Instandsetzung von Stahlbeton im Wasserbau


Studienarbeit, 2006

107 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Regelwerke
2.1 Regelwerksituation
2.2 Aufbau und Gestaltung der ZTV - W (LB 219)
2.3 Terminologische Grundlagen

3 Grundlagen
3.1 Bauwerksunterhaltung
3.1.1 Bauwerksüberwachung
3.1.2 Instandhaltung
3.1.2.1 Wartung
3.1.2.2 Inspektion
3.1.2.3 Instandsetzung
3.1.2.3.1 Wasserbau vs. Hochbau und Ingenieurbau
3.2 Stahlbeton

4 Schadensursachen und wasserbauspezifischeBeanspruchungen
4.1 Allgemeines
4.2 Schadensmechanismen
4.2.1 Frost und Frost - Tausalz Angriff
4.2.2 Rissbildung
4.2.3 Chloridangriff und Karbonatisierung
4.2.4 Erosionsverschleiß

5 Instandsetzung von Stahlbetonbauteilen im Wasserbau
5.1 Baustoffe und Baustoffsysteme
5.2 Instandsetzungsbeispiele aus der Praxis
5.2.1 Eidersperrwerk an der Nordseeküste Schleswig – Holsteins
5.2.2 Kammerwände von Schiffsschleusen
5.2.3 Gründungspfähle von Kaianlagen

6 Zusammenfassung (Folgerungen und Tendenzen)

Anhang
1.A. Arten, Erscheinungsformen und Merkmale der verschiedenen Risse
1.B. Rissursachen, Merkmale, Zeitpunkte und Beeinflussung der Rissbildung
2.A. Erosionsverschleiß und weitere Eigenschaften untersuchter Betone
2.B. Erosionsverschleiß und weitere Eigenschaften untersuchter Mörtel
3.A. Zusammenstellungen der BAW für Spritzmörtel / Spritzbeton mit Kunststoffzusatz
3.B. Zusammenstellungen der BAW für Zementmörtel / Beton mit Kunststoffzusatz
3.C. Zusammenstellungen der BAW für Oberflächenschutzsysteme

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Grundmaßnahmen der Instandhaltung. 18 Abbildung 2: Das Arbeitskanon

Abbildung 3: Schematischer Zusammenhang Abnutzungsvorrat

Abbildung 4: Beispiel für tA

Abbildung 5: Beispiel für tB

Abbildung 6: Aufteilung der Schadensursachen

Abbildung 7: Ursachen von Schadensfällen an Stahlbeton

Abbildung 8: Frost und Frost – Tausalz Angriff

Abbildung 9: Grenzen der Korrosionsgefahr von passiviertem Bewehrungsstahl

Abbildung 10: Schleuse Obernau – Erosionsverschleiß

Abbildung 11: Eidersperrwerk

Abbildung 12: Lageplan

Abbildung 13: Spanngliedführung in Wehrträgerschale und Innenrahmen

Abbildung 14: Wehrträger

Abbildung 15: Innenrahmeneck mit Rissen

Abbildung 16: Innenrahmeneck nach Betonabtrag

Abbildung 17: Chloridgehalt des Wehrträgers in ausgewählten Tiefenhorizonten

Abbildung 18: Korrodierte Stahleinschlüsse

Abbildung 19: Innenrahmeneck im Drehlagerbereich (Risse nachgezeichnet)

Abbildung 20: Einhausung des Wehrträgers I

Abbildung 21: Betonabtrag an der Wehrträgerunterseite mittels Hochdruckwasserstrahlen

Abbildung 22: Wasserführende Risse und Oberflächenschäden

Abbildung 23 - 27: Verfahren zur Herstellung von Vorsatzschalen

Abbildung 28: Schäden am Gründungspfahl einer Kaianlage

Abbildung 29: Prinzipskizze: Betoninstandsetzung mit Textiler Schalung

Abbildung 30 - 33: Phasen der Instandsetzung von Gründungspfählen

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Beanspruchungsgruppen für Bauteile im Süßwasser

Tabelle 2: Beton für Bauteile im Süßwasser

Tabelle 3: Zeitintervalle der Bauwerksüberwachung

Tabelle 4: Einfache Geräte und Prüfungen

Tabelle 5: Prüfverfahren mit erhöhten Anforderungen

Tabelle 6: Prüfverfahren mit hohem technischen Aufwand und Geräteeinsatz

Tabelle 7: Oberflächenschutzsysteme für Bauteile im Süß- und Meerwasserbereich

Tabelle 8: Eigenschaften des schnell erhärtenden Spritzbetons

1 Einleitung

Der Wasserbau zählt mit seinen verschiedenen, anspruchsvollen Bauwerken zu einem der ältesten Fachbereiche der Ingenieurtätigkeiten. Wasserbauwerke erfüllen hinsichtlich der Gewährleistung der Schifffahrt, dem Schutz vor Naturgewalten und der Energiegewinnung eine Mehrfachfunktion in unserer Gesellschaft. Die Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft und die Substanzerhaltung von Wasserbauwerken, mit einem Bruttoanlagevermögen von über 35 Milliarden €, liegt im Aufgabenbereich der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV). Zu dem Bauwerksbestand gehören u.a. Sperrwerke, Schiffsschleusen, Kaianlagen, Staudämme, Kanalbrücken und Wasserkraftanlagen. Ein Großteil dieser Bauwerke besteht aus Stahlbeton. Dieser Verbundwerkstoff ist aufgrund seiner Wirtschaftlichkeit, der kaum eingeschränkten Gestaltungsfreiheit und vor allem der Dauerhaftigkeit der wichtigste Baustoff im Bauwesen. Die Entstehungszeit einiger Wasserbauwerke geht in Einzelfällen bis ins 19. Jahrhundert zurück. Mit der zunehmenden Überalterung und der teilweise unzureichenden Beachtung von wasserbauspezifischen Beanspruchungen bei der Planung und Ausführung wird die geplante Nutzungsdauer maßgeblich gefährdet. Dies hat zur Folge, dass die Instandsetzung von Stahlbeton im Wasserbau immer mehr an Bedeutung gewinnt.

