Gesundheitsbezogene Lebensqualität bei heimbeatmeten Erwachsenen


Bachelorarbeit, 2005

103 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung und Fragestellung

2. Methoden
2.1. Literaturrecherche
2.2. Ergebnis der Literaturrecherche

3. Heimbeatmung oder die vier großen „W“
3.1. Wann entstand die Heimbeatmung?
3.2. Was versteht man unter Heimbeatmung?
3.3. Wie funktioniert das?
3.4. Wer wird beatmet?

4. Lebensqualität
4.1. Im Labyrinth der Begriffe – globale Lebensqualität
4.2. Entwicklung von Theorien und Konstrukte
4.3. Gesundheitsbezogene Lebensqualität – der große Wurf?

5. Studiencharakterisierung
5.1. Teilnehmeranzahl und ihre Verteilung innerhalb der Studien
5.2. Haupterkrankungsgruppen
5.2.1. Neuromuskuläre Erkrankungen
5.2.2. COPD
5.2.3. Skoliose

6. Erfassung der Lebensqualität bei PatientInnen mit CVI
6.1. Generische und spezifische Instrumente
6.2. Darstellung der generischen und spezifischen Instrumente
6.2.1. Short-Form Health Survey 36 (SF-36)
6.2.2. Sickness Impact Profile (SIP)
6.2.3. Profile of Mood States (POMS)
6.2.4. Münchner Lebensqualitäts Dimensionen Liste (MLDL)
6.2.5. Quality of Wellbeing Scale (QWB)
6.2.6. The European Organization for Research and Treatment of Cancer Quality of Life Questionnaire-Core 30 (EORTC QLQ-C30)
6.2.7. Hospital Anxiety Depression Scale (HADS)
6.2.8. St. Georges Respiratory Questionnaire (SGRQ)
6.2.9. Instrumentenübersicht der Studien

7. Auswertung der Studien
7.1. Gesundheitsbezogene Lebensqualität bei CVI
7.2. Übersicht der ausgewerteten Studien
7.3. Physische Dimension
7.3.1. Atemlos
7.3.2. Aspekte Schlaf und Tagesmüdigkeit
7.3.3. Aspekt körperliche Leistungsfähigkeit
7.4. Psychosoziale Ebene und funktionale Ebene
7.5. Diskussion

8. Schlussbetrachtung und mögliche Folgen für die Pflege

Glossar

Übersicht der Tabellen und Diagramme

Literaturverzeichnis

Anhang

Abkürzungen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung und Fragestellung

„Das Durchschnittliche gibt der Welt ihren Bestand, das Außergewöhnliche ihren Wert“ (Oscar Wilde 1854-1900).

Doch was heißt dies bezüglich der gesundheitsbezogenen Lebensqualität bei heimbeatmeten PatientInnen? Die Idee zu dieser Arbeit entstand vor einiger Zeit während meiner Tätigkeit im ambulanten Dienst bei der Betreuung einer achtzehnjährigen Patientin, die heimbeatmet wurde und an einer progressiven Erkrankung litt. Die Eltern des Mädchens beklagten sich über mangelnde Informationen hinsichtlich der Heimbeatmung ihrer Tochter. Im Verlauf eines Gesprächs, in dem ich von meinem Studium der Pflegewissenschaften an der Universität Witten/Herdecke erzählte und die Studieninhalte beschrieb, forderte mich die Mutter auf : „Machen sie doch mal ein Handbuch für die Angehörigen“. Aus dem Handbuch für Angehörige ist nichts geworden, aber es ist eine Bachelorarbeit entstanden, die vielleicht einen ersten Schritt auch in diese Richtung darstellen kann.

