Die Entwicklung der Terrorismusbekämpfung in der EU


Hausarbeit, 2006

21 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

0. Einleitung

1. Der Terrorismusbegriff der Europäischen Union
1.1 Übereinkommen zur Bekämpfung des Terrorismus von 1977
1.2 Auslieferungsübereinkommen von 1996
1.3 2002 Rahmenbeschluss zur Terrorismusbekämpfung

2. Operative Instrumente zur Terrorismusbekämpfung in der EU.
2.1 Erste Kooperationsformen: TREVI (1975-1992)
2.2 Von TREVI zu Europol
2.3 Europol nach 9/11

3. Theoretische Analyse
3.1 Integrationstheorien
3.1.1 Neo-Funktionalismus
3.1.2 Intergouvernementalismus
3.2 Theorieanwendung
3.2.1 Neo-Funktionalismus
a) Konstruktion des Idealtyps
b) Anwendung auf die Entwicklung der Terrorismusdefinition
c) Anwendung auf die operativen Instrumente
3.2.2 Intergouvernmentalismus
a) Konstruktion des Idealtyps
b) Anwendung auf die Entwicklung der Terrorismusdefinition
c) Anwendung auf die Entwicklung der operativen Instrumente zur Terrorismusbekämpfung
3.3 Auswertung der Anwendung

4. Fazit

5. Quellenverzeichnis
5.1 Primärliteratur
5.2 Sekundärliteratur

0. Einleitung

Lange vor den Anschlägen des 11. September 2001, die wohl am deutlichsten das Aufkommen des neuen internationalen Terrorismus symbolisierten, hatten viele Mitgliedsstaaten der Europäischen Union ihre eigenen Erfahrungen mit terroristischer Kriminalität gemacht, sei es nun der separatistische Terror in Spanien, der linksextremistische Terror in Deutschland und Italien oder der ethnisch-religiöse Terror in Nord-Irland. Dementsprechend vielfältig gestalteten sich sowohl die Definitionen als auch die Maßnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus. Diese Vielfalt stand einer Kooperation und einer gemeinsamen Strategie zur Bekämpfung von Terrorismus entgegen. Heute weist die EU eine gemeinsame Definition sowie gemeinsame Maßnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus auf.

Doch wie entwickelte sich die beschriebene Vielfalt der Definitionen und Maßnahmen bis heute und wie kann diese Entwicklung erklärt werden?

In dieser Arbeit soll untersucht werden, wie sich die Wahrnehmung und die darauf folgende Definition der terroristischen Bedrohung der EU im Laufe der Zeit wandelte. Der Bereich der Terrorismusbekämpfung fällt in weiten Teilen in den Bereich der Innen- und Sicherheitspolitik; somit ist der relevante Akteur in diesem Bereich der somit Rat der EU. Deswegen werden in dieser Arbeit nur die Aktivitäten des Rates untersucht, hierbei beschränke ich mich auf drei relevante Beschlüsse, die den Wandel des Terrorismusbegriffs widerspiegeln.

In einem zweiten Schritt soll dargelegt werden, wie parallel zum Wandel der Wahrnehmung und der Definition von Terrorismus die operativen Institutionen der EU geschaffen und weiterentwickelt wurden. Da diese in der dritten Säule der EU verankert sind, soll auch nur auf die operativen Institutionen der dritten Säule eingegangen werden.

In einem dritten Schritt soll anhand der dargelegten Entwicklung unter Einbezug von Theorien der Europäischen Integration untersucht werden, wie der Wandel erklärt werden kann.

1. Der Terrorismusbegriff der Europäischen Union

Im folgenden Kapitel soll dargestellt werden, wie sich die Definition von Terrorismus von einer Vielfalt nationalstaatlicher Definitionen zu einer einheitlichen EU-Definition gewandelt hat.

1.1 Übereinkommen zur Bekämpfung des Terrorismus von 1977

Das Übereinkommen vom 21.1.1977 nahm die Gefahr, die von zunehmenden Terrorismus ausgeht wahr, damit war die Existenz von Terrorismus erstmals auf EU-Ebene angesprochen. Die Auslieferung wurde als „besonders geeignetes Mittel[2] “ zur Verfolgung und Bestrafung von Terroristen angesehen. Es band alle bilateralen Auslieferungsverträge zwischen den Mitgliedsstaaten an geregelte Vorgehensweisen und ergänzte das Europäische Auslieferungsübereinkommen vom 13.12.1957 und seine Zusatzprotokolle[3]. Dieses verpflichtete die Mitgliedsstaaten zur Auslieferung gesuchter Straftäter, wobei politisch motivierte Straftaten von dieser Verpflichtung ausgenommen waren[4].[1]

