Der Einsatz eines Lernmanagement-Systems zur Unterstützung von Lernprozessen - Entwicklung und Evaluation eines Projekts für den Englischunterricht


Magisterarbeit, 2006

66 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1. Einleitung

2. Lerntheoretischer Hintergrund
2.1 Fremdsprachliches Lernen
2.2 Der Englischunterricht in der Mittelstufe
2.3 Medienkompetenz
2.4 Medienbezogenes Lernen im Fremdsprachenunterricht 5
2.5 E-Learning im Bildungsbereich
2.5.1 Definition von E-Learning
2.5.2 Der didaktische Mehrwert von E-Learning
2.5.3 Blended Learning
2.6 Die Entwicklung von mediengestützten Lernumgebungen
2.6.1 Die Auswahl eines geeigneten LMS
2.6.2 Das Learning-Management-System Moodle

3. Durchführung des Projekts
3.1 Die Lerngruppe
3.2 Rahmenbedingungen
3.3 Projektphasen
3.3.1 Phasen 1 und 2 – Aufgabenstellung und Ziele
3.3.2 Phase 3 – Verständigung über das Vorgehen
3.3.3 Phase 4 – Erarbeitung von Grundlagen
3.3.3.1 Der strukturelle Aufbau der Projektoberfläche
3.3.3.2 Logfiles
3.3.3.3 Die Erstellung von Content
3.3.3.4 Die Module des LMS Moodle
3.3.4 Phase 4 – Aufgabenlösung
3.3.5 Phasen 5 und 6 – Vergleich, Zusammenfassung und Anwendung
3.3.6 Phase 7 – Weiterführung und Bewertung

4.0 Evaluierung der Ergebnisse
4.1 Grundlage der Evaluierung
4.2 Eingrenzende Faktoren
4.3 Aktivitäten in Moodle
4.4 Hot Potatoes™ – Übungen zur Festigung von Grammatikkenntnissen
4.5 Vergleich von Onlinelernen und Präsenzlernen
4.5.1 Moodle und Klassenarbeit – Aktivitätskriterium
4.5.2 Moodle und Klassenarbeit – Ergebniskriterium
4.5.3 Moodle und Klassenarbeit – offene Aufgabenstellung
4.6 Lerntagebuch
4.7 Umfrageergebnisse
4.7.1 Ergebnis der Schülerbefragung
4.7.2 Ergebnis der Elternbefragung
4.8 Fazit
4.9 Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhang

Vorwort

Wenn der Wind der technischen Entwicklungen weht, dann kann man versuchen, das eigene Terrain mit einer Mauer zu schützen; oder man baut Windmühlen, um den Wind zu nutzen. (Euler, 10)

Euler trifft mit dieser Pauschalisierung den Kern des Schulsystems. Die Pädagogen der heutigen Zeit müssen sich im Zuge eines umfassenden Paradigmenwechsels im Schulsystem wiederholt mit der Frage auseinandersetzen, wo sie die Kraft und die Motivation für den Bau von Windmühlen hernehmen sollen, wenn der Bau einer Schutzmauer bis zum Erreichen des Rentenalters der zunächst leichtere Weg wäre. Stichworte wie Lernstandserhebung, Zentralabitur, Kernlehrplan oder Schulprofil geistern durch die Lehrerzimmer unseres Landes und sorgen für wachsenden Unmut angesichts der Mehrbelastung und des Halbzeitwertes von ministerialen Erlässen.

Eine dieser Windmühlen könnte als E-Learning bezeichnet werden. Die vorliegende Arbeit untersucht, basierend auf lerntheoretischen Grundlagen, die Praktikabilität dieses neuen Feldes E-Learning als eine Ergänzung zum traditionellen Unterricht. Inwieweit die Nutzung dieser Windmühle hier erfolgreich im Sinne einer Effizienzsteigerung des Lernprozesses sein kann und seinen festen Platz im schulischen Bildungsrahmen bekommen sollte oder nur eine neue Spielwiese für innovativ denkende und noch motivierte Pädagogen darstellt, bleibt abzuwarten.

