Ländliche Grenzräume - Wachstumslandschaften oder Krisenregionen?


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

23 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Einordnung der Fallregionen
2.1 Der Landkreis Tirschenreuth
2.2 Der Landkreis Uecker-Randow

3. Problemfeld Bevölkerungsstruktur
3.1 Bevölkerungsstruktur im Landkreis Tirschenreuth
3.1 Bevölkerungsstruktur im Landkreis Uecker-Randow

4. Problemfeld Wirtschafts- und Erwerbsstruktur
4.1 Wirtschafts- und Erwerbsstruktur im Landkreis Tirschenreuth
4.2 Wirtschafts- und Erwerbsstruktur im Landkreis Uecker-Randow

5. Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Bei jeder Art der Betrachtung ländlicher Räume haftet diesen oftmals auch der Makel der benachteiligten Region an. Sie sind nicht sehr attraktiv für ihre Bevölkerung, sind als kulturelle, wirtschaftliche und wissenschaftliche Zentren eher unbedeutend. Doch auch innerhalb der ländlichen Gebiete bestehen unterschiedliche Grundvoraussetzungen und so ordnet das Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau strukturschwache ländliche Regionen in fünf Kategorien ein, wovon die am benachteiligtsten Regionen folgendermaßen beschrieben werden:

„Diese Regionen zeichnen sich durch ihre periphere Lage und extrem dünne Besiedlung aus. Sie besitzen keine nennenswerten Potentiale im Tourismus. [...] Diese Regionen liegen auch nicht im Blickwinkel von Investoren. Hinzu kommt eine ungünstige Infrastrukturausstattung [...]“[1]

Hierbei handelt es sich um die Definition für verschiedene Gebiete im Bundesgebiet, vor allem aber für die „Grenzregionen zu den ehemaligen sozialistischen Ländern“[2], zu welchen auch die hier behandelten Regionen gehören: Der bayerische Landkreis Tirschenreuth an der deutsch-tschechischen und der mecklenburg-vorpommerische Landkreis Uecker-Randow an der deutsch-polnischen Grenze. Diese beiden Gebiete sind Grenzregionen und im Falle des Landkreises Tirschenreuth verlief diese Grenze über lange Zeit als der Eiserne Vorhang, der eine völlige Abschottung nach Osten bedeutete. Diese Tatsache macht die beiden ländlichen Räume noch stärker zu benachteiligten Kreisen.

Durch die Öffnung der Grenzen nach Osten nach dem Fall der Mauer, die Osterweiterung der Europäischen Union und eine immer höhere Bedeutung der osteuropäischen Staaten für die deutsche Exportwirtschaft kann sich aber gerade diese Grenzlage auch zum positiven Entwicklungsfaktor wandeln.

Die Frage, die diese Arbeit zu beantworten sucht, ist nun, ob die zum Vergleich herangezogenen ländlichen Räume in Grenznähe, die sich aus der veränderten politischen Situation ergebenden Entwicklungspotentiale, wie beispielsweise die Öffnung des Europäischen Binnenmarktes nach Osten, nutzen oder ob sie weiterhin Regionen mit prekären Zukunftsaussichten bleiben. Kann also an der Entwicklung der letzten Jahre abgelesen werden, dass sich die Regionen im Vergleich zu anderen überdurchschnittlich gut entwickeln?

Um diese Fragen zu klären sollen vor allem Vergleiche mit Daten zum gesamten Bundesgebiet und gegebenenfalls auch zur Landesebene herangezogen werden. Hieraus kann schon deutlich werden, ob sich die untersuchten Kreise im zugrunde gelegten Zeitraum besser oder schlechter als der Bundesdurchschnitt entwickelt haben, woraus Rückschlüsse auf die Gesamtentwicklung der Fallregionen gezogen werden können. Der Untersuchungszeitraum soll Mitte der 1990er Jahre beginnen und bis in das Jahr 2004 reichen. Je nachdem, wie Datenmaterial zu beziehen war, können sich auch etwas andere Vergleichszeiträume ergeben.