Um angesichts der Zunahme terroristischer Gewalt in dieser Zeit die Strafverfolgung von Terroristen zu vereinfachen, wurde die Regelung der Ausnahme von politisch motivierten Straftaten umgangen, indem eine Reihe von Straftaten als Straftat ohne politischen Hintergrund definiert wurde. Zu diesen Straftaten gehörten unter anderem Flugzeugentführungen, Sprengstoffattentate und Geiselnahme. Die Tatsache, dass klassische Methoden des Terrorismus als „nicht politisch motiviert“ bezeichnet wurden, ermöglichte eine erleichterte Strafverfolgung terroristischer Straftäter ohne eine prinzipielle Änderung der Auslieferungsbestimmungen vornehmen zu müssen.

1.2 Auslieferungsübereinkommen von 1996

Das Auslieferungsübereinkommen der EU von 1996 ersetzte das Übereinkommen von 1977 und das Auslieferungsübereinkommen von 1954. Gleichzeitig blieben bestehende bilaterale und multilaterale Abkommen unberührt.[6][5]

Im Bezug auf terroristische Straftaten wurde das Prinzip der doppelten Strafbarkeit für Vereinigungen, die eine der im Übereinkommen von 1977 als nicht politisch definierten Straftaten begehen, abgeschafft[7]. Darüber hinaus wurden diese Straftaten eindeutig als politisch motiviert bezeichnet und damit dem Bereich des Terrorismus zugeschrieben; hier erfolgt, wenn auch nur implizit, eine erste spezifischere Begriffsdefinition, die sich jedoch an den Handlungen und nicht an den Motiven orientiert.

Durch die Abschaffung der Ausnahmeregelung für politische Straftaten wurde auch die Umgehung dieser Regelung im Übereinkommen von 1977 überflüssig. Dadurch wurden alle Straftaten, für die das nationale Recht ein gewisses Strafmaß vorsah, auslieferungspflichtig. Jedoch wurde den Mitgliedsstaaten eine Ratifizierung der betreffenden Artikel freigestellt und eine Beschränkung auf die im Übereinkommen von 1977 genannten Straftaten[8] ermöglicht[9]. Da die meisten Mitgliedsstaaten diese „opting-out“ Option wahrnahmen[10], stellt das Auslieferungsabkommen von 1996 auf dem Gebiet der Terrorismusbekämpfung de facto keine entscheidende Veränderung dar.

1.3 2002 Rahmenbeschluss zur Terrorismusbekämpfung

In dreierlei Hinsicht stellte der Rahmenbeschluss eine Neuerung im Vergleich zu den vorhergehenden Dokumenten dar.

Erstens vereinheitlichte er die Definition von terroristischen Straftaten innerhalb der Mitgliedsstaaten[11]. Straftaten aus dem klassischen Repertoire terroristischer Methoden wie Flugzeugentführung, Sprengstoffattentate und Geiselnahme werden als terroristische Straftat betrachtet, wenn sie darauf abzielen

- die Bevölkerung auf schwerwiegende Weise einzuschüchtern,
- öffentliche Stellen oder eine internationale Organisation rechtswidrig zu einem Tun oder Unterlassen zu zwingen,
- die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder verfassungsrechtlichen Grundstrukturen eines Landes oder einer internationalen Organisation ernsthaft zu destabilisieren oder zu zerstören[12].

Neben der Definition einer terroristischen Straftat und einer terroristischen Vereinigung regulierte der Rahmenbeschluss zweitens die Gerichtsbarkeit und ersetzte dadurch die in diesem Bereich bestehenden Auslieferungsabkommen. Dabei stellten Artikel 9.1a) und Artikel 9.1c) eine erhebliche Erweiterung der gerichtlichen Zuständigkeit dar. Nach Art. 9.1a) konnte die gerichtliche Zuständigkeit von jedem Mitgliedsstaat nicht mehr nur begründet werden, wenn eine terroristische Straftat auf eigenem Staatsgebiet begangen wurde, sondern auch, wenn sie auf dem Staatsgebiet eines anderen Mitgliedstaat begangen wurde. Durch Art. 9.1c) konnte ein Mitgliedsstaat die Gerichtsbarkeit nicht nur reklamieren, wenn es sich beim Täter einer terroristischen Straftat um einen Staatsangehörigen handelt, sondern auch wenn es sich beim Täter um einen ein Gebietsansässigen („resident“) handelte.