1. Einleitung

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage und der exemplarischen Analyse, inwieweit der Einsatz eines Lernmanagement-Systems (LMS) die Fremdsprachkompetenz steigern kann. Die Zielgruppe der Untersuchung besteht aus einer Schulklasse, die mit Onlinelernen das traditionelle Präsenzlernen ergänzen soll. Gerade diese Zweiteilung des Lernprozesses ist für den schulischen Bildungsprozess noch Neuland. Haben in universitären und berufsbildenden Bereichen schon zahlreiche LMS ihre Anwendungsbereiche gefunden, so stecken die Erfahrungen mit Schülern[1] noch in den Kinderschuhen.

Ausgehend von grundlegenden Erläuterungen zum Erwerb einer Fremdsprache gebe ich Hinweise zu den curricularen Vorgaben für die Jahrgangsstufe 7. Beim E-Learning liegen im konstruktivistischen Ansatz, der mittlerweile seine feste Position in der Fremdsprachdidaktik eingenommen hat (vgl. Timm, 9), neue Möglichkeiten der produktiven und kommunikativen Interaktion vor, die das Präsenzlernen nicht bieten kann. Die Mischform aus Präsenz- und Distanzlernen, das Blended Learning, findet daher vielleicht als didaktischer Ansatz auch eine Berechtigung in der Schule. Fraglich ist, ob sich der Lernprozess im Englischunterricht mit Hilfe eines LMS steigern lässt.

In einem zeitlich befristeten Projekt mit einer 7. Gymnasialklasse wird diese Mischung von schulischem Lernprozess und der Arbeit in einem LMS untersucht und anhand der erzielten Ergebnisse in beiden Bereichen evaluiert. In einer Schlussreflexion werden diese Ergebnisse und Erkenntnisse kommentiert und bewertet werden.

2. Lerntheoretischer Hintergrund

2.1 Fremdsprachliches Lernen

Die Fremdsprachendidaktik der letzten Jahre hat den Konstruktivismus als neues Paradigma entdeckt und gelegentlich etwas überstrapaziert. So wurde ein klares Feindbild im Instruktivismus geschaffen, das es aber nicht vermochte, den Unterricht in seiner Vielfalt zu klassifizieren (vgl. Rösler, 216). Eine erfreuliche Entwicklung bestand darin, dass man Mitte der neunziger Jahre nicht mehr glaubte, „etwas umsetzen oder gar anwenden zu müssen.“ (Rösler, 214). Handlungsorientierter Unterricht und Konstruktivismus wurden nahezu gleichgesetzt. Dabei besteht die Kunst des handlungsorientierten Unterrichts darin, dass Lehrer den Schülern Sprechanlässe geben, die dazu führen, dass sie das, was sie sagen sollen als etwas empfinden, was sie sagen wollen (vgl. Jost/Multhaup, 32), wobei das Handeln deutlich ergebnis- bzw. zielbezogene Komponenten hat. Ist es so zu Veränderungen im Verhalten, im Wissensstand oder den sozial-kognitiven Dispositionen gekommen, dann hat der Schüler etwas gelernt (vgl. Tulodziecki, 2004, 55).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1:Homberg, 48

Abbildung 1 zeigt im oberen Bereich die didaktischen Prinzipien, die mit dem Paradigmenwechsel wieder an Bedeutung gewonnen haben (vgl. Homberg, 48). Neben einzelnen Schattierungen des kognitiven oder auch radikalen Konstruktivismus hat der so genannte soziale Konstruktivismus schließlich Einzug in die Klassenräume gehalten.

Social constructionism is based on the idea that people learn best when they are engaged in a social process of constructing knowledge through the act of constructing an artifact for others. (Cole, 5)

Geht der kognitive Konstruktivismus noch von der Prämisse aus, dass aus jeder Rezeption von Information ein aktive und konstruktive Neubildung von Information entsteht (vgl. Wendt, 63), so beschreibt Cole in seinem Ansatz das Lernen als einen sozialen Prozess. Lernen vollzieht sich dabei in einer Welt gemeinsamer Werte und Symbole. Die Vermittlung steht in einem Prozess gemeinsamen Lernens und ist eingebettet in vorhandene Wissensstrukturen. Ein Teil dieses Lernprozesses besteht aus dem Bereitstellen von Artefakten und Symbolen, um eine Interaktion zu ermöglichen. Cole betont die Notwendigkeit, den Lernenden in eine geeignete Lernumgebung einzubetten, die immer wieder neue Wege schaffen muss, um den Lernprozess zu aktivieren. Die Entwicklung eines pädagogischen Designs und einer einfachen Bereitstellung von Werkzeugen hin zu einer Öffnung und Erweiterung zu Lerngemeinschaften ist hierbei evident (vgl. Lowyck, 212).

