Baubetriebliche Auslegung und kalkulatorische Behandlung von Allgemeinen Geschäftskosten bei Anwendung des § 2 Nr. 5 VOB/B


Hausarbeit, 2002

103 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Bauauftragsrechnung
2.1 Erläuterung des baubetrieblichen Rechnungswesens
2.2 Arten und Gliederung der Kalkulation
2.3 Bestandteile der Kalkulation
2.3.1 Einzelkosten der Teilleistungen
2.3.2 Gemeinkosten der Baustelle
2.3.3 Allgemeine Geschäftskosten
2.3.4 Wagnis und Gewinn
2.3.5 Umsatzsteuer

3. Kostenrechnungsmodelle
3.1 Allgemeines
3.2 Äquivalenzziffernkalkulation
3.3 Kalkulation mit vorbestimmten Zuschlägen
3.4 Kalkulation über die Angebotsendsumme
3.5 Prozesskostenrechnung
3.6 Deckungsbeitragsrechnung
3.7 Zielkostenrechnung
3.8 Bewertung der Kostenrechnungsmodelle

4. Nachtragsansprüche aus geänderten und zusätzlichen Leistungen
4.1 Allgemeines
4.2 Anspruch auf Mehrvergütung geänderter und zusätzlicher Leistungen
4.3 Abgrenzung zwischen § 2 Nr. 5 und Nr. 6 VOB/B
4.3.1 Geänderte Leistungen gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B
4.3.2 Zusätzliche Leistungen gemäß § 2 Nr. 6 VOB/B
4.3.3 Unterschiede zwischen geänderter und zusätzlicher Leistung
4.4 Handhabung der Preisfortschreibung

5. Zugeständnisse aus den Vergabeverhandlungen
5.1 Arten von Zugeständnissen
5.2 Änderungen der Leistungsumfangs
5.3 Skonto
5.4 Kostenbeteiligungen
5.5 Preisnachlass
5.5.1 Preisnachlass bei geänderten Leistungen
5.5.2 Preisnachlass bei zusätzlichen Leistungen
5.6 Bewertung

6. Kalkulationsbestandteil „Allgemeine Geschäftskosten“
6.1 Vorbemerkungen
6.2 Bestandteile der Allgemeinen Geschäftskosten
6.2.1 Fixe Kosten
6.2.2 Variable Kosten
6.3 Allgemeine Geschäftskosten bei unterschiedlichen Betriebsgrößen
6.3.1 Handwerksbetrieb
6.3.2 Mittelständler
6.3.3 Aktiengesellschaft
6.4 Bewertung der Analyse des Kalkulationsbestandteils

7. Baupraktische und verursachungsgerechte Kostenzuordnung
7.1 Fragen der Kostenzuordnung bei Nachtragsangeboten
7.2 Verursachungsgerechte Kostenzuordnung
7.2.1 Deckungsbeitragsrechnung
7.2.2 Prozesskostenrechnung
7.3 Bewertung

8. Beispiele zur Anwendung der verursachungsgerechten Kostenzuordnung
8.1 Beispiel 1: Zusätzliche Fluchttreppe
8.1.1 Einzelkosten der Teilleistungen
8.1.2 Ermittlung des Einheitspreises
8.1.3 Bewertung der Kostenrechnungsmodelle
8.2 Beispiel 2: Erstellung von Unterzügen
8.2.1 Einzelkosten der Teilleistungen
8.2.2 Ermittlung des Einheitspreises
8.2.3 Bewertung der Kostenrechnungsmodelle
8.3 Bewertung

9. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Abbildungen und Tabellen

Anhang

Abkürzungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Bei vielen Bauleistungen, die auf der Grundlage von VOB-Einheitspreisverträgen ausgeführt werden, kommt es während des Bauablaufes zu Änderungen des vertraglich vereinbarten Bausolls. Dies ist auf die in § 1 Nr. 3 und Nr. 4 festgeschriebenen Regelungen der VOB/B zurückzuführen. Hier wird dem Auftraggeber zugestanden, Leistungsänderungen während des Bauablaufes anzuordnen sowie die Erbringung zusätzlicher Leistungen vom Auftragnehmer unter bestimmten Bedingungen zu ver-langen. Im Gegenzug besitzt der Auftragnehmer das Recht auf eine angemessene Vergütung der geänderten bzw. zusätzlichen Leistungen. Geregelt ist dies in § 2 Nr. 5 und Nr. 6 VOB/B.

Der von der VOB/B vorgesehene Idealfall liegt dabei in einer Preisvereinbarung für die geänderten bzw. zusätzlichen Leistungen vor Ausführungsbeginn. In der Praxis hingegen wird über die Preisbestimmung oftmals erst nach Ausführungsbeginn verhandelt. Demzufolge kann es zu Streitigkeiten zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer kommen. Für die Festlegung des neuen Preises sind alle durch die Änderung bedingten Mehr- und Minderkosten zu berücksichtigen. Diese Regelung erweist sich gerade bei der Zuordnung von Gemeinkosten als problematisch, da diese häufig nur pauschal erfasst sind. Von besonderem Interesse ist dabei der Kalkulationsbestandteil „Allgemeine Geschäftskosten“. Das Thema dieser Studienarbeit basiert auf der Tatsache, dass die tatsächlichen und die vergüteten Kosten oftmals erheblich voneinander abweichen. Ein Ansatzpunkt liegt daher in der Frage, inwieweit Möglichkeiten zu einer verur-sachungsgerechten Zuordnung der Gemeinkosten existieren. Dies ist sowohl für den Auftragnehmer als auch den Auftraggeber von Bedeutung, da wahlweise einer der beiden von einer verursachungsgerechten Kostenzuordnung profitieren kann. Eine Hauptaufgabe dieser Studienarbeit setzt sich dabei mit der baupraktischen Erläuterung des § 2 Nr. 5 und Nr. 6 VOB/B auseinander. Ferner sollen Kostenrechnungs- und Kalkulationsmodelle zur Berechnung der Vergütungsansprüche aus geänderten bzw. zusätzlichen Leistungen gefunden und erörtert werden.