Die vorliegende Arbeit befasst sich zunächst im Kapitel zwei mit der Regelwerksituation für Instandsetzungsarbeiten im Wasserbau und erläutert den Bedarf an einem separaten wasserbauspezifischen Regelwerk. Sie geht dabei auf den Aufbau und die Gestaltung des maßgebenden Regelwerks (ZTV – W (LB 219) ein. Danach wird im Kapitel drei der Instandsetzungsbegriff in seinem Kontext erläutert. Es werden Unterschiede der Instandsetzung zwischen Wasserbau und dem Hoch- und Ingenieurbau aufgezeigt. Weiterhin werden die wichtigsten Vorgaben und Anforderungen an den Stahlbeton und die Baustoffe und Baustoffsysteme bei der Instandsetzung genannt. Im Kapitel vier finden die wesentlichen Schadensursachen und Schadensmechanismen eine entsprechende Beachtung. Anschließend werden im Kapitel fünf anhand verschiedener Beispiele die Instandsetzungsmaßnahmen an Wasserbauwerken anschaulich beschrieben. Insgesamt soll ein Verständnis hinsichtlich relevanter Regelwerke, wasserbauspezifischer Beanspruchungen und Unterschiede, verwendbarer Baustoffe und Baustoffsysteme sowie neuer Instandsetzungsverfahren entstehen. Kapitel sechs bildet mit einer Zusammenfassung aller relevanten Folgerungen und Tendenzen den Abschluss dieser Arbeit.

2 Regelwerke

2.1 Regelwerksituation

Wasserbauwerke wie Schleusen, Staudämme, Kaianlagen unterliegen besonderen Belastungen und Beanspruchungen aus Umwelt und Verkehr. Dies beeinträchtigt die Dauerhaftigkeit und stellt besondere Anforderungen an die Baustoffe und die Ausführung solcher Wasserbauwerke. Aufgrund dessen wurden für den Neubau von Wasserbauwerken die üblichen Regelwerke (DIN 1045) des Hoch- und Ingenieurbaus mit zusätzlichen wasserbauspezifischen Regelungen ergänzt und in den Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen - Wasserbau (ZTV - W (LB 215)) festgeschrieben. ``Für den Neubau von Wasserbauwerken aus Beton gelten […] im Vergleich zur DIN 1045 u.a. weitergehende Anforderungen an die Betonzusammensetzung bei Frostangriff (w/z < 0,55; LP-Bildner), an WU - Beton (e < 30 mm), an die Hydratationswärmeentwicklung oder an die Betondeckung (min c = 5 cm ).´´[1] Bei einem erheblichen Teil der Wasserbauwerke beträgt die planmäßige Nutzungszeit nicht selten um die einhundert Jahre. Unterstellt man eine fachgerechte Ausführung des Neubaus, so sind trotzdem nach einiger Zeit zumindest Schäden an den oberflächennahen Betonbauteilen zu vermerken. Da diese die Gebrauchstauglichkeit und auf Dauer sogar die Tragfähigkeit beeinträchtigen, müssen sie rechtzeitig instand gesetzt werden.

Angesichts der Anzahl und des Anlagevermögens von Wasserbauwerken in Deutschland wurde ein separates wasserbauspezifisches Regelwerk für den Schutz und die Instandsetzung erforderlich. Ein weiterer Grund war, dass die Einzelheiten für die Durchführung derartiger Instandsetzungsmaßnahmen für jeden Einzelfall neu erarbeitet werden mussten, um diese dann vertraglich festzuhalten. Der Zeitaufwand für diese Prozedere, insbesondere die Ausschreibung, war deshalb relativ hoch. Der jeweilige Planer musste ein breites Fundament an Material- und Verfahrenskenntnissen aufweisen, die den Erfordernissen des Wasserbaus genügen. Es besteht die Gefahr, dass die zu erbringenden Leistungen unzureichend vom Planer beschrieben werden. Dies hat zumeist niedrige Angebotssummen der Bieter zur Folge. So erhält eine Firma den Zuschlag die im Nachhinein umfangreiche Nachtragsforderungen geltend machen will.

Das Fehlen einer ZTV - W zur Instandsetzung von Wasserbauwerken, in Anlehnung an die bereits vorhandenen ZTV - W (LB 215) für den Neubau, machte sich immer mehr bemerkbar und stand in keinem vernünftigen Verhältnis zu der Bedeutung dieses wachsenden Baubereichs. Demnach wurde 1993 in einer vom Bundesministerium für Verkehr eingesetzten Arbeitsgruppe ``Standardleistungsbeschreibung im Wasserbau´´ erstmals die Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen – Wasserbau (ZTV - W (LB 219)) für Schutz und Instandsetzung der Betonteile von Wasserbauwerken erarbeitet und darauf folgend 1997 veröffentlicht. Bis dato mussten andere Regelwerke wie die ZTV - Riss 93 (heute ZTV - ING Teil 3 Massivbau, Abschnitt 5), die ZTV - SIB 90 oder die RL - SIB eine Vertretungsfunktion übernehmen.

Bei der Instandsetzung von rissgeschädigten Bauteilen im Wasserbau werden die Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für das Füllen von Rissen und Hohlräumen in Betonbauteilen (ZTV - ING Teil 3 Massivbau, Abschnitt 5) zugrunde gelegt. Mit Polyurethan (TL/TP FG - PUR), Zementleimen und Zementsuspensionen (TL/TP FG - ZL/ZS) stehen hier einige Materialien zur Verfügung, die beim Instandsetzen von feuchten oder wasserführenden Rissen effektiv eingesetzt werden können. Damit ist auch eine zukünftige Inanspruchnahme dieses Regelwerks gegeben.

Für Bauleistungen öffentlicher Auftraggeber ist die VOB zugrunde zu legen. Für den Bereich der Instandsetzung gilt hier die ATV DIN 18349 ``Betonerhaltungsarbeiten´´. Diese verweist bei Baustoffen und Bauausführung auf die RL - SIB, womit diese auch ohne gesonderte Einführung bei der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) zu beachten ist. Die RL - SIB ist auf nationaler Ebene das maßgebende Regelwerk für die Instandsetzung, da eine eigene Instandsetzungsnorm nicht existiert. Hier ist zwischen Normen und Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen (ZTV) zu unterscheiden. Die ZTV sind u. a. in einer vertragstechnisch erforderlichen Form gestaltet.

Das maßgebende Regelwerk für die Instandsetzung im Wasserbau ist die ZTV - W (LB 219), wobei sie oftmals eine Interdependenz zu anderen Regelwerken unterhält.

