Beiträge zur Veränderung der Verbrauchsgüterstruktur und zur Veränderung der Verbrauchsgüterpreise 1927/28 versus 1933-1938


Diplomarbeit, 1969

56 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Vorbemerkungen
1.1 Definitorische Abgrenzung des Begriffs „Verbrauchsgut“
1.2 Bemerkungen zum Begriff „Verbrauchsgüterstruktur“
1.3 Die Verbrauchserhebung und ihre Methoden

2 Beiträge zur Verbrauchsgüterstruktur
2.1 Vergleich der Verbrauchserhebungen von 1927/28 und 1937
2.1.1. Kurze Schilderung der allgemeinen Wirtschaftslage zu beiden Vergleichszeitpunkten
2.1.2. Statistische Schwierigkeiten eines Vergleichs
2.1.3. Vergleich der Ausgaben für Verbrauchsgüter in v.H. der Gesamtverbrauchsausgaben
2.1.4. Vergleich der absoluten Ausgaben pro Haushaltung für die wichtigsten Verbrauchsgüter und Gegenüberstellung der tatsächlich verbrauchten Mengen an Nahrungs- und Genussmitteln
2.1.5. Zusammenfassung, Ergebnis
2.2 Die Entwicklung des privaten Verbrauchs unter dem Einfluss der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik
2.2.1. Konjunkturpolitische Ausgangslage
2.2.1.1. Maßnahmen zur Förderung der wirtschaftlichen Aktivitäten
2.2.1.2. Die Devisenkrise und ihre Folgen für den privaten Verbrauch
2.2.2. Die Entwicklung des Verbrauchs
2.2.2.1. Kurze Darstellung der Verbrauchsänderungen 1933 vs. 1932
2.2.2.2. Die Entwicklung ab 1933
2.2.2.3. Zusammenfassung
2.2.3. Die Entwicklung der Verbrauchsgüterproduktion
2.2.3.1. Im Ernährungssektor; die Fett- und Eiweißfutterlücke
2.2.3.2. Im Sektor der industriell erzeugten Verbrauchsgüter
2.2.3.3. Das Verhältnis zwischen Verbrauchs- und Produktionsgüterindustrie
2.2.3.4. Zusammenfassung
2.2.4. Die Rolle der Verbrauchslenkung
2.2.4.1. Die Ziele der Verbrauchslenkung
2.2.4.2. Die Mittel der Verbrauchslenkung
2.2.4.2.1. Direkte Verbrauchslenkung
2.2.4.2.2. Indirekte Verbrauchslenkung
2.3. Ergebnisse des Vergleichs der Verbrauchserhebungen von 1927/28 und die Entwicklung des Pro-Kopf-Verbrauchs von 1933 – 1937

3 Die Entwicklung der Verbrauchsgüterpreise 1933 –38
3.1. Die Entwicklung der Preise für agrarische Nahrungsmittel unter dem Einfluss der staatlichen Preispolitik
3.1.1. Ziele der Preispolitik im Sektor der Landwirtschaft
3.1.1.1. Allgemeine Besserung der Lage der Landwirtschaft
3.1.1.2. Produktionslenkung
3.1.2 Die Mittel
3.1.2.1. Aufbau des Reichsnährstandes bzw. der Reichsstellen; ihre Befugnisse und Organe
3.1.2.2. Setzung von Festpreisen; Beispiele für einige wichtige Gebiete
3.1.2.3. Preisentwicklung und –bildung bei importierten Nahrungsmitteln
3.1.2.4. Allgemeine Bemerkungen zum Festpreissystem bei landwirtschaftlichen Produkten
3.2. Die Entwicklung der Preise für einige wichtige industrielle Fertigwaren
3.2.1. Die Periode der Preisüberwachung vom 30.1.33 bis 29.10.36
3.2.1.1. Einwirkungen auf die gebundenen Preise
3.2.1.2. Einwirkungen auf die freien Preise
3.2.1.3. Preispolitische Einflussnahme bei importabhängigen Waren
3.2.2. Die Periode der Preisbildung vom 29.10.36 bis zum Ende des Untersuchungszeit­raums
3.2.2.1. Die Befugnisse des Reichskommissars für Preisbildung
3.2.2.2. Die Preisstopverordnung
3.2.2.2.1. Ausnahmen vom Preisstop; Maßnahmen auf dem Gebiet der Textilwirtschaft
3.2.2.2.2. Gründe für Preissteigerungen speziell auf dem Gebiet der Textilwirtschaft
3.2.2.2.3. Versuche des Ausgleichs von Preissteigerungen
3.3. Zusammenfassung

4 Ausblick auf die weitere Entwicklung
4.1 Die staatliche Einflussnahme auf den Verbrauch nach 1939
4.2 Die weitere Entwicklung der Verbrauchsgüterpreise und staatliche Maßnahmen auf diesem Gebiet

Quellenverzeichnis

1. Vorbemerkungen

1.1 Definitorische Abgrenzung des Begriffs „Verbrauchsgut“

Wenn im folgenden einige Beiträge zur Verbrauchsgüterstruktur gemacht werden sollen, so ist zunächst eine Abgrenzung des Begriffs „Verbrauchsgut“ vorzunehmen. Hierzu bieten sich in der Literatur mehrere Möglichkeiten an.

Da ist z.B. die Auffassung Stackelbergs[1], der zur Gruppe der Verbrauchsgüter die Nahrungs- und Genussmittel, Roh-, Hilfs- und Kraftstoffe, sowie Halbfabrikate rechnet. Er erfasst hierbei also Güter der Produktions- wie der Konsumtionsstufe. Nicht zu den Verbrauchsgütern zählt er dauerhafte Güter, die von den Haushalten nachgefragt werden, wie z.B. Bekleidung, Hausrat u.ä. Sie bilden bei ihm eine eigene Gruppe.

Dieser Auffassung steht die von Hicks[2] gegenüber. Bei ihm fallen unter den Begriff „Verbrauchsgut“ nur solche Güter, die in den Begehrskreis der Haushalte fallen.

Dabei unterscheidet er solche, die „bei ihrer Verwendung sofort ganz verbraucht werden (wie z.B. Nahrungsmittel, Brennstoffe, Tabak, Streichhölzer, Schreibpapier)“ und solche, deren Gutseigenschaft mehr oder minder lang bestehen bleibt. Diese Güter bezeichnet er als Gebrauchsgüter (z.B. Möbel, Kleidung, Hausrat, usw.). Oft werden sie auch als langlebige Verbrauchsgüter im Gegensatz zu den kurzlebigen, wie sie oben beschrieben sind bezeichnet.