Als Begründung für diese zeitliche Einteilung ist die Datierung der eingangs zitierten Definition des Bundesministeriums für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau anzusehen. Die diesen Aussagen zugrundegelegten Daten müssen der Mitte der 90er Jahre entspringen und bieten sich somit als Basisjahr für die Betrachtung eines Wandels an. Als Vergleichszeitraum werden aktuellste Daten herangezogen, die zumeist aus den Jahren 2003/2004 stammen. Doch auch Entwicklungsprognosen, vor allem im Bereich der Bevölkerungsstruktur, sollen in diese Arbeit Eingang finden, da sich an ihnen grundlegend ablesen lässt, wie nachhaltig sich der inzwischen schon vollzogene Wandel auch in Zukunft entwickeln wird.

Im Folgenden sollen nun zuerst die grundlegenden Sozial, Erwerbs- und Wirtschaftsstrukturdaten sowie Besonderheiten der beiden Regionen herausgestellt werden um danach die Problemfelder Bevölkerungs-, Wirtschafts- und Erwerbsstruktur vergleichend zu analysieren. Abschließen wird diese Arbeit mit dem übergreifenden Vergleich der beiden Fallregionen.

2. Einordnung der Fallregionen

Bevor die beiden ausgewählten Landkreise näher dargestellt werden, soll an dieser Stelle kurz geklärt werden, warum gerade sie als Beispielregionen ausgewählt wurden. Zum einen liegen beide Landkreise, wie schon oben angesprochen, an deutschen Grenzen nach Osten, die erst seit relativ kurzer Zeit völlig frei passierbar sind, und zum anderen haben beide Landkreise mit etwa 78.000 Einwohnern fast die gleiche Bevölkerungsgröße, allerdings bei unterschiedlichen Flächengrößen. Beide gehören in ihrem Bundesland zu den am geringsten besiedelten Gebieten und weisen kaum größere Orte, dafür aber große Wald- beziehungsweise Heideflächen auf. In diesen Punkten gleichen sich die Fallregionen noch sehr, doch ändert sich dies spätestens bei der Betrachtung von Bevölkerungs- und Wirtschaftsstruktur. Gerade die hierin deutlich werdenden Unterschiede machen den Vergleich der im folgenden grundlegend angesprochenen Themenfelder und dazugehörigen Daten interessant. Diese sollen auch als Basis für die darauffolgende vergleichende Analyse der Regionen dienen.

2.1 Der Landkreis Tirschenreuth

Der Landkreis Tirschenreuth in seiner jetzigen Gestalt ist ein Produkt der bayerischen Gebietsreform von 1972, welche ihm große Teile des aufgelösten Landkreises Kemnath und kleine Teile des Landkreises Neustadt an der Waldnaab zuschlug.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Städte mit mehr als 5.000 Einwohnern im Landkreis Tirschenreuth zum 31.12.2003

Quelle: eigene Zusammenstellung nach Daten der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder

Größere Städte im insgesamt 26 Städte und Gemeinden umfassenden Kreisgebiet sind Kemnath, Erbendorf, Mitterteich, Waldsassen und Tirschenreuth, welche zwischen 5.000 und 10.000 Einwohner aufweisen. Bedeutende Zentren sind somit nicht vorhanden, was aber dazu führt, dass sich die schwache Besiedlung über die gesamte Fläche des Landkreises erstreckt, so dass die Siedlungsstruktur in ihrer schwachen Ausprägung wenigstens einigermaßen homogen ist.

Die Bevölkerungsentwicklung des Landkreises ist langfristig gesehen seit dem Mauerfall leicht positiv, doch resultiert dieser Zuwachs eher aus starken Wanderungsgewinnen in den ersten Jahren des vereinigten Deutschlands als aus natürlichem Bevölkerungswachstum. Seit Mitte der 1990er Jahre ist dieser Zuwanderungstrend, bedingt durch absinkende Wanderungsbewegungen von den neuen in die alten Bundesländer, gebrochen. Inzwischen schrumpft der Landkreis wieder leicht. Vor allem in den jungen Altersgruppen sind stärkere Abwanderungstendenzen zu erkennen, welche letztendlich zu einer weiteren Verschiebung der Altersstruktur beitragen. Mit einer Bevölkerungsdichte von 72 Einwohnern pro km² gehört der Landkreis zu den am schwächsten besiedelten Gebieten Bayerns.[3]

