Ein Vergleich: Die ursprüngliche Handlungsorientierung Maria Montessoris und die Handlungsorientierung im Lernfeldkonzept


Hausarbeit, 2006

23 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Handlungsorientierung im Lernfeldkonzept
2.1 Aufgaben der Berufsschule, Grundauffassung von Unterricht
2.2 Einführung in das Lernkonzept
2.3 Die Handlungsorientierung im Lernfeldkonzept
2.3.1 Begründungsansatz und Anforderungskriterien
2.3.2 Kennzeichen/Merkmale eines handlungsorientierten Unterrichts

3. Handlungsorientierung bei Maria Montessori
3.1 Einführung in die Reformpädagogik
3.2 Das Kind als Baumeister seiner selbst
3.3 Die vorbereite Umgebung
3.4 Unterricht nach Maria Montessori: Handlungsorientierung

4. Schnittmengen der beiden Ansätze: Handlungsorientierung im Lernfeldkonzept und bei Maria Montessori
4.1 Die Schnittmenge der beiden Ansätze
4.2 Kritik

5. Zusammenfassung, Ausblick, Chancen

6. Abkürzungsverzeichnis

7. Literatur

8. Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

Die Berufspädagogik stammt aus zwei verschiedenen Perspektiven, zum einen aus der Wirtschaftswissenschaft und zum anderen aus der Ingenieurwissenschaft. Ihre Schnittmenge ist in der Erziehungswissenschaft zu finden (Abb. 1). Beide Wissenschaften haben einen Einfluss auf die Berufspädagogik, weshalb man sich 1920 entschloss die beiden Begriffe im Rahmen des Anwendungsbereichs -der Lehrerbildung- zusammenzuführen[1]. Aufgabe der Berufspädagogik ist es, sich „mit Fragen der beruflichen Aus- und Weiterbildung, des beruflichen Schulwesens und seiner Entwicklung sowie mit den gesellschaftlichen, bildungspolitischen, organisatorischen und institutionellen Rahmenbedingungen beruflichen Lehrens und Lernens“[2] auseinander zu setzten. Die Berufspädagogik erforscht Probleme der Schnittmenge von Beruf, Wirtschaft und Pädagogik. Es gilt daraus Konsequenzen für die entwicklungsgerechte Förderung des lernenden und arbeitenden Menschen zu ziehen und theoretisch zu begründen. Berufspädagogik beschäftigt sich zudem mit der Weiterentwicklung des Berufsbildungssystems.[3]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Berufs- und Wirtschaftspädagogik im disziplinären Kontext

(nach ARNOLD/GONON 2006)

Das Lernfeldkonzept existiert seit 1996, initiiert durch die Kultusministerkonferenz (KMK). Diese reagierte damit auf zunehmenden Wandel, Dynamisierung und den Wissensverfall in der Gesellschaft und der Berufswelt[4]. Das bis dato vorherrschende duale Modell der Berufsausbildung, mit dem Ausbildungsbetrieb einerseits und der berufsbildenden Schule andererseits gilt als überholt und praxisfern. Lerninhalte sollen nicht mehr nach fachsystematischen Schemata vermittelt werden, sondern angelehnt an die betriebliche Praxis, möglichst realitätsnah, im Zusammenhang vermittelt werden. D.h. die Wissensaneignung soll sich ergänzen. Das bedingt eine Aufhebung der herkömmlichen Fachsystematik. Der Unterricht soll fächerübergrei­fend, handlungsorientiert angelegt werden. Man erhofft sich, mit diesem Ansatz die Ausbildungsstrukturen der Lernorte Schule und Betrieb einander anzugleichen[5]. Also das schulische Lernen dem betrieblichen Prozess anzupassen und damit einen effektiveren Beitrag innerhalb der Berufsausbildung zu leisten. Ziel ist die Erlangung eigener Handlungsstrategien, die dazu befähigen sich den wandelnden Bedingungen fortlaufend anzupassen. Beispiele hierfür sind: Schlüsselqualifikationen wie z.B. die Kommunikationsfähigkeit und die Selbstorganisation.

Um dies zeitgemäß verwirklichen zu können, werden die Inhaltskataloge der Lehrpläne durch weiter gefasste, abstraktere Angaben ersetzt. Die Curricular sollen handlungsorientiert ausrichtet werden. Dieser Ansatz ist allerdings nicht neu und wurde u.a. schon von Piaget und Maria Montessori verfolgt.

Diese Arbeit soll zunächst das Lernfeldkonzept mit seiner Handlungsorientierung darstellen wie auch die Handlungsorientierung nach Maria Montessori. In Punkt vier sollen dann die Gemeinsamkeiten der beiden Ansätze dargestellt und auch kritisch betrachtet werden. Abschließend sollen Chancen und Entwicklungspotentiale des Konzeptes genannt werden.

2. Handlungsorientierung im Lernfeldkonzept

2.1 Aufgaben der Berufsschule, Grundauffassung von Unterricht

Um das Konzept der Handlungsorientierung einordnen zu können, sollen zunächst die Aufgaben der Berufsschule und die zugrunde liegende Auffassung von Unterricht dargestellt werden.

