Der Wandel des historischen Bildes Friedrich II. von Preußen an Beispielen seiner unmittelbaren Nachwelt und der NS-Zeit


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

15 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Friedrich der Große im Urteil seiner unmittelbaren Nachwelt
1.1 Die absolutistische Herrschaft
1.2 Der „Reichsverderber“

2. Friedrich der Große in der NS-Propaganda
2.1 Der Wandel der Zeiten und Ideologien
2.2 Instrumentalisierung im nationalsozialistischen Deutschland

Fazit

Literaturverzeichnis

Einleitung

Das öffentliche Bild nur weniger historischer Figuren ist im Laufe der Jahrhunderte einem derartigen Wandel unterworfen gewesen, wie das des „Alten Fritz“, Friedrich II. von Preußen. Bereits zu seinen Lebzeiten war Friedrich II. der Gegenstand zahlreicher Erzählungen und Anekdoten des Volkmundes, die ihn mehrheitlich glorifizierten. Seit seinem Ableben im Jahre 1786 scheint das Bild dieser historischen Gestalt bei der Nachwelt einem steten Wandel zu unterliegen. Die Darstellung seiner Person reicht vom „Mehrer des Reiches“, „Zerstörer des Reiches“ bis zum scheinbar diametral entgegen gesetzten „Gründer des Reiches“.[1] Je nachdem wie die zeitgenössische politische Ausrichtung aussah, passte sich die Sicht auf den Preußenkönig entsprechend an, so dass er in den vergangenen zwei Jahrhunderten nicht nur eine historische Gestalt, sondern auch zu einem Politikum wurde.[2] Der Historiker Walter Bußmann bemerkte diesbezüglich treffend: „Wer es unternimmt, eine Geschichte des Friedrich-Bildes zu schreiben, leistet einen Beitrag zur Geschichte des politischen Bewusstseins.“ Es scheint, als könnte der aufmerksame Beobachter aus der Friedrich-Rezeption Rückschlüsse auf Ideologien, Ideale, politische Ausrichtungen der konkreten Rezeptionszeit ziehen. Es soll das Ziel dieser Arbeit sein, zu zeigen, wie sehr Bilder von Friedrich II. zu zwei unterschiedlichen Zeiten differieren und welche Schlussfolgerungen sich aus diesen Deutungen für das jeweils zeitgenössische Politikverständnis ergeben.

Zuerst wird aufgezeigt, welche Deutungen seiner Regentschaft in seiner unmittelbaren Nachwelt, mit dem Aufkommen des neuen Geistes der Frühromantiker, in einer Zeit, in der Gelehrte und Volk begannen, von einem vereinten Deutschland zu träumen, populär wurden, um dann einen Vergleich zu ziehen zu den zwölf Jahren, in welchen Hitler der deutsche Reichskanzler war und Propagandaminister Goebbels die Deutschen von den Zielen der Nationalsozialisten mit Presse, Rundfunk, Kino – und dem Bilde vom „Alten Fritz“ – zu überzeugen suchte.

1. Friedrich der Große im Urteil seiner unmittelbaren Nachwelt

Nachdem Tode Friedrichs II. gab es nicht nur Stimmen die sein Andenken verteidigten und den „großen König“ im Nachhinein feierten (und so den Grundstein für die spätere Heldenverehrung legten), auch scheint die Nachricht von seinem Ableben in und außerhalb Preußens mit einem Gefühl der Erleichterung aufgenommen worden zu sein. Dollinger beschreibt einen „Sturzbach“ der „zurückgehaltenen Kritik an seinem Staat und seiner Person“[3], der sich nun ergoss. Der französische Politiker Graf Mirabeau, der zur Zeit des Todes und in Erwartung des Regierungswechsels in Berlin weilte, beschrieb die Stimmung in einem Brief am 17.August 1786 nach Paris folgendermaßen: „Jedermann ist bedrückt, niemand trauert. Jedes Gesicht zeigt Erleichterung und Hoffnung; nicht ein Bedauern, nicht ein Seufzer, nicht ein Wort des Lobes. Das ist also das Ergebnis aller seiner Siege und seines Ruhms, einer Regierung von beinahe der Dauer eines halben Jahrhunderts, erfüllt mit großen Ereignissen. Jedermann ersehnte sich ihr Ende und begrüßte es, als es da war.“[4]

Der Franzose sieht den großen Schlachtenruhm, aber auch die durch sie entstandene Unzufriedenheit im Volke, welches in jedem Krieg die Hauptlast zu tragen hat: „Das nationale Gewerbe Preußens war der Krieg.“[5] Mirabeau wird kurze Zeit später einer der Anführer der französischen Revolution werden. Friedrich hatte keine Vorstellung vom kommenden neuen europäischen Gedankengut gehabt, ahnte aber die Vergänglichkeit Preußens.[6]

1788 und 1790 erschienen in Deutschland die ersten Schriften, die über Friedrichs charakterliche Mängel berichteten: Zum einen Anton Friedrich Büschings „Über den Charakter Friedrichs II.“ und die „Fragmente zu Friedrichs Charakter und Lebensgeschichte“ vom Hannoveraner Arzt Johann Georg Ritter, in denen beide Autoren über Charakterschwächen berichten und über ein höfliches aber eher abweisendes Verhältnis zu Frauen. Ein ungesundes, seiner Gesundheit nicht zuträgliches Leben, von dem er sich nicht abbringen ließ, und Probleme mit der Libido werden beschrieben.[7] Alles Dinge, die mit Preußen oder seinen Regierungsgeschäften wenig bis nichts zu tun hatten, trotzdem aber seinem Ruf nicht zuträglich waren.

