Zum Begriff und Erhebungsmöglichkeiten eines altersbedingten Konservatismus


Hausarbeit, 2006

27 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einführung

2 Ausgangssituation und Problemstellung

3 Theorie und Forschungsstand zum Alterskonservatismus
3.1 Zusammengefasste Forschungsergebnisse nach Tews
3.2 Forschungsergebnisse nach Plum und Schleusener
3.3 Forschungsergebnisse nach Mayer
3.4 Forschungsergebnisse nach Bürklin
3.4.1 Exkurs: Lebenszyklusthese und Generationsthese
3.5 Fortsetzung Forschungsergebnisse nach Bürklin
3.6 Zusammengefasste Forschungsergebnisse nach Künemund

4 Fragestellung, Vorannahmen und Hypothesen

5 Definition von Begriffen

6 Geeignete Methode

7 Stichprobe

8 Entwicklung des Leitfadens
8.1 Leitfadeninterview
8.1.1 Personenhintergrund – Fragen für das erste Interview
8.1.2 Fragen zur Erfassung des Untersuchungsgegenstandes – Indikatoren für Konservatismus

9 Theorie zur Auswertung der Interviews

10 Eidesstattliche Erklärung

Literaturverzeichnis

1 Einführung

Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Entwicklung eines Erhebungsinstruments zur Untersuchung des Zusammenhangs von Alter und Konservatismus. Dabei soll die Hypothese eines Alterskonservatismus empirisch untersucht werden.

Inhaltlich werden dabei alle Phasen des Forschungsprozesses bis zum Pretest bearbeitet. Vom Ausgangspunkt der begrifflichen Präzisierung soll die Bestimmung der Dimensionen von Konservatismus geschlossen werden. Dabei werden der aktuelle Forschungsstand sowie die vorhandenen Definitionen von Konservatismus einbezogen. Daraus folgend werden die Indikatoren, die den definierten Konservatismus indizieren können, entwickelt. Hieraus kann dann die Konstruktion von Messinstrumenten zur Untersuchung der Fragestellung des Zusammenhangs von Alter und Konservatismus zur Verifizierung bzw. Falsifizierung der Hypothesen sowie die Entwicklung einer Theorie erfolgen.

Eine Durchführung des entwickelten Untersuchungsinstrumentes ist in diesem Zusammenhang nicht vorgesehen.

2 Ausgangssituation und Problemstellung

Der Anteil älterer Menschen nimmt durch die demografische Entwicklung stetig zu. „Die demographische [sic] Alterung wird in den kommenden Jahrzehnten zu einem bestimmenden Element der demographischen [sic], sozioökonomischen und politischen Entwicklung Deutschlands werden.“ (Mai 2003, S.9).

Nach Japan, Italien und der Schweiz ist Deutschland das Land mit dem weltweit vierthöchsten Durchschnittsalter der Bevölkerung. Diese Entwicklung wird sich in den kommenden Jahrzehnten weiter fortsetzen, begleitet von der gleichzeitigen Abnahme der Bevölkerungszahl (vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2002, S.55).

Abbildung 1:Bevölkerungsentwicklung in Deutschland

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2002, S.55).

In der Betrachtung der Entwicklung der Bevölkerung über einen langen Zeitraum, ergibt sich das Bild einer deutlichen Ausdehnung der Alterspopulation. Um 1910 wurde von der so genannten Alterspyramide[1] gesprochen. Bis zum Jahr 2040 wird sich die Alterspyramide in eine Urnen- beziehungsweise Pilzform[2] verändern (vgl. Backes, Clemens 1998, S.32).

Abbildung 2: Veränderung der Bevölkerungsstruktur in Deutschland

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(vgl. Backes, Clemens 1998, S.34).

Diese Statistik zeigt das stetige Steigen der Anzahl älterer Menschen und das Sinken der Anzahl junger Menschen im Vergleich deutlich.

Die Alterung der Bevölkerung hat auf drei verschiedenen Ebenen stattgefunden: Die erste Ebene ist das Steigen der absoluten Zahl der älteren Menschen.

Die zweite Ebene ist das relative Wachstum des Anteils älterer und alter Menschen, was bedeutet, dass das Verhältnis zwischen jungen und alten Menschen sich verschoben hat (vgl. Backes, Clemens 1998, S.36).