Sie verweist beispielsweise bei den aufgeführten wasserbauspezifisch abgestimmten Baustoffen und Baustoffsystemen auf verschiedene Normen und Regelwerke. Bei Beton auf die DIN 1045, bei Spritzbeton in bewehrter Ausführung auf die DIN 18551 und ergänzt diese. Bei Spritzmörtel und Spritzbeton unbewehrter Ausführung und bei Zementmörtel bzw. Beton mit Kunststoffzusatz (PCC) verweist sie auf ein BAW - Merkblatt ``Spritzmörtel´´, hinsichtlich Materialanforderungen. Die Ausführung erfolgt jedoch gemäß den ZTV - W (LB 219). Bei Oberflächenschutzsystemen (OS) wird auf die ZTV - SIB 90 verwiesen. Weiterhin werden für die Qualitätssicherung der Ausführung und die Anforderungen an ausführende Unternehmen die Instrumente der RL - SIB verwendet. Ebenfalls sind auch bei der praktischen Ausführung zum Korrosionsschutz der Bewehrung die Instandsetzungsprinzipien der RL - SIB zu beachten. Wobei das Instandsetzungsprinzip R (Korrosionsschutz durch Wiederherstellung des alkalischen Milieus) vorzugsweise zu realisieren ist. Anzumerken ist, dass die Betondeckungen gemäß ZTV - W (LB 219) von denen der DIN 1045 abweichen.

2.2 Aufbau und Gestaltung der ZTV - W (LB 219)

Der grundsätzliche Aufbau orientiert sich an den Zusätzlichen Technischen Vertrags-bedingungen und Richtlinien für Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen (ZTV - SIB):

0. Hinweis
1. Allgemeines
2. Untergrundvorbehandlung
3. Beton
4. Spritzmörtel / Spritzbeton
5. Spritzmörtel / Spritzbeton mit Kunststoffzusatz (SPCC)
6. Zementmörtel / Beton mit Kunststoffzusatz (PCC)
7. Oberflächenschutzsysteme (OS)

Lediglich der in der ZTV - SIB 90 vorhandene Reaktionsharzmörtel / Reaktionsharzbeton (PC) wurde wegen seiner geringen Bedeutung für den Wasserbau ausgeklammert.

Die Abschnitte 1 und 2 sind Basisabschnitte die für alle Arten von Betonersatz- und Oberflächenschutzsystemen gelten. Die Abschnitte 3 bis 7 sind hingegen systemspezifisch, d.h. sie enthalten für das jeweilige System spezifische Bedingungen zur Anwendung, Zusammensetzung, Ausführung und Prüfung. Die stets gültigen Abschnitte 1 (Allgemeines) und 2 (Untergrundvorbehandlung) bilden, abgestimmt auf die jeweilige Baumaßnahme, zusammen mit einem oder mehreren systemspezifischen Abschnitten (Abschnitte 3 bis 7) die Vertragsgrundlage für die Bauausführung zwischen Auftraggeber und ausführender Firma.[2] Auf die umfassende Gestaltung der ZTV - W (LB 219) kann hier lediglich abschnittsweise eingegangen werden.

Der Abschnitt 0 (Hinweise) ist mittlerweile modifiziert. Dieser Abschnitt enthält Planungshinweise die berücksichtigt werden müssen. Dort heißt es, dass für das Erreichen des angestrebten Instandsetzungszieles die Erfassung des Bauwerkszustandes und die sachgerechte Planung von Instandsetzungsmaßnahmen unverzichtbar sind. Wegen der fundamentalen Bedeutung der Prüfung und Planung für die Ausführung wird im weiter folgenden Unterkapitel ``Instandhaltung´´ näher darauf eingegangen.

Im Abschnitt 1 (Allgemeines) werden zunächst die Schutz- und Instandsetzungsmaßnahmen geregelt:

a) Ersatz von Teilquerschnitten oder Ergänzung von Querschnitten mit
Mörtel oder Beton
b) Ausfüllen örtlich begrenzter Fehlstellen mit Mörtel oder Beton
c) Großflächiges Auftragen von Mörtel oder Beton
d) Großflächiges Auftragen von Oberflächenschutzsystemen

Zur Sicherung, Herstellung oder Wiederherstellung des Korrosionsschutzes der Bewehrung wird wie bereits erwähnt das Instandsetzungsprinzip R bevorzugt, mit der daraus abgeleiteten Grundsatzlösung gemäß RL - SIB des DAfStb. Die Anwendung anderer Instandsetzungsprinzipien und Grundsatzlösungen setzt eine Einwilligung des Auftragsgebers voraus.

Weiterhin werden alle Bauteile, an denen Schutz- und Instandsetzungsmaßnahmen durchgeführt werden sollen, zu ihren entsprechenden Beanspruchungsgruppen zugeordnet. Hierbei wird zwischen Beanspruchungsgruppen für Bauteile im Süßwasser und Bauteile im Meerwasser unterschieden. Die folgende Tabelle stellt solche Beanspruchungsgruppen exemplarisch dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 1: Beanspruchungsgruppen für Bauteile im Süßwasser

[ZTV – W (LB 219), 1997, K.1.1.7]

Die in Spalte 2 aufgeführten grundsätzlichen Beanspruchungen werden durch die wasserbauspezifischen und maßgebenden zusätzlichen Beanspruchungen ergänzt. Ein Belastungsspektrum kann beispielsweise eine ständige Wasserbelastung (SW 3) mit mäßiger Wassersättigung (FTW 1) und Schifffahrt (MB 1) darstellen. Auf Basis dieser Einteilung in der Planungsphase können nun ganz gezielt die entsprechenden Anforderungen an die Baustoffe und Baustoffsysteme gestellt werden. Die Abschnitte 3 bis 7 enthalten dann Vorgaben welche Eigenschaften und Zusammensetzung die Baustoffe und Baustoffsysteme haben müssen, um den Anforderungen zu genügen. Für den bevorzugt zum Einsatz kommenden Beton stellt die Tabelle 2 die entsprechenden Eigenschaften dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 2: Beton für Bauteile im Süßwasser [ZTV – W (LB 219), 1997, K. 3.5.2]

Zusätzlich werden unter dem Abschnitt 1 (Allgemeines) Vorgaben zur Betondeckung, Anforderungen an Unternehmen und Personal, Prüfungen, Nachbehandlungen etc. gestellt. An dieser Stelle kann nur auf die umfassenden Vorgaben verwiesen werden mit der Einschränkung einer folgenden Erwähnung zu den Anforderungen an Unternehmen und Personal. Der Polier oder Vorarbeiter darf Arbeiten mit Kunststoffen oder kunststoffmodifizierten Baustoffen (SPCC, PCC) nur ausführen wenn er den so genannten ``SIVV – Schein´´ besitzt. Hier handelt es sich um eine Bescheinigung des Ausbildungsbeirates ``Verarbeitung von Kunststoffen im Betonbau´´ beim Deutschen Betonverein e.V.. Dieser befähigt ihn nach erfolgreicher Prüfung zum Umgang mit solchen Baustoffen. Der Polier oder Vorarbeiter muss während der Ausführung solcher Arbeiten ständig vor Ort sein.