Die Bildungsaufträge der Berufsschule sind die „Förderung der Persönlichkeits­entwicklung und die Qualifizierung zur Ausübung eines Berufs […]“[6]. RIEDL/SCHELTEN (2006) nennen außerdem die traditionellen Aufgaben der Berufschule wie Allgemeinbildung, Erziehung und Bildung für und durch den Beruf. Ziel ist die Erlangung von Berufskompetenz. Dabei hat die Schule zunächst die Aufgabe kognitive Grundlagen zu erarbeiten, auf denen der weitere Wissenserwerb und die Erlangung beruflicher Handlungskompetenzen basiert.

Zunächst eine Einordnung des Unterrichtsverständnisses innerhalb der Handlungsorientierung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Grundauffassung von Unterricht (nach RIEDL/SCHELTEN (2006))

Betrachtet man die linke Seite der Abbildung, so erkennt man das traditionelle Unterrichtsverständnis, bei dem hauptsächlich die Sozialform des Frontalunterrichts angewendet wird. Es geht darum ein festgelegtes Expertenwissen an die Schüler weiter zu geben. Dieser nimmt dabei vornehmlich eine passiv aufnehmende Rolle ein. Bei dieser Form der Wissensvermittlung soll eine Wissensgrundlage für das eigenständige Denken und Handeln gelegt werden. Der objektivistische Unterricht dient dem wissenschaftsbasierten Unterricht als Entsprechung. Inhaltlich orientiert sich der Unterricht an Verfahrens- und Betrachtungsweisen, die der zugrunde liegenden Wissenschaft entsprechen. Die Fachsystematik bestimmt den Unterrichtsablauf, reale Berufs- und Arbeitssituationen treten zunächst in den Hintergrund. Diese Unterrichtsform schließt allerdings den handlungsorientierten Unterricht (Abb.2: rechte Seite) nicht völlig aus, so lange er sich darum bemüht, auch die Anwendung des erlernten Wissens deutlich zu machen.[7] Passiert dies nicht, besteht Gefahr, den Unterrichtsgegenstand nicht zu „begreifen“ und nicht in der Praxis anwenden zu können.

Die konstruktivistische Grundposition betrachtet das Gehirn als geschlossenes System, welches sich seine Informationen in Form von Nerven-, Synapsen- und Neuronenverbindungen selbst schaffen muss (Plastizität). Dies geschieht erst durch vielfältige Reizeinwirkungen. Neue Informationen werden dem System nach dem Prinzip der Assimilation und der Akkumulation hinzugefügt (vgl. auch PIAGET[8] ). Dieser Erkenntnis wird im handlungsorientierten Unterricht Rechnung getragen. Es gilt den Lernstoff selbst aktiv zu erfahren und den eigenen Erfahrungshorizont einzugliedern. Das führt u.a. zu einer veränderten Lehrerrolle (siehe 2.3). Konstruktivistisch lernen bedeutet also: „situiert anhand authentischer, komplexer, lebens- und berufsnaher, ganzheitlicher Aufgabenstellungen, in vielfachen Kontexten bzw. Perspektiven und in einem sozialen Kontext im Unterricht vorzugehen.“[9]

2.2 Einführung in das Lernfeldkonzept

Die Lernfeldorientierung ist, wie bereits in Erstens beschrieben, ein Konzept für die duale Berufsausbildung, meist im gewerblich - technischen und im kaufmännischen Bereich.[10] Man unterscheidet Handlungsfelder, Lernfelder und Lernsituationen. Ein Lernfeld bezieht sich auf ein bestimmtes Handlungsfeld. Aus diesen Lernfeldern lassen sich Lernsituationen ableiten. Pro Lernfeld gibt es etwa 20-30 Unterrichtstunden. Wie sich der Unterricht konkret gestaltet wird in 2.3 bzw. im Vergleich mit Montessori in Viertens beschrieben.

Zunächst ein Überblick:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Handlungsfelder, Lernfelder und Lernsituationen (nach BADER, SCHÄFER (1998))

Die Struktur der Lernfelder entsteht aus der beruflichen Praxis. So werden im Unterricht Situationen initiiert, wie sie im Berufsalltag vorkommen. Allerdings ist der Entwurf und die Planung sehr aufwendig und unterliegt einem ständigen Wandel (siehe 2.3).

REINMANN-ROTHMEIER/MANDEL (2001) benennen fünf Merkmale als charakteristisch für den konstruktivistischen, handlungsorientierten Unterricht[11]:

(1) Lernen erfolgt unter aktiver Beteiligung des Lernenden, es soll motiviert und interessiert sein oder werden
(2) Die Steuerung und Kontrolle des Lernprozesses erfolgt, je nach Lernmoment, mehr oder weniger durch Lernenden
(3) Die bisherigen Erfahrungen des Lernenden sind die Grundlage des weiteren Wissenserwerbs: subjektive Interpretationen erweitern die Kenntnisse
(4) Lernen erfolgt in einem spezifischen Kontext
(5) Lernen hat immer ein soziales, interaktives und soziokulturelles Moment.