Diesbezüglich wird zunächst die Kalkulation von Bauleistungen unter besonderer Berücksichtigung der Allgemeinen Geschäftskosten untersucht. Die einzelnen Bestand-teile dieses Kalkulationselementes werden dabei zu erfassen und aufzugliedern versucht. Eine Gegenüberstellung der Allgemeinen Geschäftskosten von Handwerksbetrieben bzw. kleinen Baufirmen, Mittelständlern und großen Bauaktiengesellschaften wird in diesem Zusammenhang ebenfalls durchgeführt. Des weiteren werden verschiedene Kosten-rechnungsmodelle vorgestellt und kritisch auf ihre Stärken und Schwächen beleuchtet. Ein besonderes Kriterium ist dabei die Einsatzmöglichkeit in Bauunternehmen. Zudem werden die gängigen Kommentierungen der VOB hinsichtlich der Rechtsprechung bei geänderten bzw. zusätzlichen Leistungen untersucht. Von besonderem Interesse hierbei ist die Fortschreibungspraxis von Allgemeinen Geschäftskosten sowie die Handhabung von Zugeständnissen, die aus den Vertragsverhandlungen resultieren. Von der rechtlichen Beurteilung der Ansprüche des Auftragnehmers ausgehend, findet eine Betrachtung der baupraktischen Umsetzung statt. Mit Hilfe der zuvor erläuterten Kostenrechnungsmodelle wird die Möglichkeit einer verursachungsgerechten Gemein-kostenzuordnung untersucht. Die Ergebnisse werden der baupraktischen Handhabung gegenübergestellt und bewertet. Eingefügte Beispiele dienen dazu, diese Ergebnisse zu erläutern sowie die kalkulatorischen Auswirkungen zu veranschaulichen.

Die zur Darstellung der aufgeführten Punkte notwendigen Informationen werden nicht ausschließlich der Literatur entnommen. Anfragen bei diversen Baufirmen sollen insbesondere dazu dienen, Aufschluss über die Allgemeinen Geschäftskosten sowie die baupraktische Handhabung von Nachträgen für geänderte und zusätzliche Leistungen zu erlangen.[1]

2. Die Bauauftragsrechnung

2.1 Erläuterung des baubetrieblichen Rechnungswesens

Zur Einführung in das zu behandelnde Thema der „Allgemeinen Geschäftskosten bei Nachträgen infolge § 2 Nr. 5 und Nr. 6 VOB/B“ muss zunächst einmal das betriebliche Rechnungswesen erläutert werden. Hierunter ist die rechnerische Erfassung, Planung und Kontrolle des gesamten Betriebsgeschehens zu verstehen.[2]

Bei der Betrachtung des baubetrieblichen Rechnungswesens sind die Besonderheiten der Bauwirtschaft zu berücksichtigen. Nahezu alle Bauleistungen sind Einzelobjekte, wo-durch sich immer wieder individuelle Probleme, beispielsweise beim Bauablauf, ergeben. In der Kalkulation und Abrechnung der Objekte lassen sich demzufolge nur wenige Gemeinsamkeiten finden. Für den Vergleich einzelner Bauleistungen untereinander ist deshalb ein geschlossenes betriebliches Rechnungswesen erforderlich.

Der Aufbau des Rechnungswesens eines Unternehmens, insbesondere eines Bauunter-nehmens, ist in Abbildung 2.1 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.1: System des baubetrieblichen Rechnungswesens[3]

Im (bau-)betrieblichen Rechnungswesen kann man aufgrund der Verschiedenheit der Aufgaben von einer Zweiteilung sprechen.[4] Entwickelt hat sich einerseits die Unter-nehmens- und Finanzrechnung als externes Rechnungswesen, andererseits die Kosten- und Leistungsrechnung als internes Rechnungswesen.[5] Mit der Unternehmens- und Finanzrechnung wird die Geschäftsbuchführung nach § 238 HGB durchgeführt. Als Rechnungsarten sind die Bilanzrechnung und die Erfolgsrechnung unter der Unternehmensrechnung sowie die Liquiditätsrechnung unter der Finanzrechnung zu nennen. Auf eine weiterführende Erläuterung dieses Zweiges des Rechnungswesens wird verzichtet.

Für die baupraktische und kalkulatorische Auslegung des § 2 Nr. 5 und Nr. 6 VOB/B ist die Kosten- und Leistungsrechnung von größerer Bedeutung. Sie ist unterteilt in die Baubetriebs- und die Bauauftragsrechnung. Zur weiteren Betrachtung der einzelnen Rechnungsarten sind zunächst einige Begriffsdefinitionen notwendig:

Kostenarten dienen im Rechnungswesen zur Feststellung, welche Kosten entstanden sind. Einen Überblick über verschiedene Kostenarten bietet in der Bauwirtschaft der Baukontenrahmen (BKR). Kostenstellen beschreiben, wo die Kosten entstanden sind, z.B. in der Verwaltung, in Hilfsbetrieben oder direkt auf den Baustellen. Die Zuordnung der entstandenen Kosten erfolgt auf die Kostenträger, z.B. Positionen eines Leistungs-verzeichnisses. Somit geben Kostenträger an, wem die Kosten zugeordnet werden.[6]

Auf diesen drei beschriebenen Begriffen basiert die Kosten- und Leistungsrechnung. Die Baubetriebsrechnung beschäftigt sich mit der Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung sowie der Bauleistungs- und der Ergebnisrechnung. Während sich die drei erstgenannten Rechnungsarten mit der Kenntnis der Definitionen erklären, sind die beiden anderen Rechnungsarten noch kurz zu erläutern. Die Bauleistungsrechnung dient der Ermittlung des Wertes der erbrachten Bauleistung, insbesondere bei noch nicht fertiggestellten Objekten. In der Ergebnisrechnung werden die Kosten und Leistungen gegenübergestellt, um den betrieblichen Erfolg zu errechnen und zu dokumentieren. Diese Rechnungsarten dienen der internen Kontrolle des Unternehmens und sollen darüber hinaus Zahlen und Richtwerte für die Bauauftragsrechnung bereitstellen.

Mit Hilfe der Bauauftragsrechnung, im allgemeinen Sprachgebrauch auch Kalkulation genannt, sollen die Kosten einzelner Bauleistungen erfasst werden. Hierzu werden eben-falls die Kostenarten und Kostenstellen ermittelt, um sie anschließend den Kostenträgern, den einzelnen Teilleistungen eines Leistungsverzeichnisses, zuordnen zu können. Dieser Teil des betrieblichen Rechnungswesens ist für die Betrachtung der kalkulatorischen Handhabung des § 2 Nr. 5 und Nr. 6 VOB/B von entscheidender Bedeutung. Im folgenden Abschnitt 2.2 wird die Bauauftragsrechnung näher erläutert.