Abschnitt 2 (Untergrundvorbehandlung) enthält umfassende Vorgaben. Hier wird beispielsweise beschrieben, wie lokale Ausbruchstellen vorzubereiten sind und welche Beschaffenheit die bearbeitete Bauteiloberfläche nachher aufweisen muss. Dabei werden nicht die zur Untergrundvorbehandlung angewandten Verfahren beschrieben, sondern die zu erreichenden Ziele einer Vorbehandlung.

Bei der Anwendung von Beton als Instandsetzungsbaustoff soll der Untergrund herausragende und festeingebettete Zuschlagskörner mit einem Durchmesser > 4 mm aufweisen. Damit wird ein zweckmäßiger Verbund zwischen Instandsetzungsbeton und Altbeton hergestellt. Eine weitere Vorgabe ist, dass ``… bei chloridinduzierter Bewehrungskorrosion zur Entrostung der Bewehrung nur ein Hochdruckreiniger (> 600 bar) zulässig ist. Flammstrahlen und chemische Vorbehandlungsverfahren bedürfen der ausdrücklichen Zustimmung des Auftraggebers. [Dazu sei angemerkt, dass Flammstrahlen zu Gefügeschäden führen kann und Chemikalien wieder entfernt werden müssen. Sofern mit Strahlverfahren, per Hand oder maschinell die Bewehrungsoberfläche entrostet wird muss ein Oberflächenvorbereitungsgrad von St 2 oder Sa 2 nach DIN EN ISO 12944-4 erzielt werden. Dies gilt bei der Anwendung des Instandsetzungsprinzips R nach RL - SIB Teil 1.]

Die Anforderungen an die Abreißfestigkeit des Betonuntergrunds nach Abschluss der Vorbehandlung in Abhängigkeit vom zu applizierenden Betonersatz- bzw. Oberflächenschutzsystem sind in einer Tabelle zusammengestellt. Sofern die Anforderungen dieser Tabelle eingehalten werden, kann im Regelfall ohne weitere Untersuchungen von einer hinreichenden Tragfähigkeit des Untergrundes ausgegangen werden.´´[3] Bei Abweichung der behandelten Flächen von den Vorgaben muss der Auftraggeber über die weitere Vorgehensweise entscheiden, nachdem er sich mit dem sachkundigen Planer beraten hat.

Der Schwerpunkt der ZTV – W (LB 219) liegt in den systemspezifischen Abschnitten3bis 7, bei dem Baustoffe und Baustoffsysteme nach ihrer Bedeutung und ihrem Marktanteil im Wasserbau gegliedert sind. ``Beton und Spritzbeton werden bevorzugt für Schutz- und Instandsetzungsmaßnahmen an Verkehrswasserbauten eingesetzt, die Abschnitte 3 und 4 der ZTV – W enthalten entsprechende wasserbauspezifische Regelungen, die teilweise erheblich über DIN 1045 bzw. DIN 18 551 hinausgehen.

SPCC und PCC haben zumindest zum heutigen Zeitpunkt eine wesentlich geringere Bedeutung im Verkehrswasserbau als z.B. im Brückenbau. Die Aufstellung eigener, den spezifischen Gegebenheiten angemessener Prüf- und Lieferbedingungen für SPCC und PCC und der mit der Materialherstellung verbundene Überwachungsaufwand ist angesichts des vergleichsweise geringen Marktanteils derzeit sicherlich nicht gerechtfertigt. In den entsprechenden Abschnitt 5 und 6 der ZTV – W werden deshalb Regelungen getroffen, um am Markt bereits vorhandene, nach ZTV – SIB 90 geprüfte und überwachte Systeme […] auch für Schutz- und Instandsetzungsmaßnahmen an Wasserbauwerken verfügbar zu machen.

[Eine entsprechende Liste ``Zusammenstellung der geprüften Stoffe und Stoffsysteme – Wasserbau´´ in Anlehnung an die Liste gemäß ZTV – SIB 90 wird in der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) geführt. Dabei muss die Verwendbarkeit von SPCC und PCC für den Wasserbau gegeben sein.]

Oberflächenschutzsysteme werden im Verkehrswasserbau nur im Ausnahmefall eingesetzt. Gemäß ZTV – W dürfen analog zu SPCC und PCC nur bestimmte, nach ZTV – SIB 90 geprüfte und überwachte Oberflächenschutzsysteme (OS) verwendet werden.´´[4] Zu den typischen Anwendungsgebieten gehören im Binnenbereich nicht dauernde oder temporär mit Süßwasser beaufschlagte Bauwerksflächen. Als Beispiel kann der Bereich oberhalb des Hochwasserstands bei Pfählen (Wehrpfeiler oder Gründungspfähle von Kaianlagen) genannt werden. Im Küstenbereich finden OS an frei bewitterten Bauwerksflächen ohne mechanische Beanspruchung ihre Verwendung. Sie bieten dort einen Schutz gegen das weitere Eindringen von Chloriden.

``Nicht alle am Markt verfügbaren Materialien lassen sich den Stoffkategorien der ZTV – W zuordnen. Zudem soll die Entwicklung neuer Betonersatz- und Oberflächenschutzsysteme für den Verkehrswasserbau durch die ZTV – W möglichst wenig behindert werden. Die ZTV –W enthält deshalb eine Öffnungsklausel, die eine Verwendung derartiger Materialien (nach bestandener Eignungsprüfung) ermöglicht.´´[5]

Der vom Bundesministerium für Verkehr betrauten Arbeitsgruppe ist es durch die Ausarbeitung der Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen – Wasserbau für Schutz und Instandsetzung der Betonbauteile von Wasserbauwerken (ZTV – W (LB 219)) gelungen eine Lücke zwischen den bereits vorhandenen Regelwerken zu schließen. Die ZTV – W (LB 219) löst das Fehlen von wasserbauspezifischer Vorgaben beim Schutz und Instandsetzen des Stahlbetons auf und wird der Bedeutung eines wachsenden Baubereichs gerecht.