Ein Leitfaden zur Erstellung einer entsprechenden Unterrichtsreihe soll an dieser Stelle nicht gegeben werden, deshalb sei auf weitere Literatur von BADER und SCHÄFER (u.a. 1998) verwiesen. Stattdessen sei auf die notwendigen Veränderungen der Schul- und Lernorganisation -im Vergleich zum herkömmlichen Unterricht- hingewiesen[12]:

- Stundenpläne enthalten keine Fächer mehr, sie orientieren sich an den Lernfeldern
- Klassenarbeiten beziehen sich auf die Lernfelder
- Die Zeugnisse weisen Lernfelder aus
- Lehrinhalte werden in handlungssystematischen Zusammenhängen vermittelt
- Das Lernfeldkonzept erfordert Absprachen unter den beteiligten Lehrkräften
- Lernortkooperationen müssen intensiviert werden, um reale Erfahrungen zu ermöglichen
- Innerhalb der Lernsituationen müssen Praxisbezüge deutlich werden
- Der Lehrer ist nicht mehr Fachexperte, sondern in einem Lehrerteam organisiert, welches bestimmte Lernfelder abdeckt
- Berufsübergreifende Fächer erhalten einen praxisrelevanten Rahmen
- Fachsystematiken werden in verschiedene Lernfelder integriert.

Soweit ein kurzer Überblick über das Lernfeldkonzept. Im nächsten Punkt werde ich die Handlungsorientierung vertiefen und somit auch noch einmal näher auf relevante Aspekte der Lernfelder eingehen.

[...]


[1] Arnold, R./Gonon, P.: Einführung in die Berufspädagogik. Opladen [u.a.]: Verlag Barbara Budrich 2006, vgl. S.13-15.

[2] Universität Karlsruhe, Institut für Berufspädagogik und Allgemeine Pädagogik: Informationsblatt zum

BA/MA Studiengang Pädagogik: http://www.rz.uni-karlsruhe.de/~apaedagogik/InfoPaed_ZIBNov05.doc vom 01.10.2006, S.2.

[3] Vgl. a.a.O.

[4] Schelten, A., Riedl, A.: Handlungsorientiertes Lernen – Entwicklungen aus der Lehr-Lern-Forschung und deren Anwendung im Unterricht. München: Fortbildungsunterlagen 2006, S. 3.

[5] Küls, H.: Lernen in Lernfeldern. In: Textor, M.R.: Kindergartenpädagogik – Online-Handbuch: www.kindergartenpaedagogik.de vom 12.08.2006.

[6] Schelten, A., Riedl, A.: Handlungsorientiertes Lernen – Entwicklungen aus der Lehr-Lern-Forschung und deren Anwendung im Unterricht. München: Fortbildungsunterlagen 2006, S.3.

[7] Vgl.: Schelten, A., Riedl, A.: Handlungsorientiertes Lernen – Entwicklungen aus der Lehr-Lern-Forschung und deren Anwendung im Unterricht. München: Fortbildungsunterlagen 2006, S. 10.

[8] Sime, M.: So sieht ein Kind die Welt. Piaget für Eltern und Erzieher. Olten und Freiburg i.Br.: Walter-Verlag 1978, S.10f).

[9] Schelten, A., Riedl, A.: Handlungsorientiertes Lernen – Entwicklungen aus der Lehr-Lern-Forschung und deren Anwendung im Unterricht. München: Fortbildungsunterlagen 2006, S.12.

[10] Küls, H.: Lernen in Lernfeldern. In: Textor, M.R.: Kindergartenpädagogik – Online-Handbuch: www.kindergartenpaedagogik.de vom 12.08.2006.

[11] Reinmann-Rothmeier/Mandel (2001) in: Schelten, A., Riedl, A.: Handlungsorientiertes Lernen – Entwicklungen aus der Lehr-Lern-Forschung und deren Anwendung im Unterricht. München: Fortbildungsunterlagen 2006, S.11.

[12] Schelten, A., Riedl, A.: Handlungsorientiertes Lernen – Entwicklungen aus der Lehr-Lern-Forschung und deren Anwendung im Unterricht. München: Fortbildungsunterlagen 2006, S.8.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Ein Vergleich: Die ursprüngliche Handlungsorientierung Maria Montessoris und die Handlungsorientierung im Lernfeldkonzept
Hochschule
Bergische Universität Wuppertal  (Fachbereich G Bildungswissenschaften)
Veranstaltung
Das Lernfeldkonzept im Berufskolleg
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
23
Katalognummer
V64133
ISBN (eBook)
9783638570206
ISBN (Buch)
9783656783237
Dateigröße
552 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Vergleich, Handlungsorientierung, Maria, Montessoris, Handlungsorientierung, Lernfeldkonzept, Berufskolleg
Arbeit zitieren
Katrin Gewinner (Autor:in), 2006, Ein Vergleich: Die ursprüngliche Handlungsorientierung Maria Montessoris und die Handlungsorientierung im Lernfeldkonzept, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/64133

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