Konstruktivismus heißt demnach nicht nur, den Schülern Hilfe für die eigene Wissenskonstruktion anzubieten, als auch eine Lernumgebung bereit zu stellen, die die produktiven und interaktiven Tätigkeiten der Schüler selbst fördert. Auf der Grundlage eines umfassenden und inhaltlich motivierenden Angebots an Materialien aus den verschiedensten Bereichen muss den Schülern die Gelegenheit zu rezeptiven, produktiven und interaktiven Tätigkeiten gegeben werden. Dieses rich learning environment (Timm, 10) bildet eine zentrale Voraussetzung für den erfolgreichen Lernprozess.

Mit dem Begriff des Konstruktitivsmus ist die Integration der Lernerautonomie gekoppelt. Hatten die Schüler als teachees noch in den achtziger Jahren den Charakter des Lehrobjekts, so sehen moderne Fremdsprachendidaktiker die Schüler als learners, die sich aus dem dargebotenen Lernmaterial, den fremdsprachlichen Äußerungen und Strukturierungshilfen des Lehrers ihr Wissen selbst konstruieren, es also selbstgesteuert und autonom verarbeiten (vgl. Timm, 9).

Der lern- und prozessorientierte Ansatz der heutigen Fremdsprachendidaktik lässt sich unter den Begriffen Handlungsorientierung und Ganzheitlichkeit zusammenfassen (vgl. Timm, 12). Zielaspekt ist die fremdsprachliche Handlungskompetenz für die schulische und für die weiterführende berufliche Lebenswelt. Der methodische Schwerpunkt liegt im aufgaben- und prozessorientierten learning-by-doing. Nur in handlungsorientierten Ansätzen lässt sich Sprache von der reinen Weitergabe von Informationen (tool) zu einem kulturell-verbindendem Element (tie) ausbauen (vgl. Skutnabb-Kangas, 1f.) und damit die Spezifika der interkulturellen Kompetenz realisieren (vgl. Zydatiß, 16).

Die Kompetenz autonomes Lernens zu vermitteln, d.h. dem Schüler selbstbestimmtes Lernen zu ermöglichen, ist dabei eine zentrale Forderung an den Fremdsprachenlehrer. Dem Lernenden muss die Fähigkeit vermittelt werden, „sich [beim Fremdsprachenlernen] zu distanzieren, kritisch zu reflektieren, sich zu entscheiden und selbstständig zu handeln.“ (Little, 184). Meyer sieht für die heutige Lernergeneration die Förderung der Lernerautonomie als fundamentales Kriterium beim Fremdsprachenerwerb (vgl. Meyer, 9). Diese Kernforderung erfordert zwangsläufig eine Selbstprüfung und Reflexion des Lernprozesses. Der Lernende benötigt für das self-assessment verinnerlichte Standards, die in ihm einen „inneren Monitor“ entstehen lassen. Wichtig sind vor allem „einprägsame Muster, vielfältige Lerntipps und Verknüpfungen“ (Edelhoff, 9) entsprechend dem Lernertypus. Regeln allein sind nicht ausreichend, zumal sie vom Lernenden schnell wieder vergessen werden.

Olberding erweitert das Aufgabenspektrum des Fremdsprachenlehrers. „From the sage on the stage to the guide on the side“ (Olberding, 71). Er beschreibt in einer einprägsamen Formel die Herausforderungen an den Fremdsprachenlehrer. So spricht Olberding wie Meyer von einer Fremdsprachenwerkstatt, einer Unterrichtsarbeit mit „Prinzipien wie Schülerorientierung, Prozessorientierung und Lernerautonomie“ (Olberding, 71), die durch konstruktivistische Ansätze der Fremdsprachendidaktik gestützt werden. Konkret bedeutet das die Aufteilung des Klassenraums in unterschiedliche Lernbereiche mit unterschiedlichen Ausstattungen wie Computer, kommunikationsfördernde Sitzgruppen oder einer kleinen Bühne. Auch Meyer sieht die Notwendigkeit handlungsorientierter Lehrverfahren, „die es dem Lerner ermöglichen, das comprehensible input nicht in Texten zu entschlüsseln, sondern in vergleichsweise authentischen Kommunikationssituationen handelnd zu erproben“ (Meyer, 9).