Dabei ist zu betonen, dass sie nicht umfassend in allen Abschnitten ist. Das muss sie auch nicht, da sie in den aufgeführten Regelwerken eine Schnittstelle mit verknüpfendem Charakter darstellt und demzufolge bereits bestehende Regelwerke ergänzt oder sich dieser durch Verweise bedient.

2.3 Terminologische Grundlagen

Die Auseinandersetzung mit der ZTV – W für Schutz und Instandsetzung der Betonbauteile von Wasserbauwerken (LB 219) setzt zunächst die Klärung einiger Begrifflichkeiten voraus. Die folgenden Unterpunkte sind zum großen Teil der ZTV – W (LB 219) entnommen und werden knapp gehalten, um den weiteren Kapiteln nicht vorzugreifen.

(1) ``Abreißfestigkeit

Im Abreißversuch ermittelte Zugfestigkeit innerhalb des Betonuntergrundes, des Betonersatz- oder Oberflächenschutzsystems bzw. Haftzugfestigkeit zwischen Betonuntergrund und Betonersatzsystem oder Betonuntergrund bzw. Betonersatzsystem und Oberflächenschutzsystem.

(2) Adhäsionsbruch

Bruch zwischen zwei Schichten.

(3) Arbeitsfuge

Durch Arbeitsunterbrechung im Bauteilbeton bzw. Betonersatz- oder Oberflächenschutzsystem entstandene Ansatzfläche.

(4) Betonersatz

Ersatz von fehlendem bzw. geschädigtem Beton oder Betonergänzung.

(5) Betonersatzsystem

Besteht aus den Baustoffen des Betonersatzes und ggf. aus Haftbrücken, Korrosionsschutz und Feinspachtel.

(6) Haftbrücke

Zwischenschicht zur Verbesserung der Haftung des Betonersatzes.

(7) Hydrophobierung

Nichtfilmbildender, wasserabweisender Oberflächenschutz.

(8) Kohäsionsbruch

Bruch innerhalb einer Schicht.

(9) Kunststoffzusatz

Zusatz in Form von Kunststoffdispersionen, wasserdispergierbarem Kunststoffpulver oder wasseremulgierbaren Reaktionsharzen.

(10) Lage

Wird in einem Arbeitsgang hergestellt. Eine oder mehrere Lagen gleicher Zusammensetzung ergeben eine Schicht.

(11) Oberflächenschutz

Maßnahmen zum Schutz der Betonoberfläche durch Hydrophobierung oder Beschichtung.´´[6]

(12) Rückseitige Durchfeuchtung

Durch die instand zu setzenden Fläche des Bauteils transportiertes Wasser.

(13) Stabanker mit Verbund

Stabanker bzw. Rundstähle aus Beton- oder Spannstahl oder Gewindestäben im Verbund mit einer Zementmörtelverfüllung, Zementmörtelinjektion oder Kunstharzverfüllung (Patrone mit Harz, Härter und Quarzkorn). Die äußeren Lasten werden über Verbundspannungen zwischen Ankerstab, Verfüllgut und Bohrlochwand in den Altbeton eingeleitet.

(14) Untergrundvorbehandlung

Umfasst alle Maßnahmen zur Vorbehandlung des Betonuntergrundes. Der Betonuntergrund muss tragfähig, sauber und frei von trennenden Substanzen sowie losen Bestandteilen sein, um einen dauerhaften Haftverbund zwischen Untergrund und Instandsetzungsmaterial zu ermöglichen. Des Weiteren zählen hierzu Maßnahmen der Freilegung, Entrostung und Beschichtung der Bewehrung.

(15) Vorsatzschale

Dickschichtiges flächiges Schutz- und Instandsetzungssystem (Mindestdicke 25 cm) aus Stahl- oder Spritzbeton, welches im Altbeton verankert wird. Sie kann über Platten- und Scheibentragwirkung die instand zu setzenden Bauteile verstärken.

(16) ``Wasserhaltende Nachbehandlungsmaßnahmen

Hierzu zählen das Belassen in der Schalung oder das Abdecken mit wasserdampfdiffusionsbeständiger Folie. Beim Letzteren ist ein Luftaustausch zwischen der an der Bauteiloberfläche angrenzender Luft und der Außenluft zu vermeiden. Es ist weiterhin eine relative Luftfeuchte von mindestens 95 % aufrecht zu erhalten.

(17) Wasserzuführende Nachbehandlungsmaßnahmen

Hierzu zählen das Auflegen einer wasserspeichernden Abdeckung und die Wasserzuführung bei ausreichendem Verdunstungsschutz. Zu diesen Nachbehandlungsmaßnahmen zählen weiterhin das Besprühen mit Wasser zur Aufrechterhaltung eines Wasserfilms auf der Oberfläche und das Fluten mit Wasser.´´[7]

3 Grundlagen

3.1 Bauwerksunterhaltung

Bauwerke stellen bauliche Anlagen dar, die aus Baustoffen und Bauteilen hergestellt und mit dem Erdboden verbunden sind. Allgemein werden hierbei verschiedene Baubereiche unterschieden, die sich grob in den Hochbau, den Ingenieurbau, den Tiefbau und den Wasserbau einteilen lassen.

Die Gemeinsamkeit solcher Bauwerke besteht unter anderem in dem Erfordernis, dass ein Vorgang der Bauwerksunterhaltung während der Nutzungsdauer regelmäßig und bauwerksspezifisch vollzogen werden muss. Dadurch soll eine entsprechend lange Restnutzungsdauer erlangt und einer aufwendigen und kostspieligen Sanierung für den jeweiligen Eigentümer oder Betreiber vorgebeugt werden. Diese jedoch scheuen sich Finanzmittel frei zu setzen für Maßnahmen, deren ``… Notwendigkeit noch nicht offensichtlich ist,´´[8] d.h. bevor nicht die Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit augenscheinlich bedroht sind. Die Bereitschaft vorzubeugen und zu erhalten steigt erst nach einschlägigen negativen Erfahrungen, in Form von sehr schwer zu sanierender Bausubstanz oder Unfällen. Andererseits muss z.B. den Kommunen oder Privatbetreibern, zur Zeiten hoher Staatsverschuldung und schleppender Konjunktur, ein gewisser eingeschränkter Tatendrang zugestanden werden.