2.2 Arten und Gliederung der Kalkulation

Die Kalkulation von Bauleistungen ist in drei Phasen, vor der Auftragserteilung, nach der Auftragserteilung und nach Ende der Bauzeit, gegliedert. Während dieser Phasen werden den unterschiedlichen Aufgaben angepasste Kalkulationen erstellt. Einen Überblick über die Zusammenhänge der einzelnen Phasen und Arten der Kalkulation bietet Abbildung 2.2.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.2: Übersicht der Arten der Kalkulation[7]

In der ersten Phase, vor der Auftragserteilung, wird die Vorkalkulation, bestehend aus der Angebots- und der Auftragskalkulation, durchgeführt. Mit Hilfe der Angebotskal-kulation werden die Kosten für die Erbringung einer Bauleistung im voraus ermittelt. Das Ergebnis sind die Einheitspreise für die einzelnen Teilleistungen. Im Rahmen einer Ausschreibung dienen die kalkulierten Preise der Auftragsbeschaffung. Grundlage bei der Ermittlung von Einheitspreisen sind Leistungsverzeichnisse, die entweder vom Auftraggeber aufgestellt wurden oder die der Auftragnehmer bei funktionalen Bau- und Leistungsbeschreibungen selbst erstellt.[8] Während der Ermittlung der Kosten im Vorfeld der Bauleistung sind bereits Kenntnisse über das Bauverfahren notwendig. Es können jedoch aus Zeit- und Kostengründen keine detaillierten Planungen erfolgen. Ansätze für den Einsatz von Maschinen und Personal sind der im vorherigen Abschnitt beschriebenen Baubetriebsrechnung, Kalkulationen von bereits abgeschlossenen vergleichbaren Bau-werken sowie der Literatur mit Arbeitszeitrichtwerten[9] zu entnehmen. Alle angesetzten Werte sind vorläufig und beruhen häufig auf der Erfahrung des Kalkulators. Im üblichen Sprachgebrauch wird die Angebotskalkulation mit dem Überbegriff der Kalkulation gleichgesetzt.[10] Auf den Aufbau der Angebotskalkulation wird genauer in Abschnitt 2.3 eingegangen.

Nach der Angebotskalkulation und -abgabe kommt es bei privaten Auftraggebern, bei öffentlichen ist dies nicht zulässig, zwischen dem Bauherrenvertreter (später: der Auftraggeber) und dem Unternehmer (später: der Auftragnehmer) zu einer Auftrags-verhandlung. Sie dient der Klärung offener Fragen, die sich aus der Ausschreibung und der Weiterführung der Planung ergeben haben. Weiterhin werden die Rahmen-bedingungen des Bauvertrages festgelegt. Hierzu zählen insbesondere Zugeständnisse (z.B. Rabatt, Skonto, Kostenbeteiligungen, etc.) des Auftragnehmers und eventuelle Mengenänderungen. Es werden aber auch wegfallende und zusätzliche Teilleistungen sowie Wahl- und Bedarfspositionen erörtert. Verhandlungsbegleitend werden die Ergebnisse in der Auftragskalkulation, auch Vertragskalkulation genannt, festgehalten. Hierbei handelt es sich entweder um die unveränderte oder die aufgrund von Abweichungen in Umfang und Qualität abgeänderte Angebotskalkulation.[11] Aus den Auftragsverhandlungen geht schließlich der Bauvertrag hervor. Es werden alle vorher getroffenen Vereinbarungen noch einmal schriftlich fixiert. Grundlage des Bauvertrages sollte dabei die Auftragskalkulation sein. Oftmals ist dies jedoch nicht der Fall, da es dem Unternehmer an Zeit für die Erstellung einer ordnungsgemäßen Auftragskalkulation mangelt. Besonders gängig ist dies bei Bauvorhaben mit geringem Auftragsvolumen und dabei insbesondere bei kleineren Baufirmen mit wenig Personal. Ist keine Auf-tragskalkulation vorhanden, so wird die Angebotskalkulation als Vertragsgrundlage genommen.

Weiterhin zum Bereich der Vorkalkulation zählt die Nachtragskalkulation. Diese dient der Erstellung von Nachtragsangeboten. Grundlage bei der Kostenermittlung für Nachträge sind die Vereinbarungen des Bauvertrages sowie einer hinterlegten Kalkulation. Das Zustandekommen von Nachträgen soll in den folgenden Kapiteln näher erläutert werden. Eine ausführliche Beschreibung der Anspruchsgrundlagen bietet Kapitel 4. Auf die Berechnung von Nachträgen soll in den Kapiteln 7 und 8 eingegangen werden.

Die eben erläuterte Nachtragskalkulation fällt bereits in die zweite Phase der Bauauftragsrechnung, nach der Auftragserteilung. Zu diesem Zeitpunkt sind bereits Verträge zwischen den beiden Parteien geschlossen worden. Hierin sind alle vom Auftragnehmer auszuführenden Leistungen, das sogenannte Bausoll, definiert. Aus dieser Vereinbarung leitet der Auftragnehmer seine Bauaufgaben ab und beginnt für sich mit der Arbeitsvorbereitung. Der Bauablauf wird detailliert geplant, um eine möglichst wirtschaftliche Erstellung des Bauwerkes zu realisieren. Auf der Grundlage des Leistungsverzeichnisses (LV) der Angebots- bzw. Auftragskalkulation wird ein oftmals erheblich verändertes, neues LV für die Arbeitskalkulation erstellt. Diesem liegt die genaue Planung des Bauablaufes, die während der Angebotskalkulation noch nicht möglich war, zu Grunde. Die einzelnen Positionen sind so gegliedert, dass sie dem geplanten Bauablauf entsprechen. Die Ausführungs- bzw. Arbeitskalkulation ist als Weiterentwicklung der Ansätze der Angebots- und Auftragskalkulation zu betrachten. Auf der Grundlage der Arbeitskalkulation wird der eigene Personal- und Maschinen-einsatz geplant, sowie einzelne Teilleistungen an Nachunternehmer vergeben. Weiterhin dient die Arbeitskalkulation als Ansatz für die Überwachung der Baukosten und –zeiten.[12]

Während der Erstellung des Bauobjektes ist eine ständige Kostenkontrolle notwendig. Es werden die zum jeweiligen Zeitpunkt tatsächlich erbrachten Leistungen festgehalten. Die Dokumentation der Ergebnisse erfolgt in der Zwischenkalkulation. Diese ist oftmals an dem Leistungsverzeichnis der Arbeitskalkulation orientiert. Die Ergebnisse belegen auf-grund eines Vergleichs zwischen dem geplanten und dem tatsächlichen Bauablauf die Notwendigkeit von Nachträgen und damit der bereits erwähnten Nachtragskalkulation.

