Das Unternehmen Weserübung in Norwegen. Untersuchung der militärstrategischen Planung und Durchführung sowie der politisch-diplomatischen Geschehnisse


Hausarbeit, 2002

27 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die politische Situation Anfang 1940

3. 1 Die Vorgeschichte der „Weserübung“
3. 1 a Die Planungen und Überlegungen der Alliierten
3. 1 b Der Fall Altmark
3. 2 Die marinestrategischen Überlegungen
3. 3 Die deutsche Perspektive
3. 3 a Die Entscheidung über „Weserübung“ und deren Planung
3. 3 b Defizite in der Planung und Verlustkalkulation

4. Fazit

5. Literatur

1. Einleitung

Diese Arbeit befaßt sich mit dem im neutralen Norwegen ausgeführten Teil des „Fall Weserübung“ (WÜ)[1] vom 9. April 1940. Jene Operation beinhaltete, unter dem Vorwand der Unterstützung der Neutralität Dänemarks und Norwegens gegen angebliche Invasionsbestrebungen der Engländer, die Besetzung beider Länder durch das Deutsche Reich.

Der Titelbeginn ist ein Zitat des nach Kriegsende abgeurteilten und hingerichteten Volksverräters Vidkun Quisling, mit welchem dieser am 15.

April am Ende einer Radioansprache seine kurze und erfolg- und ruhmlose Zeit als selbsternanntes Staatsoberhaupt beendete (Hoidal 1989: 406).

Ziel der Arbeit ist es, dem Leser einen Überblick über die Geschehnisse sowie einen Einblick in die strategischen Überlegungen der alliierten und der deutschen Führung zu geben. Es wird außerdem auf die Interessenlagen der kriegführenden Großmächte Deutschland und England eingegangen werden. Zur Einführung soll ein kurzer genereller Überblick zur damaligen politischen Situation zu genügen.

Der Hauptteil beginnt mit der Vorgeschichte von „Weserübung“. Jener ist zunächst gegliedert in die alliierten Planungen und Überlegungen den „Fall Altmark“, welcher eine wichtige Stellung in der Apologetik Deutschlands für seine Skandinavienplanung einnimmt. Da die Absicht, sich mittels dieser Aktion eine günstigere Ausgangsposition in Form von Marine- und Luftbasen für den Krieg gegen England zu verschaffen, eng mit den marinestrategischen Überlegungen seit dem Ersten Weltkrieg verflochten ist, wird in einem gesonderten Teil der Arbeit auf diese Aspekte eingegangen. Der Hauptteil führt dann weiter zur „deutschen Perspektive“, innerhalb derer zum einen die Frage nach den tatsächlichen Beweggründen der Aktion und Betrachtung der prominentesten Verfechter ihrer Durchführung Untersuchungsgegenstand sein wird, und zum anderen Schwachstellen der Planung offenbart werden sollen.

Im Fazit sollen schließlich die Ergebnisse der Operation vor dem Hintergrund des Gesamtverlaufs des Krieges in Hinsicht ihrer strategischen Nützlichkeit bewertet werden.

Nicht zuletzt aufgrund der erstmaligen weitreichenden Zusammenarbeit aller Teilstreitkräfte einer Armee[2] in einer solch großangelegten Dimension gilt „Weserübung“ als eines der am besten erforschten Begebenheiten des Zweiten Weltkrieges (Salewski 1991:117). Diese Tatsache trägt angesichts der sehr umfangreichen Literatur nicht unbedingt zur Erleichterung ihrer Sichtung bei. Bei der hier getroffenen Auswahl ist es jedoch gelungen, eine Autorenmischung aus Zeitzeugen, Forschern direkt nach und in weiterer zeitlicher Entfernung des Krieges zu gewinnen. Interessant, aber nicht unbedingt hilfreich, war das propagandistische Werk von Huber, welches nach der „Weserübung“, aber noch in der Frühphase deutscher Kriegsgewinne geschrieben wurde und eine entsprechend nationalsozialistische Sicht des Verlaufs zu vermitteln sucht. Das Standardwerk von Hubatsch konnte dank seines umfangreichen Anhangs eine Fülle von verschiedenen Quellen darbieten, was zwar ein gehäuftes Erscheinen dieses Autoren bei Zitierungen zur Folge hatte, jedoch der Arbeit eine Orientierung eng an den originalen Überlieferungen gestattete. Des weiteren bot das Internet eine Gelegenheit, weitere Arbeiten zum Thema requirieren zu können.