Nach ersten Recherchen wurde mir klar, dass in Deutschland kaum etwas zu dem Thema veröffentlicht wurde. Nicht einmal die Anzahl heimbeatmeter PatientInnen in Deutschland ist bekannt. In einer Anfrage eines Bundestagsabgeordneten zur Zahl der heimbeatmeten PatientInnen musste die Bundesregierung in ihrer Antwort vom 5. September 2002 (BT-Drs. 14/9971, S. 60f.) einräumen, dass ihr hierzu keine Erkenntnisse vorliegen. Auch meine Anfrage beim statistischen Bundesamt (Gesundheitsberichterstattung des Bundes) brachte kein Ergebnis. In der vorliegenden Literatur wird jedoch davon ausgegangen, dass die Zahl der heimbeatmeten PatientInnen stetig zunimmt (vgl. Biniek, R., et al., 1994, Bostelaar, R., 2002, Schönhofer, B., 2005).

Der Leidensdruck dieser Familie forderte aber weitere Fragen heraus.

Wie steht es um die Lebensqualität der PatientInnen und deren Familien? Sind die Erfahrungen der Familie, die ich kennen lernte, ein Einzelfall? Was bedeutet Lebensqualität im Kontext der Heimbeatmung für sie? Der Mensch ist von Grund auf neugierig und deshalb sucht er nach Antworten. Aus mehreren möglichen pflegewissenschaftlichen Fragestellungen zum Thema „Heimbeatmung“ entschied ich mich für die Frage der Lebensqualität, weil dies der Dreh- und Angelpunkt für eine patientInnenorientierte Pflege ist.

Doch welchen Wert besitzt ein subjektives Konstrukt wie die gesundheitsbezogene Lebensqualität, welches individuell ausgerichtet ist, in einem Zeitalter der knappen Ressourcen und der Politik der „Nachhaltigkeit“? Ökonomische Begriffe wie „mehrdimensionale Nutzindikatoren“, „universelles Nutzmaß“ und die Bestimmung der Nutzendimension von PatientInnen haben auch in der Gesundheitspolitik und im Gesundheitswesen Hochkonjunktur:

„Die traditionell häufigste Form ist die Bestimmung differentieller Mortalitätsraten mit ihren verschieden Modifikationen. Es ist eine inzwischen allgemein akzeptierte Trivialität, dass sie ungeeignet sind, den Erfolg von Maßnahmen bei nicht tödlichen Krankheitszuständen oder Befindensstörungen zu bewerten“ (Schwartz, F., et al., 2003. In: Hurrelmann, K., et al. 2003, S. 829).

Die gesundheitsbezogene Lebensqualität (HRQOL) stärker in das Zentrum medizinischer Beurteilungen von Behandlungen rücken, ist eine interdisziplinäre Aufgabe. Dies umfasst auch die Beteiligung der betroffenen PatientInnen und ihres privaten Netzwerkes. Damit würde neben die „objektive“ Perspektive auch die „subjektive“ Perspektive der PatientInnen treten.

Die Bewertung der HRQOL wird anhand von Instrumenten, die mehrdimensional angelegt sind und in der Regel aus unterschiedlich strukturierten Fragebögen bestehen, durch Fremdeinschätzung oder Selbsteinschätzung vorgenommen. Der Sinn ist, die Effektivität und Effizienz einer Therapie nachzuweisen und somit die Notwendigkeit dieser Maßnahme abzubilden.

Die steigenden Kosten im Gesundheitswesen, die höhere Lebenserwartung verbunden mit der Zunahme der chronischen Erkrankungen und hierbei auch die Zunahme der langzeitbeatmeten PatientInnen, beeinflussen die Entwicklung der Konzeptes HRQOL. Krankenhausverweildauern sollen verkürzt werden und Kosten eingespart werden ( vgl. Bostelaar, R., 2002). Bleibt die subjektive Perspektive unter diesen Umständen auch wirklich gewahrt? Schon die Definitionen der Gesundheit und Krankheit unterliegen doch gesellschaftlichen, politischen, kulturellen, individuellen und anderen abgrenzenden Normen. Ähnlich verhält es sich mit der gesundheitsbezogenen Lebensqualität, die ebenso multidimensional angelegt ist (vgl. a.) Bullinger, M., 2000. In: Ravens-Sieberer, et al.). In der vorliegenden Arbeit soll der Frage nachgegangen werden, welche Faktoren die HRQOL von heimbeatmeten PatientInnen und ihren Angehörigen beeinflussen. Wie wird sie beschrieben und handelt es sich immer um die Perspektive der PatientInnen?