Die dritte Phase der Kalkulation beginnt mit dem Ende der Bauzeit. Im Unternehmen wird zur eigenen Kontrolle der Kosten- und Aufwandswerte eine Nachkalkulation erstellt.[13] Sie ist die Weiterführung der Zwischenkalkulation. Ziel dieser nachträglichen Aufarbeitung des Bauvorhabens ist es, einen Vergleich zwischen der Soll-Rechnung der Angebotskalkulation und der Ist-Rechnung des tatsächlichen Bauablaufes zu erlangen.[14] Untersucht werden die Arbeitszeitrichtwerte sowie die damit einhergehenden Lohn- und Gerätekosten auf ihre Richtigkeit. Des weiteren soll mit Hilfe der Nachkalkulation erreicht werden, die Ergebnisse verschiedener Baustellen zu vergleichen, neue Kalkula-tionsansätze zu gewinnen und mögliche Verlustquellen zu lokalisieren. Damit verbunden ist auch eine Prüfung des Bauablaufes. Unterschieden wird zwischen einer technischen (Mengenansatz) und einer kaufmännischen (Preisansatz) Nachkalkulation.[15] Die Ergebnisse der Nachkalkulation, z.B. Aufwands- und Leistungswerte, fließen bei nach-folgenden Bauvorhaben wiederum in die Angebotskalkulation sowie die Planung des Bauablaufes während der Arbeitsvorbereitung ein.

2.3 Bestandteile der Kalkulation

Im Rahmen der zur Abgabe eines Angebotes notwendigen Angebotskalkulation müssen die entstehenden Kosten ermittelt werden. Hierzu empfiehlt sich ein stufenweises Vorgehen.[16] Die einzelnen Stufen lassen sich anhand von Abbildung 2.3 gut erläutern.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.3: Gliederung der Kalkulation[17]

In der Praxis existiert kein einheitliches Modell für die Zuordnung der Kostenarten zu den oben dargestellten Stufen der Kalkulation. Es gibt diverse Kalkulationsansätze[18], die die Kostenarten unterschiedlich zusammenfassen und auf die einzelnen Kalkulations-bestandteile verteilen. Daher bereitet auch die theoretische Betrachtung der einzelnen Stufen erhebliche Probleme. Von entscheidender Bedeutung bei der Durchführung der Kalkulation ist die klare Abgrenzung, welche Kostenart welchem Kalkulationsbestandteil zugeordnet wird. Dies dient einerseits der Vermeidung von Fehlern in der Kalkulation, andererseits ist auch die Nachvollziehbarkeit der Kalkulation in erheblichem Maße hiervon abhängig. Nachfolgend wird versucht, die häufigsten Kostenarten für die einzelnen Kalkulationsbestandteile aufzuzeigen.

2.3.1 Einzelkosten der Teilleistungen

Die Einzelkosten der Teilleistungen (EKT) stellen die erste Stufe der Kalkulation dar. Erfasst werden alle Kosten, die direkt einer einzelnen Leistungsverzeichnisposition zugerechnet werden können.[19] Die Ermittlung der EKT hängt in hohem Maße von dem gewählten Bauverfahren ab. Der Bauablauf bestimmt sowohl den Personal-, Maschinen- und Materialeinsatz als auch die Dauer der Maßnahmen. Mit dem vom Kalkulator angenommenen Bauverfahren lassen sich aus früheren Kalkulationen, der Baube-triebsrechnung und der Literatur Richtwerte für den Personal- und Maschineneinsatz ableiten.

Gängige Kostenarten der Einzelkosten der Teilleistungen sind in erster Linie die Lohn- und Gehaltskosten für Arbeiter und Poliere, die Gerätekosten und die Materialkosten.[20] Weiterhin werden die für die Teilleistung benötigten Fremdleistungskosten eingerechnet. Zur Berechnung der Lohn- und Gehaltskosten wird ein Kalkulationslohn benötigt. Hierzu wird der Mittellohn aller eingesetzten Arbeitskräfte berechnet. Darin enthalten können bereits Lohnnebenkosten sowie Kosten des Aufsichtspersonals sein. Daher ist vor Beginn der Mittellohnberechnung festzulegen, welchen Umfang (AP, ASL oder APSL) der Kalkulationslohn haben soll und welcher Anteil den Baustellengemeinkosten zuzurechnen ist. Der errechnete Mittellohn wird anschließend mit dem Arbeitszeitrichtwert multipli-ziert. Das Ergebnis ist der anzusetzende Lohn für die einzelne Teilleistung.

Die Berechnung der Maschinenkosten erfolgt in ähnlicher Art und Weise. Es werden die Kosten für eine Betriebsstunde der Maschine bestimmt. Darin enthalten sind neben den Einsatzzeiten auch die anteiligen Vorhaltezeiten. In die Berechnung fließen ebenfalls anteilig die Kosten für Betriebsstoffe, Versicherungen und Steuern, sowie kalkulatorische Mieten ein. Über die Multiplikation der Kosten einer Betriebsstunde mit dem Arbeitszeitrichtwert des Gerätes lassen sich die Maschinenkosten der Einzelleistung bestimmen.

Bei den Materialkosten sind neben den Stoffkosten auch die Kosten für evtl. erforderliche Hilfsstoffe zu berücksichtigen. Weiterhin sind die Kosten für Rüst-, Schal- und Verbaumaterial mit den entsprechenden Hilfsstoffen einzukalkulieren. Hierbei sind erneut die entsprechenden Vorhaltezeiten anhand von Erfahrungs- und Richtwerten zu berücksichtigen.[21]

Die Kosten der Baustelleneinrichtung und -ausstattung, sofern diese nicht als Einzelpositionen des Leistungsverzeichnisses angegeben sind, können ebenfalls auf die einzelnen Teilleistungen umgerechnet werden.[22] Im Vorfeld der Kalkulation ist hierzu die klare Abgrenzung zwischen den Einzelkosten der Teilleistungen und den Gemeinkosten der Baustelle notwendig.

Abschließend lässt sich feststellen, dass die Einzelkosten der Teilleistungen alle direkten Kosten zur Erbringung der Teilleistung beinhalten. Neben den offensichtlichen Kosten-arten, wie Material-, Personal- und Maschinenkosten können bereits diejenigen Kosten berücksichtigt werden, die einer Umlage bedürfen. Dies sind im Allgemeinen die Kosten für Hilfsprozesse. Hierzu bedarf es wiederum der klaren Abgrenzung zwischen einzelnen Kalkulationselementen im Vorfeld der Kalkulation. Abhängig ist dies in erster Linie vom gewählten Kalkulationsverfahren. In der Praxis wird die Abgrenzung meist vom Unter-nehmen bzw. dem Kalkulator vorgenommen.