Hier soll im wesentlichen die Hicks’sche Terminologie zugrunde gelegt werden. Wir beschränken uns also auf solche Güter, die unmittelbar von den Haushalten nachgefragt werde.

Dazu gehören einerseits in der Gruppe der kurzlebigen Verbrausgüter die Nahrungs- und Genussmittel, sowie anderer Güter, die immer wieder im Rahmen der Lebenshaltung gekauft werden müssen, andererseits in der Gruppe der langlebigen Verbrauchsgüter die von den Haushalten nachgefragten industriellen Fertigwaren wie Kleidung, Hausrat, Kleineisenwaren, Fahrräder u.ä., also Güter, die nicht immer wieder gekauft werden müssen, sondern nur, „wenn das Bedürfnis nach ihnen zum ersten Mal auftritt“, oder eine Erstanschaffung vorgenommen wird.[3]

Im folgenden beschränken wir uns auf die wichtigsten Verbrauchsgüter wie Nahrungsmittel, Bekleidung und Hausrat. Ausgaben für Miete, Verkehr, Unterhaltung, Bildung, Reinigung u.ä., die ja zum Verbrauch i.e.S. gehören und auch in allen Preisindices für die Lebenshaltung berücksichtigt werden, sollen hier außer acht gelassen werden. Denn hier richtet sich die Nachfrage nicht auf Güter im strengen Sinn. Vielmehr tragen diese Dinge Dienstleistungscharakter; es handelt sich um immaterielle Güter.

1.2 Bemerkungen zum Begriff „Verbrauchsgüterstruktur“

Bei der Frage nach der Verbrauchsgüterstruktur innerhalb eines bestimmten Gebiets und Zeitraums steht im Vordergrund die Frage nach der Aufgliederung einer bestimmten Konsumsumme auf die einzelnen Bedarfsgruppen, also z.B. auf Güter des Existenzbedarfs, gehobenen und Luxusbedarfs, oder auf langlebige und kurzlebige Verbrauchsgüter[4].

Die Unterschiede, die hierbei bei den verschiedenen Bedarfsgruppen auftauchen, versucht man durch Unterschiede in der Haushaltsgröße, in der Haushaltszusammensetzung (Zahl der minderjährigen Kinder, u.ä.), in unterschiedlichem Altersaufbau, unterschiedlicher Ernährungsweise u.ä. zu erklären.

Einfluss auf die Verbrauchsstruktur übt weiterhin z.B. die Verteilung der Bevölkerung zwischen Stadt und Land aus[5].

In der Regel wird der Verbrauch für bestimmte Güter für unterschiedliche Einkommensklassen dargestellt, so dass man sich ein Bild über die relative Wichtigkeit des einzelnen Gutes speziell für die betrachtete Einkommensklasse machen kann. In diesem Zusammenhang stößt man auf die Engel-Schwabschen Gesetze.

1.3 Die Verbrauchserhebung und ihre Methoden

Unter mehreren möglichen Methoden, solche Analysen durchzuführen, bediente man sich bei den hier relevanten Erhebungen der "unmittelbaren Verbrauchserhebung bei größeren Personengruppen nach der Repräsentativmethode"[6]. Dabei verpflichteten sich ausgewählte Haushalte für eine bestimmte Zeit – meist ein Jahr – über ihre Ausgaben und Einnahmen streng Buch zu führen. Da bei solchen Erhebungen mit jahresdurchschnittlichen Zahlen gearbeitet wird, bleiben eventuelle zeitliche Veränderungen unberücksichtigt.[7]

Es liegt im Wesen einer derartigen Analyse, dass man infolge des notwendigerweise beschränkten Personenkreises für andere Jahre, in denen keine derartigen Verbrauchserhebungen durchgeführt wurden, keine Vergleichsmöglichkeit besitzt[8], selbst wenn Zahlenmaterial über den Pro-Kopf-, bzw. den Verbrauch pro "Vollperson" vorliegen[9].

2 Beiträge zur Verbrauchsgüterstruktur

Für eine Untersuchung der Verbrauchsgüterstruktur für den Zeitraum von 1933 bis 1938 steht nur eine detaillierte Verbrauchserhebung im obigen sinn zur Verfügung. Diese eine Erhebung wurde 1937 im Auftrag der Deutschen Arbeitsfront durchgeführt. Wir können also innerhalb des Betrachtungszeitraums keine Veränderung von Jahr zu Jahr innerhalb bestimmter Einkommensgruppen feststellen.

Um nun wenigstens einige längerfristige Entwicklungstendenzen des privaten Verbrauchs aufzeigen zu können, wollen wir die, der Verbrauchserhebung von 1937 vorausgehende, nämlich die von 1927/28 zum Vergleich heranziehen.

2.1 Vergleich der Verbrauchserhebungen von 1937 und 1927/28

Bei dieser komparativ statischen Betrachtung muß man natürlich die jeweilige gesamtwirtschaftliche Situation in den beiden Berichtsjahren berücksichtigen, weil hierdurch ja auch der Verbrauch der Haushalte maßgeblich beeinflusst wird.

2.1.1 Kurze Schilderung der allgemeinen Wirtschaftslage zu den beiden Vergleichszeitpunkten

Nachdem 1923, nach der Stabilisierung der Mark, der noch bis ca. 1924 anhaltende Schrumpfungsprozeß überwunden war, begann für Deutschland ein ungeahnter konjunktureller Aufschwung. Im Jahr 1927 war Deutschlands Handel und Industrie lebhafter als zu irgendeiner Zeit vor der Stabilisierung. Die Auswirkungen dieser erhöhten Tätigkeit zeigten sich gleichmäßig in Erzeugung, Beschäftigungsgrad und Verbrauch[10]. So betrug die Zahl der Arbeitslosen, die 1925 noch rund 2 Millionen betragen hatte , 1927 nur noch 1,3 Mio; der Index der industriellen Produktion (1928=100) stieg von 82,9 in 1925 auf 96,3 in 1927[11]. Außerdem erfolgten 1927 die ersten bedeutenden Erhöhungen der Tariflöhne seit Ende 1925 und zwar um 7 – 10%, denen gegen Ende des Jahres erneut Lohnforderungen folgten[12].

