werner Holly beherrscht vom „Bildmedium“ Fernsehen und einer optisch immer aufwändiger gestalteten (Boulevard-)Presse.[2] Nachrichtenagenturen wie Associated Press (AP) verbreiten täglich mehr als 1000 Bilder.[3] Indem die Medien bestimmte Aufnahmen zur Veröffentlichung auswählen, nehmen sie Einfluss auf die Rezeption.

Bilder dienen zur Stützung von Bewertungen, worunter „positive oder negative Stellungnahmen zu Sachverhalten oder Personen, zu Dingen oder Handlungen“ zu verstehen sind. „Bewertungen können unter sehr verschiedenen Aspekten vorgenommen werden – von der moralischen Richtigkeit über die Zweckdienlichkeit bis zur Schönheit und zur Amüsanz usw.“, schreibt Josef Klein.[4] Sie erfolgen in der Regel sprachlich.

In den Massenmedien finden sich Bewertungen von Journalisten und Dritten, über die berichtet wird oder die in Zitaten zu Wort kommen. Politikvermittlung spielt sich verstärkt über diese Kommunikationenformen ab. Die Nutzung von Bildern gehört zu den nichtsprachlichen Möglichkeiten, eine Bewertung abzusichern. Das Absichern wird als „Verfahren, die Akzeptanz der Bewertung bei Rezipienten zu fördern“,[5] verstanden.

In dieser Arbeit werden die Verfahren zur Stützung mit Bildern anhand von Beispielen aus der Medienberichterstattung vorgeführt. Es wird sich zeigen, dass die Redewendung „Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte“ nicht zutrifft, wenn es um einen Vergleich der anwendbaren Absicherungsverfahren in der Sprache und im Bild geht. Die Kraft der Bilder liegt vor allem bei irrationalen, suggestiven Verfahren. Bei rationalen, argumentativen Verfahren weist das Bild deutliche Defizite gegenüber der Sprache auf.

Die Analyse bezieht sich ausschließlich auf die Medien, die bereits erwähnt wurden: die Printmedien und das Fernsehen. Zwar gibt es auch im Internet eine Vielzahl von Bildern und Video-Aufnahmen, jedoch lassen sich die Urheber der Homepages nicht immer bestimmen. Der Onlinejournalismus, der als professioneller Bereich in einer Analyse untersucht werden könnte, hat einen stark reproduzierenden Charakter („Selbstreferenzialität“).[6] Das Online-Angebot der Zeitungen und Zeitschriften speist sich meist aus der gedruckten Ausgabe. Lediglich spiegel-online.de und die Netzeitung sind als eigenständige Akteure erwähnenswert. Die Fernsehsender nutzen für ihre Seiten häufig Texte und Bilder, die Nachrichtenagenturen in vorgefertigter Form[7] zur Verfügung stellen. Sporadisch werden gesendete Fernsehbeiträge angeboten.

Der Hörfunk wird in dieser Arbeit ausgeklammert, weil ihm die Dimension des Bildes fehlt. Dabei ist zu beachten, dass auch im Radio mittels Sprache Bilder beschworen werden können, die dann zur Stützung einer Bewertung dienen. Die ständige Präsenz ausgewählter Bilder manifestiert Bildikonen, die sich aus der Erinnerung im Gedächtnis abrufen lassen.[8] Die Fotographien von Marilyn Monroe mit wehendem Kleid und Willi Brandt beim Kniefall in Warschau sind Beispiele dafür. Im Übrigen denken Menschen in Bildern.[9] Deshalb versucht der Hörfunk, ihr Fehlen durch eine bildliche Sprache zu kompensieren.

Die Arbeit gibt zunächst einen Überblick über die Typologie an Verfahren zur Absicherung von Bewertungen in allen semiotischen Dimensionen. Dann geht sie auf das allgemeine Verhältnis zwischen Text und Bild ein. Im Anschluss werden die einzelnen Verfahren auf ihre Anwendbarkeit innerhalb der semiotischen Dimension des Bildes überprüft. Eine Bewertung kann in dieser Dimension durch die Bildmotivik und/oder durch die Bildtechnik gestützt werden. Beide werden in einzelnen Kapiteln auf argumentative und suggestive Stützverfahren untersucht.