Da durch diese Regelungen Zuständigkeitskonflikte entstehen konnten, schrieb der Rahmenbeschluss Richtlinien zur Bestimmung der Zuständigkeit vor. Dabei sollten die folgenden Kriterien in der dargestellten Reihenfolge berücksichtigt werden:

Die Zuständigkeit liegt bei dem Staat,

- in dessen Staatsgebiet die Straftat begangen wurde,
- dessen Staatsangehörigkeit der Täter trägt oder in welchem der Täter ansässig ist,
- aus dem die Opfer stammen,
- der die Täter ergriffen hat[13].

Drittens wurde die weitaus verbindlichere Form des Rahmenbeschlusses anstatt des Übereinkommens gewählt, der die Mitgliedsstaaten verpflichtete, die in ihm beschlossenen Maßnahmen in nationales Recht umzusetzen[14]. In diesem Fall verpflichtete er die Mitgliedsstaaten, die einheitliche Definition von terroristischer Straftat in ihren Strafrechtskatalog aufzunehmen.

2. Operative Instrumente zur Terrorismusbekämpfung in der EU

Nachdem im vorherigen Kapitel die Entwicklung des rechtlichen Rahmens umrissen wurde, soll hier die Entwicklung der für die Terrorismusbekämpfung relevanten operativen Institutionen und deren Integrationsprozess dargestellt werden. Hierbei steht die polizeiliche Zusammenarbeit im Mittelpunkt.

2.1 Erste Kooperationsformen: TREVI (1975-1992)

Ein erstes gemeinsames Gremium zur Terrorismusbekämpfung wurde auf Entschluss des Rates 1976 etabliert[16]. Innerhalb des TEVI- Gremiums soll durch jährliche Treffen der Innen- und Justizminister ein Informations- und Erfahrungsaustausch im Bereich der Terrorismus- und Drogenbekämpfung erfolgen. Diese Treffen finden unverbindlich außerhalb des EG-Rahmens statt.[15]

[...]


[1] Europäisches Übereinkommen zur Bekämpfung des Terrorismus von 27.1.1977 (im Folgenden „Übereinkommen von 1977“ genannt).

[2] Vgl. Übereinkommen von 1977, Präambel.

[3] Vgl. ebd., Art. 3.

[4] Vgl. Europäisches Auslieferungsübereinkommen vom 13.7.1957 Art. 3.

[5] Übereinkommen über die Auslieferung zwischen Mitgliedsstaaten der EU vom 27.9.1996 (Im Folgenden nur „Übereinkommen von 1996“ genannt.

[6] Vgl. ebd. Art. 1.2

[7] Vgl. ebd. Art. 5

[8] siehe Fn. 2.

[9] Vgl. Übereinkommen von 1996, Art. 3.3 und Art. 5.2a.

[10] Vgl. Wouters, Jan/Naert, Frderik (2004): “Police and Judical Cooperation in the European Union an Counterterrorism: an Overview.” In: Fijnaut, Cyrille/Wouters, Jan/Naert, Frederik (Hrsg.): “Legal Instruments in the Fight against International Terrorism.“ Leiden u.a. 2004: S. 117

[11] Vgl. Rahmenbeschluss zur Terrorismusbekämpfung (2002): Präambel, 6

[12] Vgl. Rahmenbeschluss zur Terrorismusbekämpfung (2002): Art. 1.1

[13] Rahmenbeschluss zur Terrorismusbekämpfung (2002): Art. 9.2

[14] siehe EUV Art. 34, 2 c)

[15] TREVI steht für Terrorisme, Radicalisme, Violence Internationale

[16] Vgl. Müller, Thorsten (2003): “Die Innen- und Justizpolitik der Europäischen Union.“ Opladen, 2003: S. 177

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Die Entwicklung der Terrorismusbekämpfung in der EU
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Institut für Politikwissenschaft)
Veranstaltung
Oberseminar: Internationaler Terrorismus
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
21
Katalognummer
V63926
ISBN (eBook)
9783638568579
ISBN (Buch)
9783638797269
Dateigröße
566 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
In dieser Arbeit soll untersucht werden, wie sich die Wahrnehmung und die darauf folgende Definition der terroristischen Bedrohung der EU im Laufe der Zeit wandelte. In einem zweiten Schritt soll dargelegt werden, wie parallel zum Wandel der Wahrnehmung und der Definition von Terrorismus die operativen Institutionen der EU geschaffen und weiterentwickelt wurden. In einem dritten Schritt soll anhand der dargelegten Entwicklung unter Einbezug von Theorien der Europäischen Integration untersucht werden.
Schlagworte
Entwicklung, Terrorismusbekämpfung, Oberseminar, Internationaler, Terrorismus
Arbeit zitieren
Wolfgang Dietz (Autor:in), 2006, Die Entwicklung der Terrorismusbekämpfung in der EU, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63926

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