Die Rolle der Beobachtungssätze in W. V. Quines "Wort und Gegenstand"


Seminararbeit, 2000

18 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Protokollsatzdebatte des Wiener Kreises
2.1 Philosophisches Ziel des Wiener Kreises
2.2 Protokollsätze bei Carnap
2.3 Protokollsätze bei Neurath

3. Die Rolle der Beobachtungssätze in Quines Wort und Gegenstand
3.1 „Die Kunstfertigkeit der Sprache ist etwas Gesellschaftliches“
3.2 Reiz und Reizbedeutung
3.3 Von Beobachtungs- und anderen Sätzen
3.4 Die Zusatzinformation
3.5 „Observation sentences are the gateway to language, as to science.“

4. Ausblick

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In der vorliegenden Arbeit geht es um die Rolle der Beobachtungssätze in Willard van Orman Quines Wort und Gegenstand. Es soll gezeigt werden, worin sich Beobachtungssätze auszeichnen und sich von anderen Sätzen unterscheiden. Im größeren Rahmen soll zudem noch dargelegt werden, welche Funktion Beobachtungssätze in Quines Erkenntnistheorie einnehmen und welche Probleme und Fragen sie aufwerfen.

Mit seiner Einführung der Beobachtungssätze als Schlüssel zu der Frage, wie Theorien zu ihrer Bedeutung gelangen, knüpft Quine an die Protokollsatzdebatte an, die in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts innerhalb des Wiener Kreises geführt wurde. Schon damals konnte keine endgültige Einigung zwischen den Diskussionsteilnehmern erzielt werden.

Doch die einzigartige Position der Protokollsätze zwischen der äußeren Wirklichkeit und der Sprache lassen Quine diesen Gedanken weiterführen. Allerdings sieht auch er sich bei einer Definition der Beobachtungssätze vor verschiedene Probleme gestellt, die sein Vorhaben infrage stellen.

Im folgenden Kapitel soll zunächst auf die Protokollsatzdebatte des Wiener Kreises eingegangen werden. Dabei beschränkt sich die Darlegung auf die Positionen Carnaps und Neuraths, da sie für das Verständnis von Quines Beobachtungssätzen die maßgeblichen sind.

Das dritte Kapitel beschäftigt sich zunächst mit der Sprachauffassung Quines und geht dann über zur Vorstellung der Begriffe des Reizes und der Reizbedeutung, die mit der Erklärung der Beobachtungssätze unmittelbar verbunden sind.

Anschließend werden die Beobachtungssätze im Zusammenhang mit der Darstellung anderer Satztypen hergeleitet und von jenen abgegrenzt, um abschließend auf die Probleme, die sie aufwerfen, einzugehen und ihre Funktion in einen größeren Kontext einzuordnen.

2. Die Protokollsatzdebatte des Wiener Kreises

2.1 Philosophisches Ziel des Wiener Kreises

Mit der Schrift „Wissenschaftliche Weltauffassung“ trat 1929 eine Gruppe von Wissenschaftlern in Erscheinung, die sich „Wiener Kreis“ nannte. Sie setzte sich aus Wissenschaftlern verschiedener Fachbereiche zusammen, die hauptsächlich über aktuelle Fragen der Physik, Mathematik, der Axiomatik und Logistik diskutierten. Ihre Auffassungen waren maßgeblich positivistisch und empiristisch sowie von der Logik geprägt[1]. Die Mitglieder des Wiener Kreises, darunter Rudolf Carnap, Hans Hahn und Otto Neurath, stimmten in ihrer Auffassung überein, eine metaphysikfreie Wissenschaft zu begründen. „Als Ziel schwebt die Einheitswissenschaft vor.“[2]

In der „neuen wissenschaftlichen Weltauffassung“[3] des Wiener Kreises geht es nicht darum neue philosophische Grundsätze aufzustellen, sondern mittels der Methode der logischen Analyse wissenschaftliche Aussagen und Terminologien zu klären. Mithilfe dieser Methode, die eine Reduktion auf „einfachste Aussagen über empirisch Gegebenes“[4] zum Ziel hat, will der Wiener Kreis die Bedeutung von Wörtern herausfiltern und damit gleichzeitig die metaphysischen Begriffe als bedeutungsleer und somit nichtig entlarven. Der Wiener Kreis fragt nicht mehr danach, wie Theorien oder Bedeutungen entstehen, wie dies noch beim klassischen Empirismus der Fall war, sondern wie sie gerechtfertigt sind.

Die Aussagen, die noch Gültigkeit besitzen sind „Erfahrungssätze über Gegenstände aller Art und die analytischen Sätze der Logik und Mathematik“[5]. Ein besonderer Stellenwert kommt dabei den Protokollsätzen zu, die die empirische Grundlage der Wissenschaft bilden.

An diesem Punkt setzt die Diskussion über die Frage ein, „ob es absolut sichere, also unbezweifelbare Basissätze“[6] gibt. Es entspann sich die sogenannte Protokollsatzdebatte, die hauptsächlich zwischen Carnap und Neurath ausgetragen wurde. In dem folgenden Kapitel soll näher auf die beiden Positionen eingegangen werden.