Es gibt zahlreiche Veröffentlichungen in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen, die sich mit dem Bild im Allgemeinen und dem Text-Bild-Verhältnis beschäftigen. Mit den Verfahren zur Absicherung von Bewertungen durch Bilder befasst sich nur ein Aufsatz von Klein aus dem Jahr 1994.[10] Allenfalls einzelne Verfahren oder Beispiele finden sich in anderen Quellen. Diese Arbeit orientiert sich an Kleins Aufsatz. Sie konzentriert sich mit der Dimension des Bildes auf einen dort verhandelten Teilbereich, um diesen im Detail zu untersuchen und neue Denkanstöße zu geben. Es werden fast ausschließlich eigene Beispiele benutzt. Die Analyse beschränkt sich − anders als bei Klein − nicht auf Fernsehbilder.

2. Allgemeine Typologisierung

Bewertungen werden, wie bereits erwähnt, immer sprachlich vorgenommen. Sie sind literal und oral realisierbar. Bei der Mündlichkeit des Fernsehens handelt es sich um eine spezifische, „sekundäre“ Oralität,[11] bei der es keine unmittelbare dialogische Rückkoppelungsmöglichkeit des Fernsehpersonals mit den Zuschauern gibt.[12]

Bewertungen können auf drei verschiedene Weisen gestützt werden: sprachlich, durch Bilder und durch den (nichtsprachlichen) Ton, das heißt durch Geräusche wie Beifall und Musik.[13] Das Fernsehen ist ein semiotischer Mix aus Sprache, Bild und Ton. Hingegen bedienen Printmedien nur die Dimensionen Sprache und Bild.

Es gibt verschiedene Verfahren, mit denen die Absicherung einer Bewertung in den einzelnen semiotischen Dimensionen erfolgen kann. Klein unterscheidet zwischen argumentativen und suggestiven Verfahren. Argumentative Verfahren sind rational und logisch. Sie unterteilen sich in:

auf regelhafte Beziehung referieren

auf kausalen Faktor referieren

auf Teil als Symptom für Ganzes referieren

Induktion

Analogie

Berufung auf eine Autorität.

Die suggestiven Verfahren haben einen irrationalen Charakter. Klein versteht darunter „Verfahren, die eine Bewertung für die Rezipienten akzeptabler – u. U. auch nur eindrucksvoller – machen sollen, ohne daß die Sachverhalte, die in diesen Verfahren angeführt oder arrangiert werden, in einer konklusiven, d.h. auf Regelhaftigkeit basierenden Fundierungsbeziehung zu einer Bewertung stehen“. Suggestive Verfahren sind:

Sympathieträger präsentieren

Atmosphäre präsentieren

Kontrastieren

Hervorheben

Evidenz vermitteln.[14]

Die Verfahren sind zu einem unterschiedlichen Grad argumentativ bzw. suggestiv. Einige liegen im Grenzbereich zwischen Argumentation und Suggestion. Was sich konkret hinter den einzelnen Verfahrenstypen verbirgt, wird später anhand der Beispiele erklärt.

3. Das Verhältnis zwischen Bild und Text

Bilder vermögen nur Konkretes und Einzelnes zu zeigen. Sie rekurrieren auf Wissen. Durch die Wahrnehmung und Verarbeitung des Betrachters werden sie in den jeweils eigenen Erfahrungshorizont eingebunden, der „im Rahmen der individuellen Sozialisation erlernt worden ist und zu spezifischen Konventionen im Umgang mit diesen Phänomenen geführt hat“. Es gibt aus Sicht des Rezipienten keine Eins-zu-Eins-Abbildung des Gezeigten mit dem Abgebildeten, da es nicht losgelöst von den Hintergrundinformationen des Betrachters gedeutet werden kann. „Der Sinn erschließt sich erst durch die Zuschreibung von Bedeutung durch die subjektive Betrachtung“, schreiben Meyer, Ontrup und Schicha.[15]

Darüber hinaus bedürfen Bilder zur Einordnung in der Regel einer Erklärung und diese erfolgt über die Sprache – in mündlicher oder schriftlicher Form. Insbesondere das Zusammenspiel zwischen Sprache und Bild ermöglicht, Informationen zu sammeln und Inhalte zu interpretieren.[16]

[...]