Mit der objektspezifischen Bauwerksunterhaltung, welche die Überwachung und Instandhaltung eines Bauwerks beinhaltet, wird das Ziel der Erhaltung verfolgt. Darunter wird hauptsächlich das Erhalten der Tragfähigkeit, der Gebrauchtauglichkeit und des Aussehens von Bauwerken verstanden.[9] Diese Eigenschaften werden während einer Nutzungsdauer und darüber hinaus von vielfältigen Belastungen und Beanspruchungen gemindert. Zu den Belastungen sind die Lasten des Eigengewichts, Nutzlasten, Windlasten und Erddrucklasten zusammen zu fassen aber auch sonstige Lasten aus Anprall oder Erdbeben. Notwendige Belastungsannahmen für die verschiedenen Bauwerke sind in der jeweiligen DIN enthalten. Die vielfältigen Beanspruchungen, insbesondere aggressive Umwelteinflusse, werden detaillierter im Kapitel vier dieser Arbeit behandelt. Zusätzlich zu den Belastungen und Beanspruchungen ist auch von Alterungs- und Ermüdungseffekten des Bauwerks, seiner Bauteile und Baustoffe auszugehen.

Es existiert ein hohes Schadenspotential, welches mit den Maßen und der Komplexität größerer Bauwerke zunimmt. Dieser Tatsache muss Rechnung getragen werden, in dem Bauwerke jeder Baubranche auf Ihre Sicherheit, Tragfähigkeit und Restnutzungsdauer überwacht werden. Durch eine regelmäßige Bauwerksüberwachung, die neben der Instandhaltung als Teilfunktion der Bauwerksunterhaltung gilt, werden aber auch die Instandhaltungskosten in Grenzen gehalten. Somit ist gleichzeitig mit der erhöhten Sicherheit ein positiver wirtschaftlicher Effekt das Ergebnis, welches dann insbesondere die Eigentümer oder Betreiber zufrieden stimmt.

3.1.1 Bauwerksüberwachung

Die Bauwerksüberwachung lässt sich allgemein in drei verschiedene Prüfungsarten aufteilen, welche durch den finanziellen und zeitlichen Aufwand bzw. Zeitintervall differenziert werden können. Es wird zwischen Sichtprüfung, Routineprüfung und Hauptprüfung unterschieden. Eine einfache Sichtprüfung ist die standardmäßige Überwachung, bei der eher mit einem geschulten Auge als mit aufwendiger Messtechnik gearbeitet wird.[10] Es ist jedoch auch möglich, dass das Auge in die verwinkelten und schmalen Bereiche verschiedenster Bauteile keinen Zugang hat. Dann muss beispielsweise die Endoskopie oder Thermographie, als aufwändigeres optisches Prüfverfahren, herangezogen werden. Aufwand und Intervalllänge nehmen von Sichtprüfung über die Routineprüfung bis zur Hauptprüfung zu.

Weitere Bestimmungsfaktoren für die Prüfungen sind die Bauwerksklasse und die Einwirkungskategorie. Wasserbauwerke wie Staudämme werden anderen Prüfungen unterworfen als Bauwerke des Hochbaus, wie beispielsweise Bürogebäude oder Schulen. Bauwerke speziell im Wasserbau sind unterschiedlichen Einwirkungen bzw. Beanspruchungen ausgesetzt. Diese treten sowohl im Süßwasser- als auch im Meerwasserbereich auf und gliedern sich in grundsätzliche und zusätzliche Beanspruchungen.

Die Tabelle 3 auf der folgenden Seite zeigt mögliche Intervalle der einzelnen Prüfungen in Abhängigkeit ihrer Bestimmungsfaktoren. Die Intervalle wurden durch eine FIP - Kommission vorgeschlagen und stützen sich auf Schadensstatistiken.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 3: Zeitintervalle der Bauwerksüberwachung

[Bauschäden, 2004, S. 54]

Angesichts der Beanspruchungen, aus Frost- und Tauwechsel, Taumitteln, Verkehrsbelastung und gegebener Durchfeuchtung, können den Verkehrswasserbauwerken ähnliche Zeitintervalle wie bei Ingenieurbauwerken (Straßenbrücke) vorgeschlagen werden.

Neben den genannten Prüfungen in Intervallen, kann und wird insbesondere bei Wasserbauwerken permanent überwacht, um bei Gefährdung rechtzeitig Sicherungsmaßnahmen einleiten zu können. Dazu dienen weitgehend automatisierte Überwachungssysteme, die Verformungen oder Schwingungen des Bauwerks erfassen, prüfen und eine Rückmeldung geben.

Das Bedürfnis an einem solchen Sicherheitsmonitoring kam in den frühen Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts auf. Damals wurden Wasserbauwerke wie die Staumauern mit erheblichem Gefahrenpotential von ihrem Umfeld bewertet. Die permanenten Messeinrichtungen erfassen Höhen-, Längen- und Neigungsänderungen und ergeben somit eine umfassende Deformationsmessung. Aufgrund der schweren Zugänglichkeit einzelner Messpunkte und der Problematik des laufenden Betriebs werden permanente Messeinrichtungen in das Bauwerk eingebaut.

Bei einer Talsperrenüberwachung als Beispiel würden zunächst einmal Objektpunkte an der Luftseite bestimmt. Daraufhin werden von fixen Punkten, in einiger Entfernung, die Raumkoordinaten der einzelnen Objektpunkte erfasst. Dies geschieht durch ein Überwachungsnetz, welches an seinen fixen Punkten mit Lasermessgeräten ausgestattet ist. Das Verfahren ist als Laseraltimetrie in der Geodäsie bekannt. Wenn nun in Zeitabständen oder nach Belastungsänderungen weitere Messungen stattfinden, so können dadurch Verschiebungen der Objektpunkte erkannt und analysiert werden. Mit Hilfe von Computersoftware werden die Ergebnisse graphisch und auch tabellarisch als Nachweis festgehalten.

3.1.2 Instandhaltung

Die Instandhaltung ist als ganzheitlicher Prozess zu betrachten, welcher sich in mehrere Maßnahmen unterteilt (siehe Abbildung 1 auf der folgenden Seite). Dabei ist der Erfolg einer Instandsetzung von Stahlbeton jeglicher Bauwerke von der Qualität der vorlaufenden Untersuchungen und Auswertungen maßgeblich abhängig.

Der Normenausschuss Instandhaltung (NIN) des Deutschen Instituts für Normung e. V. stellt in der DIN 31051 ``Grundlagen der Instandhaltung´´ definierte Schlüsselbegriffe in einer logischen Struktur dar und ist speziell auf eine in Deutschland entwickelte Instandhaltungsphilosophie zugeschnitten.[11] Der Begriff ``Instandhaltung´´ wird als Kombination aller technischen und administrativen Maßnahmen sowie Maßnahmen des Managements während des Lebenszyklus einer Betrachtungseinheit zur Erhaltung des funktionsfähigen Zustandes oder Rückführung in diesen definiert.[12] Vereinfacht heißt dies, dass hierzu Maßnahmen zur Bewahrung und Wiederherstellung des Sollzustandes sowie zur Feststellung und Beurteilung des Istzustandes zählen.

Die Grundmaßnahmen der Instandhaltung lassen sich wie in folgender Abbildung zusammenfassen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Grundmaßnahmen der Instandhaltung

Der Normenausschuss sieht die Maßnahmen der Verbesserung als ein Bestandteil des Instandhaltungsbegriffs zur Steigerung der Funktionssicherheit von Anlagen. Da aber in dieser Arbeit die Instandsetzung von geschädigter Bausubstanz von Interesse ist, werden derartige Maßnahmen der Modernisierung nicht betrachtet. Demzufolge besteht das Interesse an der Instandhaltungskette aus Wartung, Inspektion und Instandsetzung.

Eine verallgemeinerte Vorgehensweise die als Arbeitskanon bekannt ist beinhaltet die Maßnahmen der Instandhaltung in ihrem Prozess. Begrifflichkeiten des Arbeitskanons werden synonym mit den Begriffen der Instandhaltungskette verwendet. Die farblich abgestimmten Maßnahmen der Abbildungen 1 und 2 sollen dies verdeutlichen. Die Vorgehensweise des Arbeitskanons ist bereits zur Sanierung der Kuppel des Petersdoms angewandt worden und wird wegen der heutzutage noch angewandten Begrifflichkeiten kurz erläutert. Abbildung2 zeigt den Aufbau eines Arbeitskanons in seinen einzelnen Vorgängen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dokumentation

Überwachung / Vorsorge

Abb. 2: Das Arbeitskanon

[Vorlesungsmitschrift: Vertiefung Bauwerkserhaltung, 2004]

Anamnese, Diagnose und Therapie bilden die Maßnahmen der Instandhaltung. Die Inspektion gehört zur Anamnese mit dem Zusatz, dass hier die Baugeschichte weiterführende Informationen über die Erstellung sowie eventuelle Umbaumaßnahmen liefert. Unter Anamnese wird das Zusammentragen aller Informationen, die über Baugeschichte, Baugefüge und Schäden erhältlich sind, verstanden. Das Ziel ist es den Gebäudezustand möglichst zerstörungsfrei zu untersuchen. Dabei gilt der Grundsatz, sich nicht durch voreilige Vermutungen zur Diagnose hinreißen zu lassen. Das Vorgehen bei der Anamnese kann unter Beachtung objektspezifischer Besonderheiten anhand einer Checkliste erfolgen, wie bei der Wartung oder Inspektion. Je intensiver die Anamnese durchgeführt wird, desto geringer wird der Sanierungseingriff später und desto präziser kann die Leistungsbeschreibung erstellt werden. Dahingehend sei bemerkt, dass die Güte der Gutachter- und Ingenieurleistung beim Prüfen und Ausschreiben die Güte der Angebote und die Rechtssicherheit bei der Ausführung der Leistung beeinflusst. Sie stellt damit den ersten Grundstein im Rahmen der Qualitätssicherung dar.[13]

Bei der Diagnose wird die Analyse der Schäden vollzogen, d.h. es werden diejenigen Ursachen beschrieben, die alle aufgetretenen Schäden erklären können. Dabei muss zwischen Ursache und Auswirkung der Schäden unterschieden werden. Die Diagnose ist eine Handlung der Erfahrung und Intuition. Sie ist daher nicht allgemeingültig lern- oder lehrbar, sondern kann nur objektbezogen erläutert werden. Dieser Tatsache tragen die Instandsetzungs – Richtlinien des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton Rechnung, indem sie immer wieder den sachkundigen Planungsingenieur zur Prüfung, Planung und Ausführung fordern.

``Mit der Beurteilung und Planung von Schutz- und Instandsetzungsarbeiten muss ein sachkundiger Planer beauftragt werden, der die erforderlichen besonderen Kenntnisse auf dem Gebiet von Schutz und Instandsetzung bei Betonbauwerken hat.´´[14] Bei umfassenden Problemstellungen, Instandsetzungsfragen oder bei der Bewertung von Schadenstypen oder der Beurteilung von Ursachen gewisser Schadensmechanismen können weitere Fachleute konsultiert werden. Demzufolge muss der sachkundige Planer nicht unbedingt eine Einzelperson sein, es kann sich auch um ein Ingenieurbüro mit entsprechender Erfahrung auf diesem Gebiet handeln.

Die dritte Maßnahme ist die Therapie welche gleichzusetzen ist mit der Instandsetzung. Die Therapie beinhaltet den Sanierungsvorschlag sowie Anweisungen zur Realisierung desselbigen. Ferner sollten Alternativlösungen angesprochen und beurteilt werden. Für die Art der Therapie sollte der Grundsatz gelten, so viel Eingriff wie nötig, so wenig wie möglich. Generell sollte auch versucht werden den aktuellen Kraftfluss möglichst wenig zu verändern.

Ergibt sich aus der Diagnose kein akuter Handlungsbedarf, so sollten die Ergebnisse mit denen der Anamnese in einer Prognose zusammengefasst werden. Die Prognose beinhaltet dann Angaben zum Umfang und zur Terminierung von zukünftigen Sanierungsmaßnahmen.

Abschließend bildet die Kontrolle das Ende des Maßnahmenbündels eines Arbeitskanons. Sie befasst sich mit der Dokumentation und Überwachung bzw. Vorsorge während aller Bearbeitungsphasen. Bei der Dokumentation werden Informationen gesammelt und datiert. Die Überwachung bzw. Vorsorge ist erforderlich zur Reduzierung des Umfangs von Sanierungsmaßnahmen sowie als Grundlage für die Finanzplanung durch den Bauträger.

Die beiden letzten Maßnahmen des Arbeitskanons finden in der Literatur eine geringere Beachtung wenn das Wesen des Instandhaltungsbegriffs erläutert wird. Dies heißt jedoch keinesfalls, dass die Instandsetzung in der Praxis ohne Kontrolle oder Dokumentation vollzogen wird. Es ist lediglich zu befürchten, dass der Kostendruck auf Unternehmer- wie auch Bauträgerseite einen mäßigen Detaillierungsgrad in der Bearbeitung dieser Maßnahmen nach sich zieht. Instandhaltungskosten fallen in Intervallen an, ähnlich einem jährlichen Ölwechsel beim Auto. Würde dieser nicht durchgeführt, könnte der Motor Schaden nehmen, welcher in einem unangemessenen Verhältnis zu den präventiven Instandhaltungskosten steht. Ein weiterer Vorteil der planmäßigen Instandhaltung ist es, dass kleinere Instandsetzungen den Betrieb des Bauwerks nicht völlig zum Erliegen bringen.

3.1.2.1 Wartung

Die Instandhaltungskette mit ihren Maßnahmen zur Bewahrung des Sollzustandes, zur Feststellung und Beurteilung des Istzustandes und zur Wiederherstellung des Sollzustandes wird nun im Folgenden näher betrachtet. Den Einstieg bildet die Wartung.

Unter Wartung werden die Maßnahmen zur Verzögerung des Abbaus des vorhandenen Abnutzungsvorrats verstanden. Allgemeiner ausgedrückt, ist es das Bemühen den Sollzustand zu schützen und zu bewahren. Dabei gilt die Wartung als Teilaspekt der präventiven Inspektion. Die Wartung soll den ersten Instandsetzungseingriff vermeiden bzw. verzögern. Oftmals erfährt sie jedoch erst eine entsprechende Würdigung von den Eigentümern nachdem die erste kostspielige Instandsetzungsmaßnahme vollzogen wurde. Daher kann die so genannte Instandhaltungskette auch als Instandhaltungskreis beschrieben werden. Dem Schadensfall folgt die kostspielige Instandsetzung, nach der sich jetzt erst Wartungs- und Inspektionsintervalle anschließen, um einen geschlossenen Instandhaltungskreis (siehe auch Abbildung 1 auf Seite 18) zu bilden.

3.1.2.2 Inspektion

Die Inspektion soll durch Prüfungen den Istzustand des Bauwerks beurteilen, einschließlich Bestimmung der Ursachen der Abnutzung und Ableitung notwendiger Konsequenzen für eine künftige Nutzung.[15] ``Dabei stellt der Istzustand die Summe der vorhandenen Eigenschaften und Beanspruchungen eines Bauwerks oder Bauteils vor Schutz und Instandsetzung dar, soweit diese zur Ermittlung der Ursache eines Mangels oder Schadens oder zur Festlegung des Sollzustandes festgestellt und angegeben werden müssen.´´[16] Diese gutachterliche Vorarbeit ist die Grundlage für die späteren Instandsetzungsmaßnahmen.

Nach dem ersten Kontakt des Bauherrn mit dem sachkundigen Planungsingenieur erfolgt eine Ortsbesichtigung mit dem Ziel richtige Einschätzungen für den Untersuchungsaufwand zu treffen. Danach kann ein Angebot für den Bauherrn erstellt und zugesandt werden. Erfolgt die Annahme des Angebots, meist nach weiteren Verhandlungen, so kann anschließend ein Untersuchungsprogramm konzipiert werden.

Durch verschiedene Untersuchungen am Bauwerk und im Labor werden Baustoff- und Bauwerkseigenschaften bestimmt. Die Prüfungsverfahren und Geräte, die dafür notwendig sind, lassen sich durch die notwendige Sachkenntnis des Anwenders beim Durchführen und Auswerten unterscheiden. Die Anforderungen an den Anwender steigen hierbei mit der Komplexität der Geräte. Es ist zu betonen, dass ``… auch eine noch so ausgereifte Messtechnik, mit Computerauswertung und Rechnereinsatz nicht die Sachkunde und den Ingenieurverstand des mit der Prüfung beauftragten Fachmanns ersetzt.´´[17]

Die Tabellen 4 - 6 bieten eine Übersicht der Geräte zur Bestimmung des Bauzustandes.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 4: Einfache Geräte und Prüfungen

[Schutz und Instandsetzung von Stahlbeton, 1999, S. 414]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 5: Prüfverfahren mit erhöhten Anforderungen

[Schutz und Instandsetzung von Stahlbeton, 1999, S. 415]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 6: Prüfverfahren mit hohem technischen Aufwand und Geräteeinsatz

[Schutz und Instandsetzung von Stahlbeton, 1999, S. 416]

Des Weiteren werden die Verfahren nach ihrem Zerstörungsgrad in zerstörende, zerstörungsfreie und zerstörungsarme (teilzerstörende) Prüfverfahren unterschieden. Verfahren vor Ort wie die Endoskopie, Rissprüfung, Betondeckungsmessung oder die Thermographie zählen meist zu den zerstörungsfreien / -armen Prüfverfahren. Verfahren im Labor sind invasiv, da eine Probenentnahme erfolgt. Die Untersuchung erfolgt zerstörungsarm an einem Bohrkern beispielsweise, zur Ermittlung der Zug- / Druckfestigkeit und des E - Moduls.

[...]


[1] Westendarp, A., 1997a, S. 449

[2] Vgl. ZTV – W (LB 219), 1997, S. 1

[3] Westendarp, A., 1997a, S. 452

[4] Westendarp, A., 1997a, S. 452

[5] Westendarp, A., 1997a, S. 452

[6] ZTV – W (LB 219), 1997, K. 1

[7] ZTV – W (LB 219), 1997, K. 1

[8] Budelmann, H., 2004, S. 53

[9] Vgl. Budelmann, H., 2004, S. 52

[10] Vgl. Budelmann, H., 2004, S. 53

[11] Vgl. DIN 31051, 2003, S. 11

[12] Vgl. DIN 31051, 2003, S. 3

[13] Vgl. Schröder, M. et al., 1999, S. 407

[14] RL - SIB, Teil 1, 2001, S. 4

[15] Vgl. DIN 31051, 2003, S. 3

[16] RL - SIB, Teil 1, 2001, S. 4

[17] Schröder, M. et al., 1999, S. 417

Ende der Leseprobe aus 107 Seiten

Details

Titel
Instandsetzung von Stahlbeton im Wasserbau
Hochschule
Technische Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig  (Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz)
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
107
Katalognummer
V63586
ISBN (eBook)
9783638622554
ISBN (Buch)
9783656797647
Dateigröße
6252 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Instandsetzung, Stahlbeton, Wasserbau
Arbeit zitieren
Dipl.-Wirtsch.-Ing. Boban Ceranic (Autor:in), 2006, Instandsetzung von Stahlbeton im Wasserbau, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63586

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