2. Die politische Situation Anfang 1940

Anfang des Jahres 1940 ist es etwa ein halbes Jahr her, daß nach den Kriegserklärungen Englands und Frankreichs an Deutschland als Reaktion auf den deutschen Angriff auf Polen, der Zweite Weltkrieg seinen Ausgang nahm. Ein wirkliches Ausufern der kriegerischen Auseinandersetzungen zu einem weiteren Weltkrieg ist allerdings zu jenem Zeitpunkt noch nicht unbedingt abzusehen: Mit der „Zerschlagung der Rest-Tschechei“ sowie der Aufteilung Polens zwischen dessen Nachbarn UdSSR und Deutschland war der Machthunger des deutschen Führers scheinbar gestillt.

Das Abstecken der Interessensphären ist für den zweiten großen Diktator Europas offensichtlich noch nicht passe, kommt es doch am 30. November 1939 zum Finnisch-Sowjetischen „Winterkrieg“. Durch diese bewaffnete Konfrontation im nördlichen Mitteleuropa sehen sich nun auch Dänemark und vor allem Norwegen erstmals wieder der Gefahr kriegerischer Handlungen auf ihrem Territorium ausgesetzt.[3]

Das traditionell Finnland wohlgewogene Deutschland verhält sich aufgrund seiner Verträge mit der Sowjetunion in diesem Konflikt neutral – die Vertreter der deutschen Diplomatie haben diesen Loyalitäts-Spagat mit so mancher ausweglos erscheinenden Gesprächssituation ausbaden dürfen (Petrick 1998:123).

England hingegen, in dieser Hinsicht stark von Frankreich gedrängt, sieht in dem Krieg die Chance, durch vorgebliche Hilfsaktionen für das überfallene Finnland Basen in Norwegen aufbauen zu können und damit seinen wichtigsten Strategien im Kampf gegen Deutschland – der Wirtschaftsblockade und der Einschnürung der deutschen Flotte - zur Umsetzung zu verhelfen.[4] Entsprechende deutsche Planungen zur Verhinderung dieser Vorhaben liegen seit Ende des Ersten Weltkriegs in den Schubladen. Nun sieht Admiral Raeder, der wie andere Teilnehmer des Ersten Weltkriegs Norwegens zögernde, jedoch bedeutende Rolle bei der Blockade Deutschlands nicht vergessen konnte, die Zeit ihrer Umsetzung als gekommen an (Lindemann 1997: 2).[5]

3. 1 Die Vorgeschichte der „Weserübung“

3. 1 a Die Planungen und Überlegungen der Alliierten

Um den deutsch-englischen Gegensatz in Bezug auf Norwegen deutlicher machen zu können, muß zunächst etwas weiter ausgeholt werden, und zwar bis zum Jahre 1905,[6] als Norwegens Trennung von Schweden, mit dem es seit 1814 in Personalunion verbunden gewesen war, zu Spekulationen der europäischen Großmächte führte. So war der russische Zar in einem Gespräch mit Kaiser Wilhelm II. der Auffassung, daß England - ob mit fairen oder unfairen Mitteln – „die Finger nach Norwegen hineinstecken und Einfluß gewinnen, Intrigen beginnen und am Ende das Skagerrak durch Besetzung von Kristiansand“ abschließen und somit die Ostseemächte Deutschland und Rußland in der Nordsee einschließen würde (zit. n. Hubatsch 1952: 2).[7] Geschwächt durch andere internationale Konflikte sahen die Konferierenden im Juli desselben Jahres eine Demonstration der britischen Ansprüche, als England zum ersten Mal seit dem Krimkrieg seine Kanalflotte ohne offizielle Ankündigung in die Ostsee entsandte. In dieser Zeit ging das Auswärtige Amt nicht ohne Grund davon aus, daß sich England die Besetzung norwegischer Häfen für den Kriegsfall offenhalten wollte.

Diese britische Neigung, im Kriegsfalle internationale Vereinbarungen zu mißachten, hatte für Deutschland während des Ersten Weltkriegs bereits dramatische Folgen gehabt, als England erfolgreich versuchte, die Achsenmächte mittels einer völkerrechtswidrigen Seeblockade von ihren Nachschubwegen abzuschneiden und so in die Knie zu zwingen. So verwundert es nicht, wenn bereits am 2. September 1939, also noch vor dem englischen Kriegseintritt, dem norwegischen Außenminister eine Note übergeben wird, welche die Reichsregierung als entschlossen ausweist, eine Verletzung der norwegischen Neutralität durch Dritte nicht zu dulden und in solchem Falle sich zum Handeln gezwungen sähe, die Interessen des Reiches so wahrzunehmen, wie die dann ergebene Lage es Deutschland aufnötigen würde.[8] Am 9. Oktober folgte eine weitere Note, welche, von fortgesetzter Neutralität ausgehend, den Skandinaviern eine Aufrechtrechterhaltung der Handelsbeziehungen auch bei längerer Kriegsdauer in Aussicht stellte (Ziemke 1959: 50 ).