2.2 Protokollsätze bei Carnap

In seinem Aufsatz Überwindung der Metaphysik durch logische Analyse der Sprache unternimmt Carnap den Versuch die Worte einer bestimmten Sprache auf ihre Bedeutung hin zu prüfen. Er will damit Begriffe - Worte mit Bedeutung - von „Scheinbegriffen“ - Worte ohne Bedeutung - trennen.

Ein Wort sei dann von Bedeutung, wenn es in der einfachsten Satzform, dem Elementarsatz, auftritt, und man zudem eine Antwort auf die folgenden Fragen erwarten kann:

„1. Aus was für Sätzen ist S ableitbar, und welche Sätze sind aus S ableitbar?
2. Unter welchen Bedingungen soll S wahr, unter welchen falsch sein?
3. Wie ist S zu verifizieren?
4. Welchen Sinn hat S?“[7]

Folgende Aspekte, die für die Protokollsatz-Frage von besonderer Bedeutung sind, werden hier offensichtlich. Erstens erschließt sich die Bedeutung eines Wortes anscheinend nur innerhalb eines Satzes. Zweitens ist auffällig, dass es um Ableitungsbeziehungen zwischen Sätzen geht.

Die Hauptaufgabe der Philosophie ist nun, wie weiter oben schon erwähnt, die Rechtfertigung von Theorien und die Aufdeckung der Beziehungen im „Zusammenspiel von Sprache, Theorie und Erkenntnis“[8]. Hauptgegenstand dieser philosophischen Auffassung sind die Sätze einer Theorie. Sollen diese Sätze sinnvoll sein, so müssen sie sich nach Carnap auf Protokollsätze zurückführen lassen.

Mit dem Ausdruck Protokollsatz bezieht sich Carnap auf das physikalische Protokoll. Als Empirist ist er der Überzeugung, dass sich alle Aussagen einer wissenschaftlichen Theorie auf etwas Beobachtbares zurückführen lassen müssen. Das unmittelbar Beobachtete wird von dem Physiker sprachlich in Protokollen festgehalten. Der Nachteil solcher Protokollsätze besteht darin, dass es sich um subjektiv Wahrgenommenes handelt. Dies erkennt auch Carnap an: „[...]; es gibt keine intersubjektive Protokollsprache“[9].

Allerdings handelt es sich bei dem subjektiv Wahrgenommenen um Gegebenes, das jederzeit von anderen Personen überprüft werden kann, demnach intersubjektiv zugänglich ist. Daher ist es auch möglich, dass man diese ursprünglichen Protokollsätze in die physikalische Sprache überführen kann, „einer Sprache, die sich auf die objektiv beobachtbaren körperlichen Zustände des Subjekts bezieht und nicht etwa auf solche Zustände, die allein introspektiv erreicht werden können“[10].

[...]


[1] Vgl. Rudolf Carnap / Hans Hahn / Otto Neurath: Wissenschaftliche Weltauffassung – der Wiener Kreis. In: Logischer Empirismus – der Wiener Kreis. Hrsg. Von H. Schleichert. München: Fink 1975. S. 204f.

[2] Ebd., S. 207

[3] Ebd., S. 220

[4] Ebd., S. 208

[5] Ebd., S. 210

[6] Wolfgang Stegmüller: Hauptströmungen der Gegenwartsphilosophie: eine kritische Einführung. Nachdruck der 6. Auflage. Stuttgart: Kröner 1978. S. 447

[7] Rudolf Carnap: Überwindung der Metaphysik durch logische Analyse der Sprache. In: Logischer Empirismus – der Wiener Kreis. Hrsg. Von H. Schleichert. München: Fink 1975. S. 151f.

[8] Verena Mayer: Semantischer Holismus: eine Einführung. Berlin: Akademie Verlag, 1997. S. 125.

[9] Rudolf Carnap: Die physikalische Sprache als Universalsprache der Wissenschaft. In: Erkenntnis 2, 1932. S. 454f. Zitiert nach: Dirk Koppelberg: Die Aufhebung der analytischen Philosophie: Quine als Synthese von Carnap und. Neurath. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1987. S. 25.

[10] Mayer, S. 110.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Die Rolle der Beobachtungssätze in W. V. Quines "Wort und Gegenstand"
Hochschule
Universität Duisburg-Essen
Veranstaltung
Seminar "W. V. Quine: Wort und Gegenstand"
Note
1,3
Autor
Jahr
2000
Seiten
18
Katalognummer
V63459
ISBN (eBook)
9783638565134
ISBN (Buch)
9783656714163
Dateigröße
520 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rolle, Beobachtungssätze, Quines, Wort, Gegenstand, Seminar, Quine, Wort, Gegenstand
Arbeit zitieren
Carmen Radeck (Autor:in), 2000, Die Rolle der Beobachtungssätze in W. V. Quines "Wort und Gegenstand", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63459

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