Der Fokus dieser Arbeit liegt auf der Frage, welche Aspekte der HRQOL für die heimbeatmeten PatientInnen von Bedeutung sind und wie sie in der Literatur beschrieben werden. Außerdem sollen die möglichen Folgen für die pflegenden Angehörigen und die professionellen Pflegenden beleuchtet werden. Schließlich wird der Frage nachgegangen, welche Konsequenzen sich hieraus für die Pflege heimbeatmeter PatientInnen ergeben.

2. Methoden

2.1. Literaturrecherche

Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um eine empirische Literaturanalyse, die sich auf einen Zeitraum von 1993 bis 2005 erstreckt. Bei der Recherche wurden CD-Rom-Datenbanken, das Internet und Bibliotheken genutzt:

Datenbanken:

- Carelid©
- Cinahl©
- PubMed© (datenbankübergreifend)
- DIMDI©
Bibliotheken:
- Zentralbibliothek der Medizin in Köln
- Landesbibliothek Potsdam
- Universitätsbibliothek Witten/Herdecke
- Universitätsbibliothek Göttingen
- Staatsbibliothek Berlin
Internet:
- Google (http://www.google.de)
- Altavista (http://www.altavista.com)
- Subito (http://www.subito.doc.de)
- Homepage des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung (http://www.bmgs.bund.de)
- Homepage Gesundheitsberichterstattung des Bundes (http://www.gbe-bund.de)
- Homepage der kassenärztlichen Bundesvereinigung (http://www.kbv.de)
- Homepage der privaten Krankenkassen (http://www.pkv.de)

Die wichtigsten deutschen Schlagwörter in Kombination miteinander bei der Literatursuche waren: Heimbeatmung, Nichtinvasive Beatmung, Langzeitbeatmung, außerklinische Beatmung, ambulante Beatmung, nächtliche Beatmung und häusliche Pflege, gesundheitsbezogene Lebensqualität; Wohlbefinden, Zufriedenheit und Lebensqualität.

Die englischsprachigen Suchbegriffe waren: Home care respiratory, Domicililary mechanical ventilation, Non-invasive mechanical ventilation, Home mechanical ventilation, Long-term-mechanical-ventialtion, Health related quality, Quality of life, Life Quality and comfort.

Außerdem wurden mit Hilfe des „Schneeballsystems“ Notationen aus den jeweiligen Texten entnommen. Es wurden Texte aus der Medizin, Pflege und anderen Wissenschaftsbereichen einbezogen.

2.2. Ergebnisse der Literaturrecherche

Anhand dieser Suchstrategie wurden über 85 Artikel und einige Monographien recherchiert. Bei der überwiegenden Anzahl der veröffentlichten Artikel handelt es sich um englischsprachige Artikel aus dem angloamerikanischen und europäischem Raum. Die wenigen Studien zu diesem Thema stammen hauptsächlich aus der Medizin, die wenigen pflegewissenschaftlichen Studien befassen sich mit anderen Fragestellungen zum Thema Heimbeatmung (Entlassungsmanagement, Gerätetechnik, usw.). In der Literaturanalyse werden neun quantitative Studien und eine qualitative Studie ausgewertet. Die restlichen Artikel und Monographien wurden zur Einarbeitung in das Thema und zur Klärung anderer das Thema betreffenden Fragestellungen genutzt. Da die Qualität der Studien variierte, wurden Ein- und Ausschlusskriterien formuliert:

Tabelle 1: Ein- und Ausschlusskriterien für die Studien

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ausgewertet wurden die Studien anhand folgender Kriterien:

- Formulierung der Forschungsfrage, des Forschungsziels oder einer Forschungshypothese
- Angewandte Methode
- Darstellung und Bewertung der Ergebnisse