2.3.2 Gemeinkosten der Baustelle

In den Gemeinkosten der Baustelle (BGK) sind alle Kosten zu erfassen, die durch das Betreiben der Baustelle als Ganzes entstehen und sich keiner Teilleistung zuordnen lassen.[23] Für die Zuordnung einzelner Kostenarten zu den Baustellengemeinkosten ist die angesprochene Abgrenzung zwischen den Kalkulationselementen EKT und BGK von großer Bedeutung. Im vorherigen Abschnitt wurden bereits einige Kostenarten erwähnt, die mehreren Elementen zugeordnet werden können.

Bei den Gemeinkosten der Baustelle ist zwischen zeitabhängigen und zeitunabhängigen Kosten zu unterscheiden. Unter zeitunabhängigen Kosten sind solche zu verstehen, die von der Dauer eines Bauvorhabens nicht betroffen sind, da sie meist nur einmalig anfallen. Ein Beispiel hierfür ist die Baustelleneinrichtung. Zeitabhängige Baustellen-gemeinkosten werden dagegen maßgeblich von der Länge der Bauausführung beeinflusst. Mit zunehmender Bauzeit erhöhen sie sich, verkürzen sich jedoch entsprechend mit einer Verringerung der Bauzeit. Der Zusammenhang zwischen zeitabhängigen und zeitunab-hängigen Baustellengemeinkosten ist in Abbildung 2.4 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.4: Schematische Darstellung des Zusammenhangs zwischen Bauzeit und Gemeinkosten der Baustelle[24]

Neben den bereits erwähnten Kosten für die Baustelleneinrichtung und -ausstattung, sowie den Kosten für vorzuhaltende Hilfs- und Betriebsstoffe fallen eine Reihe weiterer Kostenarten an, die sich den Gemeinkosten der Baustelle zuordnen lassen. Beispielhaft genannt werden die Kosten für Kleingeräte und Werkzeuge, Transport- und Ladekosten, sowie die Kosten für Wohnlager.[25]

Eine übliche Position der Baustellengemeinkosten sind die Kosten der örtlichen Bauleitung. Diese umfassen beispielsweise die Gehälter von Bauleitern und Kaufleuten, PKW- und Reisekosten, Werbung sowie die Kosten für Büromaterial, Porto und Telefon. Weiterhin lassen sich die Sozial- und Lohnnebenkosten der Arbeitnehmer, sofern diese nicht in die Mittellohnberechnung eingeflossen sind, den Gemeinkosten zurechnen. Einen Überblick über die Gemeinkosten, getrennt nach zeitabhängigen und zeitunabhängigen Kosten, bietet Abbildung 2.5.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.5: Gliederung der Gemeinkosten der Baustelle[26]

Die Gemeinkosten der Baustelle beinhalten ein weitreichendes Feld von Kostenarten. Diese zu erfassen und für das jeweilige Bauvorhaben richtig zu kalkulieren, birgt gewisse Schwierigkeiten und kann erhebliche Fehleinschätzungen nach sich ziehen. Daher ist es empfehlenswert, möglichst viele Kosten den Einzelkosten der Teilleistungen zuzuordnen. Eine genaue Kostenermittlung, sei es aufgrund eines detaillierten Leistungsverzeichnisses oder aus eigenem Antrieb, erhöht immer die Genauigkeit der ermittelten Kosten und minimiert Fehler und Verlustquellen.

Abschließend lässt sich zu den Einzelkosten der Teilleistungen sowie den Gemeinkosten der Baustelle festhalten, dass es sich bei der Summe beider Kalkulationsbestandteile um die Herstellkosten handelt.

2.3.3 Allgemeine Geschäftskosten

Die Allgemeinen Geschäftskosten (AGK) stellen ebenfalls eine Gemeinkostenart dar. In der Literatur werden sie häufig als Verwaltungsgemeinkosten[27] bezeichnet. Zu ihnen werden die Kosten für die Verwaltung und die Führung des Unternehmens gezählt. Diese lassen sich den einzelnen Kostenträgern, d.h. den Baustellen, nicht unmittelbar zuordnen.[28] Die Abgrenzung, inwiefern eine Kostenart den Allgemeinen Geschäftskosten, den Baustellengemeinkosten oder den Einzelkosten der Teilleistungen zuzuordnen ist, muss, wie bereits erwähnt, im Vorfeld einer Kalkulation festgelegt werden. Wie bei den Baustellengemeinkosten ergeben sich auch bei der Zuordnung der Kostenarten der Allgemeinen Geschäftskosten verschiedene Möglichkeiten. Dies ist einerseits vom gewählten Kalkulationsverfahren abhängig, anderseits von der praktischen Umsetzung der Kalkulation in den Bauunternehmen. Hier existieren vorgegebene Strukturen, welche Kostenarten welchem Kalkulationsbestandteil zuzuordnen sind. Als Beispiel für ver-schiedene Möglichkeiten zur Einordnung einer Kostenart vor Beginn der Kalkulation ist die Arbeitsvorbereitung zu nennen, die in allen Stufen der Kalkulation berücksichtigt werden könnte.

Die Allgemeinen Geschäftskosten setzen sich aus fixen und aus variablen Kosten zusammen. Die Unterscheidung, ob eine Kostenart als variabel oder als fix definiert ist, hängt von der Einordnung dieser ab. Sie werden nur durch die Art der Verrechnung und die Formulierung des Entscheidungsproblems zu fixen bzw. variablen Kosten.[29]

Unter fixen Kosten sind leistungsunabhängige Kosten zu verstehen. Die Gesamtkosten eines betrachteten Zeitraumes ändern sich mit dem Beschäftigungsgrad des Unter-nehmens nicht. Variable Kosten dagegen hängen von der Auslastung des Unternehmens ab, d.h. sie sind leistungsabhängig. Dabei sind drei Arten von variablen Kosten zu berücksichtigen: die proportionalen, die progressiven und die degressiven. Proportionale Kosten ändern sich gleichmäßig mit dem Beschäftigungsgrad des Unternehmens. Während progressive Kosten steigen, fallen die degressiven Kosten mit der Änderung der Beschäftigung.[30]

Aus der Addition der Herstellkosten mit den Allgemeinen Geschäftskosten erhält man die Selbstkosten der Bauleistung. Die Bestimmung der Höhe der AGK findet oftmals über einen Zuschlagssatz, bezogen auf die Herstellkosten der Baustelle, statt.[31] Der Zuschlag wird dem Kalkulator meist von der Geschäftsführung vorgegeben. Ermittelt wird dieser in der Regel jährlich aus der Unternehmensrechnung bzw. über die Baubetriebsrechnung. Dabei wird das Verhältnis aus dem Gesamtumsatz zu der Summe der Allgemeinen Geschäftskosten, d.h. den Kostenarten, die sich keiner Baustelle zuordnen lassen, gebildet.

Der Kalkulationsbestandteil „Allgemeine Geschäftskosten“ wird in Kapitel 6 noch näher erläutert. Insbesondere die Handhabung der AGK bei Nachträgen gemäß § 2 Nr. 5 und Nr. 6 VOB/B soll dabei untersucht werden.

2.3.4 Wagnis und Gewinn

Ein Unternehmen hat das Ziel, sein Kapital so zu investieren, dass es zu einer möglichst hohen Verzinsung kommt, d.h. es möchte Gewinn erzielen. Daher wird auf die Selbstkosten der Bauleistung noch ein den Marktverhältnissen angemessener Prozentsatz für den Gewinn gerechnet. In diesem Zuschlagssatz für den Gewinn enthalten ist auch das Risiko, dass die Erstellung eines Bauwerkes mit sich bringt. Die Risiken können sowohl im technischen als auch im kaufmännischen Bereich liegen. Mit dem technischen Risiko sind alle Unwegsamkeiten, die das Bauverfahren betreffen, abgedeckt. Das kaufmännische Risiko hingegen liegt in Kalkulationsfehlern. Als Beispiel für mögliche Risiken sind der Mehraufwand gegenüber den Kalkulationsansätzen und Gewähr-leistungsarbeiten zu nennen.[32] Der Zuschlagssatz für Wagnis und Gewinn auf die Selbstkosten hat demzufolge neben der Verzinsung, die Aufgabe einer Versicherung des Unternehmers zu übernehmen. Die Trennung zwischen Wagnis und Gewinn ist nur schwer zu vollziehen, da die Risiken im Vorfeld der Angebotsabgabe nicht eindeutig zu definieren sind.

Neben der prozentualen Beaufschlagung der Selbstkosten mit einem Zuschlagssatz für Wagnis und Gewinn existieren weitere Möglichkeiten zur Deckung von Risiken. Insbesondere Sonderwagnisse, wie z.B. bei Auslandsaufträgen, werden oftmals durch besondere Kalkulationsansätze und entsprechende Versicherungen abgedeckt.

Unter den Gesichtspunkt des Wagnisses fallen auch spätere Zugeständnisse in Form von Rabatt und Skonto, die vom Unternehmer während der Auftragsverhandlungen zur Akquisition gewährt werden. Ziel des Unternehmers ist die Erzielung eines Gewinnes, zumindest aber strebt er eine Kostendeckung an. Gewährte Nachlässe schmälern seinen Gewinn und erhöhen dabei sein Risiko. Mit dem angesetzten Zuschlagssatz versucht er jedoch, sein Risiko bereits vor Beginn der Verhandlungen abzudecken. Auf die Zugeständnisse insbesondere bei geänderten und zusätzlichen Leistungen wird in Kapitel 5 genauer eingegangen.

Anzumerken bleibt noch, dass die Netto-Angebotssumme (NAS) eines Bauauftrages aus den Selbstkosten und dem Zuschlag für Wagnis und Gewinn resultiert.

2.3.5 Umsatzsteuer

Die Umsatzsteuer ist zwar Bestandteil jeder Kalkulation, stellt aber einen „kostenneutralen Durchlaufposten“ dar. Alle produzierenden bzw. Dienstleistungen erbringenden Unternehmen stellen die erhaltene Umsatzsteuer der an Lieferanten oder Nachunternehmer bezahlten Umsatzsteuer gegenüber. Nur die Differenz dieser Positionen wird an das Finanzamt abgeführt. Die Umsatzsteuer ist somit lediglich für den „umsatzsteuerlichen Endverbraucher“ eine Kostenbelastung. Dies bedeutet, dass innerhalb eines Unternehmens alle Einzelposten des Rechnungswesens sowie der Kalkulation ohne den gültigen Satz der Umsatzsteuer, also netto, dargestellt und gerechnet werden. Erst bei der Berechnung der Angebotssumme wird die Umsatzsteuer berücksichtigt. Somit erhält man aus der Netto-Angebotssumme (NAS) und der Umsatzsteuer die Brutto-Angebotssumme (BAS). Der derzeitige Umsatzsteuersatz liegt bei 16%.[33]

3. Kostenrechnungsmodelle

3.1 Allgemeines

Die Kostenermittlung im Rahmen der Kosten- und Leistungsrechnung dient der Ermittlung des operativen Erfolgs eines Bauunternehmens.[34] Dabei wird die Produk-tionstätigkeit des Unternehmens zahlenmäßig erfasst und dargestellt. Die allgemeine Betriebswirtschaftslehre bietet hierzu eine Vielzahl unterschiedlicher Modelle. Nicht alle davon eignen sich jedoch für die Kostenrechnung in einem Bauunternehmen. Bei der Wahl eines entsprechenden Modells sind immer die Besonderheiten der Bauwirtschaft zu berücksichtigen. Bei nahezu allen Bauobjekten kommt es zu einer auftragsbezogenen Einzelfertigung. Hierdurch ergeben sich stets unterschiedliche Rahmenbedingungen für den Bauablauf. Die vorliegende Studienarbeit behandelt und erläutert solche Modelle, die für diese Besonderheiten geeignet sind.

Für die Durchführung der Kostenträgerrechnung im Rahmen der Baubetriebsrechung bzw. der Angebotskalkulation in der Bauauftragsrechnung stehen zunächst die klas-sischen Methoden zur Verfügung. Diese unterteilen die Kostenrechnungsmodelle in die zwei gängigsten Hauptformen, die Divisionskalkulation und die Zuschlagskalkulation.[35] Daneben gibt es auch neuere Methoden, die jedoch keinem dieser Prinzipien zuzurechnen sind. Auf diese soll ebenfalls eingegangen werden.

Bei der Divisionskalkulation werden die Gesamtkosten des Unternehmens durch den zu erwartenden Absatz dividiert. Für die Durchführung dieses Systems eignen sich in erster Linie Einproduktunternehmen. In der Bauwirtschaft sind diese nicht vorzufinden. Daher kann die Divisionskalkulation nur in abgewandelter Form als Äquivalenzziffernkalku-lation durchgeführt werden.

Die Zuschlagskalkulation ist das in der Bauwirtschaft gängigste Kostenrechnungsmodell. Zunächst findet die genaue Ermittlung der Einzelkosten der Teilleistungen statt. Über Zuschlagssätze werden anschließend die Gemeinkosten des Unternehmens verrechnet. Zur Gruppe der Zuschlagskalkulation zählen die Kalkulation mit vorausbestimmten Zuschlägen sowie die Kalkulation über die Angebotsendsumme.

Alle diese Kostenrechnungsmodelle funktionieren nach dem Prinzip der Vollkosten-rechnung. Es wird versucht, alle entstandenen Kosten möglichst verursachungsgerecht den Kostenträgern, bei der Angebotskalkulation sind dies die Positionen des Leistungsverzeichnisses, zuzuordnen. Ebenfalls nach diesem Prinzip ist die Prozess-kostenrechnung aufgebaut.

Eine andere Verrechnungsart liegt der Teilkostenrechnung zu Grunde. Es findet eine Trennung zwischen den anfallenden Kostenarten statt. Lediglich die tatsächlich durch die Erbringung einer Teilleistung entstehenden Kosten werden berücksichtigt. Hierunter sind zum einen die Einzelkosten der Teilleistungen, zum anderen variable Gemeinkosten zu verstehen. Darüber hinaus müssen noch fixe Gemeinkosten gedeckt werden, die beispielsweise monatlich anfallen. Die Verrechnung dieser kann über verschiedene Baustellen erfolgen. Die Angebotssumme kann so zur Akquisition im Wettbewerb ausgelegt werden. Die klassische Teilkostenrechnung ist die Deckungsbeitragsrechnung. Weiterhin ist die Zielkostenrechnung (Target Costing) diesem Prinzip zuzurechnen.

Anmerkend ist zu bedenken, dass die nachfolgend dargestellten Kostenrechnungsmodelle idealisiert sind. In der Praxis wendet jedes Unternehmen bzw. jeder Kalkulator sein eigenes Verfahren an. Die Modelle bieten vielmehr eine Orientierung und müssen den jeweiligen Bedürfnissen der Unternehmen angepasst werden. Meist sind diese Kalkulationsverfahren Mischformen der beschriebenen Methoden.

3.2 Äquivalenzziffernkalkulation

Das einfachste Kostenrechnungsverfahren ist die einstufige Divisionskalkulation. Zur Preisbestimmung wird der Quotient aus den Gesamtkosten und der in einer Abrechnungsperiode produzierten Menge ermittelt. Eine Weiterführung dieses Kosten-rechnungsmodells stellt die Äquivalenzziffernkalkulation dar. Sie entspricht einem mehrstufigen Verfahren der Divisionskalkulation. Einsetzbar ist sie bei Unternehmen, die nur wenige Produkte herstellen. Die Produkte bzw. Bauleistungen müssen in einem Punkt vergleichbar sein. Es wird ein Faktor eingeführt mit dessen Hilfe die Kosten verteilt werden. Er kann sich z.B. am Gewicht oder an der Länge der Produkte orientieren. Eines dieser Produkte bildet die Ausgangsbasis für die weitere Betrachtung. Bei diesem wird der Vergleichsfaktor „1“ gesetzt und die restlichen Produkte erhalten einen äquivalenten Faktor mit dem die durch das Produkt zu tragenden Kosten ermittelt werden.[36]

Als alleiniges Einsatzgebiet der Äquivalenzziffernkalkulation in der Bauwirtschaft kommen, wie bereits oben erwähnt, Betriebe mit einer kleinen Produktpalette in Frage. Dies kann beispielsweise ein Baggerbetrieb sein, der lediglich Baugruben erstellt. Zur Bestimmung des Äquivalenzfaktors wird die Bodenklasse herangezogen. Die Abrechnung erfolgt anschließend über die ausgehobenen m³. Da dieses Verfahren nur bedingt den Erfordernissen der Bauwirtschaft entspricht, wird es in den weiteren Betrachtungen nicht mehr berücksichtigt.

3.3 Kalkulation mit vorbestimmten Zuschlägen

Die einfachste Form der Zuschlagskalkulation ist die Kalkulation mit vorbestimmten Zuschlägen. Sie bietet eine schnelle Methode zur Bestimmung einer Angebotssumme, da es sich lediglich um ein einstufiges Kalkulationsverfahren handelt. Dies bedeutet, dass die Einheitspreise bzw. die Angebotssumme durch nur einen Rechengang ermittelt werden. Der Ablauf dieses Kalkulationsverfahrens ist schematisch in Abbildung 3.1 dar-gestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3.1: Ablauf der Kalkulation mit vorberechneten Zuschlägen[37]

Zur Ermittlung der Angebotssumme werden zunächst die Einzelkosten der Teilleistungen anhand des Leistungsverzeichnisses mit entsprechenden Arbeitszeit- und Maschinen-richtwerten errechnet.[38] Jede Teilleistung wird anschließend mit einem Zuschlagssatz versehen. Entnommen wird dieser einer Musterkalkulation. Abgedeckt werden damit die Baustellengemeinkosten und Allgemeinen Geschäftskosten. Weiterhin enthalten sind auch Wagnis und Gewinn. Das Ergebnis sind die Einheitspreise, die für jede Teilleistung gefordert sind. Alle Einheitspreise multipliziert mit den zugehörigen Mengenansätzen ergeben aufaddiert die Netto-Angebotssumme.

Ziel der Musterkalkulation ist es, einen für alle im Unternehmen betriebenen Baustellen gültigen Zuschlagssatz für Baustellengemeinkosten, Allgemeine Geschäftskosten sowie Wagnis und Gewinn bereitzustellen. Grundlage für die Erstellung der Musterkalkulation bilden die Nachkalkulationen diverser abgeschlossener Baustellen, die Baubetriebs-rechnung sowie die Unternehmensrechnung. Die Musterkalkulation sollte eine möglichst „standardisierte Baustelle“ des jeweiligen Gewerks, z.B. Hochbau oder Tiefbau, behandeln. Sie wird in regelmäßigen Abständen neu erstellt. Zweckmäßig ist eine jährliche Überarbeitung im Rahmen des Jahresabschlusses, um die jeweils aktuellsten Werte für die Allgemeinen Geschäftskosten einfließen zu lassen. Die Zuschlagssätze orientieren sich an den Kosten des Gesamtbetriebes. Daher ergibt sich ein baustellen-spezifischer Prozentsatz.