Abbildung 3: Entwicklung des Verhältnisses junger zu alten Menschen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(vgl. Backes, Clemens 1998, S.36).

Die dritte Ebene der Bevölkerungsalterung ist das Ansteigen der Zahl der hochaltrigen Menschen (vgl. Backes, Clemens 1998, S.37).

Insbesondere die Hochaltrigkeit wird in Zukunft eine noch bedeutendere Rolle spielen. Derzeit sind in Deutschland 2,9 Millionen Menschen 90 Jahre und älter. Im Jahr 2020 werden es um die 5,1 Millionen Menschen sein. Im Jahre 2050 rechnet das Statistische Bundesamt sogar mit circa 8 Millionen Menschen die 80 Jahre und älter sind. Das wird etwa 11% der Bevölkerung entsprechen(vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2002, S.55).

Eine homogene Gruppe „der Alten“ gibt es nicht. Menschen im fortgeschrittenen Lebensalter bilden eine heterogene Gruppe mit verschiedensten Lebenserfahrungen und Biografien, welches wiederum Auswirkungen auf Ihre Werte, Normen und Einstellungen hat (vgl. Mai 2003, S.13).

Lebenslagen im Alter sind also sehr differenziert. Dominierende Faktoren hierbei sind die materielle Lage, der Gesundheitszustand und die sozialen Netzwerkbeziehungen. Auch die Dimensionen des Wohnens, gesellschaftliche Partizipation und allgemeines Wohlbefinden spielen eine bedeutende Rolle. Diese Faktoren im Zusammenhang bilden die Lebenswelt älterer Menschen (vgl. Backes, Clemens 1998, S.241).

Die Frage, ob Alter und Konservatismus sich gegenseitig bedingen ist also in Anbetracht der demografischen Entwicklung eine bedeutender Aspekt. Denn die große gesellschaftliche Gruppe „alter Menschen“ hat einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss auf Gesellschaft, Soziales und Politik. Ob bestimmte Einstellungen und Verhaltensweisen bei Älteren zunehmend konservativ geprägt sind, kann deren mögliche Einflüsse auf die oben genannten Bereiche ggf. erklären und dem Potential entsprechend Rechnung tragen. In diesem Zusammenhang sind auch mögliche Risiken zu benennen, die von einer „Übermacht“ der Alten ausgehen könnte: Stillstand und Unfähigkeit zur Veränderung durch Alterskonservatismus und dem Drang zur Wahrung vorhandener Verhältnisse und Sicherung des Status Quo.

Dies ist die Ausgangslange zur Untersuchung des Zusammenhangs von Alter und Konservatismus. Gibt es tatsächlich einen Zusammenhang dieser beiden Faktoren, müsste dies in Anbetracht der demografischen Entwicklung berücksichtigt werden. Nicht nur auf der politischen, sondern auch auf der gesellschaftlichen Ebene von Werten, Normen und Einstellungen hätte dies erhebliche Auswirkungen auf die Entwicklungsfähigkeit eines Landes und dessen Gesellschaft[3].

3 Theorie und Forschungsstand zum Alterskonservatismus

Es ist davon auszugehen, das der Alterskonservatismus nicht abschließend empirisch untersucht ist[4]. Es gibt einige Forschungen, die sich mit dem Thema befasst haben und konkurrierende Ergebnisse je nach Forschungsansatz hervor gebracht. Jedoch ist an dieser Stelle anzumerken, dass sich die vorliegenden Untersuchungen ausschließlich auf die politische Dimension von Konservatismus beziehen und weitere Aspekte nicht berücksichtigten. Im Folgenden sollen die wichtigsten Ergebnisse dargestellt werden.

3.1 Zusammengefasste Forschungsergebnisse nach Tews

Tews nennt vier Schwerpunkte nach Campbell und Strate, die der Alterskonservatismus beinhaltet:

- Die ideologische Identifikation (konservative Selbsteinschätzung),
- das Wählerverhalten und Wahlpräferenzen,
- Einstellung zu Themen, die in Bezug auf das politische System als konservativ gesehen werden sowie
- Inhaltlich konservative politische Themen (vgl. Tews 1987, S.146).

Tews (1987, S.146) merkt an, dass der politische Konservatismus nur als ein begrenzter Ausschnitt von Alterskonservatismus gesehen werden kann.