Leider finden die Vorteile des selbstgesteuerten Lernens, wie Kraft sie mit freier Gestaltung der Lernorganisation postuliert, ihre Grenzen in der 45-minütigen Lernumgebung eines Klassenraumes (vgl. Kraft, 42). Externe Bedingungsfaktoren wie der schulisch festgelegte Rahmen von Lernzeit und Lernumgebung als auch interne Faktoren wie die Loslösung vom persönlichen Sozialisationsprozess und die damit verbundene Schaffung einer künstlichen fremdsprachlichen Umgebung sind schultypische Einschränkungen, die allerdings mit Stichwörtern wie Öffnung des Unterrichts, Handlungsorientierung und Ganzheitlichkeit minimiert werden könnten (vgl. Timm, 11). Das Zusammenwirken kognitiver und affektiver Aspekte, das Maß zwischen Offenheit und lehrseitiger Steuerung bei der Fehlerkorrektur sowie die Bereitstellung von authentischen und als lebensecht akzeptierbaren Situationen und Aufgabenstellungen bilden die Grundvoraussetzungen effizienten Lernens (vgl. Timm, 12f.).

Lernerautonomie, self-assessment und auch Prozessorientierung sind die Stichworte, die sich durch den Einsatz von Medien realisieren lassen. Der Erwerb von Medienkompetenz ist so auch zum Erwerb fremdsprachlicher Fähigkeiten eine wichtige Voraussetzung für die Problembewältigung heutiger und zukünftiger Generation. Mit dieser Erkenntnis setzt der Kernlehrplan für das Fach Englisch hier neue Akzente.

2.2 Der Englischunterricht in der Mittelstufe

Die Mittelstufe setzt für das Fach Englisch nach der Unterstufe neue Schwerpunkte. Mit Beginn der Jahrgangsstufe 7 werden die Grundfähigkeiten des Spracherwerbs sowie die Lernstrategien und -techniken ergänzt und vertieft, das sprachliche Leitziel aus den ersten beiden Lernjahren wird erweitert und lässt sich mit der Fähigkeit zu sach- und situationsgerechtem sprachlichen Handeln beschreiben. Die Vermittlung von interkulturellen und vor allem kommunikativen Kompetenzen besonders ab der siebten Klasse, respektive dem dritten Lernjahr, wird hervorgehoben (Cornelsen, 2004, 5)[2]. Das bedeutet, dass die drei Schwerpunkte des Englischunterrichts der Erprobungsstufe[3] im Prinzip bestehen bleiben, aber dem fortschreitenden Lernstand angepasst und mit weiteren Akzentuierungen wie Medienkompetenz und Portfolioarbeit ergänzt werden. Hierauf wird besonders im Hinblick auf die Zielsetzungsgrundlage für die Jahrgangsstufen der Mittelstufe verwiesen. In dieser Phase können die Schüler ihren Lernweg und ihren Lernerfolg einschätzen, kontrollieren und dokumentieren, sowie „Materialien für selbstgesteuertes Lernen organisieren und nutzen“ (Ministerium für Schule, Jugend und Kinder, 16).

2.3 Medienkompetenz

Die Qualität des Lernens wird in der Schule als Grundlage angelegt und bereitet damit auf lebenslanges Lernen vor. Merkmal eines „guten“ Sprachenlernens ist daher der Unterricht, der diese Qualität hervorbringt und fördert (Edelhoff, 4). Der Autor sieht allerdings noch Handlungsbedarf im Hinblick auf eine Neuorientierung der bewahrend-konservativ geprägten Lehrwerke (vgl. Hennig, 1999). Dazu gehört neben den traditionellen Vermittlungsformen des Fremdsprachenlernens auch die computer-literacy [4] (Edelhoff, 8). Das Schülerbuch allein kann somit nicht mehr allen Anforderungen gerecht werden, die an den Fremdsprachenunterricht gestellt werden. Medienspezifische Kompetenzen, z.B. die Nutzung von Internet und Lernsoftware sollten zur Förderung des selbstständigen Lernens eingesetzt werden (Schwarz, 2004, 5).