In den Kapiteln 3 und 4 findet zunächst eine Begriffserläuterung „Heimbeatmung“ und „Lebensqualität“ statt, beide Kapitel sollen zu einer semantischen Klärung beider Begriffe beitragen. Das Kapitel 5 befasst sich mit den Erkrankungsgruppen innerhalb der ausgewählten Studien und soll eine Vorstellung, welche Unterschiede hinsichtlich der gesundheitsbezogenen Lebensqualität (HRQOL) bestehen, vermitteln. In 6 Kapitel geht es um die Erfassung der HRQOL durch die verschiedenen Instrumente (diese sind, soweit sie frei verfügbar waren, im Anhang aufgeführt). Hierbei handelt es sich um eine Übersicht zu den am häufigsten angewandten Instrumenten, die frei zugänglich waren. In Kapitel 7 werden die Studien nach den Dimensionen der HRQOL ausgewertet und diskutiert. Kapitel 8 beschäftigt sich mit den möglichen Folgen für die pflegenden Angehörigen sowie professionell Pflegenden und soll eine Einführung in dieses Thema darstellen.

Bei den vorliegenden Studien handelt es sich um sechs nicht experimentelle, quantitative Querschnittsstudien. Hiervon sind zwei Evaluationsstudien, eine retrospektiv angelegte Studie, eine Korrelationsstudie, einen Gruppenvergleich und eine qualitative Querschnittsstudie. Bei der einzigen qualitativen Studie handelt es sich um die bisher einzige pflegewissenschaftliche Arbeit zu diesem Thema. Die restlichen vier quantitativen Längsschnittstudien (nicht experimentell) verteilen sich auf zwei prospektive Studien, einen Gruppenvergleich und eine Verlaufsstudie.

Problematisch bei der Auswertung der Studien waren:

- Mangelnde Transparenz bei der Darstellung der Forschungsdesigns
- Geringe und sehr unterschiedliche Stichprobengröße
- Ungenauigkeiten bei der Datensammlung
- Vereinfachte und nicht transparente Datenanalyse
- Sowie teilweise unzureichende Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse

Trotz dieser Mängel und der daraus resultierenden mangelnden Übertragbarkeit der Ergebnisse wurden alle Studien in die vorliegende Literaturanalyse aufgenommen. Denn das Ziel dieser Arbeit ist, Aspekte der HRQOL aufzuzeigen und deren Forschungsperspektiven kritisch zu beleuchten. Außerdem werden Forschungsergebnisse zum Thema Lebensqualität und Heimbeatmung in dem Zeitraum von 1993 bis 2005 dokumentiert, was zu einer Wissenserweiterung innerhalb der pflegewissenschaftlichen Domäne beitragen soll.

3. Heimbeatmung oder die vier großen „W“

3.1. Wann entstand die Heimbeatmung?

Wie in vielen Bereichen der Medizin war der Auslöser für die Entwicklung der Heimbeatmung eine Erkrankung. Die Poliomyelitis-Epidemie hatte in den 40er und 50er Jahren sowohl in den USA als auch in Europa verheerende Auswirkungen. Viele der Betroffenen benötigten eine künstliche Beatmung um überleben zu können. Die Bildung von Poliozentren und die internationale Zusammenarbeit in Bezug auf die Weiterentwicklung der klinischen Beatmung und der Intensivmedizin wurden hierdurch vorangetrieben (vgl. Lademann 2000, S. 26-29).

Die Folge waren langzeitbeatmete PatientInnen die überlebten, die aber in die „normale“ Versorgungsstruktur nicht mehr hineinpassten.

One unexpected by-product of success was the development of a population of survivors dependent upon prolonged life-sustaining technology who had no option to remain in the hospital for indefinite future“( Goldberg, A. 2002, S. 321-324).

In der Folge wurden interdisziplinäre Versorgungsprogramme in den USA und Europa entwickelt und die Beatmungstechnologie machte weitere Fortschritte.

Negative pressure ventilators were the first form of noninvasive ventilation devices “ (Hämäläinen, P., 1999, S. 38).