Um eine möglichst realistische Ermittlung der Angebotssumme vornehmen zu können, ist es ratsam, möglichst viele Kostenarten als Einzelkosten zu erfassen.[39] Empfehlenswert ist beispielsweise die Einführung einer Position für die Baustelleneinrichtung. Diese kann bereits in einem vorgegebenen Leistungsverzeichnis enthalten sein. Auch eine Erweiterung um diese Position ist möglich. In diesem Fall ist wiederum die nachträgliche Umlage der Position „Baustelleneinrichtung“ notwendig. Mit der Frage, inwiefern das Leistungsverzeichnis eine Position für die Baustelleneinrichtung enthält, wird gleichzeitig eine Schwäche des Verfahrens angesprochen. Jedes Leistungsverzeichnis besitzt einen spezifischen Aufschlüsselungsgrad. Einige enthalten detaillierte Beschreibungen einzelner Bauabläufe, andere beschreiben die Leistung als Ganzes und erwarten die Erbringung sämtlicher Zusatzarbeiten. Der Kalkulator muss hier das Leistungsverzeichnis richtig beurteilen, da es ansonsten zu Fehlern in der kalkulierten Angebotssumme kommen kann. Weiterhin nachteilig ist der Bezug auf eine Standardkalkulation für alle Bau-leistungen. Der ermittelte Zuschlagssatz gilt lediglich für die der Musterkalkulation zugrunde liegenden Rahmenbedingungen, z.B. den Beschäftigungsgrad.[40] So sind beispielsweise bei einer Hochbaustelle andere Zuschlagssätze erforderlich als bei einer Tiefbaustelle. Mit nur einer Musterkalkulation kann es zu erheblichen Fehlern in der Angebotssumme kommen. Empfehlenswert ist daher die Erstellung verschiedener Musterkalkulationen für unterschiedliche Baustellentypen.

Vorteilhaft bei der Kalkulation mit vorbestimmten Zuschlägen ist die schnelle und einfache Kostenermittlung. Bei der Kalkulation müssen keine Gemeinkosten ermittelt werden. Lediglich einmal jährlich werden die Zuschlagssätze überarbeitet. Bei der Änderung von Kalkulationsgrundlagen, wie z.B. Mengenansätzen, bedarf es daher keiner neuen Ermittlung. Durch die Einstufigkeit des Verfahrens lassen sich die neuen Einheitspreise schnell bestimmen, da kein zusätzlicher Rechengang durchgeführt werden muss.

[...]


[1] vgl. Anhang A

[2] vgl. Kilger 1993, S. 1

[3] aus: Keil u.a. 2001, S. 2

[4] vgl. KLR Bau 2001, S. 13

[5] vgl. Hoffmann / Kremer 1996, S. 573

[6] vgl. KLR Bau 2001, S. 17ff. und Hoffmann / Kremer 1996, S. 624ff.

[7] aus: Prange / Leimböck / Klaus 1991, S. 3

[8] vgl. Prange / Leimböck / Klaus 1991, S. 2 und Drees / Paul 2000, S. 20

[9] z.B. Fleischmann 1999

[10] vgl. Drees / Paul 2000, S. 20

[11] vgl. KLR Bau 2001, S. 31

[12] vgl. Prange / Leimböck / Klaus 1991, S. 2

[13] vgl. Drees / Paul 2000, S. 21

[14] vgl. Prange / Leimböck / Klaus 1991, S. 2

[15] vgl. Drees / Paul 2000, S. 304

[16] vgl. KLR Bau 2001, S. 32

[17] aus: Drees / Paul 2000, S. 42

[18] vgl. Drees / Hirsch 1971, S. 133ff.

[19] vgl. Breuninger 1996, S. 210

[20] vgl. KLR Bau 2001, S. 32

[21] vgl. KLR Bau 2001, S. 32

[22] vgl. Drees / Hirsch 1971, S. 133f.

[23] vgl. KLR Bau 2001, S. 41

[24] aus: Drees / Paul 2000, S. 88

[25] vgl. KLR Bau 2001, S. 41

[26] aus: Drees / Paul 2000, S. 90

[27] vgl. Hedfeld 1980, S. 16

[28] vgl. Pause / Schmieder 1989, S. 58

[29] vgl. Wöhe 2000, S. 1109

[30] vgl. Keil u.a. 2001, S. 24

[31] vgl. Hoffmann / Kremer 1996, S. 650

[32] vgl. Drees / Paul 2000, S. 115

[33] vgl. KLR Bau 2001, S. 47

[34] vgl. Breuninger 1996, S. 36

[35] vgl. Wöhe 2000, S. 1135ff.

[36] vgl. Drees / Paul 2000, S. 39

[37] aus: Breuninger 1996, S. 117

[38] vgl. 2.3.1 Einzelkosten der Teilleistungen

[39] vgl. Wöhe 2000, S. 1139

[40] vgl. Wöhe 2000, S. 1133

Ende der Leseprobe aus 103 Seiten

Details

Titel
Baubetriebliche Auslegung und kalkulatorische Behandlung von Allgemeinen Geschäftskosten bei Anwendung des § 2 Nr. 5 VOB/B
Hochschule
Technische Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig  (Institut für Bauwirtschaft und Baubetrieb)
Note
2,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
103
Katalognummer
V6457
ISBN (eBook)
9783638140201
Dateigröße
7575 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit befasst sich mit der Kalkulation von Bauleistungen. Dabei werden verschiedene Kostenrechnungsmodelle vorgestellt. Im zweiten Teil wird der Kalkulationsbestandteil der Allgemeinen Geschäftskosten beleuchtet. Weiterhin wird auf die Auslegung des § 2 Nr. 5 und Nr. 6 eingegangen. Ziel war es schließlich die Auswirkungen der AGK auf die Berechnung der Mehr- und Mindervergütung bei Anwendung der o.g. Paragraphen zu betrachten.
Schlagworte
Nachtrag, Zusatzleistungen, Geänderte Leitsungen, Allgemeine Geschäftskosten, Kalkulation
Arbeit zitieren
Oliver Görtz (Autor:in), 2002, Baubetriebliche Auslegung und kalkulatorische Behandlung von Allgemeinen Geschäftskosten bei Anwendung des § 2 Nr. 5 VOB/B, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6457

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