Nachdem zwischen dem 7. und 13. Dezember drei britische Schiffe durch ein deutsches U-Boot (U 38) versenkt worden waren, eines davon in norwegischen Gewässern, erklärte England am 6. Januar 1940, daß es seinen Seekrieg in norwegische Gewässer ausdehnen werde, da das Land offenbar nicht seine eigenen Küsten verteidigen könne.[9] Die amtliche norwegische Untersuchungskommission sah das Hauptziel dieser Note eindeutig in der Unterbindung des Transports schwedischer Erze nach Deutschland. Dieses Ziel der Engländer war auch im vorigen Weltkrieg verfolgt, aber nicht erreicht worden. Ähnlich dem Altmarkfall bot sich also hier für die Alliierten die Kaschierung einer geplanten Aktion mit rechtfertigendem Hinweis auf eine vorhergegangene Neutralitätsverletzung durch den Kriegsgegner (Skodvin 1991: 76). Der Chef der deutschen Seekriegsleitung (.) war laut einer Eintragung vom 13. Januar der Ansicht, daß die Entwicklung die „schwerste Gefährdung Deutschlands“ mit sich brächte, und sich die Besetzung Norwegens durch die Engländer „kriegsentscheidend zu Ungunsten Deutschlands“ auswirken würde.

Abweichend davon war jedoch die 1. Abteilung der Meinung, England würde eine Invasion Norwegens nicht wagen, da diese es zum einen in scharfen Gegensatz zur UdSSR bringe und zum anderen eine sofortige deutsche Gegenreaktion provoziere, etwa die Erweiterung der Operationsbasis auf Dänemark, unter Umständen sogar auf Schweden (zit. n. Hubatsch 1952: 405).[10]

Nachdem der britische Marineminister Winston S. Churchill bereits Ende des ersten Kriegsmonats „drastische Maßnahmen“ für den Fall der Wiederaufnahme der Erzlieferungen aus Narvik für nötig erachtet hatte, sprach er in einer weiteren Denkschrift vom 16. Dezember 1939 von der

Möglichkeit einer Besetzung Narviks und Bergens, die auch bei stärksten deutschen Gegenmaßnahmen einen Vorteil für England verspräche. Diese Überlegungen rechtfertigt er mit der Überzeugung, auf der ‚richtigen’ Seite und für das Gute zu kämpfen: „ Unser Gewissen ist unser oberster Richter. ... Als tatsächliche Vertreter der Prinzipien des Völkerbundes haben wir das Recht, ja die Pflicht, vorübergehend die Gültigkeit gerade der Gesetze aufzuheben, denen wir wieder Geltung und Sicherheit verschaffen wollen

(Churchill 1949: 170-173). Einen Monat später entspricht der französische Ministerpräsident und Außenminister Daladier dieser Haltung nicht nur, sondern erweitert sie, als er in einem Telegramm nach London schreibt: „ Jede Möglichkeit, uns auf einem Gebiet festzusetzen, das uns noch nicht verschlossen ist, jeder Vorgang, der uns erlaubt, Einfluß auf eine Lage zu gewinnen, die anerkanntermaßen unmittelbar kriegsverändernd wirkt, müssen sofort berücksichtigt und ausgenutzt werden “ (zit. n. Hubatsch 1952: 16). Am 5. Februar wurde dann dem Drängen des französischen Generalstabs nachgegeben, welcher wegen des (bekannt gewordenen) bevorstehenden deutschen Angriffs im Westen die Eröffnung einer Front wünschte, um dort sowohl Deutschland als auch die UdSSR zu bekämpfen[11] (Ziemke 1959: 56) . Der alliierte Oberste Kriegsrat beschloß, 3-4 Divisionen nach Narvik zu senden. Vordergründig sollten diese den Finnen Unterstützung gegen die UdSSR leisten, das eigentliche Ziel war jedoch weiterhin die Kontrolle der schwedischen Erzgruben. Die skandinavischen Regierungen, mit diesem Ansinnen konfrontiert, wiesen es erneut scharf zurück, da sie korrekterweise befürchteten, daß ihre Territorien durch den zu erwartenden Gegenstoß Deutschlands zum Kriegsgebiet würde. Auf einer gemeinsamen Konferenz von Dänemark, Schweden und Norwegen am 25. Februar wurde das unbedingte Festhalten an strikter Neutralität bekräftigt .

[...]