In diesem Zusammenhang wird ein Überblick über die verschiedenen Dimensionen von Konservatismus und die entsprechenden Forschungsergebnisse geben:

Selbsteinschätzung und politische Polarisierung

Die Untersuchung von Campbell und Strate kommt zu dem Ergebnis, dass bei einer Selbsteinschätzung die älteren Altersgruppen sich als konservativer als die jüngeren einschätzten[5]. Stadie nutzt als Konservatismus-Indikator die Einstellung gegenüber den GRÜNEN. Dabei kommt er zu dem Ergebnis, dass die über 60 jährigen, diese am wenigsten favorisieren. Die Zustimmung zu den GRÜNEN bei den Anhängern anderer Parteien ist bei den CDU/CSU-lern am geringsten, bei den SPD-lern am höchsten. Plum und Schleusner beurteilen in ihrer Untersuchung die politische Richtung als sozialisationsbedingt, wobei eine Verfestigung mit zunehmendem Alter festzustellen ist (vgl. Tews 1987, S.149f.).

Zufriedenheit und Akzeptanz des politischen Systems

„Die Älteren vertrauen eher darauf, daß [ sic ] der Staat das Richtige für die Bürger tut.“ (Tews 1987, S.159). Diese Aussage konnten Stadie, Plum und Scheusener in ihren Untersuchungen damit belegen, dass mit zunehmendem Alter eine höhere Zufriedenheit mit dem politischen System herrscht. Wobei sich in diesem Zusammenhang die Frage stellt, ob die Zufriedenheit objektiv vorhanden ist, oder ob dieser eine fraglose Zustimmung bzw. empfundene Einflusslosigkeit zu Grunde liegt (vgl. Tews 1987, S.150).

Politische Macht- und Meinungslosigkeit

Edinger kam in seiner Untersuchung zu dem Ergebnis, dass über 60 jährige ihre politischen Einflussmöglichkeiten als sehr gering einschätzen. Dies führt dazu, dass allein die regelmäßige Wahl als ausreichendes Instrument zur Entfaltung der Demokratie bei über etwa der Hälfte der über 60 jährigen betrachtet wird. In jüngeren Altersgruppen ist diese Haltung wesentlich weniger verbreitet (vgl. Tews 1987, S.150).

Einstellung zu politischen Fragen und Inhalten

Die Untersuchung von Campell und Strate kommt zu dem Ergebnis, dass ältere Menschen in Bezug auf ihre Einstellung zu politischen Fragen und Inhalten eher konservativ sind. Jedoch konnte auch eine liberale Entwicklung zu verschiedenen Fragestellungen verortet werden. Insbesondere traditionelle Werte wie Recht und Ordnung, Sicherheit, Abtreibung, Einstellung zu Menschen mit Migrationshintergrund werden von den höchsten Altersgruppen eher konservativ präferiert. Themen wie Umweltschutz u.ä. sind nach Stadie weniger von Bedeutung für ältere Menschen.

Besonders die Frage nach der Akzeptanz von politischen Programmen die jüngere Altersgruppen unterstützen muss in diesem Zusammenhang betrachtet werden. So konnte belegt werden, dass „die Alten politische Fragen positiv einschätzen, durch die sie begünstigt wurden (...). Andererseits waren sie (...) eher gegen Programme z.B. für die Jugend, von denen sie unmittelbar nichts hatten.“ (Tews 1987, S.151). Dies stellt die Wichtigkeit der Untersuchung in Bezug auf Generationskonflikte und die Altenmacht nochmals hervor (vgl. Tews 1987, S.151f.).

Wertvorstellungen und Wertewandel

Die über 60 jährigen stufen sich in der Untersuchung von Mohr und Glatzer eher als materialistisch denn als postmaterialistisch ein. Auch in Bezug auf Arbeitswerte sind Ältere eher traditionell orientiert und finden das Leistungsprinzip und die soziale Ungleichheit eher gerecht als jüngere Altersgruppen (vgl. Tews 1987, S.152f.). Spezifische historische Erfahrungen und zeittypische Einflüsse werden in dieser Untersuchung als Ursache für diese Einschätzung betrachtet und nicht endogene Entwicklungen (vgl. Neckel 1994, S.52).