Auch die Preise zeigten seit Anfang 1927 allgemein steigende Tendenz; entsprechend erhöhte sich auch die Indexziffer für die Lebenshaltungskosten, die von 139,8 in 1925 (1913/14 = 100) auf 150,6 im November 1927 anstieg[13]. Insgesamt stellt sich als – im Vergleich zur vorausgegangenen Rezessionszeit – das Jahr 1927 als ein Jahr der Hochkonjunktur dar.

Dagegen zeigt das Jahr 1937 folgendes Bild: Nach Ingangkommen des Aufschwungs 1933 verringerte sich die Zahl der Arbeitslosen sehr schnell und betrug 1937 nur noch 912.000, lag also deutlich unter der Zahl von 1927[14].

Das Volkseinkommen, das 1933 bei 46,5 Mrd. RM lag, stieg bis 1937 signifikant auf 71 Mrd. RM. Auch das Roheinkommen aus Lohn und Gehalt erreichte 1937 mit 39,53 Mrd. RM gegenüber 1933 einen vorläufigen Höchststand[15]. Berücksichtigt man noch die fast volle Auslastung der Kapazitäten, zeigt das Jahr 1937 das Bild einer, im konjunkturellen Aufschwung begriffenen Wirtschaft[16].

Allerdings spiegeln diese Zahlen, wie noch zu zeigen sein wird, keinen normalen Konjunkturaufschwung, an dem alle Sektoren der Wirtschaft beteiligt sind, wider. Vielmehr wuchs, besonders nach der Verkündung des Vierjahresplans 1936 die Staatsquote ständig.

2.1.2 Statistische Schwierigkeiten des Vergleichs

Beim Vergleich der Verbrauchserhebungen von 1927/28 und 1937 ergibt sich eine Reihe von Schwierigkeiten, die auf die unterschiedlichen statistische Aufarbeitung und Erfassung zurückzuführen sind. Während sich die Erhebung von 1927/28, die vom März 1927 bis zum Februar 1928 durchgeführt wurde, auf 2036 Arbeiter-, Angestellten- und Beamtenhaushaltungen bezog, wurden bei der Erhebung von 1937 nur 350 typische Arbeiterhaushalte erfasst. Da 1927/28 die verschiedenen Berufsgruppen getrennt ausgewiesen wurden, kann man zum Zweck des Vergleichs den 350 Arbeiterhaushalten von 1937 die 896 von 1927/28 gegenüberstellen. Weitaus schwieriger ist die Wahl von sich entsprechenden Einkommensklassen. Während bei der Erhebung von 1927/28 die Haushaltungen in fünf Einkommensstufen aufgeteilt sind, sind es 1937 nur drei. Die Klassen sind wie folgt abgegrenzt:

Tabelle 1

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Darüber hinaus ist auch die unterschiedliche Durchschnittszahl der Haushaltsmitglieder zu beachten. Während sie innerhalb der einzelnen Gruppen ziemliche Abweichungen aufweist, nähern sich die Zahlen für den Gesamtdurchschnitt stark an. 1927/28 betrug die Zahl 4,2, in 1937 4,1. Mit steigendem Einkommen nimmt in beiden Fällen die Familiengröße zu. 1927 setzte sich die "statistische Durchschnittsfamilie" zusammen aus Ehemann, Ehefrau, 1,8 Kinder unter 15 Jahren und 0,4 "sonstige Haushaltsmitglieder"[17].

Welche Einkommensklassen sollen nun zum Zweck des Vergleichs gewählt werden? Schmucker[18] wählt in einem gleichartigen Vergleich die Einkommensstufen, die der Entwicklung des nominalen Einkommens je Einwohner entsprechen. Dieses Vorgehen wird damit begründet, "dass seit der Jahrhundertwende das (nominale) Einkommen je Erwerbstätigen bei etwa dem 1,8 bis 2 fachen des Einkommens je Einwohner" liegt. Dieses Ergebnis wurde auf Grund einer Untersuchung gewonnen, die diesen Sachverhalt für die Zeit nach der Jahrhundertwende bestätigte. Aus diesem Grund werden für den "Vergleich aus den Jahreserhebungen jeweils solche Haushalte "ausgewählt, "deren Einkommen dem 1,8 bis 2 fachen des Einkommens je Einwohner für das gleiche Jahr entspricht[19].

Wenn wir uns dieser Vorgehensweise anschließen, kommen wir zu folgenden Einkommensstufen, die gegenübergestellt werden sollen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Durch die Wahl dieser beiden Einkommensgruppen kann man nun die Werte der beiden Erhebungen vergleichen, ohne die unterschiedliche Kaufkraft zu beiden Zeitpunkten berücksichtigen zu müssen. (Die Kaufkraft der Reichsmark war 1937 wesentlich höher als 1927/28[20] ).

Die unterschiedliche Anzahl der Familienmitglieder, die – wenn auch nicht wesentliche – Verschiebungen in der Verbrauchstruktur auslösen wir, muß hier in Kauf genommen werden.[21]

Schließlich sei noch auf einige Fehlerquellen von Verbrauchserhebungen hingewiesen. Nach Schmucker[22] werden z.B. grundsätzlich die Ausgaben für Genussmittel (Tee, Kaffee, alkoholische Getränke), sowie für Möbel und Hausrat zu niedrig angegeben. Der Grund dafür liegt einmal darin, dass die Ausgaben für Genussmittel, wie auch für fertige Mahlzeiten in Gasthäusern u.ä. der buchhaltenden Hausfrau nicht bekannt sind, weil sie von anderen Familienmitgliedern getätigt werden. Zum anderen werden, da ja nur schon bestehende Haushalte in Verbrauchserhebungen einbezogen werden, typische Ausgaben für einen neu zu gründenden Haushalt gar nicht, oder nicht ausreichend erfasst.

Für den folgenden Vergleich der beiden Verbraucherhebungen haben wir zwei Möglichkeiten: Zum einen kann man die Ausgaben je Arbeiterhaushaltung für bestimmte Güter gegenüberstellen und zwar sowohl in absoluten Beträgen (dann wird das Bild durch eventuell eingetretene Preisveränderungen natürlich verzerrt), als auch in Prozenten der jeweiligen Gesamtausgaben; zum anderen die verbrauchten Mengen in absoluten Zahlen.