[1] Meyer, Thomas: Mediokratie. Die Kolonisierung der Politik durch die Medien. Frankfurt am Main 2001, S. 104ff. Vgl. Meyer, Thomas/Ontrup, Rüdiger/Schicha, Christian: Die Inszenierung des Politischen. Zur Theatralität von Mediendiskursen. Wiesbaden 2000, S. 132f.

[2] Holly, Werner: Audivisualität und Politikvermittlung in der Demokratie. In: Kilian, Jörg (Hrsg.): Sprache und Politik. Mannheim 2005, S. 278-293, hier S. 281.

[3] Vgl. http://www.ap.org/pages/product/photoservices.html (Stand: 1. Juni 2006)

[4] Klein, Josef: Medienneutrale und medienspezifische Verfahren der Absicherung von Bewertungen in Presse und Fernsehen. Typologie und semiotische Distribution. In: Moilanen, Markku/Tiitula, Liisa (Hrsg.): Überredung in der Presse. Berlin/New York 1994, S. 3-17, hier S. 3.

[5] Ebd.

[6] Löffelholz, Martin/Quandt, Thorsten/Hanitzsch, Thomas/Altmeppen, Klaus-Dieter: Online-Journalismus in Deutschland. Zentrale Befunde der ersten Repräsentativbefragung deutscher Onlinejournalisten. In: Media Perspektiven 10/2003, S. 477-486, hier S. 485.

[7] Die Deutsche Presse Agentur (dpa) bietet für Onlinekunden beispielsweise Text und Bild in einer bereits vorgefertigten Aufmachung. Das Ganze dann per Mausklick nur noch von der Agentur auf die Seite transferiert.

[8] Vgl. Reiche, Jürgen: Macht der Bilder. In: Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.): X für U. Bilder, die lügen. Bonn 1998, S. 8-17, hier S. 8, 10f.

[9] Vgl. Ebd, S. 8f.

[10] Vgl. Klein: Verfahren zur Absicherung von Bewertungen.

[11] Vgl. Ong, Walter J.: Orality and Literacy. The Technologizing of the Word. London/New York 1982, S. 175ff. Vgl. Holly: Audivisualität, S. 279. Vgl. Muckenhaupt, Manfred: Text und Bild. Grundfragen der Beschreibung von Text-Bild-Kommunikationen aus sprachwissenschaftlicher Sicht. Tübingen 1986, S. 263 f. Vgl. Klein: Verfahren zur Absicherung von Bewertungen, S. 8.

[12] Einen Sonderfall bilden interaktive Fernsehshows, bei denen die Zuschauer anrufen sowie E-Mails und Faxe senden können, die dann unmittelbar in den Sendungen ausgewertet werden. NBC Giga Real oder Viva Interaktiv sind Beispiele dafür.

[13] Vgl. Klein: Verfahren zur Absicherung von Bewertungen, S. 9.

[14] Ebd., S. 4 -7.

[15] Meyer/Ontrup/Schicha: Inszenierung, S. 133. Siehe auch: Muckenhaupt: Text und Bild, S. 162ff, 254.

[16] Vgl. Schäfer, Hermann: Vorwort. In: Haus der Geschichte: X für U, S. 6-7, hier S. 6.

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Details

Titel
Mit Bildern argumentieren und suggerieren: Verfahren der Absicherung von Bewertungen in den Printmedien und im Fernsehen
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft)
Veranstaltung
HS Theorie und Analyse politischer Argumentation
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
18
Katalognummer
V65590
ISBN (eBook)
9783638581165
ISBN (Buch)
9783638816328
Dateigröße
563 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bildern, Verfahren, Absicherung, Bewertungen, Printmedien, Fernsehen, Theorie, Analyse, Argumentation
Arbeit zitieren
Janine Wergin (Autor:in), 2006, Mit Bildern argumentieren und suggerieren: Verfahren der Absicherung von Bewertungen in den Printmedien und im Fernsehen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65590

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