2.4 Medienbezogenes Lernen im Fremdsprachunterricht

In einer zunehmend mediatisierten Welt stehen die modernen Medien in einem Spannungsfeld von reellen und virtuellen Wahrnehmungen, die das Leben des Lernenden stark prägt. Medienbezogenes Lernen thematisiert dieses Spannungsfeld von Lerner und Lerngegenstand. Medien sind daher Werkzeug und Hilfsmittel und werden auch selbst zum Gegenstand von Lernprozessen (vgl. Timm, 138).

Die Bandbreite an Möglichkeiten mediengestützter Lernprozesse hat sich in den letzten Jahren rapide vergrößert. Bezogen auf den Fremdsprachenunterricht gibt es die klassischen Medien wie Audio-CDs für Listening-Comprehension Übungen oder Foliensätze zur Veranschaulichung von Lehrbuchinhalten und Schaffung neuer Sprechanlässe. Mittlerweile liefern die Lehrbuchverlage entsprechende Begleitsoftware. Das Internet setzt mit Webquests, Wikis, Weblogs oder Podcasts neue, innovative Möglichkeiten. Nicht zuletzt wird das E-Learning eine Herausforderung für diejenigen sein, die diese neuen Möglichkeiten in eine Plattform integrieren möchten, um sie sinnvoll und effizient für den Lernprozess einzusetzen.

2.5. E-Learning im Bildungsbereich

2.5.1 Definition von E-Learning

Zunächst lässt sich der Begriff ins Deutsche übertragen: elektronisches Lernen. Darunter versteht man wortgemäß das Lernen mit Hilfe elektronischer Medien. Der Begriff des E-Learning umfasst nach Bauer insgesamt vier Aspekte:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: vgl. Bauer, 108

Das Vorhandensein aller Kriterien ist für die Definition nach Bauer unerlässlich. Damit grenzt er Begriffe wie Computer Based Training (CBT), Technology Based Training (TBT) oder Distance Learning deutlich aus. Sein „strenges“ Verständnis von E-Learning ist vor allem geprägt durch seine Kritik an der fehlenden Mensch-Mensch-Interaktion und die damit verbundene Betreuung durch reale Ansprechpartner (vgl. Bauer, 109).

Er führt den schlechten Ruf des E-Learning u.a. darauf zurück, dass in einer Anfangseuphorie viele Angebote zur Verfügung gestellt wurden, die Betreuung der Lernenden sowie die Aktualisierung der Inhalte den Anforderungen aber nicht Stand halten konnten (vgl. Bauer, 95f.). Ursache hierfür sieht er nicht zuletzt auch in Finanzierungsproblemen.

Euler fasst etwas überspitzt die potentiellen Einwände gegen das E-Learning mit Äußerungen wie „elektronischer Nasenring, an dem Schüler durch den Stoff geführt werden“ oder „fragend-entwickelnder Unterricht der schlimmsten Sorte“ zusammen (Euler, 9). Er sieht dabei ähnlich wie Bauer die Nachteile des Online-Lehrens in einem Orientierungsverlust und einer Überforderung der User. Pädagogen lehnten die neueren Medien häufig auch wegen der fehlenden Didaktisierung ab (vgl. Euler, 10). Grundsätzlich sieht Euler zwar große Potenziale des E-Learning, auch im schulischen Bildungsbereich, doch ist nach den Erfahrungen der programmierten Unterweisung, dem Sprachlabor oder dem Computer-Based-Training wieder einmal die Bereitschaft der Pädagogen gefragt, sich auf diese Entwicklungen einzulassen (Euler, 16).

Gassner sieht die Gefahr einer E-Learning Euphorie, wenn im Anfangsstadium nicht darauf hingewiesen wird, dass die Lerninhalte mit hohem Vorbereitungsaufwand für den Transfer aufgearbeitet werden müssen. Eine effiziente Lernumgebung lässt sich eben nicht auf ein Multimedia-System reduzieren. (vgl. Möller, 152f.). Der Betreuungsaufwand liegt erheblich über der konventionellen Darbietung von Inhalten (vgl. Gassner, 18). Je nach eingesetztem System lassen sich Lerninhalte jedoch über entsprechende Scorm-Schnittstellen[5] importieren und ggf. anpassen, was eine Wiederverwertbarkeit ermöglicht.