2.1.3 Vergleich der Ausgaben für Verbrauchsgüter in Prozenten der Gesamtverbrauchsausgaben

Für den folgenden Vergleich der Ausgaben für bestimmte Güter in Prozenten der Gesamtverbrauchsausgaben bzw. Gesamtausgaben soll eine Einteilung in Güter des dringlichen und des gehobenen Bedarfs gewählt werden.[23] Dabei zählen zu den Ausgaben für den dringlichen oder auch starren Bedarf die Ausgaben für die elementaren Nahrungsmittel, für Wohnung, Heizung und ähnliche Bedarfsgruppen, deren Anschaffung sich bei Eintreten des Bedarfs nicht hinausschieben lässt. Zu den Gütern des gehobenen oder elastischen Bedarfs gehören z.B. alle Einrichtungsgegenstände, Genussmittel, kurz alle Güter, die nicht unmittelbar der Existenzsicherung dienen.

Bei einem Vergleich der prozentualen Veränderungen der Ausgaben für diese beiden Bedarfsgruppen kommt – unterstellt man die Gültigkeit des Engelschen Gesetzes[24] - eine Veränderung des Lebensstandards der betrachteten Einkommensgruppen zum Ausdruck. Die Ausgaben für den starren Verbrauch machen dann bei sinkendem Einkommen einen wachsenden (oder zumindest gleichbleibenden) Teil an den Verbrauchsausgaben aus; die des elastischen Verbrauchs werden dagegen bei sinkendem Einkommen anteilmäßig immer mehr zurückgehen.[25]

Tabelle 3 zeigt, wie sich die Ausgaben des starren bzw. elastischen Bedarfs anteilmäßig auf die gesamten Verbrauchsausgaben verteilen. Dabei entfallen auf diese beiden Gruppen zusammen im Jahr 1927/28 83,3%, im Jahr 1937 rund 87%. Die restlichen Ausgaben werden für Körper- und Gesundheitspflege, Bildung, Sport, Verkehrsmittel, Reinigung und andere Sektoren des privaten Verbrauchs mit Dienstleistungscharakter, sowie auch Zinsen, Geschenke, Unterstützungsleistungen etc. getätigt.[26] Diese Bereich sollen hier jedoch außer acht gelassen werden.

Tabelle 3

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Einzelschriften zur Statistik des Deutschen Reiches, a.a.O., S. 86 ff; Jahrbuch 1938, a.a.O., S.340 f; Schmucker,H., a.a.O., S. 160 f

Die unter A und B aufgeführten Güter sind wiederum in Prozenten ihres Anteils an den Ausgaben für den starren bzw. elastischen Bedarf dargestellt. Dadurch erhält man innerhalb der beiden großen Gruppen ein Bild über die Dringlichkeit des Bedarfs der einzelnen Güter.

Während die Gesamtausgaben für den starren Bedarf von 70,1% im Jahr 1927 auf 72,9% in 1937 anstiegen, erhöhten sich die Ausgaben für den gehobenen Bedarf nur um 0,6%. Hierin kommt die ungünstige Entwicklung des Pro-Kopf-Einkommens zum Ausdruck, das 1937 den Stand von 1927 noch nicht erreicht hatte.[27]

Dabei nahmen die Ausgaben für Nahrungsmittel des starren Bedarfs anteilmäßig insgesamt um 0,9% zu; der Anteil an hochwertigen tierischen Nahrungsmitteln nahm um 1,6%, der an pflanzlichen Nahrungsmitteln um 0,6% ab.

Die Abnahme innerhalb der beiden Gruppen verteilen sich allerdings nicht gleichmäßig auf all, zu den jeweiligen Gruppen gehörigen Gütern. Vielmehr fand eine mehr oder minder starke Verschiebung statt. Betrachten wir als Beispiel die Veränderungen innerhalb der Ausgaben für Fleisch und Fleischwaren. Während 1927/28 ihr Anteil an den Gesamtausgaben für Nahrungsmittel 24,9% betrug, ging er bis 1937 auf 24,5% leicht zurück. Dabei zeigten sich in den Ausgaben für die einzelnen Fleischsortenfolgende Veränderungen:

Tabelle 4: Anteil der Ausgaben für Fleisch und Fleischwaren an den

Gesamtausgaben (in%)

Art 1927/28 1937

Rindfleisch 3,4 4,4

Schweinefleisch 4,0 4,1

Kalbfleisch 0,6 0,5

Hammelfleisch 0,4 0,2

Hackfleisch 1,5 1,2

Geflügel 0,4 0,2

Wurst, Schinken 9,5 10,0

Speck 1,8 2,1

Quelle: Einzelschriften zur Statistik des Deutschen Reichs, a.a.O., S. 86 und Jahrbuch 1938, a.a.O., S. 342

Man sieht, dass sich hier eine Verbrauchsverschiebung von den teureren zu den billigeren Waren vollzogen hat. Rind- und Schweinefleisch, also relativ billige Sorten hatten Anstiege zu verzeichnen, während der Ausgabenanteil für Kalbfleisch etwas zurückging.

Innerhalb der Ausgabengruppe für pflanzliche Nahrungsmittel zeigt sich bei Milch und Milcherzeugnissen ein ähnliches Bild. Auf die verschiedenen Milchsorten entfielen in 1927/28 insgesamt 11,5% der Gesamtausgaben für Nahrungsmittel, 1937 betrug dieser Anteil nur noch 9,7%. Der Ausgabenanteil der verschiedenen Milcherzeugnisse zeigt folgende Veränderung:

Tabelle 5: Anteil der Ausgaben für Milch und Milcherzeugnisse an den Gesamtausgaben für Nahrungsmittel (in %)

Art 1927/28 1937

Milch insgesamt 11,5 9,7

davon Vollmilch 11,3 9,1

Mager-, Buttermilch 0,1 0,1

Butter 4,6 6,4

Käse 2,3 2,0

Eier 3,7 2,8

Quelle: Einzelschriften..., a.a.O., S. 86 und Jahrbuch 1938, a.a.O., S 342

Wie weiter unten noch zu zeigen sein wird, sind die meisten dieser Änderungen von entsprechenden Änderungen in den verbrauchten absoluten Mengen begleitet, sodaß der Ausgabenrückgang z.B. bei der Milch in erster Linie als eine Folge des verringerten Verbrauchs angesehen werden kann.