Wirtschaftlich ist der Landkreis noch immer stark industriell geprägt, wobei vor allem Porzellan-, Ziegel-, Glas-, sowie Metallindustrie von Bedeutung sind. Auch die Landwirtschaft spielt weiterhin eine relativ große Rolle, nimmt aber trotzdem an Bedeutung ab. Doch wird in diesem Sektor kaum Personal abgebaut, während hingegen vor allem das Produzierende Gewerbe immer weniger Erwerbstätigen Arbeit bietet. Der bislang schwach ausgeprägte Dienstleistungssektor profitiert von den Schrumpfungstendenzen der beiden anderen Sektoren und gewinnt langsam angemessene Anteile am Wirtschafts- und Erwerbsleben.

2.2 Der Landkreis Uecker-Randow

Auch der Landkreis Uecker-Randow ist ein Produkt von Gebietsreformen. So wurde 1994 der bis dahin selbständige Landkreis Pasewalk vollständig und die Landkreise Ueckermünde und Strasburg zu großen Teilen zum Landkreis Uecker-Randow zusammengeschlossen. Die insgesamt 51 der 54 Gemeinden sind zu vier Ämtern zusammengefasst, während die drei verbliebenen Städte amtsfrei blieben. Fünf Städte auf dem Kreisgebiet erreichen mehr als 5.000 Einwohner, doch keine dieser Städte kommt auf Einwohnerzahlen von deutlich über 12.000 hinaus.

Tabelle 5: Städte mit mehr als 5.000 Einwohnern im Landkreis Uecker-Randow zum 31.12.2003

Quelle: eigene Zusammenstellung nach Daten der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder

Ein wirkliches Zentrum ist in dem mit 48 Einwohnern pro km² äußerst dünn besiedelten Gebiet somit nicht zu erkennen. Diese Dezentralität ist zum Teil auch als Resultat der Vereinigung von drei ehemals selbständigen Gebietskörperschaften zu sehen.

Ebenso wie viele andere Gebiete in den neuen Bundesländern hat auch der Uecker-Randow-Kreis mit starken Abwanderungstendenzen zu tun und wird dieses Problem des Bevölkerungsrückganges auch in Zukunft nicht signifikant abstellen können. Vor allem die jungen Altersgruppen befinden sich in einem Schrumpfungsprozess, der sowohl aus natürlichen und räumlichen Bevölkerungsbewegungen, also Sterbeüberschuss und negativer Wanderungsbilanz resultiert.[4]

Auffällig an der Wirtschafts- und Erwerbsstruktur ist im Uecker-Randow-Kreis vor allem der steigende Anteil der Beschäftigten im landwirtschaftlichen Sektor sowie die starke Ausprägung des Dienstleistungssektors, wohingegen der ohnehin schwach ausgeprägte industrielle Sektor über die Jahre hinweg immer mehr an Bedeutung abnimmt. Der Landkreis gehört zu den Gebieten mit der höchsten Arbeitslosenquote in Deutschland.[5]

[...]


[1] Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Hrsg.): Strategien für strukturschwache ländliche Räume. Raumordnerische Handlungsempfehlungen zur Stabilisierung und Entwicklung strukturschwacher ländlicher Räume. Bonn 1997, S.6

[2] ebd.: S.6

[3] vgl.: Statistische Ämter des Bundes und der Länder: Atlas zur Regionalstatistik. Abrufbar unter: http://www.destatis.de/atlas/atlas.htm

[4] vgl.: ebd.

[5] vgl.: ebd.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Ländliche Grenzräume - Wachstumslandschaften oder Krisenregionen?
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg  (Institut für Biologie und Umweltwissenschaften)
Veranstaltung
Wirtschafts- und sozialstruktureller Wandel ländlicher Räume in Europa
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
23
Katalognummer
V65408
ISBN (eBook)
9783638579827
ISBN (Buch)
9783656771289
Dateigröße
625 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ländliche, Grenzräume, Wachstumslandschaften, Krisenregionen, Wirtschafts-, Wandel, Räume, Europa
Arbeit zitieren
Florian Winkler (Autor:in), 2006, Ländliche Grenzräume - Wachstumslandschaften oder Krisenregionen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65408

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