Peters analysiert die E-Euphorie als positiven Katalysator. Er spricht im Hinblick auf die zunehmende Nutzung von virtuellen Lernräumen von einem didaktischen Fundamentalereignis der Gegenwart mit kulturgeschichtlicher Bedeutung (Peters, 185). Der Prozess der Digitalisierung didaktischer Handlungen führte zu einem regelrechten Einbruch in die traditionelle Praxis des Lernens und Lehrens.

Die Vorteile des E-Learning liegen zunächst einmal in der Selbstbestimmung des Lerners, Ort, Zeit und Lerntempo selbstständig festlegen zu können. E-Learning hat bisher im Hochschul- und Weiterbildungsbereich größeren Zulauf bekommen. In der Fremdsprachenvermittlung lässt sich der zentrale Baustein der Grammatik und das Wissen über Sprache, die so genannte language awareness auf diese Weise virtuell über große Distanzen herstellen (vgl. Gassner, 21), weshalb die Einrichtung von asynchronen Online-Seminaren sich daher vornehmlich im Bereich der Erwachsenenbildung in den Formen der material-, projekt- oder kommunikationsorientierten Lernform etabliert haben (vgl. Apel, 8). Die häufig noch defizitäre Didaktisierung von E-Learning Kursen und das Bedürfnis nach einem Ansprechpartner während oder nach Absolvierung der Kurse wird als zentraler Kritikpunkt immer deutlicher. Die mangelnde Kompetenz des Trainers in seiner Funktion als Teletutor oder Online-Coach war sicherlich häufig ein wesentliches Kriterium für die vorzeitige Beendigung eines E-Learning Kurses.

Daher erweitern viele Anbieter von E-Learning Angeboten ihre Online-Kurse um Präsenzveranstaltungen. Diese Mischform – ursprünglich mit Hybrid-Lernen bezeichnet - wird mittlerweile mit dem Begriff des Blended Learning als eine zukunftsweisende Form des E-Learning diskutiert. (vgl. Busch, 13).

[...]


[1] Aus Gründen der Vereinfachung verzichte ich auf die Angabe beider Geschlechter.

[2] In der Zielgruppe des Projekts ist die Lehrbuchreihe English G 2000, Ausgabe A, Band 3 eingeführt worden. Ich beziehe mich hier ausdrücklich auf die Umsetzung des Kernlehrplans und die Hinweise durch den Cornelsen-Verlag.

[3] Bezeichnung für die Jahrgangsstufen 5 und 6 an einem Gymnasium.

[4] Der Begriff wird mittlerweile in seiner Bedeutung erweitert durch media-literacy ersetzt.

[5] SCORM – Schnittstelle zur Import- und Exportfunktion von Lehrinhalten unterschiedlicher LMS

Ende der Leseprobe aus 66 Seiten

Details

Titel
Der Einsatz eines Lernmanagement-Systems zur Unterstützung von Lernprozessen - Entwicklung und Evaluation eines Projekts für den Englischunterricht
Hochschule
FernUniversität Hagen
Veranstaltung
Fernstudiengang Festum
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
66
Katalognummer
V63501
ISBN (eBook)
9783638565462
ISBN (Buch)
9783638735018
Dateigröße
1777 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Über einen Zeitraum von drei Monaten hat die Klasse 7 eines Gymnasiums die Hefte und Stifte beiseite gelegt und ausschliesslich mit einem Lernmanagement-System gearbeitet. Dabei wurden im Blended Learning Präsenz- (der normale Unterricht) und Online-Phasen erprobt. Die vorliegende Arbeit beschreibt das Projekt und evaluiert die Resultate.
Schlagworte
Einsatz, Lernmanagement-Systems, Unterstützung, Lernprozessen, Entwicklung, Evaluation, Projekts, Englischunterricht, Fernstudiengang, Festum
Arbeit zitieren
Harald Lohmann (Autor:in), 2006, Der Einsatz eines Lernmanagement-Systems zur Unterstützung von Lernprozessen - Entwicklung und Evaluation eines Projekts für den Englischunterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63501

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