In der Beurteilung der oben dargestellten Forschungsergebnisse kommt Tews zu dem Ergebnis, dass wir mit 60 nicht konservativer werden. Vielmehr ist die Verortung von moralischen Werten Ergebnis der Sozialisation. In diesem Zusammenhang weist Tews auf die Notwendigkeit von Längsschnittsuntersuchungen hin, da Querschnittsvergleiche das Vorhandensein der Werte an sich oder deren konservativen Entwicklung nicht klären kann. Der Autor geht insgesamt eher von einem flexiblem Szenario des Wahlverhaltens älteren Menschen aus als im Vergleich dazu ein gradliniger und ggf. sich verstärkender Alterskonservatismus (vgl. Tews 1987, S.153ff.). Im Ergebnis ist in nachfolgenden Generationen mit einer Liberalisierung des politischen Verhaltens zu rechnen. Dies schlägt sich auch in einer Zunahme postmaterialistischer Werte innerhalb der höheren Altersgruppen nieder (vgl. Neckel 1994, S.53).

3.2 Forschungsergebnisse nach Plum und Schleusener

Im Forschungsbericht von Plum und Schleusener (1981, S.13) wird unter anderem das Wahlverhalten bei Bundestagswahlen von 1953-1972 nach Altersgruppen verglichen. In der altersmäßigen Verteilung der Stimmen, wurde die CDU/CSU überwiegend von den Älteren gewählt. Die SPD hatte vermehrt jüngere Wähler zu verzeichnen. Allerdings wird die These, dass mit steigendem Alter eine eher konservative Partei gewählt wird[6], durch die Auswertung nach Geschlecht und Zweitstimme wiederum relativiert (vgl. Plum, Schleusener 1981, S.13).

In der Untersuchung des Konservatismus in Bezug auf grundlegende politische Orientierung stellten die Autoren Statements und Fragen, die in der Auswertung die Konservatismustheorie bestätigten. Jedoch räumen Plum und Schleusener ein, dass sich ein konservatives politisches Verhalten Älterer nicht zwangsläufig in deren Wahlverhalten widerspiegeln muss. Im Ergebnis wird der Schluss gezogen, das Wahlverhalten in Bezug auf die Parteipräferenz/Wahlabsicht CDU/CSU bzw. SPD uneinheitliche altersabhängige Ausprägungen aufweist (vgl. Plum, Schleusener 1981, S.42ff.).

[...]


[1] Menschen jüngeren Alters sind stärker als die nächst Älteren vertreten.

[2] Die Anzahl junger Menschen nimmt gegenüber den Älteren ab.

[3] „ Der Wandel politischer Einstellungen, der aktiven politischen Partizipation und des politischen Interesses im Alter sowie die Repräsentanz der Älteren sind gegenwärtig zentrale Themen im Bereich Alter und Politik.
Dies hängt vor allem mit dem Interesse zusammen, die zukünftige Entwicklung der politischen Präferenzen im Zusammenhang mit den anstehenden demographischen Veränderungen abschätzen zu können: Das "Altern der Gesellschaft" gibt den Älteren z.B. insgesamt ein stärkeres politisches Gewicht.“
(Künemund 2004).

[4] „Eine entsprechende Untersuchung mit einem altersspezifischen und umfassenden Konservatismus-Konzept ist mir nicht bekannt geworden.“ (Tews 1987, S.149).

[5] Siehe Rechts-Links-Selbsteinschätzung nach Bürklin.

[6] Die stärkere Zuwendung älterer Geburtskohorten zur CDU/CSU bezeichnen Plum und Schleusinger (1981, S.242) als Kohorteneffekt.

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Zum Begriff und Erhebungsmöglichkeiten eines altersbedingten Konservatismus
Hochschule
Universität Vechta; früher Hochschule Vechta  (Interdisziplinäre Gerontologie)
Veranstaltung
Methoden und Modelle empirischer Sozialforschung II
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
27
Katalognummer
V64866
ISBN (eBook)
9783638575676
ISBN (Buch)
9783640211531
Dateigröße
624 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Begriff, Erhebungsmöglichkeiten, Konservatismus, Methoden, Modelle, Sozialforschung
Arbeit zitieren
Andrea Schulz (Autor:in), 2006, Zum Begriff und Erhebungsmöglichkeiten eines altersbedingten Konservatismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/64866

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