Ein Grund für den starken Anstieg des Ausgabenanteils für Butter dürfte einmal in der nicht unerheblichen Preisdifferenz im Vergleich zu 1927/28 liegen. Setzt man 1909/10 – 1913/14 = 100, so sank der Preisindex für Butter von 142 in 1927/28 auf 105 in 1937.[28]

Eine entsprechende Steigerung konnte man, wie weiter unten noch gezeigt wird , im Verbrauch der absoluten Mengen feststellen.

Tabelle 6: Anteil der Ausgaben für verschiedene Grundnahrungsmittel an den Gesamtausgaben für Nahrungsmittel (in %)

Gut 1927/28 1937

Brot und Backwaren insgesamt 16,6 15,8

Roggen/Grau/Misch/Schwarzbrot 10,4 11,0

Weißbrot/Weizenkleingebäck 3,8 2,6

Sonst. Backwerk 2,4 2,2

Kartoffeln 5,0 4,1

Nährmittel insgesamt 4,9 5,1

Hülsenfrüchte 6,7 0,5

Reis 0,5 0,3

Teigwaren 0,7 0,7

Gries 0,2 0,2

Mehl aus Brotgetreide 2,3 2,3

Sonst. Mühlenfabrikate 0,5 0,1

Gemüse insgesamt 4,0 3,9

Quelle: Einzelschriften..., a.a.O., S. 86 und Jahrbuch 1938, a.a.O., S. 340

In dieser Tabelle ist eine ähnliche Erscheinung wie in der für den Ausgabenanteil für Fleisch festzustellen. Während der Ausgabenanteil für niederwertigeres Roggen- und Schwarzbrot leicht ansteigt, sinkt der Anteil für Weißbrot und Weizenkleingebäck. Wie bei Fleisch findet auch hier eine Verschiebung zu billigeren Nahrungsmitteln statt. Der Ausgabenanteil für die übrigen Nahrungsmittel blieb im großen und ganzen gleich oder zeigte nur geringe Abweichungen. Die einzige bedeutende Veränderung trat hier bei Hülsenfrüchten ein, wo sich der Ausgabenanteil von 6,7% in 1927/28 auf nur noch 0,5% in 1937 veränderte.

Ob sich dies Verschiebungen auch im tatsächlichen Verbrauch zeigten, kann aus diesen Angaben nicht geschlossen werden.

Betrachten wir nun als letztes innerhalb der Gruppe der Ausgaben des gehobenen Bedarfs den Anteil, den die Genussmittel auf sich vereinigen konnten.

Zu den Genussmitteln werden in den Verbrauchserhebungen alkoholische und alkoholfreie Getränken (außer Milch), sowie Tabakwaren gezählt. Der Anteil dieser Güter an den Verbrauchsausgaben für den gehobenen Bedarf ging von 5,6% in 1927/28 auf 5,0% in 1937 zurück. Der Anteil an den Gesamtausgaben ging weniger stark zurück: er verringerte sich lediglich von 4% in 1927/28 auf rd. 3,8% in 1937.[29]

Innerhalb der Gruppe zeigten sich wieder auffallende Verschiebungen.

Tabelle 7: Anteil der Ausgaben für Getränke und Tabakwaren an den Gesamtausgaben für Genussmittel (in %)

Gut 1927/28 1937

Bier 43,0 31,2

Branntwein 5,1 4,6

Trauben- und Obstwein 2,6 6,3

alkohol. Getränke zusammen 50,7 42,1

alkoholfreie Getränke 2,4 3,6

Zigarren 10,7 13,9

Zigaretten 18,3 12,3

Tabak 17,9 18,1

Tabakwaren zusammen 46,9 54,3

Quelle: Einzelschriften..., a.a.O., S. 87 und Jahrbuch 1938, a.a.O., S. 343

Ins Auge fallend ist hier sofort die anteilmäßige Ausgabenverringerung bei alkoholischen Getränken um 8,6%, die durch den vermehrten Ausgabenanteil bei Tabakwaren um 7,4% innerhalb der Gruppe „Genussmittel“ nicht ganz kompensiert wird.

Dabei geht die Verringerung der Ausgaben für alkoholische Getränke in erster Linie auf den stark reduzierten Ausgabenanteil für Bier zurück. Dagegen wurde für Wein ein weitaus größerer Ausgabenanteil als 1927/28 aufgewendet. Der Grund dafür liegt, wie später noch erwähnt werden soll in der propagandistischen Einflussnahme des Staates auf den Verbrauch, wodurch die verbrauchte Menge absolut stark gesteigert werden konnte.

Dennoch ging der Anteil der Ausgaben für alkoholische und alkoholfreie Getränke an den Gesamtausgaben von 1,9% in 1927 auf 1,6% in 1937 zurück.

Innerhalb der Gesamtausgaben für Tabakwaren (als Anteil an den gesamten Genussmittelausgaben ) nahm der Ausgabenanteil für Zigaretten am meisten zu, nämlich um 4%. Zigarren konnten ihren Anteil innerhalb der Genussmittel um 3,2%, Tabak nur um 2% verbessern.

Der Grund für die stärkere Ausgabensteigerung für Zigaretten wird wohl in Geschmacks- und Modeveränderungen zu finden sein.

2.1.4 Gegenüberstellung der absoluten Ausgaben pro Haushaltung für die wichtigsten Verbrauchsgüter und der verbrauchten tatsächlichen Menge an Nahrungs- und Genußmitteln

In diesem Kapitel sollen die Angaben des vorigen Abschnitts über die anteilmäßige Aufteilung der Ausgaben auf die einzelnen Güter, die kein genaues Bild über die jeweiligen Ursachen der Ausgabenveränderungen machten präzisiert werden.

Durch die Gegenüberstellung der verbrauchten Mengen sowie der dafür getätigten Ausgaben erhält man ein Bild davon, ob die anteilmäßige Ausgabensteigerung auf Preiserhöhungen, oder tatsächlichen Mehrverbrauch zurückzuführen sind. Vor allem aber erhält man auf Grund des Vergleichs der verbrauchten Mengen ein Bild über die tatsächlich eingetretenen Verbrauchsverschiebungen, besonders innerhalb des Nahrungsmittelsektors.