1.1 Die absolutistische Herrschaft

Nach Friedrichs Ableben und der kurz zuvor erfolgten Französischen Revolution vollzog sich ein Wandel im Denken der Gesellschaft: Es erfolgte eine Abkehr vom Absolutismus, man lehnte sich gegen den Geist Friedrichs, gegen seine damalige Position als Alleinherrscher auf. 1797 prangerte Anastasius Ludwig Mencken, vormals Geheimer Kabinettssekretär Friedrichs, dessen absolutistische Herrschaft an: „Keiner (der Regenten des preußischen Hauses) ist indessen weiter gegangen als Friedrich II., der allein und ohne Ratgeber aus seinem Kabinett nicht nur das Ganze oder den allgemeinen Kreislauf der Staatsmaschine, sondern auch fast jedes Detail derselben dirigierte. Kein Departement oder Minister getraute sich ohne Entscheidung in den geringsten Sachen Beschlüsse zu nehmen und Vorschläge, die sie dazu einschickten, mussten mit äußerster Behutsamkeit gefasst sein, um nicht einer vielleicht schon vom König über die Sache gefassten Idee in die Quere zu kommen und um nicht das so reizbare Misstrauen desselben gegen Privatabsichten der Ratgeber zu erwecken.“[8]

Und dieses „reizbare Misstrauen“ war zweifellos vorhanden, wie Friedrichs Freund Voltaire in einem Antwortbrief feststellt: „Ew. Majestät beschreiben die Schändlichkeit der Politiker und die Selbstsucht der Höflinge so gut, daß Sie am Ende soweit kommen werden, jedem Gefühl der Zuneigung bei den Menschen zu misstrauen.“[9] Bereits 1741 hatte Voltaire beobachtet, wie der innere Verhärtungsprozess Friedrichs begann, der zu dessen Einsamkeit im Alter führen sollte.

Freiherr von und zum Stein bemängelte, dass aus Furcht vor dem König jegliche Eigenverantwortlichkeit und Initiative erstickt wurde. Der Staat wurde gelenkt wie eine Armee, streng nach militärischen Grundsätzen durch Kabinettsorder von oben.[10] Diese Weigerung, die Verantwortung mit dem Volke zu teilen, war es, die ihm die Vorwürfe von Patrioten wie Stein und Ernst Moritz Arndt einbrachte.[11] Insbesondere in der Friedenszeit nach dem Ende des Siebenjährigen Krieges erstarrte der „Alte Fritz“, dem in dieser Phase seines Lebens von der Geschichtsschreibung häufig das Verhalten eines Eremiten nachgesagt wird, „in Pflichterfüllung und Menschenverachtung“.[12] Stein und seinen Mitarbeitern, unter anderem Arndt, ging es um die Überwindung des „Maschinenstaates“, der „seelenlos“ auf Befehl und Gehorsam beruht.[13] Ob nun Beamter, Bauer oder Soldat, jeder sollte selbstverantwortlich und selbstbewusst dem Gemeinwesen dienen. Ein, wie Stein schrieb, lebendiger Geist sollte an die Stelle treten von „Formenkram und Dienst-Mechanismen“.[14] Praktische Maßnahmen in diesem Sinne waren die Städte- und Heeresreform (Leistung statt Adel), Gewerbefreiheit, Judenemanzipation und die Bauerbefreiung.[15]

[...]


[1] Dollinger, Hans: Friedrich II. von Preußen. Sein Bild im Wandel von zwei Jahrhunderten. Bindlach 1995, S. 7

[2] Dollinger, S. 7

[3] Dollinger, S. 103

[4] Zitiert nach: Gooch, George P.: Friedrich der Grosse. Preußens legendärer König. München 2006, S. 129

[5] Zitiert nach: Gooch, S. 131

[6] Christian Graf von Krockow: Friedrich II., König v. Preußen. Die Wandlungen eines Geschichtsbildes. Hannover 1986, S. 40

[7] Dollinger, S. 107f.

[8] Zitiert nach: Dollinger, S. 108

[9] Zitiert nach: Gooch, S. 195

[10] Vocke, Roland: Friedrich der Große und Preußen. In: Deutsche Geschichte: Aufklärung und Ende des Deutschen Reiches. Gütersloh 1993, S. 65

[11] Gooch, S. 130

[12] Cyran, Eberhard: Preußisches Rokoko: Ein König und seine Zeit. Berlin 1993, S. 579

[13] Vocke, S. 65

[14] Krockow, S. 42

[15] Krockow, S. 42

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Der Wandel des historischen Bildes Friedrich II. von Preußen an Beispielen seiner unmittelbaren Nachwelt und der NS-Zeit
Hochschule
Universität Rostock  (Institut für Volkskunde)
Veranstaltung
Friedrich der Große - vom Heros zum Mythos.
Note
1,5
Autor
Jahr
2006
Seiten
15
Katalognummer
V65514
ISBN (eBook)
9783638580601
ISBN (Buch)
9783638840811
Dateigröße
482 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit befasst sich mit dem Wandel des Bildes von Friedrich II. von Preußen im Laufe der Geschichte, exemplarisch vorgeführt an der Zeit kurz nach seinem Ableben und der NS-Zeit in Deutschland von 1933 bis 1945.
Schlagworte
Wandel, Bildes, Friedrich, Preußen, Beispielen, Nachwelt, NS-Zeit, Friedrich, Große, Heros, Mythos
Arbeit zitieren
Andy Schalm (Autor:in), 2006, Der Wandel des historischen Bildes Friedrich II. von Preußen an Beispielen seiner unmittelbaren Nachwelt und der NS-Zeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65514

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