[1] WÜ (Nord) bezeichnete das Vorhaben für Norwegen, während WÜ (Süd) den Angriff auf Dänemark markierte.

[2] Hierzu ist in den Memoiren General Dietls eine kleine Anekdote zu finden: Als die ersten Gebirgstruppen per Fallschirm hinter Narvik landeten, fiel einer von ihnen direkt ins Wasser. Der General kam hinzu, als ein Unteroffizier ihn gerade aus dem Wasser zog: „So, Soldat, wie sind sie denn hier gelandet?“ „Mit der Hilfe der drei Teilstreitkräfte, Herr General!“ rief der Mann schlagfertig, „Die Armee hat mich hier hochgeschickt, die Luftwaffe hertransportiert, und die Marine hat mich aus dem Wasser gezogen.“ Eigene Übersetzung des engl. Textes bei Lindemann 1997: viii.

[3] Norwegen konnte 1940 immerhin auf die stolze Bilanz einer bereits 126-jährigen Friedenszeit zurückblicken.

[4] Folgt man an dieser Stelle der sowjetischen Interpretation von Trukhanovsky, so war die Absicht Englands eigentlich, den Krieg gegen Deutschland in einen Krieg gegen die UdSSR, mit Deutschland als Verbündetem zu führen. Diese Sichtweise scheint jedoch eher die zeitweiligen Hoffnungen Hitlers widerspiegeln als die britische Politik (Vgl. Munch-Petersen 1991: 81).

[5] Der Historiker Olav Riste spricht in diesem Zusammenhang von Norwegen als „neutralem Alliierten“ (zit. n. Petrick 2002: 180).

[6] Bemerkenswerterweise sind bereits in diesem Jahr Anzeichen für das in Zukunft konfliktreicher werdende Interesse Deutschlands und Englands in Bezug auf Norwegen auszumachen: So war es Deutschland, welches als erster Staat die Selbständigkeit Norwegens anerkannte; England wiederum eröffnete die erste Botschaft in Kristiania (Petrick 2002: 169, 173).

[7] Dies hätte deren Kapazitäten zur See erheblich eingeschränkt, da sich der Großteil ihrer Seestreitkräfte in der Ostsee befand.

[8] Eine Bekräftigung dieser Haltung findet sich u.a. im Tagebuch des Chefs des Generalstabes des Heeres, General der Artillerie Halder, in einer Eintragung vom 1. Januar

1940 (Hubatsch 1952: 380), und im Kriegstagebuch der Seekriegsleitung in einer Eintragung vom 13. Januar 1940 (Hubatsch 1952: 404).

[9] Die Antworten der Regierungen Norwegens und Schwedens auf die Note waren klar ablehnend; die eigentlich eher anglophilen Bevölkerungen erregten sich stark über die angedrohte Verletzung der Neutralität ihrer Länder. Als sie von Churchill am 20. Januar und erneut am 31. März auch noch direkt aufgefordert wurden, sich dem Krieg auf alliierter Seite anzuschließen, führte dies eher zu einer Verhärtung der skandinavischen Position.

[10] Die gleiche Ansicht wird am 9. März 1939 in einer Lage-Beurteilung des Oberbefehlshabers der Kriegsmarine zum Ausdruck gebracht (Hubatsch 1952: 410).

[11] Die Franzosen waren von Beginn weniger als die Engländer an der Einhaltung völkerrechtlicher Gepflogenheiten orientiert - sie plädierten für eine Aktion auf

skandinavischem Boden auch ohne das Einverständnis der betreffenden Länder (Skodvin 1991: 76).

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Das Unternehmen Weserübung in Norwegen. Untersuchung der militärstrategischen Planung und Durchführung sowie der politisch-diplomatischen Geschehnisse
Hochschule
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald  (Historisches Institut)
Veranstaltung
Nordeuropa im Zweiten Weltkrieg
Note
1,3
Autor
Jahr
2002
Seiten
27
Katalognummer
V63821
ISBN (eBook)
9783638567725
ISBN (Buch)
9783638685047
Dateigröße
590 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Unternehmen, Weserübung, Norwegen, Untersuchung, Planung, Durchführung, Geschehnisse, Nordeuropa, Zweiten, Weltkrieg
Arbeit zitieren
Hendrik M. Buurman (Autor:in), 2002, Das Unternehmen Weserübung in Norwegen. Untersuchung der militärstrategischen Planung und Durchführung sowie der politisch-diplomatischen Geschehnisse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63821

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Das Unternehmen Weserübung in Norwegen. Untersuchung der militärstrategischen Planung und Durchführung sowie der politisch-diplomatischen Geschehnisse



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden