Strafe und Exklusion: Über den Ausschluss des Anderen


Hausarbeit, 2006

12 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Zum Verhältnis von Moral und Strafrecht und über die Anfänge der modernen Strafjustiz

3 Über den Sinn des Strafverfahrens

4 Positive Funktionen von Verbrechen

5 Problematik des derzeitigen Strafens

6 Delinquenz und Sozialstruktur

7 Moralisierung des Strafrechts

8 Fazit

Literatur

1 Einleitung

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Sanktionierung straffällig Gewordener und deren daraus resultierendem gesellschaftlichen Ausschluss. Zunächst sollen der Zusammenhang von Moral und Recht sowie die Anfänge der modernen Strafjustiz erörtert werden. Darauf folgend werde ich auf den Sinn des Strafens eingehen und einige positive Funktionen des Strafens nennen. Anschließend werde ich auf die negativen Funktionen der Strafjustiz, die vor allem in ihrer aggressiven Haltung und der individuellen Zuschreibung von Schuld liegen. Danach gehe ich auf den Zusammenhang von Delinquenz und Sozialstruktur ein. Abschließend wende ich mich aktuellen Tendenzen im gegenwärtigen Strafrecht zu, die sich weg von einer verstehenden, hin zu einer härteren und repressiveren Form des Strafens bewegen und sozialstrukturelle Aspekte außen vor lassen.

2 Zum Verhältnis von Moral und Strafrecht und über die Anfänge der modernen Strafjustiz

Moral, im hier verstandenen Sinne, soll heißen „ein mehr oder weniger umfassendes, integriertes und komplexes System von Normen zur Beurteilung von individuellem Verhalten als richtig oder falsch, gut oder böse (…) aufgrund spezifischer weltanschaulicher Orientierungen und soziokultureller Werte“ (Hillmann 1994: 576). Durkheim (1996: 468) führt zum Wesen und der Entstehung von Moral weiter aus: „Moralisch ist, könnte man sagen, alles, was Quelle der Solidarität ist, alles, was den Menschen zwingt, mit dem anderen zu rechnen, seine Bewegungen durch etwas anderes zu regulieren als durch die Triebe seines Egoismus, und die Moralität ist um so fester, je zahlreicher und stärker diese Bande sind. Hiermit sieht man, wie ungenau es ist, Moralität durch die Freiheit zu definieren, wie man es oft getan hat; sie besteht vielmehr aus einem Zustand der Abhängigkeit. Sie dient keineswegs dazu, den Menschen zu emanzipieren, ihn aus dem ihn umgebenden Milieu loszulösen, sondern hat im Gegenteil die wesentliche Aufgabe, aus ihm einen integrierten Teil eines Ganzen zu machen und ihm folglich etwas von der Freiheit seiner Bewegungen zu nehmen.“

Rechtssysteme, und damit auch das Strafrecht, sind untrennbar mit eben dieser Moral verkoppelt und darauf basierend. Strafrecht stellt also keine überzeitliche, allgemeingültige Institution dar, sondern hängt von den jeweiligen historischen und gesellschaftlichen Bedingungen ab, in denen es seine Anwendung findet.

Wenn die sanktionierende Institution aber wandelbar ist, so ist damit auch das zu bestrafende Verhalten abhängig von den jeweiligen moralischen Ansichten der sanktionierenden Gesellschaft. Es zeigt sich also, dass menschliches Handeln, welches nicht dem der gesellschaftlichen Mehrheit entspricht, nicht per se als unmoralisch oder deviant gelten kann. Devianz entsteht erst dann, wenn ein verbindliches soziales Regelwerk existiert, mit Hilfe dessen eine sanktionierende Reaktion der anderen Gesellschaftsmitglieder erfolgen kann.

Dieses verbindliche Regelwerk, ausgedrückt in Gesetzen, ist unverzichtbare Grundlage eines jeden Strafprozesses im modernen bürgerlichen Rechtssystem.

Die Anfänge dieser Gesetzgebung standen, noch im Angesicht der Erfahrungen illiberaler, repressiver Strukturen des Feudalismus, unter der Determinante der Austauschbarkeit der Rollen des Klägers und des Angeklagten. Niemand konnte sicher sein, trotz rechtschaffenen Verhaltens nicht auch Opfer dieser Justiz zu werden. Daher galt der absolute Grundsatz: „Die Bürger müssen über ihr Zusammenleben so entscheiden, als ob sie nicht wüssten, an welcher Stelle im so zu gestaltenden künftigen System gesellschaftlicher Ungleichheit sie ihren Platz haben werden“ (Günther 1999:167). Eben auf dieser Unsicherheit der justitiellen Platzierung der Individuen beruht die Wahrung elementarer Rechte und Güter der am meisten Benachteiligten (ebenda).

3 Über den Sinn des Strafverfahrens

Die innerhalb dieses Strafsystems sanktionierten abweichenden Verhalten von der sozialen Norm zeichnen sich dadurch aus, dass durch eine Handlung bestimmte „Kollektivgefühle, (…) die durch eine besondere Energie und Eindeutigkeit ausgezeichnet sind, verletzt werden“ (Durkheim 1968: 4). Werden solche, von der Gesellschaft als kriminell definierten, Missachtungen sozialer Regeln und Normen aufgedeckt, erweckt dies eine „emotionale Solidarität der Aggression“ (Mead 1980: 271) innerhalb der „moralischen Mehrheit“ der Gesellschaft, welche der Behauptung der sozialen Identität dient (Vgl. ebenda). Im Strafprozess soll darüber Nachweis geführt werden, ob ein Angeklagter eine ihm zur Last gelegte strafbare Handlung begangen hat oder nicht. Ein auf Grundlage dieser „aggressive(n) Einstellung“ betriebenes Verfahren „hat (also) die Aufgabe, durch Anwendung festgesetzter Regeln festzustellen, ob jemand ein Mitglied der Gesellschaft von tadellosem Ruf ist oder ein Ausgestoßener“ (Mead 1980: 276).

Ein solcher Strafprozess steht unter den Determinanten der Vergeltung einerseits und der Prävention andererseits. Strafverfahren gehen von der Annahme aus, dass durch Verurteilung und daraus resultierender Bestrafung Gerechtigkeit geschieht. Weiterhin wird angenommen, dass dies zum Besten der Gesellschaft geschieht, das heißt ebenso gerecht wie zweckdienlich ist.

Der Täter soll nach Maßgabe des angerichteten Schadens leiden, um die begangene Tat zu sühnen. Weiterhin soll das Strafmaß einen solchen Umfang haben, dass er und andere potentielle Delinquenten davon abgehalten werden, ein zukünftiges Verbrechen zu begehen (Vgl. Mead 1980: 259).

Zwar hat sich von der Vergeltung hin zur Prävention eine deutliche Akzentverschiebung ereignet, jedoch wirkt auch die erstgenannte Intention des Strafens noch heute durch. Diese absolute Theorie war strikt rückwärtsgewandt. Es ging lediglich um die Vergeltung eines in der Vergangenheit liegenden Deliktes. Im Zuge der Liberalisierung des Staates wurde die in die Zukunft ausgerichtete relative Straftheorie von größerem Interesse. Vorrangiges Ziel ist nicht mehr Vergeltung eines Verbrechens, sondern die Vermeidung in der Zukunft liegender weiterer Straftaten (Vgl. Heinz 2005: 3). Hier bahnt sich jedoch wieder eine Akzentverschiebung in der Logik des Strafens an, die nachfolgend noch genauer behandelt wird.

[...]

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Strafe und Exklusion: Über den Ausschluss des Anderen
Hochschule
Universität Kassel
Veranstaltung
Seminar Sanktion und Kommunikation
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
12
Katalognummer
V63718
ISBN (eBook)
9783638566988
ISBN (Buch)
9783656812074
Dateigröße
450 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Strafe, Exklusion, Ausschluss, Anderen, Seminar, Sanktion, Kommunikation
Arbeit zitieren
Florian Karsch (Autor:in), 2006, Strafe und Exklusion: Über den Ausschluss des Anderen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63718

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