Tabelle 8: Gegenüberstellung des mengenmäßigen Verbrauchs und der absoluten Ausgaben pro Haushaltung 1927/28 und 1937

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Einzelschriften... a.a.O., S. 91 ff, und Jahrbuch 1938, a.a.O., S. 349 ff

Starke mengenmäßige Verbraussteigerungen bei Nahrungsmitteln kann man vor allem bei Butter, Käse, Brot, bestimmten Fleischsorten, Fisch, Kartoffeln und Gemüse feststellen. Es handelt sich hier also um Produkte der heimischen Agrarwirtschaft, bei denen zum Teil keine große Einfuhrabhängigkeit bestand. (Darüber wird weiter unten noch zu sprechen sein.)

Dabei sind die meisten Veränderungen in den verbrauchten Mengen mit entsprechenden Ausgabenveränderungen verbunden, sodaß die oben gemachten Aussagen über die anteilmäßigen Ausgabenveränderungen sich im großen und ganzen mit den mengenmäßigen Veränderungen decken.

Dennoch gibt es eine Reihe bemerkenswerter Ausnahmen, in denen die verbrauchte Menge zunahm, die absoluten Ausgaben jedoch abnahmen oder zumindest gleichblieben (Brot). Dies war einmal der Fall bei Käse. Während hier die verbrauchte Menge von 12,2 kg in 1927 auf 15,6 kg in 1937 zunahm, verringerten sich die Ausgaben um rd. 4 RM.

Dieselbe Erscheinung sieht man bei Margarine, bei Rindfleisch, Schweinefleisch, Wurst, Schinken und Aufschnitt. Besonders auffallend ist diese Tatsache bei Kartoffeln. Hier betrug die Verbrauchssteigerung von 1927 auf 1937 rd. 145 kg pro Jahr. Es entsprach hier also einer mengenmäßigen Zunahme von 35,7% eine Abnahme der absoluten Ausgaben von rd. 43%.

In diesem Fall gehen die Angaben über die anteilmäßige Ausgabenveränderung (1927/28 betrug der Anteil der Ausgaben für Kartoffeln an den gesamten Nahrungsmittelausgaben 5%, 1937 4,1%) nicht mehr Hand in Hand mit den Angaben für die tatächlich verbrauchten Mengen. Der Grund für diese Erscheinung, die man auch bei Brot und Backwaren – hier insbesondere bei Roggen -, Grau -, Misch – und Schwarzbrot – beobachten kann, muß in wesentlichen Preisverringerungen liegen.

Auf die Preisentwicklung soll aber im zweiten Teil der Arbeit genauer eingegangen werden.

Man kann also bei Nahrungsmitteln eine Verbrauchszunahme vor allem bei den geringwertigen Gütern feststellen. Obwohl z.B. der Verbrauch an Fleisch und Fleischwaren im ganzen abnahm, konnte man bei Kalbfleisch, das zwar ohnehin in relativ kleinen Mengen verbraucht wurde, einen leichten Verbrauchsrückgang feststellen. Die Gesamtzunahme wurde primär von der Zunahme im Rind – und Schweinefleischverbrauch getragen.

Ähnlich ist das Bild bei Brot und Backwaren. Die starke Zunahme im Gesamtverbrauch beruht allein auf der Verbrauchssteigerung bei Roggen -, Grau -, Misch – und Schwarzbrot. Der Verbrauch an höherwertigem Weißbrot und Weizenkeimgebäck verringerte sich um rd. 13 kg.

Aber nicht nur bei den Gütern des starren Bedarfs traten Verbrauchssteigerungen ein: Mehrverbrauch war auch bei einer Reihe von Gütern des gehobenen Bedarfs festzustellen. Ein Beispiel hierfür ist der Verbrauch an Bohnenkaffee, der von 2,1 kg in 1927 auf 4,1 kg in 1937 angestiegen ist. Ein bemerkenswert starker Mehrverbrauch zeigte sich bei Wein. Während 1927 der jährliche Verbrauch 1,4 l betrug, wurden 1937 5,2 l konsumiert.

Eine beachtliche Steigerung ist auch im Verbrauch von Zigarren und Zigaretten zu verzeichnen. Dabei konnten die Zigaretten die größte Steigerung mit 147,4 Stück auf sich vereinen. Bei Zigarren betrug der Mehrverbrauch nur 50 Stück, während bei Tabak eine Verbrauchseinschränkung von 2 auf 1,5 kg beobachtet werden konnte (diese Tatsache würde nach Guillebaud, der annimmt, dass der Deutsche, wenn es ihm gut geht Zigarren und Zigaretten raucht, im gegenteiligen Fall jedoch Pfeife, auf eine verbesserte wirtschaftliche Situation der Haushalte schließen lassen.[30]

Alle diese mengenmäßigen Veränderungen sind von gleichgerichteten Veränderungen in den absoluten Ausgaben begleitet. Die Aussagen über die anteilmäßigen Ausgabenveränderungen decken sich also mit diesen Angaben.

Über die verbrauchten Mengen an industriellen Fertigerzeugnissen wie z.B. Bekleidung u.ä. sind in den Wirtschaftsrechnungen keine Angaben enthalten. Wir werden deshalb nur die absoluten Verbrauchsausgaben kurz betrachten.

Tabelle 9: Vergleich der absoluten Ausgaben für industrielle Fertigwaren (in RM)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Anmerkung: 1927/28 sind in den Angaben die Ausgaben für Reinigung der Wohnung, Reparaturen an Möbeln und sonstigen Einrichtungsgegenständen, sowie Haus – und Küchengeräten enthalten.

Quelle: Einzelschriften ..., a.a.O., S. 87 und Jahrbuch 1938, a.a.O., S. 344

Ausgabensteigerungen traten hier ein bei Schuhwerk und Oberbekleidung, also einmal bei einem Gut des starren, zum anderen bei einem Gut des elastischen Bedarfs. Die ausgaben für Wäsche und Einrichtungsgegenstände dagegen nahmen ab (wobei die relativ starke Ausgabenschrumpfung für Einrichtungsgegenstände z.T. auf die Tatsache zurückzuführen ist, dass 1927/28 auch die Ausgaben für Reparaturen dieser Gegenstände in der Zahl enthalten sind.).

Da die Preise für Textilien und Hausrat im Vergleich zu 1927 nicht gestiegen, im Gegenteil, sogar gefallen waren[31], kann man bei diesen Gütern auch eine mengenmäßige Verbrauchszunahme annehmen. Darin kommt nach Schmucker[32] ein gewisser Nachholbedarf der Haushalte gegenüber der Zeit von 1930/32 zum Ausdruck.

Über evtl. eingetretene Qualitätsveränderungen, die beim Vergleich der Mengenergebnisse noch von Bedeutung wären, kann am hier keine aussagen machen. Denn obwohl im allgemeinen an höheren Preisen auch eine bessere Qualität zu erkennen ist, kann man diese Regel hier auf Grund der stark verschobenen Preisrelationen nicht als gültig ansehen.[33]

2.1.5 Zusammenfassung, Ergebnis

In den vorhergehenden Abschnitten wurde versucht, an Hand von Wirtschaftsrechnungen repräsentativer Haushalte einige Veränderungen in der Verbrauchsstruktur zwischen 1927/28 und 1937 aufzuzeigen. Zu diesem Zweck wurden sowohl die absoluten wie die relativen Ausgaben, als auch die verbrauchten Mengen gegenübergestellt.

Da der Verbrauch maßgeblich vom Einkommen bestimmt wird, soll im folgenden noch kurz ein Vergleich der Einkommen zu beiden Vergleichszeitpunkten vorgenommen werden.

Gemäß amtlicher Statistik betrug das gesamte Volkseinkommen 1927 70,8 Mrd. RM. 1937 war es , wie schon erwähnt auf 71,0 Mrd. RM angestiegen. Einen etwas stärkeren Anstieg wies das Roheinkommen aus Lohn und Gehalt aus (erfasst sind Arbeiter, Angestellte und Beamte).

Während es 1927 37,8 Mrd. RM betrug, stieg es bis 1937 auf 39,5 Mrd. RM an.[34]

Dieser Anstieg beruht aber zum größten Teil auf der Tatsache, dass ja das Roheinkommen aus Lohn und Gehalt vorwiegend durch die Zahl der Beschäftigten und die Länge der Arbeitszeit bestimmt wird und diese beiden Größen vor allem nach 1933 ständig stiegen.[35] Ein genaueres Bild zeigt ein Vergleich der Indexziffern der Arbeitsverdienste.

So betrug 1928 der Gesamtindex der nominalen (d.h. nicht preisbereinigten) Bruttostundenverdienste der Arbeiter 122,9 (1936 = 100), während er 1937 bei 102,1 stand. Dagegen stieg der Index der realen, d.h. über die Indexziffern für die Lebenshaltungskosten umgerechneten Bruttostundenverdienste leicht von 100,9 auf 101,6 an.[36] Hierin spiegelt sich der stark gesunkene Index der Lebenshaltungskosten. Folgende Tabelle gibt einen Überblick.

Tabelle 10: Index der Lebenshaltungskosten (1913/14 = 100)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Stat. Jahrbuch für das Deutsche Reich, 58. Jg., 1939/40, S. 339

In Preisen von 1913 ausgedrückt betrug das Realeinkommen im Durchschnitt der Jahre 1928/29 rd. 44 Mrd. RM, im Durchschnitt der Jahre 1935/39 rd. 53 Mrd. RM. Das entspricht einem Pro-Kopf-Einkommen von 696 bzw. 827 RM.[37]

Schaubild 1 zeigt eine Gegenüberstellung des Volkseinkommens und des für den Verbrauch verfügbaren Einkommens (Verlauf einer Indexziffer, die „diejenigen Teile des Volkseinkommens enthält, die in die Hand der Verbraucher gelangen, vermindert um die Geldbeträge, die in form von Steuern, Sozialabgaben usw. vom Einkommen vorweg abgezogen werden“.

Schaubild 1:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Vjh.z.W.,Jg. 1939/40, NF, S14

Danach war 1937 das zum Verbrauch verfügbare Einkommen wesentlich kleiner als 1927/28. Zum Ausgleich dafür lagen aber, wie oben gezeigt, die Lebenshaltungskosten erheblich niedriger. Trotz des gestiegenen Pro-Kopf-Einkommens im durchschnitt der Jahre 1963/39 weist das Volkseinkommen je Einwohner für 1937 sowohl nominal, wie auch real niedrigere Werte auf, als für 1927/28.[38] Die Realeinkommen hatten nach Schmucker 1937 erst begonnen, „sich vom Tiefpunkt der Weltwirtschaftskrise zu erholen“.[39] Die für unseren Zusammenhang wichtigen Werte, nämlich die, auf einen 4-Personenhaushalt umgerechneten Einkommen betrugen nach Schmucker[40]:

1927/28: 2157 RM

1937: 2050 RM

Dabei ist zu beachten, dass sich die Verbrauchserhebung von 1937 auf die weniger verdienenden Arbeiterhaushalte beschränkte, deren Einkommen daher noch etwas unter den oben ausgewiesenen Werten lag.[41]

[...]


[1] Vgl. Stackelberg, H.v., Grundlagen der Theoretischen Volkswirtschaftslehre, Tübingen – Zürich 1951, 2. Auflage, S. 6

[2] Vgl. Hicks, J.,Einführung in die Volkswirtschaftslehre, München 1964, S. 35

[3] Vgl. Hicks, a.a.O., S. 37

[4] Vgl. Schmucker, H., Die langfristigen Strukturwandlungen des Verbrauchs der privaten Haushalte in ihrer Interdependenz mit den übrigen Bereichen einer wachsenden Wirtschaft, in: Strukturwandlungen einer wachsenden Wirtschaft, Verhandlungen auf der Tagung des Vereins für Sozialpolitik, Gesellschaft für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften in Luzern 1962, hrsg. Von F. Neumark, Berlin 1964, S. 110

[5] Vgl. Schmucker, H., a.a.O., S. 110

[6] Vgl. Tornau, U., Verbrauchstatistik und Ernährung, in: Beihefte zur Zeitschrift "Die Ernährung", Zeitschrift für das gesamte Ernährungswesen in Forschung, Lehre und Praxis, Heft 4, Leipzig 1938, S.

[7] Vgl. Gollnick, H., Ausgaben und Verbrauch in Abhängigkeit von Einkommen und Haushaltsstruktur, in: "Agrarwirtschaftliche Zeitschrift für Betriebswirtschaft und Marktforschung, Sonderheft 6/7, Hannover 1959, S.

[8] Vgl. Tornau, U., a.a.o., S. 6

[9] Durch die Methode, den Verbrauch je Vollperson auszuweisen, werden Unregelmäßigkeiten ausgeschaltet, "die die verschiedene Kopfzahl und die unterschiedlichen Alters- und Geschlechtszusammensetzung der Haushaltungen mit sich bringen". Dieses Verfahren nimmt also Rücksicht auf die Bevölkerungszusammensetzung. So kommt z.B. bei der Pro-Kopf-Berechnung des Verbrauchs von Fleisch nicht zum Ausdruck, dass ja Familien mit vielen Kleinkindern weniger Fleisch verbrauchen als Familien, die nur aus Erwachsenen bestehen.

Bei der Umrechnung auf Vollpersonen wird 1927/28 als Einheit der Verbrauch einer erwachsenen männlichen Person gewählt. Kinder in den entsprechenden Alterstufen, sowie Frauen sind gemäß ihrem Anteil am Verbrauch eines erwachsenen Mannes auf Vollpersonen umgerechnet.

Wirtschaft und Statistik (im folgenden zitiert als "WiSta"), 9. Jahrgang, 1929, Nr. 20, hrsg. Vom statistischen Reichsamt, S. 818

[10] Vgl. Deutschland unter dem Dawes-Plan, Die Reparationsleistungen im zweiten Teil des dritten Planjahres; Der Bericht des Generalagenten vom 10. Dez. 1927 nebst Sonderberichten der Kommissare und Treuhänder, Berlin 1927, S. 153

[11] Vgl. Guillebaud, C.W., The Economic Recovery of Germany, From 1933 to the Incorporation of Austria in March 1938, Londen 1939, S. 14

[12] Vgl. . Deutschland unter dem Dawes-Plan, a.a.O., S. 178

[13] Vgl. . Deutschland unter dem Dawes-Plan, a.a.O., S. 183

[14] Vgl. Statistisches Handbuch für Deutschland, 1928 – 1944, hrsg. V. Länderrat des amerikanischen Besatzungsgebietes, München 1949, S. 484

[15] Vierteljahreshefte zur Wirtschaftsforschung (im folgenden zitiert als "Vjh.z.W.), hrsg.v. E. Wagemann, 14, Jg., 1939/40, NF, S. 12

[16] Nicht ausreichend ausgelastet waren durch den Rückgang der Exporte die Anlagen der Textilindustrie.

[17] Einzelschriften zur Statistik des Deutschen Reichs, Nr.22, 1932, Die Lebenshaltung von 2000 Arbeiter-, Angestellten- und Beamtenhaushaltungen, Erhebungen von Wirtschaftsrechnungen im Deutschen Reich vom Jahr 1927/28, Teil I, Berlin 1932, bearbeitet vom Statistischen Reichsamt, S. 17

[18] Vgl. Schmucker, H., a.a.O., S.113 f

[19]

[20] Vgl. Kroll, G., Von der Weltwirtschaftskrise zur Staatskonjunktur, Berlin 1958, S. 621

[21] Vgl. Mingers, H.., Wandlungen im Verbrauch von Nahrungs- und Genussmitteln in Arbeitnehmerhaushaltungen 1927-1955, in: Statistische Rundschau für das Land NRW, 8. Jg., 1956, Heft 10

[22] Vgl. Schmucker, H., a.a.O., S. 114

[23] In Anlehung an Schmucker, a.a.O., S. 30

[24] Danach nimmt mit steigendem Einkommen die Ausgabe für Nahrungsmittel zwar absolut zu, relativ jedoch ab.

[25] Vgl. Vierteljahreshefte zur Konjunkturforschung, hrsg. v. E. Wagemann, (im folgenden zitiert als: Vjh.z.K.), Teil A, Jg. 193536, S. 163

[26] Vgl. Schmucker, H., a.a.O., Tabelle 5, S. 160

[27] Vgl. Schmucker, H. a.a.O., S. 161

[28] Vgl. Statistisches Handbuch von Deutschland, a.a.O., S 461

[29] Der Berechnung zugrundegelegt wurden die Angaben bei Schmucker,H., a.a.O., S. 161 über die „Gesamtausgaben in jeweiligen Preisen“.

[30] Vgl. Guillebaud, C.W., a.a.O, S. 207

[31] Indexziffer der Großhandelspreise; 1933 = 100

Jahr Textilien Hausrat Häute/Leder

1927 153,1 154,5 133,6

1930 105,5 155,7 110,3

1932 62,6 112,0 61,1

1937 88,9 111,6 44,6

Quelle: Konjunkturstatistisches Jahrbuch, Hrsg. E. Wagemann, Berlin 1935, S. 99 ff und Stat. Jahrbuch für das Deutsche Reich 1938, s. 371

[32] Vgl. Schmucker, a.a.O., S. 119

[33] Vgl. Einzelschriften zur Statistik ..., a.a.O.

[34] Vgl. Jahrbuch 1938, Bd. I, a.a.O., S.33 und Konjunkturstatistisches Handbuch, a.a.O., S. 95

[35] Halbjahresberichte zur Wirtschaftslage, Hrsg. E. Wagemann, 12. Jg., 1937/38, Heft 1, NF, s. 11

[36] Vgl. Stat. Handbuch von Deutschland, a.a.O., S. 472

[37] Vgl. Schmucker, a.a.O., S. 156

[38] Vgl. Schmucker, a.a.O., S. 119

[39] Ebenda

[40] Derselbe, S. 161

[41] Derselbe, S. 119

Ende der Leseprobe aus 56 Seiten

Details

Titel
Beiträge zur Veränderung der Verbrauchsgüterstruktur und zur Veränderung der Verbrauchsgüterpreise 1927/28 versus 1933-1938
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München
Note
2,0
Autor
Jahr
1969
Seiten
56
Katalognummer
V64485
ISBN (eBook)
9783638572880
Dateigröße
704 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Beiträge, Veränderung, Verbrauchsgüterstruktur, Veränderung, Verbrauchsgüterpreise
Arbeit zitieren
Diplom-Volkswirt Wolfgang Mocikat (Autor:in), 1969, Beiträge zur Veränderung der Verbrauchsgüterstruktur und zur Veränderung der Verbrauchsgüterpreise 1927/28 versus 1933-1938, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/64485

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