Von der „Eisernen Lunge“ und der Noninvasiven Negativen-Druckbeatmung entwickelte sich die Beatmungstechnologie zur ersten „modernen“ Beatmungsmaschine, die mit einem Positiven Druck arbeitete. Von nun an wurde über ein Tracheostoma die Positiv-Druckbeatmung durchgeführt, über ein Gerät, welches kleiner als die „Eiserne Lunge“ war.

Der Einsatz der Polio-Impfung entschärfte das Problem, an den Programmen wurde hinsichtlich anderer Erkrankungen und Applikationsmöglichkeiten der Beatmung weiter gearbeitet. So fertig in Frankreich Professor Rideu einen „Beatmungszugang“ aus zwei Urinkathedern, die er mittels eines T-Stückes verband. In Australien wurde an einer Nasenmaske gearbeitet, die bei PatientInnen mit obstruktiver Schlafapnoe angewandt wurde.

In Frankreich gründete sich 1981 die ANTADIR (Association National Pour le Traitement à Domicile de L’ Insuffiance Respiratoire Chronique) - eine nationale Non-Profit-Organisation aus 28 regionalen Heimbeatmungsunternehmen (zu ANTADIR vgl. Meslier, et al, 1998, S. 185-192).

Das „Responaute Programme“ des St.Thomas Hospital war die englische Antwort auf den erhöhten Versorgungsbedarf von langzeitbeatmeten PatientInnen im häuslichen Umfeld (Lademann, J. 2000, S. 27).

Für Deutschland fehlen genaue Zahlenangaben über die Entwicklung der Heimbeatmung. Schönhofer spricht von „20 etablierten deutschen Beatmungszentren“ mit 3.600 CVI-PatientInnen, die 1999 zu Hause beatmet wurden (Schönhofer, B., 2005, S. 70).

3.2. Was versteht man unter Heimbeatmung?

Der Begriff Heimbeatmung ist im deutschen Sprachraum kein fester Fachbegriff, so wird er synonym mit der „Intermittierenden Selbstbeatmung (ISB)“ verwandt (Wiebel, M., et al 1996,19-21, Köhnlein, T., et al. 2002, S.770-772). Die deutsche Gesellschaft für Pneumologie beschreibt in ihren Richtlinien, welches Ziel die ISB hat, welches Beatmungsmuster und Beatmungsform gewählt werden sollte.

Das Beatmungsmuster beschreibt „den zeitlichen Ablauf von Druck, Flow und Volumen innerhalb des Beatmungszyklus“ (Burchardi, H., 2005, S. 99).

Bei den Beatmungsformen unterscheidet man im Wesentlichen drei Grundformen der Beatmung, die am Anteil der erbrachten Atemarbeit seitens der PatientInnen und der Beatmungsmaschine orientiert sind:

1. vollkontrollierte Beatmung, bei dieser Form der Beatmung übernimmt die Maschine vollständig die Atemarbeit (continuous mandatory ventilation, CMV).
2. die so genannte Pressure Support Ventilation (PSV), hierbei handelt es sich um eine maschinell unterstützte Form der Beatmung, die die Spontanatmung der PatientInnen unterstützen soll.
3. die normale Atmung = Spontanatmung

(Quelle: Burchardi, H., 2005, 106)

Was jedoch fehlt, ist eine genaue Definition der Heimbeatmung.

Die Heimbeatmung taucht in den Richtlinien der deutschen Gesellschaft für Pneumologie unter „Indikation zur Heimbeatmung“ auf. Dabei handelt es sich um Empfehlungen, wann eine Heimbeatmung stattfinden sollte (Deutsche Gesellschaft für Pneumologie,1994, S.331-333).

Eine weitere Erklärung lautet:

„die Beatmung wird heutzutage in der Regel als Positiv-Druck-Beatmung mit kleinen Heimbeatmungsgeräten durchgeführt … Diese Beatmung sollte vorzugsweise nachts zu Hause über einen Zeitraum von 6-8 Stunden täglich durchgeführt werden; eine Zeit die in der Regel ausreicht, dass die chronisch überlastete Atemmuskulatur sich erholen kann“ (Karg, O., et al., 2005, S. 157, In: Becker, H., Nichtinvasive Beatmung).

Die American Association for Respiratory Care (AARC) definiert häusliche Beatmung wie folgt:

„… those forms of respiratory care provided in the patient`s place of residence by personnel trained in respiratory care working under mechanical supervision. The goals of respiratory home care are to improve the patient’s physical well being and potential ...“ (Spratt, G., et al., 2001, S.475).

So ist mit Heimbeatmung nicht immer auch die Beatmung im häuslichen Umfeld gemeint, sie kann und wird auch in Pflegeheimen außerhalb eines Krankenhauses durchgeführt (vgl. zu unterschiedlichen Terminologie Schäfer, I. et al., 2005, S. 160).

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit Studien im häuslichen Setting.

Im deutschen Kontext gibt der Begriff der Intermittierenden-Selbstbeatmung (ISB) also nur an, dass es sich nicht um eine durchgehende 24h Beatmung in häuslicher Umgebung handelt, sondern die Beatmungszeit von beatmungsfreien Intervallen begleitet wird. Das Beatmungsgerät wird entweder von der PatientIn selbst eingestellt und angelegt oder von Angehörigen oder professionell Pflegenden. Der Begriff Selbstbeatmung ist hier etwas missverständlich.

Die Beatmungsapplikation ist die Art und Weise des Zugriffes auf die Beatmung, also über welchen „Zugang“ die PatientIn beatmet wird. Die „einfachere“ Variante ist die Nicht-invasive Beatmung (NIV). Hier hat die Modellentwicklung der Industrie zu verschiedenen Materialien und individuellen Modellen geführt. Deren Ziel ist eine optimale Passform (minimale Leckage; sogenannte „undichte Stelle“, deren Ursache eine undichte Maske, ein Schlauchdefekt etc. sein kann, an der Luft entweicht, die somit der PatientIn nicht mehr zur Verfügung steht) und eine Verringerung des Totraumes zu garantieren. Die nasoorale Gesichtsmaske und die Nasenmaske werden der PatientIn individuell angepasst, um einen effektiven Sitz zu erreichen (vgl. Karg, O., et al. 2005, S. 143).

Die zweite Variante ist die Invasive-Beatmung über ein operativ angelegtes Tracheostoma oder eine endotracheale Intubation (vgl. Kinnear, W., 1994, S. 30ff).

Die endotracheale Intubation wird jedoch nur im klinischen Bereich angewandt. Es gibt also unterschiedliche „Beatmungszugänge“, die je nach Erkrankung und Präferenz der PatientInnen zur Anwendung kommen (vgl. Larsen, R., 1999, S. 254 ff).

3.3. Wie funktioniert das?

Wie eingangs erwähnt, war ein entscheidender Schritt in der Beatmungsmedizin die Entwicklung der Positivdruckbeatmung, die die Negativdruckbeatmung weitgehend abgelöst hat. Diese Beatmungsform wird in der heutigen klinischen Beatmungstherapie, aber auch in der häuslichen Beatmung überwiegend benutzt. Worin liegen die Unterschiede? Bei der Negativdruckbeatmung, auch bekannt unter dem Namen „Eiserne Lunge“, wird durch einen Kompressor intermittierend ein subatmosphärischer Druck um den Thorax und das Abdomen aufgebaut. Dies erfolgt über einen so genannten Tankrespirator oder zwei Hartschalen, die Thorax und Abdomen einhüllen oder einen Pneumosuit (innerhalb eines Ganzkörperanzuges wird ein negativer Druck aufgebaut). Problematisch wird die Anwendung dieser Beatmungsform bei PatientInnen mit Thoraxdeformierungen, da die Anpassung hier sehr schwierig ist und es zu größeren Leckagen kommen kann, die zu einer Ineffizienz der Beatmung führen (vgl. Karg, O., et al., 2005, S.144f).

Die Positivdruckbeatmung stellt die Grundlage der modernen intensivmedizinischen Behandlung und Narkoseverfahren dar. In der ambulanten Versorgung sorgen Heimbeatmungsgeräte (sog. Blower) über eine Turbine für einen konstanten Überdruck im Beatmungssystem. Bei einigen Geräten kann ein Mindestvolumen eingestellt werden, der Druck erhöht sich dann solange, bis das eingestellte Mindestvolumen erreicht ist (Kinnear, W.1994, S. 16 ff).

Auf die unterschiedlichen Beatmungsmuster und unterschiedlichen Beatmungsformen wird in der vorliegenden Arbeit nicht eingegangen, da dies nicht Teil der Fragestellung ist.

Die Zwerchfellstimulation über einen Zwerchfellschrittmacher ist eine weitere Beatmungsform. Voraussetzung für diese Form ist ein intaktes Zwerchfell und eine uneingeschränkte Funktion des N. phrenicus, da dieser stimuliert wird. Somit beschränkt sich die Indikation im Wesentlichen auf zwei Hauptgruppen, die hohe Querschnittsläsion und die zentrale alveolare Hypoventilation (Karg, O., et al. 2005, ebenda).

Die Entwicklung kleinerer und bedienungsfreundlicher Geräte hat einen Einsatz im häuslichen Bereich möglich gemacht, bei dem auch die PatientInnen, Angehörigen und Pflegekräfte im ambulanten Bereich vor neuen und höheren Anforderungen stehen.

3.4. Wer wird heimbeatmet?

Die Anwendung der Heimbeatmungstherapie findet bei verschiedenen Erkrankungen statt, die unter dem Begriff Chronisch Ventilatorische Insuffizienz (CVI) zusammengefasst werden können. Die Symptome der CVI sind anfangs nur geringe Dyspnoe (Atemnot) unter Belastung, die im Verlauf zunimmt. Hinzu kommen andere unspezifische Symptome wie z.B. Kopfschmerz, Tagesmüdigkeit, Konzentrationsschwäche, Schlafstörungen, physische Abgeschlagenheit und zunehmende Mobilitätseinschränkungen. Die Diagnose der CVI bedarf genauer Beobachtung und Diagnostik (vgl. Schönhofer, B., 2005, S. 70f).

Im Wesentlichen lassen sich zwei Störungen der Atmung unterscheiden, die Erkrankungen der Lunge und Erkrankungen der „Atempumpe“.

Die erste Gruppe ist charakterisiert durch eine Verminderung der Sauerstoffaufnahme und einer schlechteren Versorgung der Organe mit Sauerstoff. Die ungleiche Verteilung zwischen Belüftung und Durchblutung der Lunge, der so genannten Diffusionsstörung, bewirkt ein Absinken der Sauerstoffsättigung im Blut (Hypoxämie). Erkrankungsbeispiele sind: Lungenfibrose, chronisch obstruktive Lungenerkrankung, Lungenembolie usw.

In der zweiten Gruppe kommt es zu Störungen der so genannten „Atempumpe “, sie besteht aus Atemzentrum im Gehirn, den Nerven (z.B. N.phrenicus), den Atemmuskeln und dem knöchernen Thorax. Hier kommt es aufgrund einer verminderten Belüftung der Alveolen der Lunge zu einer Abgabestörung von Kohlensäure ins Blut und dadurch zu einem Anstieg des Kohlendioxids im Blut. Diese Art der Störung wird ventilatorische Insuffizienz genannt.

Hierzu zählen die Erkrankungen Amyotrophe Lateralsklerose (ALS), spinale Muskelatrophien, Muskeldystrophien, Kyphoskoliose, Post-Polio-Syndrom, Post-Tbc-Syndrom, chronisch obstruktive Lungenerkrankungen (COPD) usw.

Die Literaturanalyse wird sich mit den Erkrankungsgruppen neuromuskuläre Erkrankungen (ALS, Duchenne), Skoliose und der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung beschäftigen. Auf die unterschiedlichen Erkrankungsbilder wird im Kapitel der Studiendarstellung noch näher eingegangen.

4. Lebensqualität

4.1. Im Labyrinth der Begriffe – Globale Lebensqualität

Die Lebensqualitätsforschung hat ihre Wurzeln in der sozialwissenschaftlichen Wohlfahrts- und Sozialindikatorenforschung, wobei die Untersuchung der Lebensqualität sich zunächst auf größere Bevölkerungsgruppen bezog, nicht auf den einzelnen Menschen. Soziale und ökonomische Indikatoren standen im Vordergrund, beispielsweise Einkommen, politische Freiheit, Rechtssicherheit, gesundheitliche Versorgung oder soziale Gerechtigkeit und deren Einwirken auf die objektiven Lebensbedingungen und subjektiven Bewertung innerhalb bestimmter Bevölkerungsgruppen (vgl. Schumacher, J., et al., 2003, S. 9 ff.).

Erschwert wird der Umgang mit dem Begriff der Lebensqualität dadurch, dass es keine allgemein gültige Definition des Begriffes gibt. So hat sich die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hierzu wie folgt geäußert:

„die Vorstellung eines Individuums von seiner Stellung im Leben in Zusammenhang mit der Kultur und dem Wertesystem, in dem es lebt, und in Beziehung zu seinen Zielen, Normen und Belangen“( WHO 1993, zit. nach King, C., Hinds, P. 2001, S. 30) .

Ein anderes Beispiel für eine Definition ist die von Grant, Padilla, Farell und Rhiner. Danach ist Lebensqualität:

„eine persönliche Aussage zur Positivität oder Negativität von Attributen, die das Leben charakterisieren.“ (Grant, et al., 1990, zit. nach King, C., Hinds, P. 2001, S.448)

Trotz einer konzeptuellen Auseinandersetzung in den 70er Jahren innerhalb der Lebensqualitätsforschung ist man von einer nominalen Definition der Lebensqualität abgerückt. Ein früher Verfechter einer operationalen Definition von Lebensqualität war der Wissenschaftstheoretiker Karl Popper. Seiner Meinung nach war es unmöglich, einen so komplexen Sachverhalt wie die globale Lebensqualität allgemeingültig darzustellen.

In den 80er Jahren wurde die Frage der Messbarkeit der Lebensqualität aufgenommen. Als Beurteilungskriterium fand nun der Begriff der Lebensqualität Eingang in die Medizin. Ziel war es, sie messbar zu machen und neben den biomedizinischen Messgrößen auch die Lebensqualität zu einem Beurteilungskriterium für die Therapieeffektivität zu nutzen. Im Verlauf der 90er Jahre ging es um die Anwendung der Lebensqualitätsmethoden und den Ergebnissen der Lebensqualitätsforschung in klinischen, gesundheitsökonomischen und epidemiologischen Studien und Untersuchungen zur Qualitätssicherung (vgl. a.) Bullinger, M. 2000, S. 13-24).

Der Trend zu einer eher individuumsbezogenen Konzeption von Lebensqualität ist auch unter dem Blickwinkel einer „alternden Gesellschaft“ zu sehen. Denn ein Anstieg der chronischen Erkrankungen bewirkt einen Wechsel innerhalb der Behandlungsschwerpunkte von der “ Priorität der Heilung“ hin zu einem Konzept der gesundheitsbezogenen Lebensqualität aus Sicht der Betroffenen. Die „ausschließliche Wahrheit“ über das, was „Gut und Richtig“ für die PatientIn ist, liegt somit nicht mehr ausschließlich beim Arzt. King bemerkt zu diesem Punkt:

[...]

Ende der Leseprobe aus 103 Seiten

Details

Titel
Gesundheitsbezogene Lebensqualität bei heimbeatmeten Erwachsenen
Hochschule
Universität Witten/Herdecke
Note
1,5
Autor
Jahr
2005
Seiten
103
Katalognummer
V64799
ISBN (eBook)
9783638575218
ISBN (Buch)
9783638709767
Dateigröße
1202 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Aspekte, Lebensqualität, Erwachsenen, Bedeutung, Pflege, Beatmung
Arbeit zitieren
Pflegewissenschaftlerin BScN Sabine Fiedler (Autor:in), 2005, Gesundheitsbezogene Lebensqualität bei heimbeatmeten Erwachsenen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/64799

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